Protokoll der Sitzung vom 11.03.2020

Ich bitte, von der Regierungsbank jetzt von störenden Gesprächen Abstand zu nehmen. Ich möchte dem Redner folgen können. Im Moment ist mir das nicht möglich. Herr Glawe, ich gehe davon aus, dass das jetzt auch realisierbar ist, auch durch Sie.

Herr Schulte, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin!

Sehr geehrte Kollegen, und das ist natürlich deswegen richtig gewesen, was die Landesregierung in den vergangenen Jahren gemacht hat, mit Fördermitteln dafür zu werben, dass Unternehmen sich in diesem Land einsetzen. Aber wir müssen vor dem Hintergrund – und das

ist ja eine Debatte, die sowohl in den Koalitionsfraktionen geführt wird als auch in der Landesregierung – uns natürlich Gedanken machen, ist das der richtige Einsatz in den nächsten 10/15 Jahren, mit Fördermitteleinsätzen, zum Beispiel auch vor dem Hintergrund der zur Verfügung stehenden EU-Strukturfondsmittel in der nächsten Förderperiode.

Und da sind wir einfach in der Situation, dass wir – und wir als Fraktion machen uns zumindest die Gedanken, die Landesregierung macht sich nach meinem Kenntnisstand auch diese Gedanken –, dass man darüber spricht, dass man heute natürlich gucken muss, wie kann ich auch vor dem Hintergrund von Klimaschutzherausforderungen Ressourcenschonen auf der einen Seite mit wirtschaftlichem Wachstum verbinden. Wir stehen, wir als SPD-Fraktion, und ich persönlich stehe vehement auf dem Standpunkt, dass Wirtschaft, wirtschaftliches Wachstum und Klimaschutz keine Antagonismen sind, das gehört zusammen in einer zukünftigen Industriewelt.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, auch Globalisierung – und das ist ein großer Irrtum von denjenigen, die immer für nationalstaatliche Lösungen plädieren –, Globalisierung ist keine Gefahr, es ist eine Chance, man muss nur damit vernünftig umgehen.

(Zuruf von Dirk Lerche, AfD)

Das ist die Herausforderung, vor der wir auch in diesem Land stehen. Und wenn ich mir angucke – das Beispiel ist von Herrn Minister Glawe angesprochen worden, mit den Werften –, diese Werften, auch vor dem Problem, das wir im Hintergrund haben, jetzt zum Beispiel mit Kreuzfahrttourismus in Südostasien, diese Werften sind ein Zukunftsmodell, wenn es uns gelingt, dort tatsächlich Hochtechnologiebereiche weiterzuentwickeln, dort tatsächlich auch Zulieferindustrie noch stärker zu fördern, damit mehr Wirtschaftskraft, mehr Wertschöpfungskraft in diesem Land in diesen Bereichen erfolgen kann.

Wir haben andere Bereiche, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, auch da müssen wir natürlich drüber nachdenken, wie können wir Industrie in diesem Land forcieren. Und ich will ein Beispiel herausgreifen. Ein Beispiel, von dem ich weiß, dass insbesondere die Ministerpräsidentin sich sehr stark dafür macht, aber auch der Energieminister und auch der Wirtschaftsminister, ist der Bereich Wasserstofftechnologie. Es ist einer der wenigen Rohstoffe, auf denen wir quasi sitzen, nämlich erneuerbare Energien. Und es ist nicht im Interesse dieses Landes, dass wir darüber nachdenken, über Stromautobahnen die irgendwo nach Süddeutschland zu bringen, sondern es ist im Interesse dieses Landes, dass wir uns darüber klarwerden, wie können wir aus diesem Rohstoff „erneuerbare Energien“, dann zum Beispiel über Wasserstoff, hier in diesem Land Industriearbeitsplätze schaffen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Daniel Peters, CDU)

Und, sehr geehrte, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich will das jetzt auch gar nicht allzu weit ausführen, sehr geehrte Kollegen, es gibt noch einen zweiten Punkt, der meiner Fraktion und mir wichtig ist. Wir haben zu Recht in den vergangenen Jahrzehnten uns bemüht, hier

