Protokoll der Sitzung vom 14.05.2020

(Zurufe von Egbert Liskow, CDU, und Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Ja, regelmäßig. Definieren Sie einmal, alle drei Jahre, alle fünf Jahre, alle zehn Jahre, also regelmäßig.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Das ist ein Kritikpunkt, der durchaus berechtigt ist.

Dann haben wir, dass wir durchaus auch eine sehr hohe Inanspruchnahme von Betreuungsangeboten sehen. Speziell bei den 3- bis 6-Jährigen, das sind über 93,6 Prozent derzeit, nehmen diese Betreuungsangebote war.

Insgesamt ist dieser Antrag letztlich jetzt nicht sonderlich dazu geneigt. Sie wollen im Grunde genommen eine Datenbasis haben. Das stimmt, da hat die Regierung Nachholbedarf. Das soll jetzt aber nachgeliefert werden, wie die Ministerin sagte oder sprach die Ministerin davon, dass es nachgeliefert werden soll. Ja, den Termin sagen Sie, das soll zum 31.12.2020 passieren. Es ist viel Richtiges gesagt worden, aber am Ende des Tages reicht uns das so nicht, und deswegen werden wir uns bei der Abstimmung zu Ihrem Antrag enthalten. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD − Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU die Abgeordnete Frau FriemannJennert.

(Egbert Liskow, CDU: Das ist uns eine Herzensangelegenheit. – Zuruf von Stephan J. Reuken, AfD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, wir sind uns einig, und das ist unbestritten, die Bewältigung des Fachkräftemangels in allen Branchen, insbesondere natürlich aber auch im Bereich der Kindertagesförderung – und das hat zunächst nichts mit Corona zu tun –, das wird für uns in den nächsten Jahren, ja, vielleicht in den nächsten Jahrzehnten eine große Herausforderung darstellen.

Dafür gibt es die verschiedensten Gründe. Zu nennen ist hier zunächst die gestiegene beziehungsweise weiterhin hohe Betreuungsquote in Mecklenburg-Vorpommern. Laut Statistischem Bundesamt liegt diese bei Kindern unter drei Jahren bei 56,9 beziehungsweise bei Kindern von drei bis unter sechs Jahren bei 94,9 Prozent. Gerade im Vergleich zu 2007 hat sich die Betreuungsquote nach Angaben von Destatis in der erstgenannten Altersgruppe um fast 13 Prozent erhöht. Mecklenburg-Vorpommern lag damit 2019 mehr als 20 Prozent über dem Bundesdurchschnitt von 34,3 Prozent. Es wird also deutlich, dass der Bedarf an Betreuungsplätzen in der Kindertagesförderung weiterhin hoch ist und in Zukunft noch steigen wird.

Gerade vor dem Hintergrund, dass vermutlich ab 2025 auch für Grundschüler ein Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung bestehen wird, ist hier noch ein weiterer Schub zu erwarten. Auch wenn im Bereich der Grundschüler die Betreuungsquote in unserem Bundes

land mit 68,6 Prozent deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 23,2 Prozent liegt, wird in Zukunft der Bedarf an Betreuungsplätzen in dieser Altersgruppe noch einmal ansteigen. Darüber hinaus ist noch nicht abschließend bekannt, inwieweit auch die beitragsfreie Kindertagesförderung mittel- bis langfristig zu einem weiteren Anstieg der Betreuungsquote führen wird.

(Minister Harry Glawe: Genug Arbeit da, ist die Botschaft!)

Auf der anderen Seite geht damit auch ein wachsender Bedarf an pädagogischem Personal in der Kindertagesförderung einher. Insbesondere im Hinblick auf die Altersstruktur der Erzieherinnen und Erzieher besteht natürlich die zentrale Herausforderung darin, ausreichend Nachwuchskräfte auszubilden. Laut Statistischem Bundesamt waren im März 2019 in Mecklenburg-Vorpommern rund ein Viertel der Beschäftigten im Bereich 55 Jahre und älter, auf der anderen Seite jedoch nur circa 7,5 Prozent 25 Jahre oder jünger. Zweifelsohne besteht da ein Ungleichgewicht.

