Protokoll der Sitzung vom 31.01.2020

Kurzarbeit, Arbeits- und Perspektivlosigkeit. Diese Perspektivlosigkeit wurde auch dadurch noch befeuert, weil die Leistungen der Ostdeutschen vor der Wende überhaupt nicht mehr gewürdigt wurden, die gab es einfach nicht mehr. Mutterseelenallein hat sich der grüne Pfeil einen festen Platz an den Ampeln im gesamten Deutschland erkämpft. Alles andere wurde plattgemacht und sucht sich 30 Jahre später wieder seinen Platz, den man hätte ihm niemals streitig machen sollen. Die Polikliniken heißen jetzt „Medizinische Versorgungszentren“, die Nachmittagsbetreuung nennt man „Ganztagsschule“,

(Torsten Renz, CDU: Frau Oldenburg, sagen Sie doch mal, was eigentlich Ziel Ihres Antrags ist! – Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

die kostenlose Kita gab es genauso wie den freien Eintritt in kulturelle Einrichtungen,

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Schülerinnen und Schüler konnten kostenlos zur Schule fahren.

(Torsten Renz, CDU: Was ist Ihr Ziel? Was wollen Sie denn zum Ausdruck bringen?)

Und warum, Herr Renz, das finnische Schulsystem so erfolgreich war, das wissen wir auch.

(Sebastian Ehlers, CDU: Es war nicht alles schlecht, Frau Oldenburg. – Zuruf von Burkhard Lenz, CDU)

Hätte man diese Errungenschaften der ostdeutschen Frauen und Männer nicht beseitigt,

(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU – Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus – Glocke der Vizepräsidentin)

wären wir heute ein ganzes Ende weiter.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Dietmar Eifler, CDU)

Dann hätte Mecklenburg-Vorpommern wahrscheinlich nicht Jahr für Jahr weniger,

(Zurufe von Dietmar Eifler, CDU, und Torsten Renz, CDU)

sondern mehr verarbeitendes Gewerbe,

(Glocke der Vizepräsidentin)

wir hätten keine steigende …

(Torsten Renz, CDU: Den Schürer-Bericht würde ich gern noch mal rüberreichen. Den Schürer- Bericht würde ich gern noch mal rüberreichen. – Peter Ritter, DIE LINKE: Schön, wie die Nationale Front Ihre eigenen Erfolge in den Schatten stellt.)

Noch irgendwas fragen?

(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU –

Nein, ich bin

jetzt voll in meinem Element. –

gestern gehört, mit einer Ausnahme habt ihr

allem zugestimmt in der Volkskammer. –

Zurufe von Marc Reinhardt, CDU,

und Wolfgang Waldmüller, CDU)

Einen Moment!

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

Also jetzt gehen hier wieder die Debatten zwischen den Reihen los. Wenn es diesen Redebedarf gibt, bitte nicht hier, sondern draußen in der Lobby. Hier hat der Redner oder die Rednerin das Wort. Und darum bitte ich, auch bei den Zwischenrufen in der entsprechenden Kürze dem Rechnung zu tragen.

(Heiterkeit bei Christian Brade, SPD: Wir können ja nachher noch gemeinsam singen. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

So, jetzt können Sie fortfahren, Frau Oldenburg.

Dann hätte Mecklenburg wahrscheinlich nicht, Mecklenburg-Vorpommern wahrscheinlich nicht Jahr für Jahr weniger, sondern mehr verarbeitendes Gewerbe, wir hätten keine steigende Anzahl von Betriebspleiten und wahrscheinlich auch nicht diesen Flickenteppich im Gesundheitswesen, keine geschlossenen Arztpraxen und Krankenhausstationen. Und dann würde unser Land nicht in der Wirtschaft als Bummelletzter hinterherdümpeln.

Sehr geehrte Damen und Herren, Helmut Kohl verkündete 1990, dass 1996 die Ostdeutschen den gleichen Tariflohn verdienen werden wie ihre Kollegen im Westen. Und damals dachten wir – und wenn Sie ehrlich sind, haben Sie es alle gedacht –, warum soll das so lange dauern, warum sollen wir sechs Jahre lang, soll unsere Arbeit sechs Jahre lang weniger wert sein

(Dietmar Eifler, CDU: Weil keiner geahnt hat, was Sie zurückgelassen haben.)

als die Arbeit meiner Bekannten in Lübeck, 40 Kilometer weit weg.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Heute, 30 Jahre nach der politischen Wende, gibt es weder den Tariflohn flächendeckend, noch gibt es gleichen Lohn, noch immer ist die Arbeit der Ostdeutschen dreifach weniger wert als die der Westdeutschen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Denn erstens haben wir wesentlich niedrigere Löhne, zweitens arbeiten die Frauen und Männer für diese niedrigen Löhne erheblich länger als ihre Kollegen im Westen, die also in kürzerer Arbeitszeit mehr verdienen,

(Torsten Renz, CDU: Peter Ritter genießt das genüsslich. Guck dir das mal an, wie er sich freut!)

und drittens haben die Rentner in MecklenburgVorpommern durch diese ungerechte Entlohnung geringere Renten, die oft auch in Altersarmut münden. Wer ein Leben lang gearbeitet hat und nicht von seiner Rente leben kann, der wird, gelinde gesagt, um seine gesamte Lebensleistung betrogen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Warum verdient ein Koch in Wismar 1.800 Euro und sein Kollege in Freiburg 600 Euro mehr? Warum soll der Koch noch hierbleiben? Der Maurer in Anklam verdient 2.300 Euro. Würde er in Saarbrücken arbeiten, würde er genau 1.000 Euro im Monat mehr bekommen.

(Thomas Krüger, SPD: Ja, und staatliche Löhne hatten wir schon mal. – Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

Eine Verkäuferin, die Vollzeit arbeitet und circa 1.500 Euro verdient, muss trotz ihrer Arbeit Bittstellerin beim Staat sein und muss trotz ihrer Arbeit Wohngeld beantragen.

(Zurufe von Marc Reinhardt, CDU, und Torsten Renz, CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren, 30 Jahre MecklenburgVorpommern sind auf 15 Jahre Hartz IV und Armut per Gesetz Jahre,

(Sebastian Ehlers, CDU: Oh, Leute! – Zuruf von Dietmar Eifler, CDU)

in denen die Tarifbindung geschwächt wurde,