Protokoll der Sitzung vom 21.06.2019

Man muss an dieser Stelle auch einmal fragen dürfen, ist es gerecht, wenn Mädchen und Frauen, die sich im Wirkungskreis des SGB II befinden, die Kosten für Menstruationsartikel als Mehrbedarfe bekommen oder nicht und, wenn ja, wie lange. Wenn man diese Frage mit Ja beantwortet, dann müsste es eigentlich zu einer Einzelfallprüfung kommen, denn Mädchen bekommen ihre erste Menstruation in einem Alter von 9 bis 12 Jahren und die Menopause setzt überwiegend zwischen 41 bis 58 Jahren ein. Schließlich darf es ja auch nicht zu einer Überkompensation kommen. Zum anderen habe ich mich gefragt, warum fällt Ihnen erst heute auf, dass es sich hier um Mehrbedarfe handeln könnte, und warum ein Aufschrei nicht schon bei Inkraftsetzung von Hartz IV kam,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Warum habt ihr das bei Hartz IV, als ihr das eingeführt habt, nicht mitbedacht?)

denn der Regelbedarf ist ein pauschaler Bedarf und richtet sich nach den durchschnittlichen Verbraucherausgaben.

(Zuruf von Henning Foerster, DIE LINKE)

Und hier gehört der Bedarf auch hin, in den Regelbedarf, und nicht in den Mehrbedarf.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch auf die Ziffern 2 und 3 des Antrages eingehen. Darin fordert die Fraktion DIE LINKE die Landesregierung dazu auf, kostenlose Hygieneartikel in allen Landeseinrichtungen zur

Verfügung zu stellen, und die Landesregierung soll auch die kommunale Ebene dazu drängen, in ihren Einrichtungen ebenfalls kostenlose Menstruationsartikel zur Verfügung zu stellen. Hier müssen wir dann, wenn man das weiterdenkt, auch sagen, dazu gehören dann aber auch Schmerztabletten, weil ich habe in den Gesprächen auch immer wieder mitbekommen, dass bei Menstruationsartikeln nicht alleine nur das im Vordergrund steht, sondern auch die Schmerztabletten im Vordergrund stehen. Wie soll dann aber dies umgesetzt werden und würden Mädchen und Frauen dieses Angebot auch annehmen? Dazu sagen Sie leider nichts oder nicht wirklich Umsetzbares. Diese Fragen wird uns ja vielleicht die Antragstellerin noch beantworten können.

(Unruhe auf der Regierungsbank)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe im Vorfeld meiner Rede mit vielen Frauen, ich sagte es schon, und Mädchen gesprochen,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

da ich hier nicht auf eigene persönliche Erfahrungen zurückgreifen kann.

(Torsten Renz, CDU: Nacheinander oder in einer Runde?)

Es gibt...

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Ja, Herr Professor Weber, wie Sie das nun handhaben, weiß ich nicht.

Es gibt bei Mädchen und Frauen eine unterschiedliche Sichtweise auf die genannten Punkte. Es gab teilweise Zustimmung zur Absenkung der Mehrwertsteuer, allerdings gab es für die Bereitstellung von Menstruationsmitteln bei Behörden eine breite Ablehnung. Hier wurde immer angemerkt, es gäbe eine Hemmschwelle oder auch ein Schamgefühl bei Abholung der Produkte. Nicht jedes Kind oder jede Frau, jeder Mann …

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Die kann man auf Toilette hinlegen, da braucht man nichts abzuholen.)

Natürlich, das ist ein bisschen einfach, was Sie da gedacht oder jetzt gesagt haben.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Ach so?)

Das ist zu einfach gedacht.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Ja, das ist ganz einfach. Hinlegen und gut.)

Welche Artikel wollen Sie denn da hinlegen, bitte schön?

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Na Tampons, zum Beispiel!)

