Protokoll der Sitzung vom 18.10.2019

Ja, Herr Foerster, wie das immer mal so ist, das Erwerbslosenparlament tagt nächste Woche und pünktlich kommt ein Antrag, wieder ein Antrag, der sozusagen einen Rundumschlag insgesamt darstellt im Bereich der Grund- sicherung, der Arbeitssuche und des Arbeitsmarktes. So kann man das ja vielleicht mal zusammenfassen. Im vorliegenden Antrag werden insgesamt 17 Forderungen in neun Punkten aufgestellt. Viele davon haben Sie, sehr geehrte Abgeordnete der LINKEN, in den letzten Wochen und Monaten, in den letzten Jahren immer wieder gebetsmühlenartig vorgetragen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: 15 Jahre, ne?)

Ja, man muss Ihnen aber, denke ich mal, zurufen, als Hartz IV eingeführt worden ist, war die Wirtschaft in Deutschland eher lahm, die Arbeitslosenzahlen waren hoch und gingen weiter nach oben. Sie kennen sich ja da in der Regierungszeit aus,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das erzählen Sie auch schon seit 15 Jahren.)

das werden Sie, glaube ich, nicht vergessen haben.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Im Jahr 2006, als Sie abgewählt worden sind als LINKE aus der Regierung, hatten Sie die höchsten Arbeitslosenzahlen, die wir je in Mecklenburg-Vorpommern zu verzeichnen hatten. Ist Ihnen das entgangen?

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Der Arbeitsminister hieß

(Peter Ritter, DIE LINKE: Dann hätte es ja die SPD mit vorbereiten müssen.)

Holter, Herr Ritter. Ich will Ihnen das zumindest noch mal zurufen, und wenn Sie jetzt sagen, dass der Arbeitsmarkt und die Verfassung des Arbeitsmarktes in Mecklenburg

Vorpommern die schlechteste Verfassung hat, die Sie je gesehen haben, dann kann ich Ihnen nur zurufen: Sie haben die Zeichen der Zeit nicht erkannt.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Marc Reinhardt, CDU: Jawoll!)

Wir haben die höchste Beschäftigungsquote, die es je in Mecklenburg-Vorpommern gab, wir haben so viele sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse in Deutschland und auch in Mecklenburg-Vorpommern wie noch nie. Wir haben so wenige Langzeitarbeitslose wie noch nie. Man muss auch sagen – und das darf man auch sagen dürfen –, drei Viertel der Arbeitslosenzahlen sind, seit diese Regierung im Amt ist, abgebaut. Das ist natürlich in erster Linie ein Verdienst der Unternehmen, ein Verdienst derjenigen, die arbeiten.

(Zuruf vonseiten der Fraktion der CDU: Genau.)

Es ist natürlich auch eine politische Rahmensetzung, die sich am Ende bewährt hat,

(Zuruf von Henning Foerster, DIE LINKE)

und zwar deswegen bewährt hat, weil ganz konsequent die Schaffung von Arbeitsplätzen auf dem ersten Arbeitsmarkt die Stoßrichtung war.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Christian Brade, SPD)

Und die hat sich insgesamt, denke ich, als richtige Marschroute erwiesen.

Von daher kann ich Ihnen nur noch mal zurufen: Arbeitslosenzahlen im September 53.100.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Ich kann auch Statistiken lesen!)

Ich wollte es Ihnen nur mal sagen, Sie sind ja Gewerkschafter. Ich meine, ich will ja auch nicht abstreiten, dass Sie die Statistiken lesen können, aber Sie interpretieren sie immer falsch.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

Und das ist leider das Problem.

Meine Damen und Herren, die Langzeitarbeitslosigkeit in den letzten Jahren ist auch angegangen worden, und man muss sagen, auf dem zweiten Arbeitsmarkt hat sich die eine oder andere Beschäftigungsgesellschaft etabliert und ist weiter dabei, Projekte, die über den ESF zu beantragen sind, umzusetzen. Also es wird auch dafür etwas getan, dass diejenigen, die einen schwierigen Zugang zum Arbeitsmarkt haben, durchaus unterstützt werden.

