Protokoll der Sitzung vom 14.11.2019

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das sind ja zwei verschiedene Ansätze. – Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist eine verbundene Aussprache, das ist so verabredet worden.)

Der Dringlichkeitsantrag kann von uns vollständig mitgetragen werden, stellt im Grunde aber auch nur die Selbstverständlichkeiten dar, wie der Minister auf die

Herausforderungen von Parchim reagieren muss. Wir können den Antrag deshalb vollständig mittragen. Ich frage mich nur, ob es wirklich sinnvoll ist, dass der Landtag den Akteuren vor Ort mitgeben muss, ich zitiere: Es bedarf „integrierter, sektorübergreifender und multiprofessioneller Versorgungskonzepte, die telematisch zudem das gesamte medizinische Versorgungspotential im Land … einbeziehen. Alle fachlich geeigneten Personen und alle Standorte müssen bestmöglich kooperieren.“ Ich denke, der Landtag sollte den Akteuren vor Ort nicht die Kompetenz absprechen, sondern sich auf die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen konzentrieren.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Nun noch einige Anmerkungen zum Antrag der LINKEN. Ich komme nicht umhin, etwas zum Titel des Antrags zu sagen: „Gesundheit darf keine Ware sein – Kinder- und Geburtenstationen erhalten“. Liebe Kollegen, ich für meinen Teil wäre froh, wenn Gesundheit eine Ware wäre,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Ist klar.)

denn dann könnte ich mir eine Tüte davon kaufen, doch nein, Gesundheit kann keine Ware sein, weil niemand Gesundheit verkaufen oder kaufen kann.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Die Antragsteller verwechseln Gesundheit mit Dienstleistungen zum Erhalt oder zur Pflege von Gesundheit. Die können allerdings gekauft oder verkauft werden. Alle Anbieter im Gesundheitswesen verkaufen ihre Leistungen, die Bezahlung erfolgt allerdings indirekt, nämlich mehr oder weniger vollständig durch die Krankenkassen. Ich kann darin auch nichts Verwerfliches erkennen.

Doch nun zum eigentlichen Anliegen des Antrags, welcher ja durchaus ehrenwert ist. Die Fraktion DIE LINKE macht Vorschläge, wie sie das Problem „Hotspot Parchim“ in den Griff bekommen möchte. Dabei geht die Intention dieses Antrags aus unserer Sicht teilweise in die richtige Richtung. Ich möchte kurz auf die einzelnen Punkte des Antrags eingehen.

Erstens zum Ärztepool: Sie fordern in Ihrem Antrag die Schaffung eines sogenannten trägerübergreifenden Ärztepools, unter anderem mit dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung, mit Forschungseinrichtungen, niedergelassenen sowie pensionierten Ärzten. Wir halten diesen Vorschlag aus der Ferne eines Parlaments gesehen einfach für naiv. Sie tun ja so, als könnte jeder Arzt jede Tätigkeit nach Belieben ausüben. Besser wäre es, wenn die Akteure vor Ort aus dem Bestreben, eine Versorgung in ihrer Region sicherzustellen, eine derartige Kooperation geeigneter Ärzte gezielt vereinbaren. Solche Gruppen sollten aus der Ärzteschaft und den anderen Akteuren unseres Gesundheitssystems selber vereinbart werden und nicht per Verordnung aus dem Landtag.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Zweitens zu mehr Studienplätzen: Sie fordern darüber hinaus eine Aufstockung der Studienplätze. Unsere Universitäten entlassen jedes Jahr etwa 460 Humanmediziner aus dem Studium. Glauben Sie wirklich, dass wir in unserem Land jedes Jahr eine derartig große Anzahl an Medizinern benötigen? Und glauben Sie wirklich, dass wir bestimmen können, wer davon Pädiatrie macht?

Wäre es da nicht eher sinnvoll, darauf zu achten, dass an den Universitäten eine hinreichend große Zahl geeigneter heimischer Studenten Medizin studieren kann? Wir haben gestern gerade darüber debattiert und das entsprechende Landarztgesetz verabschiedet.