Insofern, liebe Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion, stimme ich Ihren Feststellungen zu, also auf der einen Seite zusätzlich benötigte Betreuungsplätze und auf der anderen Seite ein wachsender Ausbildungs- und Personalbedarf. Die aktuellen Zahlen sprechen da eine eindeutige Sprache. Ihrer Schlussfolgerung kann ich dagegen nicht folgen. Der Antrag suggeriert absolute Untätigkeit im Bereich der Ausbildung der Kindertagesförderung und ebenso der Kinder- und Jugendhilfe in den vergangenen Jahren, Sie sprachen sogar von einem „Kollaps“, und dem ist mitnichten so. Es wurden nämlich eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, insbesondere auch seitdem Sie, liebe Linksfraktion, diesen Antrag erstmalig im Februar 2018 eingebracht haben.

(Zurufe von Egbert Liskow, CDU, und Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Lassen Sie mich einige Beispiele nennen:

Seit 2009 konnte erreicht werden, dass sich das pädagogische Personal laut Statistischem Bundesamt in den Kindertageseinrichtungen von knapp 9.000 auf rund 12.500 im Jahr 2018 erhöht hat.

Zweitens. Mit dem vergüteten Ausbildungsgang „Staatlich anerkannte Erzieherin/ Staatlich anerkannter Erzieher für 0- bis 10-Jährige“ wurden zum Ausbildungsjahr 2017/2018 – und damit bereits ein Jahr früher als in der Koalitionsvereinbarung vorgesehen – zusätzliche Ausbildungskapazitäten geschaffen.

Wie aus einer Antwort der Landesregierung im März hervorging, wird der Ausbildungsgang entsprechend der Entschließung des Landtages fortlaufend evaluiert. Die Zwischenevaluation war 2019 und die Abschlussevaluation ist für den Sommer 2020 vorgesehen. In diesem Zusammenhang wird es auch darauf ankommen, Optimierungsbedarfe zu ermitteln und im Anschluss entsprechende Maßnahmen einzuleiten, schließlich scheint es insbesondere bei den Bewerberzahlen regionale Unterschiede zu geben, und die Ausbildungskapazität an einigen Orten scheinen nicht ausgeschöpft zu werden.

Dennoch darf an dieser Stelle nicht vergessen werden, dass es sich beim Ausbildungsgang ja bekannterma

ßen um einen Modellversuch handelt, der an Ausbildungsjahren gemessen erst vor kurzer Zeit gestartet wurde. Insgesamt haben nach Auskunft der Landesregierung bereits 213 Schüler eine Ausbildung zum Staatlich anerkannten Erzieher/zur Staatlich anerkannten Erzieherin für 0- bis 10-Jährige in den ersten beiden Schuljahren 2017/2018 und 2018/2019 aufgenommen. Die Zahlen für das aktuelle Jahr stehen noch aus. Im Sommer werden dann die ersten Absolventen in den Arbeitsmarkt entlassen und hoffentlich eine Tätigkeit als Erzieher in Mecklenburg-Vorpommern aufnehmen.

Weiterhin wird im Antrag auch der Bereich der Hilfen zur Erziehung angesprochen. Wir haben bereits bei der Novellierung des KiföG darauf hingewirkt, dass eine entsprechende berufsbegleitende Weiterqualifikation für den Bereich der 11- bis 27-Jährigen geschaffen werden soll. Hier wurden bereits entsprechende Voraussetzungen durch das Bildungsministerium geschaffen, sodass bei Zustimmung der Kultusministerkonferenz die Aufbauweiterbildung dann für die ersten Absolventen im Herbst hoffentlich zur Verfügung stehen wird. Auch im Bereich der klassischen Erzieherausbildung haben sich die Zahlen positiv entwickelt, was auch auf die erhöhten Ausbildungskapazitäten zurückgeführt werden kann. Die Neueinführung der vergüteten Kitaausbildung hat sich demnach nicht negativ auf die Ausbildungszahlen insgesamt ausgewirkt.

Nun zu Ihren beiden Forderungen, die ja unmittelbar und in einem Zusammenhang zu betrachten sind: die Erstellung einer Fachkräftebedarfsanalyse und die Überarbeitung der Ausbildungsplatzplanung.

