Protokoll der Sitzung vom 12.03.2020

oder wie die Situation im Land aussieht, es ist einfach nur falsch

(Rainer Albrecht, SPD: Peinlich!)

und würde von Ahnungslosigkeit der AfD im Bereich Kita zeugen, und das nach drei Jahren, wo Sie hier im Parlament sitzen – sollte dies zutreffen,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Trifft zu.)

kann ich Ihnen nur raten,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Trifft zu.)

dass Sie sich in das Thema Kindertagesförderung noch mal einarbeiten, alles andere ist der Kindertagesförderung in Mecklenburg-Vorpommern einfach nur unwürdig –, oder die zweite Möglichkeit ist, dass Sie einfach nur realitätsfern sind.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das auch!)

Dass Sie rückwärtsgewandte Höcke-Freunde sind, war mir bewusst,

(Jens-Holger Schneider, AfD: Oh, oh, oh!)

dass Sie lebensfremd sind und solche Forderungen hier stellen, das ist mir neu.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: War mir auch bewusst.)

Ich weiß nicht, welche dieser beiden Möglichkeiten überhaupt zutrifft.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Beide.)

Und hinzu kommt, dass dieser Antrag einfach ein weiterer Beleg dafür ist,

(Zuruf von Stephan J. Reuken, AfD)

dass Sie nicht arbeiten wollen, denn schaue ich mir Punkt II.2 an, danach soll die Landesregierung ein langfristiges Konzept erarbeiten – nicht etwa Sie, nein, die Landesregierung. Was ist denn Ihr Ziel? Eine 1 : 1-Betreuung in der Kita? Wenn ich mir Sie anschaue, wäre das wahrscheinlich der einzige Weg gewesen, dass wir uns hier nicht mit einem derartig falschen Antrag auseinandersetzen müssten. Nein, was Sie hier vorgelegt haben, ist einfach nur fachlich null. Bei diesem Antrag überhaupt über Fachlichkeit zu reden, ist schon falsch.

(Rainer Albrecht, SPD: Sechs! Sechs minus!)

So etwas können wir einfach nicht zustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete!

Ich möchte an dieser Stelle noch mal darauf hinweisen, es gibt natürlich Abgeordnete, die etwas kompliziertere Namen haben, trotzdem sollten wir uns bemühen, den Namen immer richtig auszusprechen.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Jacqueline jetzt! – Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Ich gehe aber nicht davon aus, dass das hier mit irgendeinem bösen Hintergrund war. Nichtsdestotrotz hat jeder Abgeordnete hier den Anspruch, mit seinem korrekten Namen angesprochen zu werden.

Und ich rufe auf für die Fraktion der CDU die Abgeordnete Frau Friemann-Jennert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Forderung eines landesweit gültigen Betreuungsschlüssels ist keineswegs neu. Aktuell legen die jeweiligen örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe per Satzung sie auf kommunaler Ebene fest. Im KiföG M-V ist hingegen die Fachkraft-Kind-Relation als Richtlinie vorgesehen, im Paragrafen 14 Absatz 1, die von örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe sicherzustellen ist. Die Umsetzung erfolgt dementsprechend derzeit auf kommunaler Ebene ohne weitere Beteiligung des Landes.

Daher müsste zunächst auch die gesetzliche Grundlage geschaffen werden, indem das KiföG angepasst und ein Landesrahmenvertrag ausgehandelt wird. Ein entsprechender Antrag, ein Gesetzentwurf der AfD-Fraktion liegt jedoch nicht vor. Es ist demnach aus unserer Sicht rechtlich und verfahrenstechnisch gar nicht möglich, mit dem vorliegenden Antrag einen landesweit einheitlichen Betreuungsschlüssel einzuführen beziehungsweise festzu

schreiben. Wir werden daher den Antrag der AfD-Fraktion ablehnen.

