Protokoll der Sitzung vom 21.06.2019

(Andreas Butzki, SPD: Genau.)

Das erklärt sich schon, wenn man sich anguckt, wie Schwimmen in der Schule angelegt ist. Schwimmen ist Bestandteil des Sportunterrichts. Die Leistungen, die die Kinder beim Schwimmen einbringen, fließen in die Gesamtnote für das Fach Sport ein. In der Regel findet der Schwimmunterricht in der 3. oder 4. Jahrgangsstufe statt. Der Unterricht richtet sich nach dem Rahmenplan Sport. Die Kinder sollen sich an das Wasser gewöhnen. Sie sollen am Ende der 4. Klasse, so steht es drin im Rahmenplan, schwimmen können und die Baderegeln kennen.

Nun ist es so, dass – wie in allen anderen Fächern auch – das Lernen bei einigen Kindern sehr gut gelingt, bei anderen befriedigend und bei manchen maximal ausreichend. Man muss sagen, es kann sich niemand darauf verlassen, dass nach der 4. Klasse alle Kinder dieses Schwimmen wirklich so beherrschen können, dass man die Kinder einfach sich selbst im Wasser überlässt. Da ist eine Verantwortung auch bei anderen Leuten, die drum herum sind in der Gesellschaft. Und weil wir das wissen, finanzieren wir als Landesregierung auch noch weitere Unterstützungssysteme, die dabei helfen, dass möglichst alle Kinder möglichst früh schwimmen lernen können. Und es ist auch nicht allein das Bildungsministerium, das sich darum kümmert, sondern es gibt mehrere Handelnde in der Landesregierung, vor allem aber das Wirtschaftsministerium.

(Torsten Renz, CDU: Aha!)

Ja.

Um Eltern, Familien, Kitas und auch die Kinder selbst anzusprechen, hat das Sozialministerium vor einem Jahr diese Aktion rund um „Max und Vivi“ und „Nils lernt schwimmen“ ins Leben gerufen. Inzwischen liegt das in der Zuständigkeit des Wirtschaftsministeriums. Da werden Flyer und Give-aways, Tauchringe und Schwimmbretter, Videos und Onlineaktionen gemacht,

(Zuruf von Maika Friemann-Jennert, CDU)

um vor allen Dingen dafür zu werben, wie wichtig schwimmen ist, dass von Eltern, Kindern da eine Aufmerksamkeit darauf gerichtet wird.

Meine Damen und Herren, ja, es ist für viele Schulträger und Schulen in unserem Flächenland nicht immer leicht, den Schwimmunterricht für ihre Schülerinnen und Schüler umzusetzen. Und Sie haben auch völlig recht, wenn Sie hier anführen, dass Schwimmunterricht sowohl einen Ort als auch Personal braucht. Weil das so ist, suchen wir gemeinsam mit den betroffenen Schulträgern und Schulen immer auch nach individuellen Lösungen. Wenn etwa das Schwimmbad oder der Badeweg zu weit entfernt ist, um die Anfahrtszeit im regulären Schulbetrieb unterzubekommen, dann kann man zum Beispiel einwöchige Blockphasen anbieten, und über solche Angebote des Blockunterrichtes gelingt es auch, die Beförderungskosten zu reduzieren.

Was die Schwimmlehrer anbelangt, so haben wir in den vergangenen Jahren viel unternommen, um genügend

Schwimmlehrkräfte für die Schulen im Land zur Verfügung zu stellen, und das offenbar mit Erfolg, wenn wir uns noch mal die 97,8 Prozent anschauen an Abdeckung vor Ort in den Schulen.

Über das Institut für Qualitätsmanagement bieten wir gemeinsam mit den schwimmsporttreibenden Verbänden Lehrgänge an, um Lehrerinnen und Lehrer in Schwimmmethodik und Rettungsfähigkeit zu schulen. Das waren seit 2016 120 Lehrerinnen und Lehrer, die wir so weitergebildet haben. Wir haben auch in diesem Jahr zwei solcher Kurse am Laufen, einer jetzt im Juni und einer im November. Und natürlich ist bei Lehramtsstudierenden, die Sport studieren, auch der ganze Bereich Schwimmunterricht mit dabei.

Und wenn dann trotzdem ein Schwimmlehrer oder eine Schwimmlehrerin an einer Schule fehlt, dann ist es auch möglich, dass die Schulen sich bei den schwimmsporttreibenden Verbänden Unterstützung holen. Das wird auch finanziert. Da gab es auch bei uns schon im Ministerium Nachfragen dazu. Das ist durchaus möglich, dass, wenn ein Lehrer kurzfristig nicht da ist, dass man sich beim DLRG, beim ASB oder beim Deutschen Roten Kreuz als Vertretung einen Rettungsschwimmer, also vor allen Dingen einen Übungsleiter im Schwimmsport mit an Bord holt. Es ist möglich und wird praktiziert, wie ich gerade gesagt habe.

