Protokoll der Sitzung vom 01.04.2020

Vielen Dank, Frau Ministerpräsidentin!

Die Ministerpräsidentin hat ihre Redezeit um drei Minuten überschritten.

Im Ältestenrat wurde vereinbart, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu zehn Minuten für jede Fraktion vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Vielen Dank für die Desinfektion des Pultes.

Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Fraktion der AfD der Fraktionsvorsitzende Herr Kramer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin! Die Corona-Pandemie bedeutet für uns in Mecklenburg-Vorpommern erhebliche Belastungen. Das Leid der schwer Erkrankten, die Sorge um erkrankte oder gefährdete Angehörige und Freunde sowie die schweren zusätzlichen Belastungen für medizinisches und pflegerisches Personal seien hier zuvorderst genannt.

Aber die Eindämmungsmaßnahmen bringen auch andere Belastungen mit sich. Betriebe müssen schließen, Arbeitsplätze sind gefährdet, finanzielle und berufliche Lebenspläne werden erschüttert. Das ist eine neue Zeit, über deren Auswirkungen bisher nur ungenügend Fakten auf dem Tisch liegen. Die Landesregierung hat ein Programm zur Bekämpfung der Pandemie und zur Bewältigung ihrer sozialen und wirtschaftlichen Folgen vorgelegt. Sie hat auch uns als Opposition Gelegenheit gegeben, Vorschläge einzubringen. Meine Fraktion hat sich dementsprechend konstruktiv eingebracht. Ausdrücklich begrüßen wir dieses Vorgehen.

Im Ergebnis liegt nun ein gemeinsamer Entschließungsantrag aller Fraktionen vor, in dem jede Fraktion sich wiederfinden kann. Es ist gut, dass wir in Zeiten der Krise zu einem gemeinsamen Handeln finden. So finden wir in der Entschließung auch die Forderung meiner Fraktion, eine bessere Unterstützung für Corona-geschädigte Unternehmen mit mehr als 49 Mitarbeitern zu prüfen. Offensichtlich konnte die Landesregierung die Prüfung unserer Forderung bereits erfolgreich abschließen und hat die Umsetzung am gestrigen Tage beschlossen. Das ist sehr erfreulich.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Ebenso in die Entschließung aufgenommen ist unser Anliegen, die Möglichkeit zu prüfen, wie zur Kompensation fehlender Arbeitskräfte aus dem europäischen Ausland infolge von Corona-Maßnahmen Menschen aus Drittstaaten, Geflüchteten und Menschen mit Schutztiteln eine Arbeitsaufnahme ermöglicht werden kann.

Meine Fraktion wird die Landesregierung auch weiterhin dort unterstützen, wo sie das Richtige tut, und wir werden konstruktive Kritik üben, wo das Richtige und Notwendige möglicherweise bisher noch nicht erkannt wurde. Daher muss ich an dieser Stelle auch etwas Kritik anbringen. Zur Aufstockung des Kurzarbeitergeldes heißt es in der Entschließung lediglich, die Landesregierung möge sich auf der Bundesebene dafür einsetzen. Meine Fraktion war und ist hier für eine souveräne Lösung auf Landesebene, statt auf den Bund zu warten. Gerade wegen der vergleichsweise niedrigen Löhne und Gehälter hier in Mecklenburg-Vorpommern besteht großer Handlungsbedarf.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Wer ohnehin schon wenig verdient, den trifft jeder Euro im Verdienstausfall besonders hart. Wenn infolge der Corona-Krise ein Teil unserer Bürger um seine wirtschaftliche Existenz ringt, müssen wir als Politiker auch unsere Prioritäten überprüfen. Dazu gehört für uns, dem unseligen Strategiefonds ein Ende zu machen

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

und die Mittel sinnvoller einzusetzen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das galt vor der Krise, das gilt jetzt erst recht.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Die Forderung nach Umlenkung des Strategiefonds in Corona-Hilfsmaßnahmen hatten wir für den Entschließungsantrag angemeldet. Leider findet sie sich in der Entschließung nicht wieder. Meine Fraktion wird deshalb weiter auf die Beendigung des Strategiefonds drängen. Weder Opposition noch Landesrechnungshof und Landesverfassungsgericht haben bisher ein Umdenken der Regierungskoalition bewirken können. Sie hält nach wie vor an dem Strategiefonds fest. Ich appelliere daher heute nochmals an die Abgeordneten von SPD und CDU: Wenn Sie schon nicht auf fachlich fundierte Kritik hören wollen, dann nehmen Sie die Corona-Krise zum Anlass, die Mittel im Strategiefonds für Hilfsmaßnahmen umzuwidmen!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Sie würden damit ein Zeichen setzen, dass nicht nur die Bürger ihre Planung anpassen müssen, sondern dass auch die Politik ihre Lieblingsprojekte zurückstellt, um unseren Bürgern in akuter Not den Rücken zu stärken.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie werden uns spätestens mit der nächsten Mai-Steuerschätzung neue Haushaltsentscheidungen abverlangen. Wir dürfen bereits jetzt von erheblichen Einnahmerückgängen ausgehen. Vor diesem Hintergrund sind wir alle gefordert, darüber nachzudenken, Wahlwerbegeschenke der Regierungskoalition zurückzustellen, um das Notwendige und Unverzichtbare sicherzustellen.

