Protokoll der Sitzung vom 01.04.2020

Die Maßnahmen im Einzelnen liegen Ihnen vor und sind insoweit bekannt. Deshalb möchte ich nur auf die verlorenen Zuschüsse, also die Zuschüsse, die nicht zurückgezahlt werden müssen, für Firmen bis 100 Mitarbeiter in Höhe von über 160 Millionen Euro verweisen. Was wir in diesem Bereich leisten, kann sich deutschlandweit sehen lassen. Ausdrücklich möchte ich betonen, dass für Firmen bis zehn Arbeitnehmer das Geld durch den Bund bereitgestellt wird und somit eine hervorragende Verzahnung mit Landesgeldern stattfindet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der MV-Schutzfonds ist inhaltlich sehr breit aufgestellt und versucht, möglichst viele Lebensbereiche abzudecken. Für unser an Einwohnern kleines Bundesland ist das eine riesige Kraftanstrengung, und trotzdem bin ich überzeugt, dass dieser wichtige Schritt notwendig und machbar ist, um uns über diese schwere Zeit zu tragen. Trotzdem gilt, wenn es nicht reicht, es Schwachstellen gibt, müssen wir nachsteuern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, unser MVSchutzfonds dient zu Recht vordergründig dazu, die

Wirtschaft durch die Krise zu begleiten, aber wir müssen auch zeitnah gemeinsam mit der kommunalen Ebene über Unterstützungsmaßnahmen sprechen, damit das Leben vor Ort nicht zum Stillstand kommt. Dabei gilt es, rechtliche und finanzielle Fragen im Sinne der Handlungsfähigkeit der Kommunen zu diskutieren und Lösungen zu finden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Und damit möchte ich zum letzten Aspekt kommen: Das Virus hat uns schmerzlich vor Augen geführt, dass unsere arbeitsteilige globalisierte Wirtschaft zwar für Wachstum und Wohlstand sorgt, zugleich ist sie aber auch anfällig – anfällig für Viren, denen Staatsgrenzen egal sind, und anfällig für wirtschaftliche Störungen. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Corona-Krise kurz- und mittelfristig Auswirkungen für unser gesellschaftliches Zusammenleben, für die Wirtschaft und das Bankensystem haben wird, die keiner zurzeit seriös einschätzen kann. Neben den Herausforderungen der Digitalisierung, der Demografie oder des Klimawandels werden wir uns in Deutschland nach der Krise mit unbequemen Wahrheiten auseinandersetzen müssen.

Erstens. Güter wie Arzneimittel, Schutzausrüstung und medizinische Gerätschaften in nennenswerten Größenordnungen müssen wir wieder selbst herstellen, im Zweifel auch subventioniert.

Zweitens. Industriebetriebe sollen künftig in kürzester Zeit in der Lage sein, auf die Herstellung benötigter Güter umzuschalten. Ich kann es nicht akzeptieren, dass wir in Deutschland die besten Autos der Welt herstellen, es aber nicht kurzfristig hinbekommen, medizinisch benötigte Schutzmasken zu fertigen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, AfD und DIE LINKE)

Und drittens. Wir brauchen zentral eingelagerte Reserven, organisiert vom Bund, und damit meine ich nicht Toilettenpapier oder Nudeln, sondern medizinisches Gerät und entsprechende Ausrüstung.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, AfD und DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Maybrit Illner fragte am Wochenende, ob in der jetzigen Zeit ein Nachdenken ohne zu sprechen geht. Klar ist für mich, dass bis zum 19.04. eine strikte Kontaktbeschränkung bestehen muss. Bis dahin muss auch nicht jeder Politiker sich täglich mit Vorschlägen überbieten und dadurch die Bevölkerung verunsichern. Klar ist für mich aber auch, dass flächendeckende Tests dazu beitragen müssen, das Wirtschaftsleben wieder strukturiert hochzufahren.

Unseren Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes möchte ich für die CDU-Fraktion versichern, wir sind uns unserer großen Verantwortung bezogen auf Gesundheits- und Existenzfragen bewusst, wir brauchen aber auch Ihr Verständnis, Ihre Unterstützung, damit wir gemeinsam die Krise meistern. Deshalb werden wir weiterhin Expertenrat einholen, analysieren, abwägen und fortlaufend unsere Maßnahmen auf den Prüfstand stellen, aber am Ende müssen und werden wir entscheiden. Mit diesem Ausblick hoffe ich, dass wir uns in diesem

Parlament sehr bald in gewohnter Zusammensetzung wiedersehen. – Herzlichen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE die Fraktionsvorsitzende Frau Oldenburg.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Verschwunden sind der Alltag und die Selbstverständlichkeit. Vorbei sind das gewohnte Zusammenleben und die Normalität in der Familie oder auf der Arbeit. Erledigt hat sich auch die Vorfreude auf den Osterurlaub. Ungewiss der morgige Tag, die kommende Woche, die nächsten Monate. Die Welt, unser Leben ist aus den Fugen geraten.