Und es gibt eben auch vom Landessportbund viele Angebote, dass man dort schwimmen lernt. Es geht darum, den Kindern auch außerhalb der Schule das Schwimmen beizubringen. Ich habe es schon gesagt, da gibt es viele Aktivitäten der Landesregierung. Und noch mal, es sind nicht nur die Schulen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, für mich steht bei all dem aber auch fest, gerade weil wir gemeinsam die Verantwortung für die Schwimmfähigkeit unserer Kinder haben – es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe –, sollten wir das auch so diskutieren. Wir sollten es breit diskutieren und genau hinschauen, weil das ist mal ein Punkt, wo wir uns Lücken nicht unbedingt leisten sollten, sondern schauen, wie können wir da gemeinsam mit unterschiedlichen Unterstützungsthemen auch rangehen. Also das Ziel muss natürlich sein für uns alle, dass so ein schrecklicher Fall wie in Tessin möglichst nie wieder passiert. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Reuken.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Zahl der Badetoten in Mecklenburg-Vorpommern hat im letzten Jahr mit 25 einen neuen Höchststand erreicht und lag damit mehr als doppelt so hoch wie die Durchschnittsquote der letzten zehn Jahre. Erst vor wenigen Wochen ging der Tod einer 10-Jährigen durch die Presse, wir haben es eben schon gehört, die in einem Freibad ertrunken war, und hat uns alle sehr betroffen gemacht. Der Antrag der Freien Wähler/BMV macht hier nicht zuletzt den fehlenden Schwimmunterricht ihrer Klasse verantwortlich. Allerdings deutet die Quelle, auf die sich der Antrag bezieht, darauf hin, dass die Schülerin durch

aus schwimmen konnte, wenn sie auch noch keinen Schwimmnachweis besaß. Nähere Umstände müssen hier sicherlich noch geklärt werden.

In der Mehrzahl der Fälle beruhen Badeunfälle nicht darauf, dass die Ertrunkenen nicht schwimmen konnten, sondern dass sie ihre Fähigkeiten überschätzt haben oder extrem leichtsinnig und unvorsichtig oder gar alkoholisiert waren. Etwa die Hälfte der Badetoten des vergangenen Jahres war über 70 Jahre und älter. Ebenso wichtig wie die Fähigkeiten des Schwimmens selbst ist also die Kenntnis der eigenen Grenzen. Schwimmen lernt man aber nicht nur als Überlebenstechnik für den Ernstfall, sondern es ist ebenfalls Bestandteil von Kultur, die schon in der griechischen und römischen Antike als Bestandteil der Bildung galt. Griechen und Römer bezeichneten ungebildete Menschen als welche, die weder lesen noch schwimmen können, nachzulesen bei Platon.

Insofern ist es zu begrüßen, dass sich die antragstellende Fraktion in besonderer Weise dieses Themas angenommen hat. Allerdings haben wir zwei wesentliche Kritikpunkte am vorliegenden Antrag, nämlich erstens schießt er in seinen Ansprüchen über das Ziel hinaus und zweitens ist er aufgrund vielfältiger, besonders finanzieller Beschränkungen nicht realisierbar.

Zum ersten Punkt hatten wir bereits bei der Aussprache des letzten Antrages zum Schwimmunterricht darauf hingewiesen, dass der Rahmenplan Sport für die Grundschule keineswegs das Jugendschwimmabzeichen in Bronze verlangt, sondern das „Seepferdchen“-Niveau für die dort beschriebenen Lehrinhalte ausreicht. Der vorliegende Antrag geht aber weiterhin davon aus, dass bereits die Grundschüler sogenannte sichere Schwimmer werden, also das Jugendschwimmabzeichen in Bronze erwerben müssten. Selbst im Rahmenplan Sport für die 5. und 6. Klasse werden noch Abstriche gegenüber dem Schwimmabzeichen gemacht. Es wird dort sogar davon ausgegangen, dass noch nicht alle Schüler schwimmen können, und der Schwimmunterricht wird unter den Vorbehalt gestellt, dass die entsprechenden örtlichen, räumlichen, zeitlichen und personellen Möglichkeiten gegeben sind.

Die in der Begründung des Antrages vorgelegten Zahlen nehmen schon für die Grundschule das Jugendschwimmabzeichen als zu erreichenden Maßstab. Aus der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage in der Drucksache 7/2652 geht aber hervor, dass im Schuljahr 2016/2017 in der 4. Klasse an öffentlichen Grundschulen nur etwa 15 Prozent der Schüler ausgesprochene Nichtschwimmer waren, an privaten Grundschulen waren es 6 Prozent. Die Behauptung des Antrages, dass der Rahmenplan Grundschule Sport im Bereich Schwimmen in erheblichem Umfang nicht erfüllt werde, ist also unzutreffend.