Betriebsstätten von großen Unternehmen hinzubringen, weil ein großes Unternehmen ist einfach eher in der Lage, auf einen Schlag vielleicht 200/300 Arbeitsplätze zu schaffen. Und wir haben ja Erfolgsgeschichten in diesem Bereich. Ich sehe das ja zum Beispiel bei mir in Rostock mit Liebherr oder mit anderen Unternehmen, die dort sich angesiedelt haben. Aber, und das sage ich auch in aller Deutlichkeit, wir müssen auch – und wir haben ja, nicht nur die Kollegen der Fraktion DIE LINKE, auch der Fraktionsvorstand der SPD hat ja mit dem Präsidium der VU entsprechende Gespräche geführt und will die auch weiterführen –, wir müssen aber heute auch den Fokus darauf legen,...

(Peter Ritter, DIE LINKE: Hattet ihr Harry eingeladen?)

Wir haben ihn nicht eingeladen.

... wir müssen den Fokus darauf legen, dass wir die Unternehmen, die sich hier über 30 Jahre in diesem Land entwickelt haben, kleine und mittelständische Unternehmen, dass die tatsächlich in diesen Prozess auch so eingebunden werden, dass sie auch weiterhin erfolgreich wirtschaften können und sich da auf Dauer dann auch entsprechend diese Unternehmen weiterentwickeln können und wachsen können.

Und, meine Damen und Herren, das alles vor dem Hintergrund, dass wir alleine schon vor dem Fachkräftemangel, in dem wir nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern stehen, sondern in dem wir bundesweit, europaweit und letztendlich in allen Industrienationen stehen, vor dem Hintergrund, dass Fachkräfte im Zweifelsfall immer teurer werden und Arbeit immer teurer wird, und das ist natürlich etwas, wofür ich immer schon plädiert habe, dass wir uns in diesem Land nicht hinstellen und mit einem – so, wie das in der Vergangenheit auch gemacht worden ist – Niedriglohnland hier Werbung machen, und was wir Gott sei Dank so nicht mehr machen, in aller Deutlichkeit.

Und, meine Damen und Herren, lassen Sie mich jetzt noch mal auf einige Punkte Ihres Antrages eingehen, sehr geehrter Kollege Foerster, meine Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE. Was Sie als „Werkstattprozess“ benannt haben, das ist etwas – und da würde ich auch Herrn Minister Glawe folgen –, das ist eigentlich etwas, was es schon gibt, nämlich das ist das Zukunftsbündnis, in dem die Landesregierung mit den Sozialpartnern darüber spricht. Und das kann man tatsächlich an der einen oder anderen Stelle ausbauen, nur, vor einem warne ich: Letztendlich muss die politische Entscheidung, was hier gemacht wird, hier auch in diesem Haus getroffen werden durch den Gesetzgeber. Das ist das Parlament. Wir sind diejenigen, die da entscheiden, und am Ende des Tages kann auch eine Industriestrategie, egal, wer an dem Erarbeitungsprozess beteiligt ist, für dieses Land nicht von Sozialpartnern...

(Henning Foerster, DIE LINKE: Ein strategischer Rahmen.)

Herr Foerster, ich sage das ja nur noch mal. Es ist, es kann nicht sein, dass sie am Ende des Tages von Sozialpartnern verabschiedet wird, sondern wir als Parlament sind diejenigen, die dafür auch geradestehen müssen, weil wir sind auch diejenigen, die im Zweifelsfall den Bürgerinnen und Bürgern sagen müssen, wenn etwas nicht funktioniert.

Und vor dem Hintergrund würde ich wirklich dafür werben, dass wir in die Prozesse, in die wir ja schon eingestiegen sind, zum Beispiel mit dem Zukunftsbündnis, dass wir das verstetigen, dass wir das hier im Parlament auch mit solchen Anträgen, wie Sie ihn heute eingebracht haben, Herr Kollege Foerster, konstruktiv begleiten, aber die Debatte nicht verlagern auf einen außerparlamentarischen Raum, sondern das hier machen.

