Protokoll der Sitzung vom 13.11.2019

Und noch ein wichtiger Punkt: Wir haben ein Modellprojekt laufen in Vorpommern-Greifswald über die Neuordnung der Beratungslandschaft. Das ist jetzt im Gange. Es ist noch nicht untersucht worden, wie wirksam dieses Modellprojekt ist, wie wirksam sich das letztendlich für diejenigen auszahlt, die Hilfe, Fürsorge und Begleitung brauchen. Wir ziehen das vor, als gäbe es dieses Modellprojekt nicht. Wir entwerten somit auch Modellprojekte, wenn wir das gutheißen. Das wollen wir als LINKE nicht, deswegen haben wir hier Kritik anzumelden.

Genauso, was die Frage der sogenannten zweiten Säule dieses Gesetzes betrifft – darin geht es ja eben um die Neuordnung der Beratungslandschaft. Und die Kommunen haben angezeigt, bei uns ist Land unter. Wir haben die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes vor der Brust, wir haben noch einige andere wichtige Aufgaben zu erledigen, unter anderem auch Aufgaben, die vom Bund und vom Land übertragen wurden. Wir schaffen das nicht.

Dann gab es – Frau Ministerin hat darauf hingewiesen – das Entgegenkommen, ein Jahr sozusagen mehr Zeit zu lassen. Besser wären doch zwei Jahre, dann hat man erstens mehr Luft, man kann zweitens die Erkenntnisse aus den Modellprojekten mit einpflegen und drittens beginnt eine neue Haushaltsperiode. Also drei gute Gründe wären es gewesen, darauf einzusteigen.

Wir haben uns vorstellen können zu sagen, man teilt das Ganze, nimmt die Spitzenverbandsförderung und den Transparenzteil, also die sogenannte erste und dritte Säule dieses Gesetzentwurfes raus, zieht das vor, und mit der Beratungslandschaft kommen wir dann ins Parlament und letztendlich auch in die Umsetzung, wenn wir wirklich gute Erkenntnisse, belastbare Erkenntnisse im Kreis Vorpommern-Greifswald gesammelt haben. Das alles wollen Sie nicht, Sie wollen das durchziehen. Und an der Stelle besteht dann eben die Gefahr, dass man die Verschiedenartigkeit der Beratungslandschaft, auch die Verschiedenartigkeit der Fördersituation missachtet.

Am 24. Oktober ist uns eine Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zugegangen, wo wir mal geprüft haben, wie es denn eigentlich mit der Förderkulisse seitens des Landes aussieht. Und die ist sehr, sehr unterschiedlich. Da gibt es Beratungsangebote, da müssen die Träger 16 Prozent Eigenanteil leisten, im Durchschnitt in Vorpommern-Greifswald über 29 Prozent.

Jüngst war ich noch mal zu einem Gespräch bei der Diakonie. Diese haben in der Spitze sogar einzelne Beratungsangebote, die sie mit 59 Prozent Eigenanteil gegenfinanzieren müssen.

Wenn man sich mal überlegt, um welche Beratungsleistungen es sich teilweise handelt, wird es aberwitzig, das wissen wir doch selbst, zum Beispiel bei den Schuldnerberatungsstellen. Also zur Schuldnerberatungsstelle kommen Menschen, die hoch verschuldet sind, insolvent sind. Die haben doch nicht noch Geld, um dem Träger Geld zu geben, damit er Eigenleistungen aufbringen kann. Also beginnt eine Querfinanzierung, beginnt Spendensammeln, das ist keine Frage, dem wird sich auch gestellt, aber dann beginnt ein abenteuerlicher Umgang.

Wir müssen uns angesichts der Probleme, die wir im Untersuchungsausschuss haben, die wir auch im Sozialausschuss gewälzt haben hinsichtlich der Wohlfahrt, auch mal an die eigene Nase fassen, was denn hausgemacht ist. Wo haben wir Strukturen und Rahmenbedingungen geschaffen, die dazu einladen, die dazu sozusagen verführen, dass solche abenteuerlichen Wege gegangen werden? Die sind damit nicht zu entschuldigen und schon gar nicht kriminelle Energie. Aber wir sind verantwortlich, wir tragen die politische Verantwortung.

In dieser Hinsicht unterbreiten wir Ihnen auch zwei Änderungsanträge, einmal zum Gesetzentwurf. Wir wollen einfügen in das Gesetz die konkreten Zahlen für die Spitzenverbandsfinanzierung und auch die über 5,2 Millionen Euro für die Beratungslandschaft, damit das klar ist auch für die Dynamisierung und die Berechenbarkeit. Das gehört sich auch. Wir haben eine Fürsorgepflicht für diejenigen, die diese Beratungsleistungen durchführen. Insofern wollen wir die Dynamisierung auch in das Gesetz haben und wir wollen eine Auszahlung bis zum 31. Januar. Das ist keine gegriffene Zahl. Es kann keinem erzählt werden, mit guten Gründen, wenn wir im Dezember einen Haushaltsplan für zwei Jahre verabschieden und es klar ist, wofür welches Geld ausgegeben wird, dass es dann noch mehr als ein Quartal braucht, bis das Geld von der Landesebene zu den Trägern und zu den Vereinen fließt, die teilweise an manchen Stellen wieder, weil sie Verpflichtungen haben zu Mietzahlungen, zu Personalkosten und so weiter, in abenteuerliche Situationen geraten. Das Geld ist beschlossene Sache. Das Geld ist da. Es ist nicht erklärbar und es ist auch nicht seriös, wenn das Geld monatelang auf sich warten lässt.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Dr. Ralph Weber, AfD)

