Protokoll der Sitzung vom 12.12.2019

und zu sagen, ihr habt ja nicht geliefert.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr, sehr richtig!)

Also Zahlen – in der Tat, das haben wir auch erfahren – kamen reichlich spät, die Frage ist doch nur, warum. Warum sind Kommunen oftmals nicht in der Lage, bestimmte Aufgaben zu erfüllen?

(Tilo Gundlack, SPD: Ja, warum sind sie nicht in der Lage? Warum kamen denn die Zahlen so spät?)

Herr Gundlack, Sie wissen es wahrscheinlich: Weil sie nicht ausreichend ausgestattet wurden mit Finanzen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Tilo Gundlack, SPD: Nein, das ist völliger Quatsch!)

Haben Sie sich mal... Ich gehe davon aus, dass Sie wissen,

(Tilo Gundlack, SPD: Wir haben ihnen doch die Zahlen gegeben.)

unter welchem Druck

(Tilo Gundlack, SPD: Wir haben unsere Zahlen gegeben.)

die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Sozialämtern arbeiten,

(Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

was ihnen alles abverlangt wird. Und jetzt steht die Frage,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Die Kommunen sind schuld.)

wie viele Personen, also wie viele Angestellte, Beamtinnen, Beamte arbeiten in der Verwaltung an den entsprechenden Fällen. Ich habe vorhin darauf hingewiesen, das ist ja,

(Unruhe bei Manfred Dachner, SPD, und Peter Ritter, DIE LINKE)

ist ja wirklich eine sehr sensible Sache.

(Glocke der Präsidentin)

Einen Moment bitte, Herr Koplin!

Ich bitte um Ruhe. Ich kann den Redner nicht mehr verstehen, ich möchte ihm aber gerne zuhören. Vielen Dank.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Also das ist eine ganz sensible Sache. Und wir haben in der Anhörung auch davon erfahren, dass man – ich sagte es bereits – sich die Person im Einzelnen anschaut. Und dann gibt es auch die Situation, dass der Hilfebedarf von Menschen festgestellt werden muss, von Menschen, die sich nicht ausreichend artikulieren können, die das nicht darlegen können. Da braucht man mehr Zeit, da braucht man viele Gespräche, Abwägungen und so weiter, und das muss alles untersetzt werden in Personalstellen. So!

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Dann haben Sie zunächst etwas eingepflegt in den Gesetzentwurf, und das hatte nicht Bestand. Und dann kamen zwei Staatssekretäre in den Sozialausschuss und haben Vorschläge unterbreitet, was man alles machen kann. Im Übrigen war einer der Vorschläge von den Staatssekretären, dass sie gesagt haben, wir verabschieden das Gesetz später, denkmöglich wäre es. Und wir haben, alle, wie wir da saßen, haben wir gesagt, das wollen wir nicht, wir wollen, dass es am 1. Januar nahtlos weitergeht. Wir wollen die Situation für die betroffenen Menschen so abgesichert sehen,

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

dass alle Leistungen gewährt werden. Das war die Maßgabe.

Und dann haben wir uns auseinandergesetzt mit der Frage, wie viele Beschäftigte in den Verwaltungen betreuen

jeweils einen Fall, und umgekehrt – ja genau, die Fälle. Und dann ist festgestellt worden, das ist ja auch in Ihrem Änderungsantrag heute, also die Ausgangssituation: 142 bis 182 Fälle werden durch eine Person bearbeitet. Da haben Sie gesagt, das sind viel zu viele. Wir gehen runter auf einen Korridor zwischen 100 und 140 Fällen, nehmen davon das arithmetische Mittel – 120 Fälle.

Und wir sagen als LINKE, und jetzt komme ich zu unserem Änderungsantrag, wir sagen als LINKE, 75 Fälle durch eine Kollegin und einen Kollegen ist angemessen, weil es so sensibel ist, weil es zeitaufwendig ist, weil genau bedacht werden muss, welche Hilfebedarfe sind da notwendig. Das ist aus unserer Sicht seriös.

Und diese 10 Millionen Euro, die wir mit unserem Änderungsantrag hier vorschlagen, das ist keine gegriffene Zahl.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Wo haben wir die her?

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Das kann ich Ihnen sagen. Es gibt, das liegt Ihnen auch vor, einen gemeinsamen Brief der kommunalen Spitzenverbände vom 5. Dezember an die Fraktionsvorsitzenden von SPD und CDU, wo ein aus unserer Sicht annehmbares Angebot der kommunalen Ebene unterbreitet wird. Die sagen nämlich Folgendes: Wir wollen nicht streiten, wir wollen umsetzen, lasst uns eine flexible Lösung wählen. Und die flexible Lösung besteht darin, dass die kommunale Ebene sagt, wir würden, ohne einen fixen Deckel einzuziehen, wir würden entgegennehmen 10 Millionen Euro pro Jahr und würden im Nachgang spitz abrechnen.