Und wenn ich noch einen Satz dazu sagen darf, was Sie, weil Sie es angesprochen haben mit der bisherigen Förderkulisse, es zu evaluieren. Herr Minister Glawe hat es gesagt, dass sie evaluiert wird. Die Diskussion, die ich im Grunde für mindestens genauso spannend halte wie das, was hier von dir, lieber Harry – wir können ja auch freundlich miteinander –,

(Minister Harry Glawe: Siehst du, das gefällt mir schon viel besser.)

angesprochen worden ist, ist tatsächlich, dass wir uns auch in den Prozess vor dem Hintergrund des neuen mehrjährigen Finanzrahmens der EU damit einbringen, wie setzen wir denn tatsächlich diese Mittel ein. Ich weiß, dass dieser Diskussionsprozess in der Landesregierung schon..., na „relativ weit“ will ich jetzt nicht sagen, aber schon vonstattengeht. Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das ist am Ende auch eine politische Entscheidung, wie wir Finanzmittel hier einsetzen wollen, und vor dieser Verantwortung sollten wir uns auch nicht drücken, um das mal ganz deutlich zu sagen.

Sehr geehrte Kollegen der Fraktion DIE LINKE, wir werden Ihren Antrag hier an dieser Stelle ablehnen. Ich glaube, ich habe es auch deutlich gemacht, dass es durchaus gemeinsame Punkte gibt, aber dass das nicht so weit geht, dass wir Ihrem Antrag auch so, wie er ausformuliert ist, hier folgen können. Aber, wie gesagt, ich glaube, zwischen allen Beteiligten – wenn ich mir den Kollegen Waldmüller angucke, der sicherlich noch reden wird, wenn ich meine eigene Fraktion angucke und wenn ich auch Sie angucke – wird es an der einen oder anderen Stelle, nicht bei allen Punkten, durchaus Gemeinsamkeiten auch in der weiteren Diskussion geben. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU Herr Waldmüller.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich werde nicht ganz so tiefgründig reingehen, der Minister hat ja umfassend ausgeführt und dem ist auch nichts weiter hinzuzufügen. Herr Schulte hat das auch gemacht. Natürlich gibt es da Übereinstimmung darin, dass wir die Industriedichte in Mecklenburg-Vorpommern natürlich erhöhen möchten. Ich denke mal, der Minister hat auch gesagt, dass wir das sehr gut tun und auf einem guten Weg sind und auch die Instrumente haben.

Und wenn ich jetzt auf Ihren Antrag dann komme, dann haben Sie ja da Industriepolitik jetzt, Wirtschaftsentwicklung im Land Mecklenburg-Vorpommern für sich entdeckt und schreiben einen Antrag, in dem da ein paar Schlag

worte kommen: „Industriestrategie“, „Schwerpunkte Förderkulisse“, „bestehende Potenziale“ oder „Hebung Bekanntheitsgrad“, all diese Dinge – der Minister hat das gesagt, das ist also die wirtschaftspolitische Strategie –, die aber eigentlich eine kleine Zusammenfassung von dem sind, was sowieso passiert. Und das ist ja auch deutlich geworden.

Insofern ist das jetzt hier nichts Neues. Wir können das vom Ansinnen, vom Schlagwort her erst mal natürlich tragen, überhaupt keine Frage, aber wenn die LINKEN, ich sage mal, Wirtschaftspolitik für sich entdecken, dann kommen zumindest ein paar Zweifel bei mir auf. Und da muss ich mich natürlich dann hinterfragen, dann frage ich einfach auch, ob denn das, was dann aufgeschrieben ist, auch bei Ihnen mit dem tatsächlichen Handeln belegbar wäre, vor allem, wenn wir in die gleiche Richtung laufen wollen.

Und da möchte ich noch mal zurückerinnern an vor zweieinhalb Jahren. Sie erinnern sich, wir haben das Vergabegesetz, haben das Mittelstandsförderungsgesetz novelliert, das kann man in den Protokollen von der 21., 22. Sitzung des Wirtschaftsausschusses nachlesen. Und der damalige Antrag forderte die Kopplung von Förderung und Entlohnung. Und Sie trugen vor, dass es Unternehmen, kleine Unternehmen gebe, die nicht Tarif bezahlen können. Das Wirtschaftsministerium führte dann aus, ja, das ist sehr wohl so, man muss die kleinen und mittelständischen Betriebe erst dazu ertüchtigen, damit sie das können.