Wir müssen einsehen, dass aufgrund vielfältiger äußerer, aber auch psychischer Gründe manche Kinder früher, andere erst später das Schwimmen lernen beziehungsweise ihre Fähigkeiten verbessern. Es ist jedenfalls zu viel verlangt, wenn der Antrag implizit bereits von Grundschülern verlangt, dass sie einen Gegenstand aus zwei Metern Wassertiefe heraufholen sollen. Das verlangt selbst die Kultusministerkonferenz nicht in ihren Empfehlungen für das sichere Schwimmen.

Zum zweiten Kritikpunkt, die äußeren Beschränkungen: Der Antrag fordert, dass ein flächendeckender Schwimmunterricht an Grundschulen sichergestellt werden soll. Das kann zwar angestrebt werden, mehr derzeit aber leider nicht, denn die Zahl der Schwimmhallen und der Schwimmlehrer ist begrenzt, die Freibäder können ebenfalls nur wenige Monate im Jahr genutzt werden. Deshalb kommt der Antrag nicht umhin, auch diese Probleme zu benennen und Lösungen anzumahnen.

Damit fordert die Fraktion der Freien Wähler/BMV für die Stärkung des Schwimmunterrichtes in erster Linie Geld, und zwar sehr viel Geld in einer Größenordnung, die sie geflissentlich nicht zahlenmäßig quantifiziert – Geld für Schulträger, damit sie von den Kosten für den Schwimmunterricht entlastet werden, obwohl dieser im Rahmenplan vorgesehen ist, ferner Geld für Vereine, die Schwimmkurse anbieten, Geld für die Ausbildung von Schwimmlehrern, die den Schwimmunterricht erteilen können, aber vor allem sehr viel Geld für Baufirmen, um neue Schwimmhallen zu bauen. Letzteres getrauen sich die Antragsteller gar nicht offen auszusprechen und formulieren deshalb zurückhaltend zu prüfen, für welche Grundschulen Schwimmhallen nicht in für den Schwimmunterricht praktikabler Entfernung vorhanden sind. Natürlich ist damit mitgedacht, dass das Prüfen dann auch zur Errichtung neuer Schwimmhallen führen muss, sonst wäre die Grundforderung des Antrages, die Sicherstellung des Schwimmunterrichtes, gar nicht zu gewährleisten.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Anliegen des Antrages zwar verständlich, aber leider nicht praktikabel ist. Man sollte auch nicht immer gleich den Staat um Hilfe rufen, wenn auch der einzelne Bürger in der Verantwortung steht. In erster Linie sollten die Eltern darüber wachen, dass ihre Kinder schwimmen lernen. Möglichkeiten dafür gibt es reichlich, auf jeden Fall mehr als hier heute dargestellt.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Aufgrund der genannten Kritikpunkte müssen wir den vorliegenden Antrag leider ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter.

Für die Fraktion der CDU rufe ich jetzt den nächsten Redner auf, Herrn Renz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Tja, wie war das bei mir so Mitte der 70er-Jahre?

(Vincent Kokert, CDU: He, so alt bist du doch noch gar nicht! – Tilo Gundlack, SPD: Das will doch gar keiner wissen, Mensch!)

Doch, doch!

(Zuruf aus dem Plenum: So spät hast du erst schwimmen gelernt?!)

Das muss man mal ein bisschen ausführlicher debattieren.

(Zuruf von Simone Oldenburg, DIE LINKE)

Ich war also so ein kleiner Steppke,

(Zurufe von Patrick Dahlemann, SPD, und Tilo Gundlack, SPD)

die Ferien von der 3. zur 4. Klasse lagen an. Und was machte man auf so einer Dorfschule?

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ferien?! – Tilo Gundlack, SPD: Bier trinken.)

Man wurde in den Bus gesetzt und fuhr dann täglich zum Schwimmen in die Kleinstadt Laage. Da hatten wir ein funktionierendes Freibad,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, da war nicht alles schlecht, ne?)

und dann gab es, ich glaube, zwei bis drei Wochen lang einen Schwimmkurs,

(Henning Foerster, DIE LINKE: Mit einem funktionierenden ÖPNV.)

mit dem Ergebnis,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

dass im Prinzip 100 Prozent Quote erreicht wurden. Alle Kinder dieser 3. Klasse, wenn ich mich an damals recht entsinne, konnten dann schwimmen.

(Zurufe von Minister Dr. Till Backhaus und Patrick Dahlemann, SPD)