(Egbert Liskow, CDU: Aber der Verwaltungsaufwand!)

Wenn wir gar nicht so viel Geld brauchen, geht das Geld zurück. Wenn wir mehr Geld brauchen für die Umsetzung dieses Gesetzes, dann steht uns das zu aus Gründen der Konnexität. Wir finden, das ist ein wirklich annehmbares Angebot,

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Egbert Liskow, CDU: Das ist kein Angebot.)

haben das aufgegriffen und sagen, das herzunehmen, sichert diesen Frieden. Es ist also ein Unding, mit einem Gesetzentwurf hier vorzutreten und zu sagen, wir müssen ihn sowieso gleich wieder ändern.

Und das ist auch der Punkt, wo ich sage, Frau FriemannJennert, dass die Demokratie beschädigt wird. Ein federführender Ausschuss wie der Sozialausschuss hat alles wichten müssen, alles beurteilen müssen. Unsere Aufgabe ist es, aus fachpolitischer Sicht eine Beschlussempfehlung abzugeben. Und dann wird uns sozusagen aufgenötigt, eine Beschlussempfehlung abzugeben, im Wissen, das hat am heutigen Tage, am 12. Dezember, gar keinen Bestand mehr, also muss geändert werden. Deswegen haben wir nach einer Lösung gesucht und haben gesagt, wir setzen die abschließende Beratung noch ein paar Tage aus, um weiteren Verhandlungsspielraum zu geben. Es ist also nicht so, dass wir was verhindern wollten. Wir wollten ein seriöses Verfahren. Und mit

dem 5. Dezember lag ja jetzt auch dieses Schreiben vor. Also es war alles da, um es besser abzuschließen als das, was Sie heute vorschlagen.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Das, was wir in den Ansatz bringen, dass eine Kollegin in der Verwaltung für 75 Fälle zuständig sein soll, gibt es in anderen Bundesländern bereits, allein, wenn ich an Berlin denke. Also ich sage Ihnen ganz ehrlich, das ist ein starkes Stück, was Sie abliefern. Das ist etwas, was wir nicht wollen, und deswegen unser Änderungsantrag.

Und noch etwas: Mit Blick auf Paragraf 50 Absatz 2 der Geschäftsordnung dieses Landtages verlangen wir die Aussetzung der Schlussabstimmung, bis eine Zusammenstellung der Änderungen verteilt ist, damit wir ganz genau wissen, was wird hier dann abgestimmt. Das kann man bis zum morgigen Tag alles gut hinkriegen. Aber so einfach mal durchwinken und sagen, also in Kürze werden wir das Gesetz wieder aufmachen müssen, das lassen wir Ihnen so nicht durchgehen!

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Dr. Ralph Weber, AfD)

Herr Koplin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, wenn ich das beantworten kann?

Herr Koplin, Sie haben im Sozialausschuss darauf hingewiesen, dass wir uns im Rahmen des Verfahrens, sage ich mal, verfassungswidrig verhalten, und haben sich dann dort auch ein bisschen, ja, ich möchte mal sagen, verdreht in Ihren Äußerungen. Ich würde gerne wissen, ob Sie das Verfahren im Sozialausschuss als rechtskonform bezeichnet haben.

Ja, also da sage ich Ihnen gern was zu. So, wie es abgelaufen ist, kann man es machen, aber es …

(Zuruf aus dem Plenum: Ach so!)

Man kann es so machen, aber es verletzt trotzdem die Maßgaben des Artikels 72 Absatz 3 der Landesverfassung, wie gesagt, diese Konnexität. Also die Klärung der finanziellen Mittel, der Mittelverteilung zwischen Land und Kommunen, das ist eine Voraussetzung.

Was ich auch gesagt habe – gut, dass Sie mir die Gelegenheit geben –, diese Maßgabe der Verfassung ist spezialgesetzlich nicht untersetzt. Es gibt zwischen der kommunalen Ebene und der Landesregierung, nachweislich einer Unterrichtung, die wir bekommen haben als Landtag – im Jahre 2002, war das, glaube ich –, steht da drin, dass sich die beiden Seiten verpflichten, das zu tun. Es ist keine Gesetzeskraft. Insofern ist der Weg, den Sie beschritten haben, den kann man beschreiten. Wir halten es aber trotzdem für eine Verletzung der Maßgaben dieser Verfassung. Das klingt jetzt so ein bisschen widersprüchlich,