Gemäß Paragraf 17 Absatz 1 ist bereits eine regelmäßige Fortschreibung der Ausbildungsplatzplanung gesetzlich verankert. Die Landesregierung hat das bereits angekündigt, und ich verzichte jetzt mal auf das Zitat, denn Frau Drese hat eben auch dazu ausgeführt. Insofern, liebe Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion, wundere ich mich schon ein wenig über Ihren Antrag, denn die Antwort der Landesregierung geht auf eine Kleine Anfrage Ihrer Fraktion zurück. Die Forderungen Ihres Antrages scheinen demnach ein wenig überholt zu sein, denn die ersten Schritte für die Erstellung einer Fachkräfteanalyse wurden ja bereits in Form der Leistungsbeschreibung im Herbst 2018 eingeleitet. Weiterhin wurde zum damaligen Zeitpunkt angekündigt, dass mit der Erstellung der Fachkräftebedarfsanalyse begonnen wird, sofern die 5. Landesprognose zur Bevölkerungsentwicklung vorliegt. Als zeitlicher Rahmen wurden eineinhalb Jahre für die Fertigstellung angegeben. Insofern erwarten wir hier zeitnah die Ergebnisse des Sozialministeriums.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion, ich interpretiere Ihren Antrag daher als gut gemeinte Erinnerung an Frau Ministerin Drese. Sie können uns glauben, wir sind genauso gespannt wie Sie auf die Ergebnisse der Fachkräftebedarfsanalyse. Wir laden Sie gern ein,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Danke!)

sich konstruktiv an der Entwicklung von Maßnahmen bei der weiteren Fachkräfteausbildung und Gewinnung im Bereich der Kindertagesförderung auf Grundlage der Ergebnisse der Bedarfsanalyse einzubringen, denn hier werden alle Kräfte gebündelt werden müssen, um die

bestehenden und zukünftigen Herausforderungen meistern zu können. Ich bin darauf zu Beginn meiner Rede bereits eingegangen.

Da sich jedoch bereits die Fachkräftebedarfsanalyse in der Fertigstellung befindet und diese die Grundlage für die Überarbeitung der Ausbildungsplatzplanung bilden wird, erscheinen mir die wesentlichen Forderungen des Antrages bereits erfüllt beziehungsweise auf dem Weg. Wir werden den Antrag daher ablehnen, und ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU, AfD und Dagmar Kaselitz, SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Julitz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus aktuellem Anlass möchte ich kurz die Worte meines Kollegen Herrn Schneider wiederholen, der auf dem Weg nach vorne betonte, dass mein Kleid sehr knapp wäre.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Ja, ist es. – Jens-Holger Schneider, AfD: Ja. − Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Huh! Wir sehen heute das Video und du hast nichts anderes zu tun, als das zu machen! Wahnsinn! Nee, also!)

Ich lass das mal so für sich stehen.

Ich würde die Gelegenheit gerne nutzen, weil das gerade passte oder ja seit zwei Tagen passt, um mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung zu bedanken, die hier einen reibungslosen Ablauf für uns organisieren.

Zum Antrag: Ich kann Frau Bernhardt zustimmen und möchte mich Ihrem Dank ausdrücklich anschließen, denn das, was wir gerade erleben zu dieser Zeit, in der wir gerade leben, zeigt deutlich, was unsere Erzieherinnen und Erzieher täglich leisten. Das wird wohl hoffentlich nicht erst jetzt, aber gerade jetzt, auch allen klar. Also, vielen Dank!

Die Zielstellung des Antrages der Linksfraktion ist löblich und richtig und wird hier im Hause wohl vermutlich auch von allen geteilt. Aber sie ist nicht neu und wurde so oder in ähnlicher Form bereits des Öfteren präsentiert. Was hier in diesem Haus mit Sicherheit auch alle einsehen und erkannt haben, ist ein enormer Bedarf jetzt und in Zukunft an weiteren Fachkräften. Das liegt natürlich zum einen an einem steigenden Bedarf an Betreuungsplätzen als auch am vermehrten altersbedingten Ausscheiden von Erzieherinnen und Erziehern.

Und da das alle erkannt haben, wurde auch bereits gehandelt. Zur Akutbehandlung hat MV auf die praxisorientierte und vergütete Ausbildung gesetzt, ein Erfolgsmodell, dem nun auch viele andere Bundesländer folgen und was auch vom Bund Lob und Anerkennung findet und, ja, eben wie gesagt, von den Bundesländern jetzt nachgeahmt wird.