Viertens zum Punkt „deutsche Absolventen und kubanische Ärzte aus dem Ausland“: Die ebenfalls im Antrag geforderten Initiativen zur Rückkehr deutscher Medizinabsolventen von Hochschulen aus dem Ausland und zur Rückkehr von Ärzten aus dem Ausland unterstützen wir vollumfänglich. Sie wissen das. Vor einigen Monaten hatten wir bereits einen konkreten Antrag mit monetären Anreizen gestellt, unsere Rückkehrprämie. Damit sollten aus dem Ausland rückkehrwillige deutsche Ärzte für eine Niederlassung in unterversorgten Regionen in Mecklenburg-Vorpommern gewonnen werden.

(Beifall Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Der Antrag wurde damals von Ihnen abgelehnt. Wenn Sie jetzt analoge Vorschläge machen, dann freuen wir uns und werden diesen zustimmen. Dem Sonderpunkt zur Unterstützung des Einsatzes ausländischer, insbesondere kubanischer Ärzte können wir allerdings nicht beipflichten.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das ist das falsche Land.)

Warum sollen es gerade kubanische Ärzte sein?

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Weil sie Deutsch sprechen. – Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Das erschließt sich meiner Fraktion nicht. Wir halten zudem eine Abwerbung von Ärzten aus armen Ländern zur Sicherstellung unserer Gesundheitsversorgung für fragwürdig und verwerflich.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Wir wissen zwar, dass die kubanische Regierung ärztliche Dienstleistungen an andere Länder verkauft, insbesondere nach Afrika, es beschert der Karibikinsel gute Divisen. Laut „Deutschlandfunk“ sollen im Schnitt von 2011 bis 2015 mehr als 11,5 Milliarden Dollar Einnahmen pro Jahr generiert worden sein.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Ist das verwerflich?)

In dieser Frage scheint sich DIE LINKE nicht daran zu stören, dass Gesundheit zur Ware gemacht wird.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Mecklenburg-Vorpommern aber sollte sich nicht als Devisenbeschaffer für Diktatoren betätigen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Fünftens zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse: Ihr Forderungskatalog beinhaltet eine Beschleunigung des Berufsanerkennungsverfahrens ausländischer Ärzte. Das halten wir für falsch. Beim Gesundheitswesen geht es um unsere Menschen im Land. Bei Zulassung von Ärzten mit Ausbildungen, die möglicherweise nicht europäischen

und deutschen Standards entsprechen, geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Ich selbst habe in meiner Tätigkeit erleben können, wie ein Hochstapler sich als Mediziner ausgab, letztlich aber nie einen erfolgreichen Abschluss nachweisen konnte. Er war an Patienten bereits tätig. Gründlichkeit geht deshalb vor Schnelligkeit, zum Schutz unserer Patienten.

Nach Angaben der Zulassungsstelle gehören zu den Hauptgründen für die Ablehnung von Approbationsanträgen die Nichtgleichwertigkeit des Ausbildungsstands und die nicht ausreichende deutsche Sprachkenntnis. Auf Drucksache 7/1792 können Sie nachlesen, dass nur sehr wenige Approbationsanträge zurückgezogen wurden und die jährlichen Anerkennungen bei etwas über 100 Fällen liegen. Eine Verkürzung der Zeit würde nichts an der Gesamtzahl ändern.

Fünftes zum Fonds für Rekommunalisierung: Da wurde ja auch schon einiges zu gesagt. Besonders kritisch sehen wir diesen Fonds zum Zurückkauf der ehemals kommunalen Krankenhäuser. Wir halten dies zwar für gut gemeint, aber schlecht gedacht. Auch wir halten die übermäßige Privatisierung auf dem Krankenhausmarkt in Mecklenburg-Vorpommern für eine suboptimale Lösung, ein Rückkauf ist jedoch nur möglich, wenn das Haus vom Träger angeboten wird oder wenn Sie eine Enteignung betreiben wollen. Beim Rückkauf hätte die Kommune gar kein Vorkaufsrecht,

(Dr. Ralph Weber, AfD: Er sieht es nicht.)

