Protokoll der Sitzung vom 05.09.2019

(Zuruf von Dirk Lerche, AfD)

Noch mal, das sind die sehr klaren Bekenntnisse. Ich empfehle, einfach diese Berichte mal zu lesen, ich empfehle, sich mit den Zahlen mal auseinanderzusetzen.

(Ralf Borschke, Freie Wähler/BMV: Ich habe sie gelesen, Herr Pegel, deshalb weiß ich das.)

Sie haben offenbar nicht verstanden, das ist erschreckend genug.

(Zuruf von Ralf Borschke, Freie Wähler/BMV)

Gucken Sie sich die Zahlen einfach mal an!

(Ralf Borschke, Freie Wähler/BMV: Ich lese so was! – Glocke der Vizepräsidentin)

Die heutigen CO2-Mengen, die wir in den letzten 120 Jahren zusätzlich in der Atmosphäre haben, sind erkennbar über viele Zehntausend Jahre ein deutlicher Höchststand, der Auswirkungen hat.

Meine Damen und Herren, jetzt sind wir wieder bei der von mir völlig erwarteten – und deswegen, Sie enttäuschen mich nicht, ich bin schon beruhigt, Sie enttäuschen mich nicht –, die Nichtenttäuschung lautet, es gibt keinen Klimawandel, deswegen ist alles andere Tinnef.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD – Ralf Borschke, Freie Wähler/BMV: Das hat keiner gesagt! – Zurufe von Horst Förster, AfD, und Dr. Ralph Weber, AfD)

Die von Ihnen diskreditierten, von Ihnen versucht diskreditierten jungen Menschen, die sich bei „Fridays for Future“ engagieren, sehen genau mit großer Sorge, dass es solche Verweigerungshaltungen immer noch gibt und dass sich deshalb eine Gesellschaft von Lebensälteren und Erwachsenen momentan verweigert, Veränderungen herbeizuführen.

(Ralf Borschke, Freie Wähler/BMV: Die bösen Alten!)

Wenn man...

Es gibt zum Glück eine ganze Menge Älterer,

(Zuruf von Ralf Borschke, Freie Wähler/BMV)

die genau anders argumentieren als Sie und ihre Verantwortung sehen,

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

deswegen gibt es die „bösen Älteren“ nicht, sondern es gibt die sonderbaren Klimaleugner, das würde ich vielleicht unterschreiben, die sonderbaren, aber die „bösen Älteren“ ist damit fehlerhaft verbunden.

(Zurufe von Horst Förster, AfD, Dr. Ralph Weber, AfD, und Ralf Borschke, Freie Wähler/BMV)

Meine Damen und Herren, wenn man denn nicht anerkennt, dass ein Klimawandel mit einem Menschenanteil geschieht, dann sind natürlich alle Instrumente, die man ergreift, hinfällig. Wenn man aber zur Kenntnis nimmt, dass es offenbar eine Konnexität gibt, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen menschlichem Handeln und einem eintretenden Klimawandel und dass dafür CO2-Emissionen eine Rolle spielen, werde ich überlegen müssen, wie gelingt es mir, CO2-Emissionen deutlich zu reduzieren. Daran knüpfen Ideen an.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Und dabei bin ich im Übrigen auch nicht sofort, und das fände ich mal eine schöne Diskussion, dann bin ich nicht sofort dabei zu sagen, es muss die CO2-Bepreisung sein, die ab übermorgen kommt und alle erschlägt. Das ist ja Ihre Angst. Und mit diesem Alarmismus, für Sie nicht untypisch, arbeiten Sie erneut. Das kenne ich aus Ihren klimabezogenen Reden wiederholt, Alarmismus, Angst machen,

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Zahlen auf die Leute schütten, die ihnen Sorge bereiten.

(Zurufe von Horst Förster, AfD, und Christoph Grimm, AfD)

Ich bin bei der Ministerpräsidentin, die im Übrigen genau an der Stelle anknüpft,...

Sie hatten doch nur einen Redner, und auf den nehme ich Bezug. Ich nehme auf den Redner Bezug.

... die Ministerpräsidentin, die genau darauf Bezug nimmt und sagt, wir anerkennen als Landesregierung – im Übrigen mit größeren Teilen dieses Hohen Hauses –, dass es Menschenanteile an genau diesen CO2-Emissionen und den damit verbundenen Klimaveränderungen gibt, und überlegen jetzt, wie man eigentlich bewirkt, mit möglichst viel Marktmechanismen, dass wir CO2-emittierende Technologien aus den Märkten rausnehmen und sie durch weniger CO2 emittierende Techniken ersetzen. Da ist die CO2-Besteuerung in der Tat ein Stichwort.

