Protokoll der Sitzung vom 18.10.2019

Sollte wider Erwarten die Situation eintreten, dass die Leistungen der Ehrenamtskarte am 1. Januar noch etwas unübersichtlich sein sollten, macht das nichts. Im Antrag steht ja nicht umsonst „schrittweise“. Das heißt für mich, nach und nach wächst der Leistungsumfang. Dagegen ist auch meines Erachtens überhaupt nichts einzuwenden, denn ganz im Gegenteil, es liegt in der Natur der Sache, dass man gute Produkte nach Markteinführung Schritt für Schritt weiterentwickelt. Entscheidend ist doch eines, es ist wohlfeil, wenn die Politik das Ehrenamt mit warmen

Worten preist. Inzwischen ist die Zeit gekommen, in der wir ein politisches Bekenntnis ablegen müssen, und dieses lautet: Das Ehrenamt hat nicht nur einen Wert, es hat auch einen Preis, und dieser ist mit den Kosten, die das Land mit der Ehrenamtskarte haben wird, wirklich nicht unverschämt kalkuliert. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Frau von Allwörden.

Im Ältestenrat wurde vereinbart, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 55 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat für die Landesregierung die Ministerin für Soziales, Integration und Gleichstellung Frau Drese.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich freue mich, dass wir mit dem Antrag nun die heiße Phase zur Einführung einer landesweiten Ehrenamtskarte einläuten, und ich freue mich, dass die Regierungsfraktionen und hoffentlich auch die Oppositionsfraktionen unserem Konzept vom Januar 2019 zustimmen. Damit werden die Rahmenbedingungen und finanziellen Grundlagen für die von vielen Menschen in unserem Land ersehnte Ehrenamtskarte geschaffen und vom Landtag bestätigt.

Das ist ein sehr gutes Signal für die vielen ehrenamtlich engagierten Menschen in unserem Land, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir können nun als Landesregierung Nägel mit Köpfen machen und die notwendigen organisatorischen, strategischen und marketingtechnischen Voraussetzungen für die Einführung der Ehrenamtskarte schaffen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Dank dieses Antrags! Dank dieses Antrags!)

Ich sage Ihnen zu, dass wir auf der heute zu beschließenden Grundlage das Konzept zur Ehrenamtskarte schnellstmöglich umsetzen, so, wie es im Antrag formuliert ist.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr gut!)

Ich interpretiere den Antrag zudem auch so, dass die Koalitionsfraktionen und möglichst der gesamte Landtag die Ehrenamtskarte zu einem Erfolg machen wollen und nun ebenfalls voller Energie das Konzept mit Leben erfüllen. Von daher kann ich in Richtung des geschätzten Fraktionskollegen Kokert aus seiner Pressemitteilung das geäußerte Lob in Richtung meines Ministeriums nur zurückgeben. Schön, Ihre Fraktion gemeinsam mit der SPD-Fraktion an unserer Seite zu wissen und die Ampel für die Ehrenamtskarte auf Grün zu stellen.

(Beifall Torsten Renz, CDU – Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Und ich stimme mit Herrn Kokert völlig überein, dass mit der Karte spürbare Vergünstigungen und Vorteile einher

gehen müssen. So eine Karte lebt von seinen Unterstützern und Akzeptanzstellen.