Da gab es eigentlich Übereinkunft, das ist auch hoch plausibel, nur führte das eben bei Ihnen nicht zum Erkenntnisgewinn. Das, was dann gemacht worden ist, ist dann faktisch, Sie haben beantragt, genau das Gegenteil beantragt, dass die Unternehmen, die also nicht tarifgebunden sind, dass die kleinen und mittelständischen Unternehmen künftig von der Förderung benachteiligt werden sollen.

Also da stimmt irgendetwas nicht zusammen. Auf der einen Seite sagen Sie, Sie haben eine Strategie, um Mittelständische weiter fördern zu wollen, und andererseits im Handeln selbst, im Fordern selbst stimmt das eben nicht überein. Und deswegen würde ich sagen, dass der Antrag eben nicht kohärent ist mit dem, Ihr Handeln nicht kohärent ist mit dem, was Sie aufschreiben oder vorgeben. Man kann das auch sagen, ich habe mal im Duden nachgeguckt, was „Etikettenschwindel“ heißt. Etikettenschwindel heißt: eine „irreführende Benennung (durch Verwendung einer bekannten Bezeichnung für eine minderwertige Sache) “. Und wenn man dazu ein Beispiel bräuchte, dann, glaube ich, könnte man diesen Antrag eben anführen.

Und Sie sprachen dann noch – Sie waren, glaube ich, bei dem Termin in Wusterhusen, glaube ich, selbst nicht dabei, ich war...

(Henning Foerster, DIE LINKE: Nein, ich war krankheitsbedingt auf Kur und habe mir dann berichten lassen.)

Ja, nein, ist ja kein Vorwurf, Herr Foerster, ist kein Vorwurf, ich war auch nicht dabei. Das ist kein Vorwurf.

(Heiterkeit bei Sebastian Ehlers, CDU – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Aber wenn Sie davon sprechen und wenn Sie da vor Ort bei diesen kleinen und mittelständischen Unternehmen davon gesprochen hätten, dass Sie kleine und mittelständische Unternehmen künftig, weil sie nicht Tarif bezahlen, von der Förderung ausnehmen wollen, dann hätte man, glaube ich, Sie – dann ist es gut, dass Sie nicht da gewesen sind –, dann hätte man Sie vom Hof gejagt. Das glaube ich auf jeden Fall. Also ich glaube schon, dass das nicht übereinstimmt.

Wo ich Ihnen recht gebe, ist die Wahrnehmung der Wirtschaft von Mecklenburg-Vorpommern über die Landesgrenzen hinaus. Sie wissen, dass wir auch hier schon mehrere Anträge im Landtag dazu gehabt haben. Es ging ja auch um die Exportförderung und um die Außenwirtschaftsförderung und wir haben natürlich jetzt 2019 die Zahlen bekommen. Wir stag..., nicht stagnieren, wir treten auf der Stelle, was Außenwirtschaft eben angeht. Wir haben darüber gesprochen hier im Plenum, über den Russlandtag, aber auch über den Unternehmertag „Ostsee verbindet“. In diese Richtung können wir weiter gerne miteinander sprechen. Da ist in der Tat Nachholbedarf, das müssen wir auf den Weg kriegen, da sind wir auch gerne gesprächsbereit und gerne dialogbereit, was dann den Unternehmertag „Ostsee verbindet“ und die weitere Förderung dazu betrifft.

Also die Industriedichte, da sind wir uns alle einig, die wollen wir weiter erhöhen. Ich glaube, der Minister hat ausgeführt, dass das mehr als das ist, was Sie im Antrag hier schreiben, dass das alles getan ist und weit darüber hinaus.

(Beifall Egbert Liskow, CDU)

Ich glaube, der Antrag taugt also nicht dazu, um von Ihnen aus glaubhaft zu machen, dass Sie sich mit einer zukunftsorientierten Wirtschaftspolitik befassen. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Das Wort hat jetzt noch einmal für die Fraktion DIE LINKE Herr Foerster.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Herr Minister Glawe, Sie haben mich noch gar nicht radauig erlebt