Das wollen wir nicht und in dieser Beziehung wollen wir auch eine Klarstellung über das Gesetz.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

In die zweite Säule wollen wir die Förderbeträge ebenfalls ganz konkret mit Euro und Cent einarbeiten. Eine Begrenzung der Eigenanteile wollen wir – ich hatte gesagt, warum – bis auf maximal fünf Prozent. Wir wollen landesweit einheitliche Standards festschreiben. Das ist auch eine Frage der Qualitätssicherung im Übrigen. Und wir wollen das Vorziehen der Überprüfung des Gesetzes. Über viele Jahre zu warten, wie sich was entwickelt, das kann man alles machen, kann aber nicht in unserem Interesse sein.

Frau Friemann-Jennert und Frau Ministerin haben darauf hingewiesen, wir betreten Neuland an dieser Stelle. Wir sammeln neue Erfahrungen. Umso besser sind wir dann beraten, frühzeitig sorgfältig zu schauen, ist das, was wir da auf den Weg gebracht haben, auch wirklich das, was wir wollten.

Abschließend noch zum zweiten Änderungsantrag: Dieser will vor allen Dingen die Prüfung eines Sozialfaktors. Ein Webfehler dieses Gesetzes, wenn das so beschlossen wird, ist nämlich, dass die Ausreichung von finanziellen Mitteln für die Beratungslandschaft und für die Wohlfahrtspflege, vor allen Dingen für die Beratungslandschaft, daran gekoppelt ist, wie viel Einwohnerinnen und Einwohner in einem Kreis oder in einer kreisfreien Stadt wohnen. Das ist hoch problematisch.

Wenn zum Beispiel in der Mecklenburgischen Seenplatte die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner deutlich zurückgeht, ist doch damit nicht gleichzeitig verbunden, dass die soziale Lage sich verbessert. Im Gegenteil kann die sogar gegenläufig sein. Wir finanzieren dann aber schlechter, weil nur anhand der Einwohnerinnen und Einwohner die Mittel verteilt werden. Das ist eine Fehlentwicklung, die sich anbahnt. Da wollen wir einen Sozialfaktor, der berücksichtigt, wie viel verschuldete Haushalte wir haben, wie die Frequenz der Sucht- und Drogenberatung ist, und dann auch nach sozialen Indikatoren gesteuert wird. Dann ist es auch ein Wohlfahrtsgesetz und ein Transparenzgesetz, das letztendlich seinen Namen verdient. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort die Abgeordnete Tegtmeier.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich erst mal ein bisschen gewundert, woran dieses Gesetz hier so festgemacht wurde. Ich finde, die Ministerin hat das hier sehr enthusiastisch als ganz neuen Schritt in eine Richtung, die beispielgebend für andere Länder sein kann, vorgestellt.

Aber das Verlangen, der Wunsch, die Aufforderung, ein Wohlfahrtsgesetz für Mecklenburg-Vorpommern auf den Weg zu bringen, das ist ja keine neue Forderung, das ist uns in einigen Legislaturperioden vor dieser schon begegnet. Und was war der Hauptgrund des Ganzen? Der Hauptgrund war die Finanzierung der Wohlfahrtspflege, also immer von Haushaltsjahr zu Haushaltsjahr keine kontinuierliche, gesetzlich fixierte dauerhafte Finanzierung. Das war das, was damals diejenigen antrieb, die diese Forderung schon vor vielen Jahren und immer mal wieder, sage ich, gestellt haben.

Aber nun haben wir diesen wesentlichen Schritt mit diesem Gesetz erreicht, die Wohlfahrtspflege konsequent, dauerhaft, gesetzlich verankert zu finanzieren. Das ist ein großer Fortschritt für unser Land, und ich glaube wirklich, das kann beispielgebend sein. Natürlich liegt es in der Natur der Sache, dass die Opposition sich mehr oder weniger bemüht und das berühmt-berüchtigte Haar in der Suppe sucht oder Haare in der Suppe gar findet.

Und, Herr de Jesus Fernandes, Ihnen muss man ja direkt gratulieren. Jetzt haben Sie die bösen Sozialdemokraten hier ansprechen können, die für Fehlentwicklungen ver

antwortlich sind, was jetzt gerade die AWO betrifft. Nun brauchten Sie mal nicht mit dem Finger auf Flüchtlinge zu zeigen, sondern haben jemand anderen gefunden. Herzlichen Glückwunsch!

(Dr. Ralph Weber, AfD: Da muss man auch gar nicht lange suchen, um noch mehr zu finden.)