Unser gemeinsames Ziel muss es deshalb nun sein, das vorliegende Konzept gut umzusetzen. Klar ist, das alles erfolgt in einem schrittweisen Prozess, startend im Januar 2020. Die Einführung einer Ehrenamtskarte muss sich auf allen Ebenen entwickeln. Dies gilt insbesondere für die Angebote und Vergünstigungen. Das zeigen alle Erfahrungen mit der Ehrenamtskarte in den anderen Bundesländern. Wir sollten deshalb für die Etablierung der Ehrenamtskarte Zeit einplanen und ihre Angebote beständig weiterentwickeln. Auch dafür möchte ich heute werben. Unser Anspruch ist es, so gute Rahmenbedingungen zu schaffen, dass sich die Ehrenamtskarte bestmöglich entwickeln kann. Gleichwohl erfordern die Vorbereitung und Einführung einer solchen Karte einen hohen Arbeitsaufwand.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe es bereits erwähnt, seit Anfang des Jahres liegt das von der Landesregierung beschlossene Konzept zur Einführung einer landesweit gültigen Ehrenamtskarte meines Sozialministeriums vor. Nun endlich erreicht es auch das Plenum, das freut mich. Da es aber schon einige Monate gedauert hat, möchte ich die wesentlichen Grundzüge des Konzepts noch einmal hervorheben. Mir ist zunächst wichtig zu betonen, dass wir das Konzept sehr gründlich und unter Beteiligung vieler Akteure erarbeitet haben. Neben der Staatskanzlei und mehreren Ministerien gehörten der Städte- und Gemeindetag, der Landkreistag, die Handwerkskammer, die Industrie- und Handelskammer, die Ehrenamtsstiftung und das Landesmarketing einer entsprechenden Arbeitsgruppe an.

Von Anfang an haben wir und hat die Ehrenamtsstiftung, für deren Unterstützung und Zusammenarbeit ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bedanken möchte, auch auf breite Bürgerbeteiligung gesetzt – mit mehreren Bürgerforen im gesamten Land, mit Workshops auf den Ehrenamtsmessen und mit einer Onlinebefragung. Viele Erkenntnisse sind in das Konzept eingeflossen, und wir haben viel Kooperationsbereitschaft angekündigt bekommen, so auch von der Landrätin und den Landräten, den Oberbürgermeistern, mit denen ich gesprochen habe.

Ich gehe deshalb nach wie vor davon aus, dass Land und Kommunen ein großes Interesse daran haben, bürgerschaftlich engagierte Menschen in Form einer Ehrenamtskarte zu würdigen, und wir hier gut und partnerschaftlich zusammenarbeiten. Wir wissen, dass viele Bereiche nur durch das Engagement der Menschen vor Ort gut funktionieren und dass wir das Engagement jeder und jedes Einzelnen für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft brauchen.

Sehr geehrte Damen und Herren, von Anfang an war klar – und das wurde auf allen Veranstaltungen unterstützt –, dass einige Voraussetzungen für den Erhalt der Ehrenamtskarte erfüllt sein müssen. Gerade aktiven Ehrenamtlern ist es wichtig, dass der Erhalt der Karte eine Auszeichnung ist und bleibt. Mir ist deshalb wichtig, dass die Vereine, Institutionen und Kommunen, die die Anträge stellen, selbst einen gewissen Entscheidungsspielraum bekommen. Die Akteure vor Ort können sehr gut einschätzen, wer anhand der erarbeiteten Kriterien eine Ehrenamtskarte verdient hat. Ihnen möchte ich großes Vertrauen entgegenbringen.

Wesentliche Kriterien sind:

Der zeitliche Mindestaufwand des ehrenamtlichen

Engagements beträgt fünf Stunden pro Woche beziehungsweise 250 Stunden im Jahr.

Die Mindestdauer des ehrenamtlichen Engagements

beträgt drei Jahre. Ausgenommen sind Jugendliche von 14 bis 17 Jahren, für sie beträgt die Mindestdauer des Engagements ein Jahr.

Das ehrenamtliche Engagement wird freiwillig ausge

übt, ist gemeinwohlorientiert und erfolgt ohne Bezahlung. Aufwandsentschädigungen steht der Erhalt nicht entgegen.

Nach Abschluss einer Kooperationsvereinbarung zwischen Land und Landkreis beziehungsweise kreisfreier Stadt vergeben diese nach Prüfung der Voraussetzungen die Ehrenamtskarte. Dabei sollen die MitMachZentralen eingebunden werden. Der Verein beziehungsweise die Institution oder die Kommune bestätigt das ehrenamtliche Engagement. Für die Ehrenamtskarte gibt es keine Limitierung. Die Gewinnung von Akzeptanzpartnern beziehungsweise Sponsoren ist eine gemeinsame Aufgabe des Landes und der Kommunen.

