Protokoll der Sitzung vom 05.09.2019

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

was es bedeutet, Schwimmunterricht in Kindertagesstätten zu verankern? Möglichkeiten bestanden genug. Was ich sehe, was ich wahrnehme bei den Erzieherinnen und Erziehern, wenn man Praxistage durchführt, wenn man vor Ort ist, ist, dass sie schon jetzt an ihrer Belastungsgrenze stehen. Das muss ich einfach so konstatieren und einfach mit wahrnehmen. Und dann kommen Sie jetzt und sagen, wir geben euch noch eine Aufgabe, ohne etwas bei dem Personal zu tun.

Die Frage des Personals in den Kindertagesstätten stellen Sie in Ihrem Antrag überhaupt nicht, das spielt keine Rolle. Und natürlich geht es mit Mehraufwand einher, wenn Erzieherinnen und Erzieher, gerade im ländlichen Raum – und ich komme aus einem ländlichen Raum – zur nächsten Schwimmhalle oder zum Waldbad oder zur nächsten bewachten Badestelle einfach kommen wollen. Im Kindergarten hat eine Erzieherin dann die Verantwortung für 15 Kinder, zur Schwimmhalle oder zum See zu kommen und dort für deren Sicherheit zu sorgen.

Waren Sie, Herr Manthei, schon mal mit 15 Kindern unterwegs und haben dafür gesorgt, auf sie aufzupassen, sie zu betreuen? Ich begleite regelmäßig den Jugendklub in der Ferienfreizeit in meiner Gemeinde, auch in Waldbäder. Wir haben mindestens vier Aufsichtspersonen bei 30 Kindern dabei und den Rettungsschwimmer vor Ort. Schon unter diesem Personaleinsatz ist es schwierig, alle Kinder im Auge zu behalten. Und dann diese Verantwortung einer Erzieherin/einem Erzieher zu übertragen, halte ich für schwierig. Deshalb finde ich vor diesem Hintergrund des aktuellen Personalschlüssels, dass es ein zu hohes Haftungsrisiko für die Erzieherinnen und Erzieher ist. Deshalb muss einfach aus unserer Sicht die Personalfrage gestellt werden.

Die zweite Frage, die sich stellt, ist, wie der Weg zum Schwimmbad, zum Waldbad abgesichert werden kann. Das ist schon an den Schulen ein Riesenproblem, das hatten wir auch hier gerade im ländlichen Raum. Es bedeutet einen Riesenzeitaufwand, zur nächsten Schwimmmöglichkeit zu kommen. Oftmals sind es Wege, gerade im ländlichen Raum, von einer Stunde Busfahrt pro Strecke. Ich weiß aus unserer Sicht, wo wir von der Grundschule zum nächsten Schwimmbad eine Stunde gebraucht haben, eine Stunde zurück. Dies in den Kitaalltag zu integrieren, gerade im Vorschuljahr, halte ich ebenfalls für schwierig, gerade, wenn wir über Kindertagesstätten

im ländlichen Raum reden. Sie hatten das Beispiel von Lubmin gebracht. Ich habe mal gegoogelt, das sind 18 Kilometer, 20 Minuten, das ist noch vertretbar. Was ist aber, wenn die Kitas weiter entfernt sind von der nächsten Badestelle?

(Peter Ritter, DIE LINKE: Mehr Probleme als Lösungsmöglichkeiten mit dem Antrag.)

Ja, einige Kitas des DRK bieten Schwimmunterricht an. Das ist gut so und zeigt, dass es funktionieren kann. Aber wie soll es an allen Kitas implementiert werden? Selbst, wenn wir das implementieren könnten, würden Sie nicht alle Kinder erreichen, da nicht alle Kinder eine Kindertagesstätte besuchen. Deshalb, in der Schule besteht die Schulpflicht, in der Kita eben nicht. Auch das, finde ich, gehört mit zu der Ehrlichkeit Ihres Antrages mit dazu, das zu sagen.

Sie beziehen sich zudem in der Begründung auf das Vorschuljahr. Oftmals gibt es aber in den Kitas gerade nicht das eine Vorschuljahr, sondern es gibt altersgemischte Gruppen, gerade im Kindergartenbereich. Von Drei- bis Sechsjährigen ist in einer Gruppe jedes Alter vertreten. Wie soll eine Kita dies gewährleisten, für eine bestimmte Altersgruppe von Kindern diesen Schwimmunterricht zu gewährleisten? Gerade auch das Vorschuljahr dient ja der Vorbereitung auf die Schule, ist also auch da mit Inhalten gefüllt. Wie soll das aufeinander abgestimmt werden? Wenn der Schwimmunterricht dann in Kitas stattfindet, wie sieht es mit dem Schwimmunterricht in Schulen aus?

