Protokoll der Sitzung vom 13.05.2020

Und deshalb möchte ich die Gelegenheit nutzen, jedem und jeder Einzelnen zu danken. So eine Corona-Krise managt nicht die Regierung alleine, nicht das Parlament alleine, es kommt jetzt auf jede Bürgerin und jeden Bürger an, so wie in den letzten Wochen. Und deshalb sage ich Danke dafür. Und ich möchte auch den Bürgerinnen

und Bürgern sagen, ich vermisse sie. Das Beste an dem Job einer Ministerpräsidentin ist, dass man ganz – so empfinde ich das –, dass ich ganz viele Kontakte mit Bürgerinnen und Bürgern habe. Ob es Unternehmensbesuche sind, Vereinsbesuche, Demonstrationen, schwierige Gespräche, ob es Bürgerdialoge sind, drei Stunden lang, von Kita bis zum Windrad, ob es emotional schwierige Themen sind wie die Palliativversorgung von schwerkranken Kindern – all das vermisse ich in den letzten Wochen, und ich wünsche mir genau wie alle anderen, dass wir die Dinge wieder öffnen können und dass auch wieder mehr Bürgerdialog möglich ist.

Und ich bitte darum, dass wir weiter aufeinander Acht geben und dass wir uns umeinander kümmern. Ich bedanke mich bei allen, die diese für uns bisher unvorstellbaren und hohen Belastungen ertragen haben. Wir dürfen jetzt das Erreichte nicht leichtsinnig gefährden. Deswegen meine Bitte an jede Bürgerin, an jeden Bürger: Halten Sie weiter durch! Lassen Sie uns weiter zusammenhalten, damit wir besonnen, zuversichtlich und solidarisch, gut und gesund durch diese Krise kommen! – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen herzlichen Dank an unsere Ministerpräsidentin!

Und gestatten Sie mir an dieser Stelle kurz die Äußerung, wir haben uns alle sehr über die gestrige Nachricht gefreut.

Im Ältestenrat...

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Redezeit von bis zu 155 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Fraktion der AfD der Fraktionsvorsitzende Herr Kramer.

(Der Saaldienst reicht dem Abgeordneten Nikolaus Kramer ein Wasserglas.)

Ach so! Herzlichen Dank! Das ist ja skurril.

(Ministerpräsidentin Manuela Schwesig: Das sind die neuen Gastronomieregeln.)

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Landsleute!

Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, dem soeben erfolgten Einwurf der Landtagspräsidentin kann ich mich im Namen meiner Fraktion nur anschließen.

Wir leben wenige Wochen nach dem sogenannten Shutdown in einem anderen Land. Das Corona-Virus hat die Freiheit und das Leben vieler unserer Bürger in Mecklenburg-Vorpommern stark eingeschränkt. Die Gesellschaft ist verunsichert und Existenzängste sind inzwischen Realität. Zu Beginn der Krise, als noch nicht absehbar

war, ob unser Gesundheitssystem in Mecklenburg-Vorpommern für die Ausnahmesituation gerüstet ist, haben wir die Landesregierung unterstützt. Das Handeln der AfD-Fraktion gemeinsam mit der Regierung hat der damals unklaren Datenlage und dem ungewissen Infektionsgeschehen Rechnung getragen. Der Wirtschaft unseres Landes wurde damit parteiübergreifend Hilfe signalisiert. Dieser Burgfrieden Anfang April war wichtig und richtig.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Die damals gebotene Einigkeit ist jetzt aber aus guten Gründen vorbei.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Torsten Renz, CDU: Aha!)

Meine Damen und Herren, in der heutigen Aussprache zur Regierungserklärung geht es nicht darum, die Gefährlichkeit des neuartigen Corona-Virus zu relativieren, es geht darum, die aktuellen Corona-Daten unseres Landes in eine vernünftige Verhältnismäßigkeit zu den von Frau Schwesig verantworteten Maßnahmen zu setzen. Diese Maßnahmen sind seit Wochen unverhältnismäßig.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Sie erzeugen unnötige Kollateralschäden.

Meine Damen und Herren, ja, die jüngsten Lockerungen der Regierung zeigen in eine neue Richtung. Frau Schwesig hat auch auf unseren Druck hin begonnen gegenzusteuern.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD – Heiterkeit bei Martina Tegtmeier, SPD)