Wichtig für mich ist zudem, ich will kein Bürokratiemonster und keine Kontrollbehörde. Niemand wird Stechuhrprotokolle verlangen, es geht hier um ehrenamtliches Engagement. Ich will eine schlanke Verwaltung und ein unkompliziertes Antragsverfahren, natürlich auch digital. Daran arbeiten wir. Wie gesagt, bringe ich den antragstellenden Vereinen, Institutionen und Kommunen großes Vertrauen entgegen. Sehr dankbar bin ich der Vorsitzenden der Ehrenamtsstiftung, Frau Hannelore Kohl, für ihre Zusage, dass die Ehrenamtsstiftung bereit ist, die im derzeitigen Konzept beschriebenen Aufgaben zu übernehmen und damit bei der Einführung und Etablierung der Ehrenamtskarte im Land koordinierend sowie operativ tätig zu werden.

Und wir wollen das Modell der MitMachZentralen mit einer verbesserten finanziellen Ausstattung weiterentwickeln und mit der Ehrenamtsstiftung vernetzen. Die MitMachZentralen sollen künftig Ehrenamtliche vor Ort zu bestehenden Förderverfahren und zur Verwendungsnachweisprüfung beraten und die Einführung der Ehrenamtskarte begleiten, gegebenenfalls durch die Werbung von Akzeptanzpartnern beziehungsweise Sponsoren in den Regionen. Unser Konzept zur Stärkung der MitMachZentralen ist ausdrücklich ein Angebot an die Landkreise und kreisfreien Städte.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Erwartungen der Ehrenamtlichen, die an die Ehrenamtskarte geknüpft werden, sind hoch. Wir werden nicht alle Wünsche erfüllen können. Mit der Ehrenamtskarte können grundlegende Dinge der Daseinsvorsorge, wie zum Beispiel die kostenlose Nutzung des ÖPNV, nicht geregelt werden. Aber wir wollen uns auf den Weg machen und viele Sponsoren finden, die bereit sind, das Engagement anzuerkennen und durch ihren individuellen Beitrag zu fördern.

Ich möchte deshalb die Gelegenheit hier nutzen, um große und kleine Unternehmen und Einrichtungen zu ermuntern, sich an der Ehrenamtskarte zu beteiligen. Denken Sie bitte bei Vergünstigungsmodellen für künftige Inhaber der Ehrenamtskarte auch darüber nach! Melden

Sie sich bei uns im Ministerium oder bei der Ehrenamtsstiftung, um sich registrieren zu lassen! Für Unternehmen und Einrichtungen ist es auch aus Eigeninteresse attraktiv, bei der Ehrenamtskarte mitzumachen – zur Kundenbindung, als sympathisches Werbeinstrument, zur Erschließung neuer Kundengruppen.

Ich bin zuversichtlich, dass wir gemeinsam mit den Kommunen, der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft erfolgreich die landesweite Ehrenamtskarte einführen und dadurch die Interessen unserer Engagierten im Land wirksam unterstützen werden. Ich sage aber auch, die Gewinnung von Sponsoren ist dabei kein Selbstläufer, sondern eine gemeinsame Aufgabe des Landes und der Kommunen. Aber auch jede und jeder einzelne Abgeordnete kann für eine Beteiligung an der Ehrenamtskarte aktiv werden. Sie alle verfügen über gute regionale Netzwerke. Nutzen Sie diese, um für unsere Ehrenamtskarte zu werben! Nur mit vereinten Kräften und gemeinsamen Anstrengungen wird die Ehrenamtskarte zu einer würdigen Anerkennung für besonders bürgerschaftlich Engagierte in unserem Land. – Ich danke Ihnen von Herzen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr de Jesus Fernandes.

Sehr geehrte Abgeordnete! Geehrtes Präsidium! Keine Gäste mehr da, ne?! Und das Freitag kurz vor eins.