Unabhängig davon müssen die Folgen der sofortigen Einführung eines einheitlichen Betreuungsschlüssels bedacht werden. Die Bertelsmann Stiftung hat in ihrem Ländermonitoring Frühkindliche Bildung 2019 errechnet, dass bei einem Betreuungsschlüssel von 1 : 3 bei den unter 3-Jährigen beziehungsweise von 1 : 4,9 bei den 3-Jährigen bis zum Schuleintritt jährlich Mehrkosten von 328 Millionen Euro für 2021 und 2022 für das Land Mecklenburg-Vorpommern entstehen würden. Überträgt man dies nun auf den vorgeschlagenen Betreuungsschlüssel aus dem Antrag, so würden weiterhin Mehrausgaben in dreistelliger Millionenhöhe jährlich zu Buche stehen. Ein Vorschlag, wie die Kosten aus dem laufenden Haushalt gedeckt werden sollten, wird nicht unterbreitet.

Die Bertelsmann Stiftung hat weiterhin auch berechnet, wie viele zusätzliche Fachkräfte bei ihrem empfohlenen und eben benannten Betreuungsschlüssel in M-V benötigt werden würden. Es sind insgesamt 6.816 zusätzliche Erzieherinnen und Erzieher, die eingestellt werden müssten. Und selbst bei dem im Antrag vorgeschlagenen Betreuungsschlüssel von 4,3 beziehungsweise von 8,6 Vollzeitäquivalenten würden aktuell mehrere Tausend Erzieherinnen und Erzieher fehlen. Frau Bernhardt hat das vorgerechnet. Vor dem Hintergrund des aktuellen Fachkräftemangels dürfte also die Umsetzung eines landesweit gültigen Betreuungsschlüssels in der Praxis nicht machbar sein, obwohl er dann gesetzlich festgeschrieben wäre.

Mecklenburg-Vorpommern ist definitiv nicht das einzige Bundesland, dem es an Nachwuchskräften in der Kindertagesbetreuung fehlt. Immer wieder erreichen uns auch Meldungen aus anderen Bundesländern. In NordrheinWestfalen beispielsweise fehlen demnach aktuell rund 16.000 Erzieherinnen und Erzieher. Und momentan wäre es mit Ihrem Schlüssel so, dass die Einrichtungen Gruppen schließen müssten oder sogar gänzlich, weil sie das Personal gar nicht hätten, und das wäre ja nun wohl das völlig falsche Signal.

Die Ursachen des Fachkräftemangels sind vielfältig und müssen natürlich schnellstmöglich angegangen werden. Die Bertelsmann Stiftung schlägt beispielsweise vor, die Ausbildungsbedingungen zu verbessern. Konkret heißt es, und ich zitiere, eine „kostenfreie Ausbildung“ inklusive einer „angemessenen Ausbildungsvergütung“ sowie einer „Renten- und Sozialversicherungspflicht für alle Ausbildungsgänge“, Zitatende, könnte hilfreich sein. Tja, das haben wir in Mecklenburg-Vorpommern längst auf den Weg gebracht, und wenn ich mich recht entsinne, fand das nicht Ihre Zustimmung. Und die PiA wäre da ja auch noch, da ist eben schon drauf eingegangen worden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, gemessen am bundesweiten Vergleich der Personal- und Betreuungsschlüssel hat Mecklenburg-Vorpommern Nachholbedarf nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes von 2019. An dieser Stelle darf man vielleicht auch darauf hinweisen, dass der Personalschlüssel lediglich ein statistischer Wert ist, der am Ende relativ wenig über die tatsächliche Betreuungssituation aussagt. Hinzu kommt, dass die vergleichsweise hohen Betreuungsschlüssel in Ostdeutschland auch damit zusammenhängen, dass hier im Vergleich zu den alten Bundesländern der Anteil betreuter Kinder aus der Historie heraus höher ist, zum