In Mecklenburg-Vorpommern ist es das Leben von 1,6 Millionen Menschen, das über Nacht ein anderes wurde, das jetzt komplett auf dem Kopf steht. So mutig und optimistisch die Frauen, Männer, Kinder und Jugendlichen in unserem Land bis vor drei Wochen waren, so ängstlich und sorgenvoll sind sie heute. Und es ist unsere Pflicht, uns darum zu kümmern, dass ihre Ängste kleiner werden, ihre Sorgen ernst genommen werden und sie sich darauf verlassen können, dass wir an ihrer Seite stehen und sie nicht alleinelassen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Sehr geehrte Damen und Herren, wie oft haben wir hier über gleiche Löhne für gleichwertige Arbeit gestritten oder für gleiche Lebensverhältnisse oder für mehr Pflegepersonal. Wie oft haben wir darüber diskutiert, dass Stationen in Krankenhäusern nicht geschlossen werden dürfen, weil sich Gesundheit eben nicht rechnen darf, sondern jeder gesund werden muss, egal, was er verdient, und egal, was seine Behandlung kostet.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Gesundheit darf keine Ware sein. Und das Ringen um ein gutes Gesundheitssystem, um gute Arbeit, um ein besseres Leben für alle Menschen darf niemals leichtfertig vom Tisch gewischt werden, denn genau jetzt sehen wir ja, wie wichtig, wie überlebenswichtig diese Menschen für unser Land sind. Jetzt spüren wir, dass es in dieser Krise nicht auf die Großkonzerne, nicht auf die Banken und nicht auf die Versicherungen ankommt. In dieser Krise kommt es auf die Mitarbeitenden der Stadtreinigung, auf die Krankenschwester und auf die Verkäuferin an. Wir brauchen die Landwirte, die Kassiererin, die Kurier- und die Lkw-Fahrer auf den Straßen unseres Landes.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Und wir brauchen die Eltern, die derzeit neben ihrer Arbeit im Betrieb oder im Homeoffice einen Zweitjob brillant erledigen, denn ihr Zuhause ist gleichzeitig noch die Schule. Ihnen allen danken wir stellvertretend für alle Frauen und Männer, die für uns da sind und die dafür sorgen, dass unser Zusammenleben eben nicht auseinanderbricht.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Sehr geehrte Damen und Herren, eigentlich sind Haushaltsberatungen Zündstoff zwischen den Fraktionen. Sie sind ein Schlagabtausch im Streit um die besten Vorschläge, die unterschiedlichsten Schwerpunktsetzungen und die klügsten Ideen, aber oft auch um das Rechthaben der Mehrheit und das Unrechthaben der Minderheit.

(Heiterkeit und Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Und auch das ist heute anders, denn diese 1,1 Milliarden Euro, über die wir heute entscheiden, das sind Hilfen, sogar Überlebenshilfen für Künstlerinnen und Künstler, für Selbstständige und Arbeitnehmer, für Kleinst-, Klein- und mittelständische Unternehmen, aber auch für große Firmen, für Vereine und Verbände, für Krankenhäuser, für unsere Wirtschaft, für den Tourismus, für unsere Familien. Und heute ist es eben klein Schlagabtausch, heute ist es kein Wettbewerb, heute ist sich meine Fraktion mit der Koalition einig. Heute handeln wir gemeinsam, denn wir bringen gemeinsam diesen Nachtragshaushalt auf den Weg, für uns alle, für unser Land, für unser Leben,

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

denn der Friseurladen um die Ecke oder die kleine Kneipe, auch der Malerbetrieb und, und, und – ganz, ganz viele Betriebe ringen gerade um ihre Existenz. Ihnen steht das Wasser bis zum Hals. Und es gibt mehr als tausend Gründe, warum dieser Schutzschirm unumgänglich ist. Jetzt kann es nämlich nur darum gehen, sofort zu handeln, damit das Geld sofort bei der Frisörin, dem Maler oder bei der Kellnerin ankommt. Es darf kein Zögern, kein Aber und auch kein Vielleicht geben, es kann nur ein Ja, ein Sofort sein, um Massenentlassungen, Pleiten und Existenzverluste zu verhindern.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Und gerade diese kleinen Vereine, die der soziale Kitt für unser Zusammenleben sind, oder die Schullandheime, die derzeit keine Gäste, aber Ausgaben haben, die Bildungsträger, die keine Maßnahmen bekommen, aber die Miete und die Gehälter zahlen müssen, die aufsuchende Familienhilfe, die Tafeln, die Kleiderkammern und Möbelbörsen, die ambulante Tagespflege, der Verbraucherschutz, die Flüchtlingshilfe, sie alle brauchen wir nach der Krise mehr als je zuvor und sie alle dürfen nicht in Gefahr geraten. Für sie brauchen wir auch einen Schutzschirm.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Und genau für sie und für viele, viele andere mehr beantragt meine Fraktion einen Sozialfonds in Höhe von 20 Millionen Euro.