Nun gut, Sie fordern eine umfassende Fachkräftebedarfsanalyse. Laut Sozialministerin Drese ist genau hiermit ein Beratungsunternehmen bereits beauftragt und erste Ergebnisse sind hoffentlich in Kürze zu erwarten. Allerdings möchte ich der Sozialministerin auch beipflichten, dass allein eine quantitative Aussage keine völlig neue Erkenntnis bringt, denn, dass wir mehr Erzieherinnen und Erzieher in diesem Land brauchen, ist nicht neu. Das wissen wir seit vielen Jahren. Das Wichtigste wird aber sein, mit guten Vorschlägen zu einer Lösung des Problems beizutragen, sobald auch diese Analyse vorliegt. Dazu sind wir dann alle aufgerufen, und ich hoffe, dass sich nicht ähnlich wie im Prozess zur ENZAusbildung im Klein-Klein verfangen wird, sondern an praktikablen Lösungen für alle gearbeitet wird. Das wird ein Kraftakt sein und auch weiterhin bleiben.

Ihr Antrag lässt leider durchblicken, dass an dem Problem überhaupt nie gearbeitet wird oder gearbeitet wurde. Und auch hier hat die Sozialministerin bereits ausgeführt, dass wir mit zahlreichen Maßnahmen diesem Problem entgegenwirken wollen. Wir haben alles schon aufgeführt: die Fachkräfteoffensive, die genannte ENZ-Ausbildung, die Anpassung im neuen KiföG. Das lässt sich so beliebig fortführen.

Ich glaube, in der Sache und in der Zielstellung sind wir uns eben einig, das hat auch die Debatte gerade gezeigt, nur eben in der Frage, ob es dafür dieses Antrags bedarf, sind wir es nicht. Wir lehnen diesen Antrag daher ab. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Frau Julitz!

Das Wort hat noch einmal für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Bernhardt.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Ich würde in meiner Aussprache gerne auf die einzelnen Diskussionsbeiträge eingehen und auf die Argumente, die hier vorgetragen wurden, und darauf entgegnen.

Frau Drese, Sie meinten ja, dass Sie längst dabei sind. Ich würde das wirklich gerne glauben wollen, allein die vergangene Zeit ist einfach so, dass wir immer und immer wieder vertröstet wurden, was die Einforderung der Ausbildungsplatzplanung betrifft. Ich hatte mehrere Kleine Anfragen gestellt, 2017, 2018. Und immer wieder wurde gesagt, wir sind dran, wir arbeiten daran, die kommt demnächst. Und bis heute – also drei Jahre später – ist leider nichts passiert, drei Jahre, in denen wir es verpasst haben zu gucken, wo genau sind die Handlungsbedarfe, welchen Bedarf an Ausbildungsplätzen haben wir konkret, wie viele Ausbildungsplätze müssen wir wo zur Verfügung stellen. Und genau das ist es sozusagen, was uns fehlt, erst mal die Zahlenbasis, die dann natürlich auch Einfluss finden muss oder weiter fortgeführt werden muss in Handlungsempfehlungen und Maßnahmen, wo man konkret Ausbildung durchführen muss, in welcher Art und Weise, wie viele Ausbildungsplätze et cetera.

Dann hatten Sie gesagt, die jetzige Ausbildungsplatzplanung geht ja von 2014 bis 2023. Ja, das ist richtig, aber

als sie erstellt wurde 2013 beziehungsweise 2014, waren eben noch andere Umstände als heute. Zum einen gab es die kostenfreie Kita nicht. Ich hatte dazu in meiner Einbringung ausgeführt, dass dadurch mit einem erhöhten Betreuungsbedarf einfach zu rechnen ist. Es gab damals auch noch nicht die PiA-Ausbildung, die nicht Einfluss in die Ausbildungsplatzplanung gefunden hat und die natürlich im Rahmen einer Ausbildungsplatzplanung einfach mit einfließen muss, weil sie auch ebenso Fachkräfte ausbildet wie in den Fachhochschulen. Und wir hatten mittlerweile eine fünfte Bevölkerungsprognose im letzten Jahr.