Sie sehen, es gibt aus unserer Sicht sehr viel mehr Fragen als Antworten. Die Fragen hätten aus unserer Sicht im Rahmen der KiföG-Beratungen geklärt werden können beziehungsweise würden wir einer Überweisung des Antrages zustimmen, um sie noch im zuständigen Ausschuss mit zu beraten, gemeinsam vielleicht auch mit der Anhörung zum Schwimmunterricht an Schulen, weil, wie gesagt, aus unserer Sicht muss das aufeinander abgestimmt werden. Mit diesem Antrag, so für sich allein genommen, bleiben die Fragen offen und auch durch Ihre Einbringung wurden diese Fragen nicht geklärt. Wie gesagt, deshalb würden wir bei dem wichtigen Thema einer Überweisung in den Ausschuss zustimmen, und ansonsten würden wir uns enthalten.

Sehr geehrte Damen und Herren der BMV, Sie sprechen aber in Ihrer Begründung ein weiteres wichtiges Thema an, die Förderung von Vereinen, die Schwimmunterricht, vom Babyschwimmen angefangen, unterstützen und fördern. Ich selber habe erlebt, wie diese Vereine sich ihr Geld durch Spenden eintreiben müssen, um bestehen zu können. Das finden wir nicht in Ordnung, da bin ich ganz bei Ihnen. Eltern müssen die Möglichkeit haben, wohnortnah mit ihren Kindern an der Wassergewöhnung vom Babyschwimmen bis zum Schwimmunterricht teilhaben zu können. Deshalb müssen wir nach der Förderung fragen. Das können wir in den anstehenden Haushaltsberatungen gerne tun und nachfragen. Und ich würde Sie aber bitten, bringen Sie sich da auch mit diesem Thema in die Haushaltsberatungen ein! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD Frau Julitz.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute haben wir also den Antrag zur Schwimmförderung in Kitas. Wenn man das mal weiterdenkt, dann fehlen nach der Schule und der Kita jetzt noch das Babyschwimmen und die Wassergeburt.

(Heiterkeit bei Elisabeth Aßmann, SPD)

Spaß beiseite! Selbstverständlich ist es eben wichtig, dass unsere Kinder schwimmen können und dass sie sicher und gut schwimmen können und natürlich auch möglichst früh. Allerdings habe ich weder im Antrag noch in der Einbringung etwas zur Elternverantwortung gehört, denn an allererster Stelle haben zumindest nach meiner Auffassung Eltern auch diese Aufgabe inne.

Das Ziel ist trotzdem gut, der Weg in den meisten Fällen unpraktikabel. Wir haben eben auch gerade von der Kollegin gehört, wir haben oft altersgemischte Gruppen, und allein der Ablauf in der Kita wird es in den meisten Fällen nicht möglich machen, Schwimmunterricht zu gewährleisten, denn in den allermeisten Fällen werden Kinder bis 8.00 Uhr gebracht, es gibt Frühstück, ab 11.00 Uhr gibt es Mittag, danach Mittagsschlaf. Wir haben Mittagskinder, wir haben Kinder mit Halbtagsplätzen, das heißt, am Ende wird man das nur am Vormittag realisieren können. Das sind dann also von 9.00 bis 11.00 Uhr zwei Stunden. Wenn wir jetzt die langen Fahrtwege für viele Kitas, gerade auf Dörfern, sehen, dann wird es wohl eher schwierig, die Kinder dorthin zu transportieren und vernünftig einen Ablauf zu organisieren und dann eben Schwimmunterricht anbieten zu können. Insofern halte ich das tatsächlich für relativ unpraktikabel.

Ich habe auch gehört – ich weiß jetzt nicht mehr, wer es war –, es ist schade, dass wir das nicht in der KiföGDebatte schon mal gehört haben, das hätte man tatsächlich auch da mal diskutieren können. Ich kenne Kitas, die Schwimmunterricht anbieten, tatsächlich. Also ich habe bei mir tatsächlich Kitas, die das machen. Allerdings ist die Schwimmhalle dann irgendwie fünf Minuten Fußweg, also wirklich ganz nahe da, wo man das wirklich gut organisieren kann.

Auch ich plädiere dafür, weitere Unterstützungsmöglichkeiten, zum Beispiel für Schwimmferienkurse, zu finden. Bei mir an der Müritz finden die jedes Jahr statt, haben großen Zulauf und es werden immer mehr Gruppen eröffnet durch DRK, DLRG, andere Vereine bei mir vor Ort. Da, finde ich, sollten wir im Gespräch bleiben, dass wir da weitere Fördermöglichkeiten finden. Insofern lehnen wir Ihren Antrag ab. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Marc Reinhardt, CDU)

Das Wort hat noch einmal für die Fraktion Freie Wähler/BMV der Abgeordnete Herr Dr. Manthei.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich

möchte eigentlich nur kurz auf die Vorredner noch mal eingehen. Zunächst zur Ministerin Frau Hesse: …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nee, Drese!)

Was?

(Tilo Gundlack, SPD, und Peter Ritter, DIE LINKE: Drese!)

Frau Drese, Entschuldigung, Frau Drese! Danke für den Hinweis.