Und dann teilen wir ja sogar gewisse Sorgen. Das haben wir im Übrigen auf einen Antrag der LINKEN – jetzt bin ich nicht sicher, ich glaube, im vorletzten Landtagssitzungszyklus – hier auch erörtert. Wir teilen die Sorge, wenn du jetzt einfach nur eine CO2-Besteuerung drauftust und sagst, mal gucken, was passiert, dass das in der Tat Menschen erdrückt, und zwar nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, sondern in ganz Deutschland, vor allen Dingen in den ländlichen Räumen.

(Zuruf von Christoph Grimm, AfD)

Deshalb glauben wir, dass du mehrere Stufen brauchst und dass du verschiedene Antworten brauchst. Eine der Antworten, die mich umtreibt, ist, dass ich glaube, dass du ein geändertes Abgaben- und Umlagesystem für Wärme, für Strom, für Verkehr brauchst, der nämlich tatsächlich, wofür wir plädieren – das hat dieser Landtag im Übrigen, ich glaube, im letzten Sitzungszyklus, auch

mit breiterer Mehrheit getan –, dass du Strommengen, die nach Möglichkeit regenerativ erzeugt sein müssen, sonst ist das freudlos, in die Bereiche Wärme und Verkehr hineintransferieren willst, dass du dafür Sorge tragen musst, dass das Abgabenumlagesystem nicht dazu führt, dass ich wie ein Endverbraucher Strom kaufe, um daraus beispielsweise Wasserstoff zu machen und den dann in der Mobilität und im Verkehr zu verkaufen, und dann ist er unbezahlbar teuer, sondern dass ich ein Abgaben- und Umlagesystem brauche, was die drei Sektoren gleichermaßen behandelt.

Eine der Ideen, die es dafür gibt, ist in der Tat CO2Bepreisung oder Schadstoffbepreisung. Das können Sie nennen, wie Sie möchten. Ich bin noch nicht sofort bei dem Stichwort, sondern wenn, sind Sie bei einem Abgaben- und Umlagesystem, und Sie werden bei Anreizsystemen sein müssen. Sie werden also, wenn Sie einen Pendler an der Stelle belasten würden – mal gucken, was am 20.09. rauskommt, ich bin noch nicht bei Ihrer Konkretheit im ersten Zugang –, wenn so etwas herauskäme, müssen Sie parallel Systeme schaffen, die dafür Sorge tragen, dass die Pendlerinnen und Pendler genau eine Entlastung erfahren, zumindest für einen längeren Zeitraum, der ihnen überhaupt die Möglichkeit gibt, sich technologisch auf so etwas einzustellen. Und zweitens, Sie werden ihnen Finanzierungsmittel an die Hand geben müssen, damit sie sich umstellen können, quasi eine klimabedingte Abwrackprämie. Die brauchen Sie dann für eine Heizung, Sie brauchen sie fürs Auto, Sie brauchen sie in anderen technologischen Bereichen.

Also Ihre Angst, die Sie hier formulieren, zu sagen, dann kommt das Instrument und erschlägt alle und es kommt nichts Begleitendes, die teile ich nicht. Und genau gegen so eine undifferenzierte CO2-Bepreisung oder irgendein anderes System – es gibt ja verschiedene Dinge, wir können auch ein CO2-Zertifikate-System deutlich verändert einbringen –, egal, welches der Systeme Sie zur Grundlage machen, wir sind dafür, dass man dafür Sorge trägt, dass Stück für Stück CO2-sparsamere oder -ärmere Technologien Eingang finden, aber natürlich müssen Sie die Menschen mitnehmen.

Und insbesondere, das ist uns als Landesregierung wichtig, es kann nicht der Fall sein, dass hinterher mehr Geld rauskäme beim Staat – jetzt formuliere ich es mal, egal, wer die öffentliche Hand ist, die solche Abgaben und Umlagen bekäme – als vorher, sondern wenn, müssen Sie sie einsetzen, um erstens Menschen zu helfen, solche neuen Technologien sich zu erschließen. Und dann müssen Sie auch differenzieren nach mittleren, kleinen und größeren Einkommen, weil ich aufpassen muss, dass ich nicht bei einer quasi Abwrackprämie für Heizungen die größeren Einkommen, die sowieso eine neue Heizung gekauft hätten, noch zusätzlich subventioniere und Mitnahmeeffekte habe, und die kleineren Einkommen, die auch mit kleineren Hilfen zunächst keine Heizungsumstellung hinbekämen, hier auf der Strecke bleiben, sondern ich muss differenzieren und denen tatsächlich die Chance geben umzustellen.