Ja, Ehrenamt. Die AfD begrüßt es eindeutig, dass wir das Ehrenamt hier besser würdigen und unterstützen wollen, nur muss man auch ein bisschen Kritik oder Wasser in den Wein gießen. Ich sehe nicht, dass das hier tatsächlich vonstattengeht. Wir haben hier vor über zwei Jahren diese Karte auf den Weg gebracht,

(Jeannine Rösler, DIE LINKE: Sie nicht! Sie nicht!)

seit Januar liegt das Konzept vor und dann hören wir hier Willensbekundungen seitens des Ministeriums, dass quasi oder auch, uns wird gesagt, dass quasi noch nichts passiert ist. Man muss denn jetzt mal anfangen.

Das haben auch die Koalitionsfraktionen erkannt und wollten dem Ministerium noch mal so ein bisschen Rückenwind geben oder es vielleicht auch schubsen. Sie haben selbst erkannt, dass dort nichts passiert, und haben eben diesen Antrag hier noch mal gebracht, um vermeintlich das Ehrenamt zu würdigen. Ich denke, das Ehrenamt hat wesentlich mehr Würdigung verdient, als es das hier die letzten zwei Jahre erhalten hat, meine Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Wir haben hier heute nichts Konkretes gehört. Zur Ausgestaltung der Karte steht alles offen, es sind noch keine Sponsoren gesucht, es gibt eigentlich nichts, hat Frau Drese hier gesagt. Alle müssen jetzt mitarbeiten, alle Abgeordneten. Es bleiben auch offene Fragen, weil in

dem Konzept ja auch drinsteht, dass der kommunalpolitische Raum ebenfalls mit bedient werden soll. Das würde ja aber auch bedeuten, dass, wenn ich zurückdenke an die vorgegangene Debatte, dass über Hundert ehrenamtlich tätige AfD-Politiker im Kommunalbereich diese Ehrenamtskarte dann erhalten würden. Das finden wir natürlich gut. Wir gucken mal, ob Sie sie dann da auch ausklammern oder ob das dann so bleibt. Generell sollte man überlegen, ob der politische Raum überhaupt dazugehört zum Ehrenamt, auch wenn das ehrenamtlich ist, weil dort werden schließlich Aufwandsentschädigungen auch gezahlt, und diese bekommen viele andere ehrenamtlich Tätigen eben nicht.

(Rainer Albrecht, SPD: Was spricht dagegen?)

Also es sind viele offene Fragen, die nicht beantwortet wurden, auch heute nicht, nach fast zwei Jahren. Es gibt unzählige Modellvorschläge, auch hier dann heute noch mal. Es wurde darüber gesprochen, auch schon mal den Nahverkehr mit einzubeziehen. Das habe ich heute nicht gehört, wahrscheinlich, weil Sie selbst bemerkt haben, dass das im ländlichen Raum überhaupt niemandem nützt, weil, wenn das kostenlos ist, hat nur der was davon, wo tatsächlich Bus und Bahn auch anhalten und wo sie überhaupt noch fahren.

Zu den Akzeptanzstellen: Das war mir zu schwammig, was hier ausgeführt wurde. Vielleicht können Sie es ja noch mal ein bisschen vortragen, konkret, wer soll es machen, in welcher Verantwortung, mit welchem Personal. Und welche Leistungen können Karteninhaber abrufen? Diese Frage ist immer noch offen nach fast zwei Jahren. Also alles in allem ein großes Lippenbekenntnis, ein tolles Selbstbeweihräuchern und ein Schaufensterantrag der Regierungsfraktionen – mehr ist das leider wieder nicht, und ich denke, auch zum Ärger der vielen Ehrenamtlichen im Land.

DIE LINKE hat einen Änderungsantrag vorgelegt, dem wir auch nicht zustimmen können. Wie gesagt, Finanzplanung et cetera, das steht alles noch im Raum, und die Punkte, die Sie hier angesprochen haben, da holen Sie sich doch erst mal Auskunft vom Ministerium, was das Ministerium da jetzt überhaupt vorhat, weil hier haben wir ja keine Aussagen erhalten! Wie gesagt, das Thema Akzeptanzstellen ist immer noch ungeklärt. Diesem Antrag können wir nicht zustimmen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)