Das bedeutet übrigens keineswegs, tatsächlich notwendige Investitionen kürzen zu wollen, wie es in der Presse fälschlich über meine Fraktion hieß. An Investitionen sind

im Haushaltsjahr 2020 bisher 1,7 Milliarden Euro eingeplant. Die bereinigten Gesamtausgaben liegen bei 9,2 Milliarden Euro. Es gibt also auch andere Ausgaben als Investitionsausgaben, die man überprüfen kann und muss.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Die Landesregierung selber hat ja schon im Nachtragshaushalt erklärt, dass sie mal eben 50 Millionen Euro im Wege des Haushaltsvollzugs heben kann. Grundsätzliches Ziel der Maßnahmen sollte es sein, dass deren Finanzierung zuerst durch Einsparung und möglichst geringe Schuldenaufnahme erfolgt. Um eine Verstetigung der Maßnahmen zu vermeiden, muss fortwährend geprüft werden, inwieweit diese Maßnahmen aufrechterhalten werden müssen. Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass eben unter diesen Maßnahmen nicht nur die Wirtschaft leidet, sondern auch gerade die Menschen. Sorgen um den Arbeitsplatz, Existenzängste können Depressionen und andere psychosomatische Krankheiten auslösen, was sich dann auch wiederum auf die Arbeitskraft und dementsprechend auf die Wirtschaftskraft negativ auswirken wird.

In jeder Krise steckt aber auch eine Chance. So rücken derzeit die Familien wieder enger zusammen, man besinnt sich auf die wichtigen Dinge im Leben. Wir betrachten nichts mehr als selbstverständlich. Man achtet auf sein Umfeld, seine Freunde, die Nachbarn. In solchen Zeiten stellen wir fest, dass eben nicht nur Polizisten, Ärzte und Lehrer systemrelevante Berufe sind, sondern auch das Krankenhaus- und Pflegepersonal sowie die Einzelhandelskaufleute. Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Es sollte nach unserem Dafürhalten keine Klassifizierung zwischen Berufen ersten Grades und zweiten Grades geben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Dennoch kann aus diesem Grunde unser Dank nicht oft und laut genug allen Beteiligten ausgesprochen werden. Von unserem Dank aber allein kann man sich auch in unserem Land nichts kaufen.

Nun erweist es sich auch als Fehler, dass in der Bundesrepublik eine Vielzahl von Krankenhäusern geschlossen worden sind. Auch hier in unserem Land wurde über die Schließung einzelner Stationen und Krankenhäuser noch vor zwei Monaten gesprochen, so zum Beispiel Wolgast und Crivitz.

Plötzlich können nun doch Grenzkontrollen durchgeführt werden. Die Bundesrepublik besinnt sich ihrer Souveränität und verlässt sich nicht allein auf Brüssel. Gleichwohl zeigt das, dass nationalstaatliches Handeln auch solidarisch mit Italien möglich ist. Als mahnende Beispiele seien hier Russland und China genommen.

Dieser gemeinsame Antrag aller Fraktionen beweist, dass es möglich ist, jenseits der politischen Lager gemeinsam für die Interessen unseres Landes und unserer Landsleute einzustehen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Lassen Sie uns diese Krise gemeinsam durchstehen! Zu dieser Gemeinsamkeit gehört auch die konstruktive Debatte über die richtigen Lösungen. – Vielen Dank und bleiben Sie alle gesund!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Vielen Dank, Herr Kramer!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Fraktionsvorsitzende Herr Renz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute vor vier Wochen, am 2. März, war auf der Titelseite der „Schweriner Volkszeitung“ ein Bericht über Lea Sophie Friedrich aus Dassow. Sie war Weltmeisterin im Bahnradfahren geworden. Auf der Titelseite des „Nordkuriers“ war ein Artikel über Eilanträge gegen die Masernimpfpflicht. Und im „Nordmagazin“ lief einen Tag später ein Bericht, in dem es um steigende Übernachtungszahlen in Jugendherbergen ging. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, für mich klingen solche Berichte wie aus einem anderen Land, wie aus einer anderen Zeit – und sie sind keine vier Wochen her.