Wenn ich das will als Bundes- und Landesregierungen, wird man also ein sehr viel differenzierteres System brauchen, eines, das die von Ihnen geschilderten Sorgen und Ängste berücksichtigt, aber ohne zu sagen deswegen, dass das System nicht kommt. Ich glaube, es ist eher eine Frage, ob man sich traut, die Komplexität anzugehen, dass ich das Ziel nicht aus dem Blick verliere,

im Zeitraum von 10 bis 15 Jahren Klimaschutzziele erreichen zu wollen, vor allem Leuten früh zu sagen, ab den 30er-Jahren gibt es gewisse Antriebstechnologien, gewisse Heizungstechnologien nicht mehr, weil sie dann ordnungspolitisch nicht mehr zugelassen werden, aber auf dem Weg dahin in der Tat die Chance zu lassen, mich Stück für Stück umzuorientieren, und dann wird ein Staat überlegen müssen, wie helfe ich dabei. Und dann kann es nicht passieren, dass ich erst bezahle und dann Hilfe bekomme, sondern ich werde den umgekehrten Weg brauchen. Das ist im Übrigen auch das, was Manuela Schwesig in den Gesprächen, die sie führt in Berlin, immer wieder anmahnt und deutlich bekundet.

Ich hoffe, ich habe dafür ein Signal gegeben, dass ich Ihre Grundsorge weiterhin nicht teile, dass die Klimawandeldiskussion fehlerhaft sei, dass ich umgekehrt dafür bin, dass wir bei CO2-Neutralitäten deutlich stärker auf unsere Ziele zusteuern in den 30er- und 40er-Jahren, aber ich Ihre Sorge durchaus teile, dass wir aufpassen müssen, dass wir dabei nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Das ist aber eine Frage, ob man sich eine Diskussion erlaubt, die ein komplexes System zulässt. Sie wollten mit dieser Diskussion erkennbar mehr das große Ganze infrage stellen. Das kann man tun, das ist politisch alles legitim, wird aber nicht erlauben, dass man die Komplexität des Systems hier erörtert. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

Und jetzt schaue ich einmal nach hinten, weil ich nicht sicher bin, ob es eine Frage oder eine Intervention ist, aber Sie werden mir helfen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des...

Dann habe ich mich noch nicht verabschiedet,...

... Abgeordneten?

... dann will ich gern die Zwischenfrage beantworten.

Allerdings haben Sie auch nur noch 1 Minute 15, ansonsten gäbe es die Anrechnung.

Herr Pegel, wir hatten im Jahr 1800 eine Anzahl der Weltbevölkerung von einer Milliarde. 2017 haben wir sieben Milliarden Weltbevölkerung. Meine Frage ist: Müsste da der CO2-Spiegel nicht um das Siebenfache steigen, eigentlich sogar noch mehr, weil nämlich jeder Mensch ernährt werden muss und auch Tiere züchten muss, damit er ernährt werden kann? Interessanterweise ist diese Kurve genau identisch mit der Hockey-Kurve, die immer diskutiert wird als CO2-Anstieg.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Aber was ist denn da jetzt die Schlussfolgerung?)

Sie werden mit mehr Menschen, gerade wegen der Ernährung, auch CO2Beeinflussung haben, natürlich. Wir diskutieren ja auch über Ernährungsfragen, wenn wir den höheren CO2- oder die CO2-Beeinträchtigung durch menschliches Handeln im Blick haben. Wenn Sie sich die Werte angucken, die uns Wissenschaftler an die Hand geben, wie sich CO2

Mengen in der Atmosphäre in den letzten vielen Tausend Jahren entwickelt haben, dann werden Sie, glaube ich, auch deutlich darauf stoßen, dass die Werte deutlich oberhalb dessen liegen in den letzten 120 bis 170 Jahren, mit steigender Tendenz, was innerhalb der sonst früher üblichen Range gelegen hat.

Darf ich eine Nachfrage stellen?

Herr Minister, ich weise darauf hin, dass dann...

Jetzt bin ich durch.