Trotz dieses Umdenkens muss aber die Frage gestellt werden – da können Sie gerne lachen, Frau Tegtmeier –, ob die Folgen der Corona-Politik nicht deutlich verheerender sind als die Folgen der aktuellen Infektionslage.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Die von mir jetzt kommenden Zahlen verdeutlichen, wie wichtig diese Debatte hierzu ist. Auf dem Höhepunkt der registrierten Ansteckungen waren in MecklenburgVorpommern bis zu 250 Personen an Corona erkrankt. Derzeit liegt diese Zahl nur noch bei circa 60. Mittlerweile gibt es in unserem Land 818 Krankenhausbetten für Corona-Patienten, von denen aber nur 4,7 Prozent genutzt werden. Nachdem in den letzten sechs Wochen die Zahl der erkrankten Personen immer stärker rückläufig war und unser Gesundheitssystem starke Kapazitäten aufbauen konnte, ist es nun höchste Zeit, unseren Bürgern Mut zu machen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Dieser Mut fehlt aber sehr vielen Menschen, die zu Recht aufgrund der jüngsten Entwicklungen verunsichert sind. Erstmals seit 30 Jahren ist im Monat April die Zahl der Arbeitslosen um über 5.000 Personen angestiegen. Hinzu kommt, dass wir bereits 155.000 angemeldete Kurzarbeiter in Mecklenburg-Vorpommern haben, die auf einen Staat treffen, dem gerade massive Einnahmeeinbußen bevorstehen. Diese Entwicklung muss dringend gestoppt werden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Was sollten wir also anders machen?

Meine Damen und Herren, die nur sehr geringe Auslastung unseres Gesundheitssystems zeigt, dass wir im Vergleich zu anderen Bundesländern einen selbstbewussten Weg verstärkter Öffnung gehen können. In sehr schwach infizierten Regionen und Orten unseres Landes sollte deshalb noch viel mehr auf die Eigenverantwortung der Bürger gesetzt werden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Hierzu bedarf es einer Politik der Differenzierung. Unsere Bürger dürfen nicht länger am Gängelband der Regierung ihrer wirtschaftlichen Zukunft beraubt werden. Wenn an einem Ort unseres Landes nach den uns bekannten Informationen kein pandemisches Infektionsgeschehen registriert wird, dann ist es unverantwortlich, den örtlichen Fitnessstudiobetreiber oder die lokalen Bars weiterhin in ihrer Existenz und die Bildung unserer Kinder zu gefährden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Frau Ministerpräsidentin, die Freiheit unserer Bürger und die Funktionsfähigkeit unsres Gesundheitssystems dürfen wir nicht gegeneinander ausspielen. Ihre Regierung ist es, die jede Ihrer Maßnahmen ständig neu rechtfertigen muss, denn es sind unser aller Grundrechte, die beschnitten sind. Und es ist die harte Arbeit unserer Unternehmer und Arbeitnehmer, die gefährdet wird.

Was gehört zu dieser Freiheit, die ich meine, liebe Bürger? Zur Freiheit gehört, dass besonders gefährdete Gruppen in unserer Gesellschaft auf den starken Schutz des Staates vertrauen können, dass nicht ganz Mecklenburg-Vorpommern oder ein kompletter Landkreis leiden muss, wenn neue Infektionen in einer einzelnen Stadt registriert werden,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

dass die Bürger von ihrer Arbeit selbstbestimmt leben können und nicht unverschuldet in Existenznöte geraten. Zur Freiheit gehört aber auch, die Meinungs- und Versammlungsfreiheit auch in Krisenzeiten zu gewährleisten und eine breite und offene Debatte zu führen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Dazu gehört, dass die Regierung einen konstruktiven Dialog mit unterschiedlichen Experten, den Bürgern und der Opposition pflegt.

Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, Sie haben gerade von einer neuen Normalität gesprochen. Damit meinen Sie vermutlich, dass wir einen möglichst freien CoronaAlltag schaffen. Ich warne die Landesregierung davor, dass diese neue Normalität aufgrund einer irrationalen Corona-Furcht nicht zu Isolation, Zukunftsangst und Arbeitslosigkeit unserer Bürger führen darf.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Ich möchte mich nicht an die neue Normalität gewöhnen müssen. Für mich gehört der Handschlag zur Begrüßung, das Umarmen von Freunden einfach dazu, ebenso

wie ein freundliches Lächeln beim Einkaufen oder sonst wo draußen, welches hinter diesen schrecklichen Masken verborgen bleibt. Nur mit den Augen zu flirten, ist weniger zielführend.

Und Sie haben es auch angesprochen, die Adresslisten bei einem Restaurantbesuch. Sollen die Restaurantbetreiber, die sich eh schon in einer schwierigen Situation befinden, jetzt auch noch zusätzlich Datenschützer einstellen? Ich denke, nicht.

Unser Land braucht eine hoffnungsvolle Perspektive.

(Tilo Gundlack, SPD: Lesen können Sie aber schon, ne?)

Das geht nur mit einem starken Gesundheitssystem, welches die Freiheit der Bürger schützt und zugleich die wirtschaftliche Substanz Mecklenburg-Vorpommerns erhält. Lassen Sie uns deshalb mehr Schweden wagen!