Wollen Sie da allgemein nur eine Sorte Tampons hinlegen, wollen Sie da Binden nur einfach hinlegen

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Kann man.)

oder Menstruationstassen da hinlegen?

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Kann man immer noch entscheiden, ob man sie nimmt oder nicht.)

Ja, aber Sie müssen doch aber das Angebot erst mal darlegen können und die Frau …

Meine …

... muss doch wissen, was habe ich da vor Ort.

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Einen Moment, Herr Gundlack!

Es ist ja sicherlich eine spannende Debatte,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD, Ann Christin von Allwörden, CDU, und Christel Weißig, Freie Wähler/BMV)

aber die geht jetzt doch so ins Detail und wird zwischen zwei Personen geführt, sodass ich anbieten würde, dass man vielleicht draußen dann näher ins Detail geht

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Oh, ich glaube nicht! – Heiterkeit bei Christel Weißig, Freie Wähler/BMV)

und wir uns jetzt wieder auf die Rede konzentrieren.

Das können wir nachher draußen machen.

(Unruhe und Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD)

Also Sie wären dann die 41., Kollegin.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD)

Also gerade in Bezug auf die Umsetzung zur Verteilung und die Möglichkeiten einer Abholung in staatlichen und kommunalen Einrichtungen gab es eine breite Zurückhaltung. Zitat einer Frau, die mir zu diesem Antrag geschrieben hat: „Sehr geehrter Herr Gundlack, ich stelle mir angesichts dieses Antrages viele Fragen. Soll die Verwaltung dann eine zentrale Ausgabestelle bereitstellen? Wo sollen die Menstruationsmittel hinterlegt werden, damit ein Zugriff jederzeit möglich ist? Gibt es nur bestimmte Marken und Sorten? Wie oft dürfen die Mädchen und Frauen sich die Mittel holen? Und wie sollen zum Beispiel 10-jährige Mädchen“ – aus Bad Kleinen ist dieses Beispiel – „zum Amt kommen, um sich die Menstruationsmittel zu holen?“ Zitatende.

Ich halte es für wichtig, dass das Thema Menstruation aus einer Tabuzone herausgeholt wird. Gerade in einer modernen und aufgeklärten Gesellschaft darf es kein Tabu dazu geben. Meiner Meinung nach gibt es das auch zumindest in Mecklenburg-Vorpommern nicht, anders beispielsweise in islamisch geprägten Ländern, wo

die Frau während der Periode als unrein gilt, oder eben auch andere alte und überholte Vorstellungen davon, man darf es ja hier auf der rechten Seite sehen.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal betonen, dass dies ein sehr ernstes Thema ist und wir damit konstruktiv umgehen sollten,

(Unruhe auf der Regierungsbank – Glocke der Vizepräsidentin)

allerdings liegt der Ball nicht in unserem Spielfeld, sondern beim Bundestag. Und wie ich bereits erwähnte, befasst sich der Petitionsausschuss in einer öffentlichen Anhörung damit und anschließend auch der Finanzausschuss des Bundestages mit einer Empfehlung dann an die Bundesregierung.

Zusammenfassend kann ich für die SPD-Fraktion sagen, wir möchten die Landesregierung nicht dazu auffordern, sich allein für die Absenkung der Umsatzsteuer auf Menstruationsartikel beim Bund einzusetzen, erst recht nicht in Bezug auf die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Da schießt die Antragstellerin aber gehörig über das Ziel hinaus. Zur Einbeziehung in Sozialleistungen habe ich bereits etwas gesagt. Die Punkte 2 und 3 sind aus meiner Sicht einfach nicht durchdacht und auch schwierig umzusetzen.

Also alles in allem, um zum Ende zu kommen, sollten wir uns die Tatbestände der Umsatzsteuer einfach mal angucken und da eine Änderung herbeiführen, im Gesamtpaket. Wir lehnen diesen Antrag ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Um das Wort gebeten hat noch einmal für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Larisch.