Ab dem 16.03. ging es dann Schlag auf Schlag. Kitas, Schulen, Geschäfte, Gaststätten wurden geschlossen, Kontakteinschränkungen angeordnet – harte Maßnahmen. Heute hat jeder von uns Verwandte, Nachbarn oder Bekannte, die sich in Quarantäne befinden, möglicherweise positiv getestet wurden oder von der Kurzarbeit betroffen sind. Die Sorge um die Gesundheit der Liebsten und Existenzängste stehen auf der Tagesordnung.

In dieser Situation bin ich besonders froh, dass wir in Deutschland ein funktionierendes Gesundheitssystem und einen handlungsfähigen Staat vorfinden. So wichtig dieser Nachtragshaushalt auch ist, möchte ich als Erstes feststellen, die Maßnahmen der Bundesregierung und der Landesregierung zur Eindämmung der Pandemie sind richtig und uneingeschränkt notwendig. Insbesondere die Kontaktbeschränkungen bis zum 19.04. sind unumgänglich, um Situationen wie in Italien, Spanien oder in den USA unserer Bevölkerung zu ersparen. Deshalb auch mein Appell an dieser Stelle: Seien Sie solidarisch, denn es geht insbesondere um Ältere, chronisch Kranke, Verwandte, Bekannte und Freunde, es geht um Menschenleben. Klar ist für mich auch, wir dürfen uns nicht daran gewöhnen, denn es können nur Maßnahmen auf Zeit sein, da es tiefe Eingriffe in die Grundrechte unserer Gesellschaft sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin der Opposition dankbar, dass der heutige Landtag in dieser verkleinerten Form stattfindet. Die parlamentarische Demokratie lebt im Normalfall vom konstruktiven Streit. Dass dieser in Krisenzeiten etwas zurücktritt, begrüße ich ausdrücklich. Dass alle an einem Strang ziehen, ist in dieser Situation richtig und die parteiübergreifende gemeinsame Entschließung ist in der Krise ein starkes Signal an die Bürger unseres Landes.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die zweite Vorbemerkung, die ich machen möchte, betrifft diejenigen, die momentan den Karren ziehen und den Laden buchstäblich am Laufen halten. So wichtig ich die Bleibezu-Haus-Aufrufe finde, es ist mindestens ebenso erwähnenswert, dass die Arbeitsleistung für einen Großteil der Arbeitnehmer nicht etwa gesunken, sondern gestiegen ist. Das sind all diejenigen, die in den Krankenhäusern und in den Arztpraxen für unsere Gesundheit sorgen, es sind aber auch die Menschen, die im Einzelhandel und in den Apotheken arbeiten, in der Landwirtschaft, in

der Logistik, im Transportwesen oder als Post- und Paketzusteller, in Tankstellen und als Reinigungskräfte, die Landes- und die Bundespolizei, die Bundeswehr und viele weitere mehr. Sie alle sorgen dafür, dass unser Leben einigermaßen weitergeht. Ihnen allen einen herzlichen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, AfD und DIE LINKE)

Deshalb begrüße ich außerordentlich, dass der Bundesfinanzminister am Montag die Möglichkeit geschaffen hat, dass die sogenannten Corona-Prämien bis 1.500 Euro steuerfrei bleiben. Warme Worte sind genug gewechselt, Arbeitgeber sollen mit gutem Beispiel vorangehen und die Leistungen der eigentlichen Helden der Krise auch mit einer entsprechenden Prämie würdigen. Das gilt selbstverständlich auch für den Bereich der Landesregierung.

Ich will es auch nicht versäumen, mich an dieser Stelle bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Landesförderinstitutes zu bedanken. Ich habe mich selbst davon überzeugt, dass mit großem Elan und mit einer Selbstverständlichkeit auch am Wochenende gearbeitet wird, damit das Geld für die Anträge auf Soforthilfe schnellstmöglich ausgezahlt werden kann, damit unsere heimische Wirtschaft durch die Krise kommt und die Menschen nicht arbeitslos werden. Herzlichen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, AfD und DIE LINKE)

Beim Stichwort „Soforthilfen“ bin ich im wahrsten Sinne des Wortes mittendrin im Nachtragshaushalt. Kern des Nachtragshaushaltes ist der MV-Schutzfonds mit einem Volumen von insgesamt 1,1 Milliarden Euro. Davon werden 700 Millionen durch eine Nettokreditaufnahme gedeckt, zudem wird der Bürgschaftsrahmen zusätzlich um 400 Millionen erweitert. Ein erwarteter Einnahmerückgang von 1 Milliarde Euro muss ebenfalls gestemmt werden, eine gigantische Aufgabe, die unser Land meistern will und meistern muss. Dazu nutzen wir unter anderem Rücklagen, die wir durch solide Haushaltspolitik aufgebaut haben.