Immer wieder gefordert, nun ist es endlich da, das Wohlfahrtsgesetz für Mecklenburg-Vorpommern – mehr Transparenz, ich sagte es, gesetzlich verankerte, dauerhafte Finanzierung, bessere Kontrollmöglichkeiten, eine Neuausrichtung der Beratungsstruktur, aber auch Schaffung beziehungsweise Erhalt guter Arbeitsplätze. Das wird von der Opposition offensichtlich anders gesehen. Für uns ist dieses Gesetz eine Verankerung dessen und darauf legen wir auch besonderen Wert.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird die Finanzierung der Freien Wohlfahrtspflege also auf eine solide Grundlage gestellt. Die bisherige Jahr-zu-Jahr-Förderung ist damit beendet. Diese Dauerförderungen sollen abgelöst werden zugunsten einer finanziellen Unterstützung der Spitzenverbände durch das Land auf gesetzlicher Grundlage. Das ist der Kern.

Daueraufgaben, die die Wohlfahrtspflege wahrnimmt, werden dauerhaft finanziert. Zudem werden Berichtspflichten eingeführt, um mehr Transparenz zu schaffen. Wer zukünftig Gelder erhält, muss auch klar zeigen, wo und wofür die Mittel eingesetzt werden.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Damit setzen wir auch eine Vereinbarung aus unserem Koalitionsvertrag um, die auch der Schaffung beziehungsweise dem Erhalt guter Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen in der sozialen Arbeit im Land dienen soll.

Wir haben einige Punkte aus den Ausschussberatungen schon angesprochen. Herr Koplin hatte dankenswerterweise alle Anträge der AfD, aber auch der Fraktion DIE LINKE angesprochen und gesagt, was hier nochmals auf dem Tisch liegt. Es sind ja doch noch einige, die wiederholt jetzt vorliegen, obwohl sie im Ausschuss bereits abgelehnt worden waren.

Ich möchte nur auf drei Punkte noch mal hinweisen: Die kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen – das hatte Frau Friemann-Jennert auch schon angesprochen – sind jetzt ausdrücklich benannt. Finanzhilfen des Landes sollen eben nur für Tätigkeiten erfolgen, die für das Land wahrgenommen werden beziehungsweise zugunsten des Landes wirken und …

Frau Abgeordnete, entschuldigen Sie bitte! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Weber?

Nein. Sie können ja eine Kurzintervention machen, wie auch immer.

In der ursprünglichen Gesetzentwurfsfassung sind die Leistungserbringer zur Mitwirkung an der Transparenzdatenbank verpflichtet, solange sie nicht selbst beziehungsweise nicht unmittelbar Empfänger von Zuwen

dungen des Landes sind. Das wurde mit diesem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf geändert, sodass jetzt auch mittelbare Empfänger zur Mitwirkung verpflichtet sind.

Neben einer mitunter auch berechtigten Kritik von der kommunalen Ebene, insbesondere an dem geplanten Inkrafttreten des Gesetzes, wurde dennoch das Inkrafttreten des Gesetzes in zwei Schritten durchaus positiv hervorgehoben und anerkannt, weil dies eben für die kommunale Ebene eine bessere Vorbereitungszeit gewährleistet. So kann man sicherlich Etliches an Kritik anführen, auch, dass nicht alle Punkte aufgenommen sind, die in den Anhörungen eine Rolle gespielt haben.

Aber, Herr Koplin, Sie wissen genauso gut wie ich und wie wir hier, dass ein Gesetz, wenn es den Landtag erreicht, natürlich schon einen längeren Vorlauf hatte und die Landesregierung ein Anhörungsverfahren durchführt und in einem ersten Verfahren auch schon viele Punkte absägt, bevor dann letztendlich der Entwurf hier das Hohe Haus erreicht, sodass einige Punkte bereits im Vorhinein abgewogen und ausgeschlossen wurden. Und wenn sie denn in den weiteren Anhörungen noch mal eine Rolle spielen, dann sind Argumente für oder auch wider bereits vorhanden, sodass man sich nicht zu wundern braucht, dass nicht alles hier seinen Niederschlag in Änderungsanträgen finden kann.

Ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Frau Abgeordnete, möchten Sie noch hier stehenbleiben? Es gibt zwei angemeldete Kurzinterventionen.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Nein, möchte sie nicht.)

Sie müssen nicht, aber ich frage Sie natürlich.

Also, Herr Professor Weber, Sie haben jetzt das Wort zu einer Kurzintervention, danach der Abgeordnete Ritter.

Dann mache ich das so.

Liebe Bürger von Mecklenburg und Vorpommern!

(Christian Brade, SPD: Bürgerinnen!)

Wertes Präsidium! Werte Kollegen!

Frau unhöfliche Frau Tegtmeier! Es gehört sich, dass man da vorn stehenbleibt,

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Tilo Gundlack, SPD: Die Geschäftsordnung sagt da was anderes, das sollten Sie eigentlich wissen!)

aber wenn Sie das nicht wollen, ich wende mich gern auch indirekt zu.