Beispiel bei den 3-Jährigen 52 Prozent im Osten gegenüber 28 Prozent in Westdeutschland.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Einführung eines landesweit einheitlichen Betreuungsschlüssels führt nicht zwangsläufig zu einer Verbesserung der Betreuungssituation, sondern in erster Linie – Entschuldigung –, führt nicht zwangsläufig zu einer Verbesserung der Betreuungssituation, sofern in erster Linie nicht ausreichend Erzieherinnen und Erzieher dafür zur Verfügung stehen. Bevor insbesondere diese Problematik nicht gelöst ist, ist auch ein gesetzlich verankerter Betreuungsschlüssel wenig zielführend. Und damit möchte ich meine Ausführungen beenden. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD die Abgeordnete He..., Frau Julitz.

(Thomas Krüger, SPD: Frau Präsidentin!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Antrag der AfDFraktion zur Einführung eines landesweit einheitlichen Betreuungsschlüssels in Kindertageseinrichtungen in Mecklenburg-Vorpommern haben meine Vorredner/-innen bereits gute Argumente für eine Ablehnung genannt. Einige möchte ich noch mal aufgreifen.

In Punkt I führen Sie den bundesweiten Vergleich an. Ich hoffe, im bundesweiten Vergleich beziehen Sie alle Faktoren mit ein, zum Beispiel die Fachkraftquote, da ist M-V Spitzenreiter, oder Öffnungszeiten wie zum Beispiel in Baden-Württemberg, wo Sie durchaus Einrichtungen finden, in denen Sie Ihre Kinder über Mittag abholen müssen, oder Ganztagsplätze und wie viele Stunden diese beinhalten, oder die Anzahl der zu betreuenden Kinder unter drei Jahren. Wenn Sie all diese Faktoren mit einbeziehen, müssen Sie feststellen, dass ein Vergleich wahrlich schwierig ist.

Das Wichtigste jedoch fehlt in Ihrem Antrag in Gänze, die Aussage, woher die zusätzlich benötigten Fachkräfte kommen sollen – und ich danke, Frau Bernhardt, für die ausführliche Rechnung, die Sie aufgestellt haben –, aber das kennen wir ja, konkrete Lösungsansätze haben Sie nicht auf Lager. Im Gegenteil, die von der Koalition eingeführte Praxisintegrierte Ausbildung für die 0- bis 10-Jährigen haben Sie abgelehnt, die Erweiterung des Fachkräftekataloges ebenfalls. Nichts mit Alternativen!

Frau Bernhardt hat die Peinlichkeit der Qualität des Antrages angesprochen und ich habe mich auch gefragt, wie die Herren auf die Formulierung dieses Antrages gekommen sind, und habe gegoogelt, und siehe da, Wikipedia liefert die Antwort. Ich weiß ja nicht, wie der Professor in der Uni das gehandhabt hat, aber ich habe gelernt, dass man Wikipedia nicht immer glauben sollte.

An die AfD: Sie sprachen von besten Voraussetzungen für unsere Kinder, Kinder sind unsere Zukunft. Ja, das sind sie, und ja, das alles wollen wir. Und wissen Sie was? Wir wollen das für alle Kinder. Und was haben wir vor einer Stunde hier gehört, als es um die Aufnahme minderjähriger Kinder in Griechenland ging? Kinder werden vorgeschoben! Was die Minderjährigen uns hier kosten!

(Jens-Holger Schneider, AfD: Vorhin haben Sie es abgelehnt.)

Hören Sie auf zu heucheln!

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD)

Mehr Menschenverachtung kann ich mir nicht vorstellen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Das Wort hat noch einmal für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr de Jesus Fernandes.

Sehr geehrtes Präsidium! Werte Abgeordnete!

Ich kann ja Frau Julitz noch mal auf die Sprünge helfen. Auch wenn Sie sich hier so vehement dafür eingesetzt haben, hat auch die SPD-Fraktion genau diesen Antrag abgelehnt, also passt das eben nicht so genau, was Sie hier geäußert haben.