Es hat etwas gedauert, bis wir uns als Fraktion, die das Projekt „Ehrenamtskarte“ im Wesentlichen vorangetrieben haben, mit dem Koalitionspartner einigen konnten. Es war ein ganzes Stück Arbeit zur strategischen Ausrichtung für das freiwillige Engagement, insbesondere für herausragendes Engagement. Und es ist gut, dass wir einiges ausdiskutiert haben, bevor die Karte auf den Weg geschickt wird. Schaut man sich die landesweit gültigen Ehrenamtskarten an, die in den anderen Bundesländern gelten, haben wir einen außerordentlichen Aufholprozess vor uns. Da bin ich auch bei Frau Rösler.
In der Einbringung hat es Frau von Allwörden schon gesagt, wir wollen eine Ehrenamtskarte, die ihren Namen auch wert ist.
Uns war es besonders wichtig, dass wir es ermöglichen, dass auch Mitglieder der freiwilligen Feuerwehren die Ehrenamtskarte in Empfang nehmen können – hier lag ein Knackpunkt –, auch wenn sie für Führungspositionen eine Aufwandsentschädigung von öffentlicher Hand erhalten. Dies war lange ein Streitpunkt, gerade auch in der Diskussion mit dem Finanzministerium. Und es ist eben nicht so, wie zwischenzeitlich in der Presse kolportiert, die CDU müsse in Fragen der Finanzierung in die Gänge kommen. Das Gegenteil ist der Fall, sie soll gesichert sein.
An dieser Stelle, meine Damen und Herren, möchte ich mich auch noch mal ausdrücklich bei allen Beteiligten bedanken, die die Konzeptionierung der Ehrenamtskarte begleitet haben, eben bei den Verantwortlichen der Arbeitsgruppe für das Konzept im Sozialministerium, bei den mitwirkenden kommunalen Verbänden, bei der Ehrenamtsstiftung, beim Koalitionspartner und allen anderen, die in dem Prozess zur Entstehung ihren Beitrag geleistet haben. Der vorgelegte Antrag ist gut und die Bürger im Land können sich darauf verlassen, die Karte wird umgesetzt. Wir als Koalition …
Wir als Koalition erfüllen unseren Auftrag, und nach dieser Landtagssitzung ist sicher, dass die Ehrenamtskarte kommt.
Das Sozialministerium hat, wie ich hörte, bereits Partner im Bereich der Landeseinrichtungen gewinnen können, die Vergünstigungen bei Besitz der Ehrenamtskarte angekündigt haben und einen Beitrag für Engagierte leisten wollen. An dieser Stelle – und das muss man auch wirklich so sagen – sind wir auf Partner angewiesen, auf die Kommunen, die schon Erfahrungen gesammelt haben
mit dem Angebot der Ehrenamtskarte, auf das Mitmachen und die Werbung von Partnern durch die Kammern und Landesverbände der Unternehmen. Auch die Ehrenamtsstiftung und die MitMachZentralen sind in das Projekt „Ehrenamtskarte“ eingebunden.
Zu Punkt 1: Die MitMachZentralen werden nach dem aktuellen Konzept schon mit in die Umsetzung und Weiterentwicklung der Ehrenamtskarte eingebunden. Die Aufgabe als Ansprechpartner, als Aufgabenträger und für die Gewinnung von Akzeptanzpartnern ist integraler Bestandteil des Konzeptes.
Zu Punkt 2 Ihres Antrages: Die Ehrenamtskarte wird Teil der nächsten Haushalte sein. Eine Berücksichtigung im aktuellen Haushalt ist aus jetziger Sicht durch die Finanzierung aus dem Strategiefonds nicht notwendig. Es gibt für die Landesregierung unter Punkt 3 den klaren Auftrag, die Ehrenamtskarte im Haushalt zu berücksichtigen
Zu Punkt 3: Wir beschließen eine Weiterentwicklung der MitMachZentralen entsprechend dem Bericht der Landesregierung.
Und zur vierten Forderung Ihrerseits: Natürlich ist die Ehrenamtskarte ausbaufähig. Der ÖPNV beziehungsweise die Aufnahme von Mobilitätshilfen könnte ein wichtiger Bestandteil derselben werden. Im Endeffekt ist es eine Kostenfrage. Den Punkt der Möglichkeit, den ÖPNV einzubinden, haben wir lang und breit diskutiert, und damit wird die Ehrenamtskarte für den Ehrenamtlichen dann auch bedeutend interessanter.
Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Liebe Ehrenamtliche! Machen Sie mit uns zusammen diese Karte zu einem Erfolg und verhelfen wir dem Ehrenamt unter anderem mit dieser Maßnahme zu mehr Wertschätzung!
Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen, stimmen Sie unserem Antrag zu! Ich denke, er ist in unser aller Interesse. – Und ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/4256 abstimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/4256 mehrheitlich abgelehnt.
Wer dem Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 7/4211 zuzustimmen wünscht, den bitte ich
jetzt um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist dem Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 7/4211 zugestimmt.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 19: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – 15 Jahre Hartz IV erfordern Kurskorrektur in der Arbeitsmarktpolitik, Drucksache 7/4203.
Antrag der Fraktion DIE LINKE 15 Jahre Hartz IV erfordern Kurskorrektur in der Arbeitsmarktpolitik – Drucksache 7/4203 –
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In wenigen Tagen ist es wieder so weit. In den „Ritterstuben“ tagt zum 22. Mal das Erwerbslosenparlament M-V. Und das Motto lautet in diesem Jahr: „Gemeinsam einstehen für eine solidarische und sozial gerechte Gesellschaft“, aus unserer Sicht ein guter Anlass, die Arbeitsmarktpolitik im Jahr 2015 nach Einführung von Hartz IV einer kritischen Bilanz zu unterziehen.
Hunderttausende Menschen gingen im Vorfeld der Bundestagswahlen 1998 für einen Politikwechsel und die Ablösung der Regierung Kohl auf die Straße. Ihre Erwartungen an die neue rot-grüne Regierung Schröder wurden jedoch bitter enttäuscht. Die Folgen davon sind bis heute spürbar. Zwar sanken die Arbeitslosenzahlen, allerdings zum Preis der Entstehung des größten Niedriglohnsektors in Europa. Das aus Sicht der von Arbeitslosigkeit Betroffenen wichtigste Gesetz war Hartz IV. Damit wurde eine neue Leistung, das Arbeitslosengeld II, eingeführt. Die Arbeitslosenhilfe fiel ersatzlos weg. Das hatte gravierende Folgen, denn der Maßstab für die Höhe der Arbeitslosenhilfe war das letzte Arbeitseinkommen. Das änderte sich und seither wird nach dem einkommensorientierten Arbeitslosengeld I nur noch das Arbeitslosengeld II gezahlt.
Bis heute sind die Reformen umstritten. So liegt die Frage der Zulässigkeit von Sanktionen zur Klärung beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe und das Urteil ist für den 5. November um 10.00 Uhr angekündigt. Eine Reform der Arbeitsmarktpolitik umfasst aber mehr als die Abschaffung des Sanktionsregimes. Deshalb legen wir heute auch einen komplexen Antrag vor.
Im ersten Punkt geht es um eine Reform der Arbeitslosenversicherung. In Deutschland leben 70,8 Prozent der Erwerbslosen in Armut. Das ist der mit Abstand höchste Wert in der EU. Eine Ursache liegt in der eingeschränkten Schutzfunktion der Arbeitslosenversicherung, denn dadurch befindet sich der überwiegende Teil der Erwerbslosen im Hartz-IV-Bezug. Das belegt auch die Statistik der BA für unser Land: Von 53.149 Arbeitslosen entfielen zuletzt nur 16.561 auf den Bereich des ALG I, 36.588 dagegen auf den Bereich des ALG II. Deshalb wollen wir den Zugang erleichtern, die Rahmenfrist auf 36 Monate erweitern und jedem, der innerhalb dieser Frist vier Monate am Stück sozialversicherungspflichtig beschäftigt war, einen Anspruch auf zwei Monate Arbeitslosengeldbezug einräumen. Auch ältere Beschäftigte wollen wir besser schützen. Wer innerhalb der Rahmenfrist mindestens 24 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat und über 50 Jahre alt ist,
soll einen Mindestanspruch von 18, wer über 55 Jahre alt ist, einen von 24 und wer über 60 Jahre alt ist, einen von 36 Monaten ALG-I-Bezug erhalten. Ferner wollen wir die Arbeitslosenversicherung auch für Soloselbstständige öffnen, denn nur wenige von denen sind effektiv gegen Erwerbslosigkeit abgesichert. Die Zugänge sind derzeit auf Personen begrenzt, die sich nach einer abhängigen Beschäftigung selbstständig machen, und Selbstständige, die erwerbslos werden, weil sie keine Aufträge mehr haben, fallen zumeist direkt ins Hartz-IV-System. Deshalb wollen wir die Möglichkeit eröffnen, auf Antrag Zugang zur Arbeitslosenversicherung zu erhalten. Die zu zahlenden Beiträge sollen sich am tatsächlichen Einkommen orientieren.