Zu der Frage der Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 36 Monate: Heute gilt, dass 24 Monate in der Regel normal sind, und wer Qualifizierungsansätze nutzt, der kann ab dem 01.01.2020 30 Monate lang davon profitieren. Also auch in dieser Frage wurde durch den Gesetzgeber auf der Bundesebene gehandelt, meine Damen und Herren. Das müsste man doch auch zumindest bei den LINKEN mal akzeptieren und respektieren können.

Die Frage von Sanktionen haben Sie angesprochen. Natürlich geht es darum, Anfang November zu gucken, sind Sanktionen gegen 25-Jährige rechtens oder unrechtens, oder sind das bei der Kostenerstattung für Unterkunft und Heizung Dinge, die geändert werden müssen oder nicht. Das werden wir jetzt ja hören. Wir werden Ihnen aber jetzt nicht den Gefallen tun, heute schon Änderungen vorzunehmen, zumal das Gericht sich vorbehalten hat, darüber eine Entscheidung zu fällen. Die Regelleistungen werden regelmäßig angepasst, Herr Kollege Foerster, das wissen Sie besser als ich, aber behaupten glatt immer das Gegenteil.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Nein, das habe ich nicht behauptet.)

Das aktuelle Verfahren beim Bundesverfassungsgericht hat es nicht beanstandet,

(Zuruf von Henning Foerster, DIE LINKE)

dass die Regelsätze so festgelegt worden sind, wie sie festgelegt sind. Bis jetzt gibt es dazu bei der Rechtsprechung zumindest kein Versagen oder keine Ermahnung an die Politik.

Meine Damen und Herren, natürlich ist es immer leicht zu sagen, Hartz IV abzuschaffen. Wissen Sie, dann würden Sie auch die ganzen Dinge, die Sie gerade gelobt haben, dass das Teilhabechancengesetz für Langzeitarbeitslose nach dem Gesetz sechs, sieben Jahre lang Langzeitarbeitslosen den Zugang zum Arbeitsmarkt öffnet, sozusagen gleich mit abschaffen. Sie würden auch diejenigen bestrafen, die jetzt nach zwei Jahren wieder den Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen.

Das, was Sie ja in besonderer Weise umtreibt, ist die Festlegung, dass wir gesagt haben und der Bund gesagt hat, in den ersten zwei Jahren sollen die, die sehr lange vom Arbeitsmarkt fern waren, zu 100 Prozent gefördert werden. Und dann geht es, wie Sie auch richtig gesagt haben, minus 10, minus 20, minus 30 Prozent, und dazu sind Eigenanteile aufzubringen. Wir sagen, das macht die Wirtschaft, und alle Statistik gibt uns recht.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Gerade nicht.)

Die Wirtschaft greift auf diese Angebote zu und zahlt 10 Prozent im dritten Jahr, 20 Prozent im vierten Jahr, 30 Prozent im fünften Jahr. Und wir brauchen dafür keine Landesmittel einzusetzen, weil dieses Programm so gestrickt ist, dass es dafür gedacht ist, die Arbeitnehmer einzustellen und nach fünf Jahren die Weiterbeschäftigung sicherzustellen. Das ist doch der entscheidende Unterschied zwischen Ihrer Politik als LINKE und der bürgerlichen Mitte auf unserer Seite. Das ist ganz klar und sehr erfolgreich und – noch mal – gibt uns recht, weil die Wirtschaft diese Angebote annimmt. Von daher kann man auch nicht sagen, dass wir so weltfremd durch die Gegend ziehen. Wir haben ein System aufgebaut, das, denke ich, dafür sorgt, dass wir insgesamt auf dem Arbeitsmarkt auch diejenigen nicht vergessen, die eine zweite Chance oder eine dritte Chance brauchen, nachdem sie sehr lange arbeitslos waren.