sollte aber …

Herr Dr. Jess, ich habe schon eine Weile die rote Lampe gedrückt. Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ich bin auch soweit fertig. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Barlen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst mal vielen Dank an Gesundheitsminister Glawe für die offene Rede. Sie haben ein bisschen was gucken lassen, was Sie vorhaben, um die Situation in Parchim mit dem Betreiber in den Griff zu kriegen. Das finde ich gut und richtig. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg für die Verhandlungen mit Asklepios. Das wird sicher nicht ganz einfach. Ich denke, die werden sich da in Hamburg jetzt schon vorbereiten auf Ihre Ankunft,

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU: Da freue ich mich schon.)

schon ein bisschen mit autogenem Training, ich sage mal, anfangen, ein bisschen die Pulle Baldrian zur Hand genommen.

(Heiterkeit bei Dietmar Eifler, CDU – Zuruf von Horst Förster, AfD)

Trotzdem möchte ich betonen, also unser Ziel bleibt eine flächendeckende Versorgung, ein flächendeckender Zugang zu guter medizinischer Versorgung, und dafür brauchen wir in Mecklenburg-Vorpommern – der Blick, also der Antrag der LINKEN war ja auch durchaus über den Standort Parchim hinaus gerichtet –, dafür brauchen wir in unserem Bundesland alle Personen, alle Standorte. Und damit so ein flächendeckender Zugang gelingt, muss bestmöglich kooperiert werden. Da müssen alle an einem Strang ziehen, integriert in einem aufeinander abgestimmten System, sektorenübergreifend die unterschiedlichen Berufsgruppen gemeinsam und unter Nutzung aller Möglichkeiten, die uns heutzutage auch die Telematik bietet, und das gilt insbesondere auch für die Kinder- und Jugendmedizin und die Geburtshilfe, und das gilt ganz sicher auch für die Regionen rund um das Krankenhaus in Parchim.

Und, meine Damen und Herren, bei diesen Maßnahmen darf es nicht um Profitmaximierung gehen, da darf es nicht darum gehen, gewinnbringende Abteilungen und Behandlungen zu erhalten und möglichst auszubauen und solche, wie in diesem Fall die Pädiatrie, die weniger Fälle und die weniger Gewinn bringen, loszuwerden. Das ist eine Betrachtungsweise, meine Damen und Herren, die nicht im Interesse der Gesamtbevölkerung ist. Klinikkonzerne dürfen uns nicht nach Gewinnlogik diktieren, welche Angebote der Versorgung es in einer Region gibt und welche es nicht gibt, meine Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

In dem Zusammenhang möchte ich auch im Namen der SPD-Fraktion den Respekt vor den engagierten Bürgerinnen und Bürgern aus der Region hier zum Ausdruck bringen. Und ich glaube, dass auch die Debatte zeigt und auch das Engagement der Abgeordneten vor Ort – mein Kollege Christian Brade ist da für uns mit dabei –, dass dieses Engagement ernst genommen wird und dieses Ziel geteilt wird.

Meine Damen und Herren, wenn man wie der Betreiber Asklepios einen Versorgungsauftrag bekommt, dann ist die Ausfüllung dieses Versorgungsauftrages zunächst mal eine Gesamtaufgabe und das ist auch eine Verantwortung gegenüber allen Menschen in der Region. Die Bürgerinnen und Bürger verlassen sich auf die Krankenhäuser, sie verlassen sich darauf, dass Ärzte in den Praxen sind, sie verlassen sich auf die Pflege. Und wenn es dann schwierig wird, was ja durchaus passieren kann, wenn weniger Patienten kommen wie in der Kinderheilkunde, wenn es schwerer wird, dafür Personal zu halten, und wenn von diesem Mangel an Fachpersonal dann auch andere Versorgungsbereiche, wie in dem Fall die Geburtshilfe, auch die Frauenheilkunde, berührt sind, dann reicht es einfach nicht, die weiße Fahne zu hissen und sich abzumelden, dann muss alles, wirklich alles getan werden, damit der Versorgungsauftrag, der eben alles umfasst, inklusive Pädiatrie, inklusive Geburtshilfe, inklusive der Frauenheilkunde, damit dieser Versorgungsauftrag dann verantwortungsvoll ausgeführt wird.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Torsten Koplin, DIE LINKE: Recht hat er!)