Im zweiten Anstrich finden Sie die bekannte Forderung nach Anhebung der Regelsätze. Deren niedriges Niveau ist ein weiterer Grund für die verbreitete Armut unter Erwerbslosen. Zum 01.01.2020 soll der Regelsatz für einen Alleinstehenden auf 432 Euro steigen. Wissenschaftler und Sozialverbände fordern ein Ende der Kleinrechnung der Bedarfe. Leistungen müssten sich an der Armutsgrenze orientieren und methodisch sauber berechnet werden. Dann ergäbe sich ein Betrag von 582 Euro, ein wichtiger Schritt übrigens auf dem Weg zu unserem politischen Ziel einer sanktionsfreien Mindestsicherung.
Zu den Sanktionen haben wir hier in den letzten Jahren vielfach diskutiert und unsere Auffassung dazu ist Ihnen hinlänglich bekannt. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits im Jahr 2010 entschieden, dass der gesetzliche Leistungsanspruch bei Hartz IV so ausgestaltet sein muss, dass ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleistet ist. Sanktionen führen aber zu einer systematischen Unterschreitung von eben diesem. Vor allem solche gegen junge Erwachsene führen dazu, dass diese den Kontakt zum Jobcenter abbrechen. Dies ist mit Blick auf das Ziel einer Integration in den Arbeits- und Ausbildungsmarkt fatal, denn gerade bei Heranwachsenden ist es wichtig, die Voraussetzungen im Bereich der Bildung und der sozialen Kompetenzen zu schaffen.
Der Förderung der beruflichen Weiterbildung kommt eine Schlüsselfunktion bei der erfolgreichen Integration in den Arbeitsmarkt zu. Und das ist grotesk, wie da bei Arbeitsagenturen und Jobcentern teilweise agiert wird. Nach Angaben des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes erhielten im September 2017 nur 5,2 Prozent der Erwerbslosen eine berufliche Weiterbildung, eine solche mit dem Ziel eines beruflichen Abschlusses sogar nur 2,4 Prozent. Einen ähnlichen Trend kann man auch hierzulande erkennen. So ist die Zahl der ALG-I-Empfänger in den letzten zehn Jahren zwar um 45 Prozent zurückgegangen, bei den Maßnahmen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung ist aber ein ungleich stärkerer Einbruch zu verzeichnen. Er liegt bei über 78 Prozent, wobei Maßnahmen zum Erreichen eines Abschlusses um über 54 Prozent eingebrochen sind.
Deswegen fordern Arbeitsmarktexperten eine Umkehr und mehr Mittel für die berufsqualifizierende Weiterbildung. Die Gründe liegen nachvollziehbar auf der Hand. Arbeitgeber in Deutschland stellen bevorzugt Leute ein, die einen Abschluss in der Hand haben. Fehlt dieser, ist der Zugang zu einer neuen Beschäftigung oft erschwert, um nicht zu sagen, unmöglich. Und ein weiterer Grund spricht dafür: Gut qualifizierte Beschäftigte sind natürlich leistungsstärker, sie verdienen mehr und sie zahlen im Endeffekt auch mehr Steuern und mehr Abgaben.
Meine Damen und Herren, für eine an den individuellen Erfordernissen der Förderung von Erwerbslosen ansetzende Praxis braucht es Fachleute. Die Verbesserung und Stabilisierung der Beschäftigungs- und Handlungsfähigkeit ist Grundlage für eine spätere Qualifizierung und die nachhaltige Vermittlung in den Arbeitsmarkt, und da geht es jetzt konkret darum, die Expertise der Beschäftigungsgesellschaften in unserem Land zu sichern, denn diese verknüpfen arbeitsmarktpolitische Maßnahmen mit sinnvollen, regional strukturfördernden Zielstellungen. Was diese zur Sicherung einer qualitativ hochwertigen Arbeit benötigen, ist eine finanzielle und ideelle Grundsicherung, die an das aus den 2000er-Jahren bekannte Prinzip der Stammkraftförderung anknüpft.