Und auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in den kommenden Monaten vom Kurzarbeitergeld leben müssen, dürfen wir nicht im Regen stehen lassen. 60 Prozent von einem Durchschnittslohn, das sind in Mecklenburg-Vorpommern netto circa 1.100 Euro. Die reichen hinten und vorne nicht, um die laufenden Kosten zu decken und die nächsten Monate ein gutes oder sogar ein sicheres Leben zu führen. Deshalb möchten wir ge

meinsam eine Entschließung verabschieden, die die Landesregierung auffordert, sich bei der Bundesregierung dafür starkzumachen, dass das Kurzarbeitergeld auf mindestens 80 Prozent angehoben wird.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Sehr geehrte Damen und Herren, allein mit Applaus und mit dem täglichen Dank werden wir nicht aus der Krise kommen. Um unser Leben wieder halbwegs normal werden zu lassen, sofern es überhaupt möglich ist, um wieder lieb gewonnene alltägliche Momente zu genießen, um Gewissheit für den morgigen Tag, die kommende Woche und die nächsten Monate zu haben, um unser Leben also wieder in die Fugen zu bringen, deshalb braucht es diesen Schutzschirm und deshalb braucht es unser Zusammengehen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und Sebastian Ehlers, CDU)

Vielen Dank, Frau Fraktionsvorsitzende!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Fraktionsvorsitzende Thomas Krüger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte mich bei all den Menschen bedanken, die da draußen momentan unsere Gesellschaft am Laufen halten. Ich habe in den Nachrichten gehört, sie wären die Helden des Alltags. Ich würde das unterstreichen wollen. All die, die auf ihrem Posten momentan sitzen und täglich ihren Job erledigen und dafür sorgen, dass unsere Gesellschaft weiter rundläuft, sind die Helden des Alltags, und ich möchte mich ganz herzlich auch namens meiner Fraktion bei ihnen bedanken.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, einen zweiten Dank möchte ich richten an die Ministerpräsidentin, an die Ministerinnen und Minister, an die Staatssekretäre, den Parlamentarischen Staatssekretär und die Teams, die da im Hintergrund arbeiten. Herr Renz und ich erleben das gewohnte Regierungsgeschäft am Dienstag in den Kabinettssitzungen. Dieses gewohnte Regierungsgeschäft gibt es momentan nicht, die Regierung hat umgeschaltet auf Krisenmodus. Es gibt fast täglich telefonische Zusammenkünfte und es wird in stundenlangen Sitzungen telefonisch beraten, wie die Dinge für MecklenburgVorpommern geregelt werden können, wie geregelt werden kann, dass das, was wir an Krise momentan erleben, auch in vernünftige Bahnen gelenkt wird, und da leistet jede Einzelne und jeder Einzelne einen ganz tollen Job. Und vor dem Hintergrund auch hier ein herzliches Dankeschön, Frau Ministerpräsidentin, und an das Team, das dahintersteht!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Einen dritten Dank möchte ich aussprechen, und der Dank geht an die Fraktionen hier im Haus. Wir haben gemeinsam eine Entschließung auf den Weg gebracht, wir haben gemeinsam die Positionen zusammengeführt,

wir haben gemeinsam gezeigt, dass es in dieser Situation um das Land geht und nicht darum, wer ist Opposition und wer ist Regierung. Ich glaube, das ist ein wichtiges, das ist ein starkes Signal, was wir von hier, vom Landtag Mecklenburg-Vorpommern, raus ins Land senden, und es ist ein notwendiges Signal. Insofern auch an Sie alle ein herzliches Dankeschön!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, AfD und DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, niemand von uns hätte sich vor einigen Monaten vorstellen können – das haben meine Vorredner ja auch gesagt –, in welcher Situation wir hier heute sind. Diese Situation hat ganz viele Facetten. Da gibt es den Bereich der Gesundheit, die Versorgung der Bevölkerung – die, das will ich ausdrücklich sagen, gesichert ist –, die Betreuung und auch die Unterrichtung unserer Kinder, die zum Teil zu Hause stattfindet, mit all den Schwierigkeiten, die Aufrechterhaltung der Infrastruktur und nicht zuletzt die schwierige Situation unserer Wirtschaft.