Die, Zitat, „flächendeckende Schwimmförderung“, Zitatende, die fordern wir gar nicht mit dem Antrag. Ich weiß nicht, wo Sie das herhaben. Das ist ja mehrfach auch noch gesagt worden.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist mehr eine vorbeugende Einschätzung.)

Es handelt sich nur um eine projektbezogene Förderung. „Flächendeckend“ ist kein einziges Mal im Antrag. Es ist eigentlich ein bisschen schwierig, über einen Antrag zu diskutieren, wenn jeder ihn so liest, wie es ihm passt, sage ich mal. Dann ist es ein bisschen schwierig, eine vernünftige Diskussion zu machen.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Das hätten Sie konkreter fassen müssen, Herr Manthei.)

Es passiert einiges. Ich habe ja auch nicht gesagt, Frau Hesse,

(Tilo Gundlack, SPD: Nein, Frau Drese!)

dass nichts passiert.

Was?

(Tilo Gundlack, SPD: Drese!)

Frau Dr…

(Tilo Gundlack, SPD: Noch mal! Noch mal! – Heiterkeit und Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ist schon etwas spät heute.

(Tilo Gundlack, SPD: Drese! Nicht Hesse!)

Ja, Frau Drese, ja, ich lerne es noch, Entschuldigung.

(Tilo Gundlack, SPD: Mit „D“!)

Die Fakten sprechen allerdings dagegen. Das heißt, es passiert einiges, das habe ich ja auch erwähnt. Ich habe ja sehr gute Beispiele erwähnt, aber die Fakten sprechen ja nicht nur dagegen, sondern die Fakten werden immer schlechter. Die Fakten werden immer schlechter. Die Schwimmfertigkeiten unserer Kinder sind sowieso schon sehr schlecht und werden schlechter. Und ich bin nun nicht jemand, der hier irgendwie den Weltuntergang herbeiredet, sondern das sind einfach Fakten, die wir alle kennen.

Auch Ihre Ansicht, Frau Drese,

(Tilo Gundlack, SPD: Jawoll!)

dass es nicht umsetzbar sei, ist einfach nicht richtig und widerspricht der Realität, weil es eben schon viele, viele gute praktische Beispiele gibt, wo es problemlos geht. Dann haben Sie gesagt – grundsätzlich hat es mich natürlich sehr gefreut, dass Sie sich eigentlich sehr positiv auch geäußert haben –, Sie haben gesagt, Sie wollen weiter mit den Vereinen darüber nachdenken, so ungefähr, aber das ist eigentlich auch das, was wir im Antrag gesagt haben, dass es hier Gespräche, Kooperationen mit den Schwimmsport treibenden Vereinen erst mal natürlich geben soll, um auszuloten, was möglich und sinnvoll ist.

Zu Herrn Reuken mit dieser Altersfrage: Also im Grunde ist es so, wenn Sie Trainer sind, ist natürlich jedwede sportliche Betätigung immer individuell. Vielleicht gibt es auch siebenjährige Kinder, wo man vielleicht keinen Schwimmunterricht durchführen kann, das ist klar, aber in aller Regel ist es so, dass sie das ab fünf Jahren machen können, teilweise eigentlich sogar schon ab vier. Die Ressourcen für Schulen freizuhalten, hatten Sie gesagt, die Ressourcen sind natürlich knapp. Auch hier ist das Problem für die Kindertagesstätten, dort Bahnen zu bekommen. Die Praxis zeigt uns aber – und ich kenne ja nun mal das Projekt recht gut –, dass es Möglichkeiten gibt, weil die Kindergärten einen Vorteil haben, sie sind nicht an Schulzeiten gebunden. Das heißt, anders als Frau – ich weiß nicht, Frau Julitz, dahinten –, Frau Julitz es gesagt hat, ist es nicht so, dass es nur vormittags geht, es geht natürlich auch nachmittags und auch außerhalb der Schulzeiten, also in den Ferienzeiten zum Beispiel. Das ist ein großer Vorteil bei den Kindertagesstätten.

Zu Frau Friemann-Jennert: Sie haben, wie ja auch Frau Julitz, wieder an die Eltern appelliert. Da schließe ich mich natürlich im Prinzip an. Ich bin ja auch selber Elternteil und habe natürlich auch dafür gesorgt, dass rechtzeitig das Schwimmen gelernt wird, aber die Realität ist eben leider nicht so schön, dass alle das machen. Das heißt, viele Kinder erlernen eben nicht das Schwimmen als Kind. Das ist auch gar nicht mal unbedingt Desinteresse der Eltern, sondern die Eltern haben einfach auch das Problem, wenn sie voll berufstätig sind, wie sollen sie denn, was weiß ich, Mittwochnachmittag das Kind zum Schwimmkurs bringen. Das ist einfach oft auch gar nicht möglich.

(Maika Friemann-Jennert, CDU: Wir haben das auch geschafft.)