Beim Blick auf die Förderinstrumente des Bundes würde ich sagen, dass sich in den letzten Jahren einiges getan hat, was man als Schritt in die richtige Richtung bezeichnen kann. Das neue Instrument des Paragrafen 16i SGB II, mit dem Langzeitarbeitslose die sechs der letzten sieben Jahre ALG II bezogen haben und bis zu fünf Jahre gefördert werden können, kann eine erfolgreiche Integration ebenso wie die Sicherung sozialer Teilhabe besser befördern, als es frühere Sonderprogramme konnten. Es käme aber noch weitaus besser zur Geltung, wenn es gelänge, den Eigenanteil vor allem für gemeinnützige Träger und kleine Kommunen deutlich zu reduzieren. Bislang werden die ersten beiden Jahre zu hundert Prozent gefördert, danach sinkt die Förderung um jeweils zehn Prozent ab. Beim zweiten Förderinstrument, dem Paragrafen 16e SGB II, der ein Angebot an Menschen darstellt, die in den letzten zwei Jahren ALG II bezogen haben, und im ersten Jahr bis zu 75 Prozent, im zweiten Jahr bis zu 50 Prozent Förderung vorsieht, ist es genauso.
Zu guter Letzt möchte ich noch an die andere Seite der Medaille erinnern, denn Hartz IV lässt das Damoklesschwert des sozialen Absturzes bei eintretender Arbeitslosigkeit über allen Beschäftigten schweben. Nur deshalb waren und sind viele bereit, jeden noch so schlecht bezahlten Job anzunehmen. Wir haben exemplarisch hier heute nur zwei Bereiche aufgeführt. So wollen wir die sachgrundlosen Befristungen aus dem Gesetz streichen, weil Menschen, die in der Arbeitswelt keine Sicherheit vorfinden, auch keine Sicherheit im Privatleben haben. Es fällt ihnen schwer, eine Familie zu gründen sowie Beruf und bürgerschaftliches Engagement zu vereinbaren.
Der zweite Punkt: Leiharbeit muss aus unserer Sicht wirksamer reguliert werden. 75 Prozent der so in Vollzeit Beschäftigten in unserem Land werden immer noch unter der bundesweiten Niedriglohnschwelle von 2.203 Euro bezahlt. Und der Lohnabstand zu denjenigen, die in Festanstellung beschäftigt sind, beträgt sage und schreibe 29,4 Prozent! Wir bleiben daher bei der Forderung nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit ab dem ersten Tag, ohne die Möglichkeit, per Tarifvertrag abzuweichen. Wir wollen die Höchstüberlassungsdauer auf drei Monate in ein und demselben Unternehmen begrenzen und wir brauchen mehr Mitbestimmung der Betriebsräte, vor allem ein Vetorecht für den Fall, dass mittels Leiharbeit Stammarbeitsplätze ersetzt werden sollen.
Mit dem gesetzlichen Mindestlohn ist ein politisches Korrektiv gesetzt worden, allerdings ist dieser zu niedrig und wird zu häufig umgangen. Zudem greift er für vormals Arbeitslose zunächst nicht, was aus unserer Sicht abgeschafft gehört. Wir unterstützen die Gewerkschaften daher bei der Forderung nach zügiger Anhebung auf 12 Euro
pro Stunde und mehr Tempo bei der Erhöhung, denn wenn es dabei bleibt, dass lediglich zwei Prozent Steigerung pro Jahr zu verzeichnen sind, dann wird diese 12-Euro-Grenze erst im Jahr 2032 erreicht.
Jedes Gesetz ist auch nur so gut, wie es durchgesetzt werden kann. Wenn bundesweit nur ganze 2,4 Prozent der Betriebe kontrolliert werden, dann ist klar, warum es immer noch zahlreiche Verstöße gibt. Ursächlich sind unter anderem bundesweit circa 1.300 fehlende Stellen beim Zoll. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Im Ältestenrat wurde vereinbart, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 55 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Ums Wort gebeten hat für die Landesregierung der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit Herr Glawe.