Es geht auch um Fort- und Weiterbildung. Das ist zugegebenermaßen noch ausbaufähig, aber Fort- und Weiterbildung sollen dazu führen, dass Qualifikationsangebote auch für Langzeitarbeitslose aufgelegt werden, um ihre Chancen

auf dem Arbeitsmarkt, auf dem ersten Arbeitsmarkt deutlich zu verbessern. Dazu gehört auch Weiterbildung.

Und, Herr Foerster, wenn Sie richtig in sich reinhorchen, müssten Sie eigentlich SPD und CDU dankbar sein,

(Heiterkeit bei Karsten Kolbe, DIE LINKE)

dass wir das in den letzten Jahren hier umgesetzt haben. Da habe ich mal so ein kleines Lob von Ihnen vermisst.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ach Mensch, Harry!)

Herr Foerster, vielleicht geht das irgendwann noch mal.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, ich will natürlich darauf hinweisen, dass es nicht nur im Bereich des Arbeitsmarktes Angebote gibt, wo wir darüber nachdenken, es gibt auch Fördermaßnahmen aus dem Wirtschaftsministerium, Fort- und Weiterbildung, Qualifizierung und Einstellung von Ingenieuren et cetera. Alles das sind Dinge, die wir fördern. Und es gibt natürlich auch die Möglichkeit, die ESFMittel für Bürgerarbeit einzusetzen, damit die, die 13 Mo- nate arbeitslos sind, eine Chance haben, sofort wieder einzusteigen. Auch dieses Programm wird angenommen. 84 Prozent aller Bürgerarbeitsplätze werden durch die Wirtschaft kofinanziert. Das hatten wir früher bei anderen Maßnahmen nie. Wir hatten auch eine Bindungsquote maximal bei SAM und anderen Stellen von zwei bis drei Prozent. Wenn Sie jetzt 84 oder 85 Prozent Bindungsquote haben, dann ist das doch eine tolle Geschichte, wollte ich Ihnen nur noch mal zurufen, um da sozusagen Ihre Vergesslichkeit noch ein bisschen anzuschärfen.

Meine Damen und Herren, ich denke, wir sind auf gutem Wege. Der Arbeitsmarkt ist stabil, die Wirtschaft wächst in Mecklenburg-Vorpommern auch in diesem Jahr um 1,5 Pro- zent, deutlich mehr als im Bundesdurchschnitt, das kann man vielleicht mal sagen. Im Übrigen glaube ich, dass wir mit unseren Maßnahmen so aufgestellt sind, dass einerseits der erste Arbeitsmarkt belebt wird, dass zweitens Langzeitarbeitslose und andere Zugang zum Arbeitsmarkt haben.

Und ein letztes Wort von mir: Gucken Sie auch beim Arbeitsamt nach, wie viele offene Stellen zur Verfügung stehen! Das ist so viel wie noch nie, meine Damen und Herren. Ich glaube, wir können erhobenen Hauptes zum Erwerbslosenparlament am nächsten Freitag gehen, und wir werden uns dort sozusagen natürlich in den verschiedenen Meinungsfeldern bewegen. Dass wir einerseits noch mal die OASEN-Förderungen aufmachen, um in besonderer Weise ihre Existenz zu garantieren oder zu sichern, wie auch immer, dazu sind wir ja im Gespräch miteinander. Es wird Anfang November ein weiteres Gipfeltreffen geben zwischen den Vertretern, die auf dem zweiten Arbeitsmarkt agieren, und der Landesregierung. Ich denke, da werden wir auch Lösungen finden, die dazu beitragen, dass dieses Standbein oder diese Entwicklung weiter betrachtet wird. Ich bin da ganz optimistisch. Von daher würde ich sagen, vielleicht können Sie Ihren Antrag sogar zurückziehen. Also das war, glaube ich, die überzeugende Rede. – Vielen Dank.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der CDU und DIE LINKE – Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister.

Herr Ritter hat eine Kurzintervention angemeldet. Ich würde Sie bitten, sehr geehrter Herr Minister, am Pult stehenzubleiben.