(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Das ist einfach nur erbärmlich! – Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU – Glocke der Vizepräsidentin)
Also ich glaube, jetzt mit diesem Zwischenruf muss ich mal wieder darauf hinweisen, dass wir uns in einer parlamentarischen De
batte befinden. Es gibt da Abstufungen. Man kann Ordnungsrufe erteilen, wenn es Beleidigungen gegen die Person gibt. Es gibt aber auch unparlamentarische Ausdrücke. Und das, was der Fraktionsvorsitzende der CDUFraktion vorgeschlagen hat, würde ich zumindest als unparlamentarisch zurückweisen. Von daher bitte ich zukünftig um Beachtung.
Und ich rufe jetzt auf den Tagesordnungspunkt 29: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU...
Wunderbar, dann versuche ich es noch mal: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – Einrichtung eines onkologischen Spitzenzentrums Mecklenburg-Vorpommern „Comprehensive Cancer Center Mecklenburg-Vorpommern“, Drucksache 7/4916. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/4963 vor.
Antrag der Fraktionen der SPD und CDU Einrichtung eines onkologischen Spitzenzentrums Mecklenburg-Vorpommern „Comprehensive Cancer Center Mecklenburg-Vorpommern“ (CCC M-V) – Drucksache 7/4916 –
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im November letzten Jahres haben wir das Thema „CCC – Comprehensive Cancer Center“ hier im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern beim Parlamentarischen Abend besprochen und uns gemeinsam auf den Weg gemacht. Und heute, meine Damen und Herren, kann ich sagen, wir unterstützen das Kooperationsvorhaben der Unimedizinen in Rostock und in Greifswald in einem solchen CCC-Verbund, mehr gegen den Krebs zu erreichen.
Das ist eine wirklich gute Nachricht für die Versorgung der Patientinnen und Patienten in unserem Land, eine gute Nachricht für die Wissenschaft und natürlich auch für die Lehre. Wir sagen damit dem Krebs noch mehr den Kampf an, noch intensiver, denn Krebs ist nach wie vor eine der häufigsten Todesursachen, gerade einer älter werdenden Bevölkerung. Es gibt so gut wie keine Familie, keinen Verein, keinen Betrieb, wo es im Laufe der Jahre nicht Berührungspunkte zu und Erfahrungen mit Krebs gibt. Und gleichzeitig erleben wir glücklicherweise zunehmend durch frühes Erkennen, durch dramatisch verbesserte Therapien viel mehr Aussichten auf Heilung, mehr tatsächliche Genesungen und mehr gesunde Lebensjahre auch nach einer solchen schrecklichen Diagnose.
Und das, meine Damen und Herren, haben wir vor allem den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, den Ärztinnen und Ärzten zu verdanken, der Forschung, die
sich mit herausragender Leistung, mit ganz viel Leidenschaft und auch mit sehr aufwendigen Ressourcen dieser Herausforderung stellten Und dafür sind wir ihnen sehr dankbar. Es ist ein absolutes Privileg für uns als Flächenland Mecklenburg-Vorpommern, mit der deutschlandweit geringsten Bevölkerungsdichte und insgesamt rund 1,6 Millionen Einwohnern über zwei Standorte der Unimedizin zu verfügen. Die beiden Uniklinika sind angesichts des demografischen Wandels, angesichts der Fachkräfteknappheit, der steigenden Morbidität in der Fläche und zugleich auch für den Zugang der Menschen zu dem erheblichen medizinisch-technischen Versorgungsfortschritt richtig und wichtig für die Versorgung, für die Lehre, für den Nachwuchs und vor allen Dingen auch für die Forschung.
Meine Damen und Herren, mit diesem CCC, einem Lehr-, Versorgungs- und Forschungspfund, müssen wir als Land bestmöglich wuchern – wuchern, um diesen Begriff auch mal positiv zu besetzen. Bestmöglich in dem Sinne, dass wir zwar das Land mit den wenigsten Köpfen in der Fläche und dadurch auch den größten Versorgungsherausforderungen sind, aber zugleich verfügen wir in Mecklenburg-Vorpommern über eine sehr engagierte, gut vernetzte Fachöffentlichkeit und sind prädestiniert, gemeinsam die besten, klügsten und auch effizientesten Lösungen zu erdenken und dann gemeinsam umzusetzen.
Das heißt, meine Damen und Herren, Kooperation, Kollaboration, Konsultation – genau das haben die Uniklinika in Rostock und in Greifswald sich mit diesem Comprehensive Cancer Center vorgenommen. Und das finden wir sehr gut, und wir beschließen heute ganz förmlich unsere Unterstützung als Land. Ein CCC als Exzellenzzentrum und gemeinsame Plattform der Krebsforschung, der Behandlung sowie auch der Lehre und der Ausbildung im Nordosten bietet viele Möglichkeiten, deutlich besser an der akademischen Spitze zu reüssieren, und gleichzeitig können neueste Erkenntnisse und innovative Therapien viel schneller in die Versorgung der Patientinnen und Patienten einfließen. Und das CCC ist natürlich eine Möglichkeit, zwischen Rostock und Greifswald eine weitere gemeinsame positive Unternehmung zu starten.
Meine Damen und Herren, ganz konkret haben wir uns darauf verständigt, an den Klinika in Greifswald und Rostock ein solches standortübergreifendes onkologisches Spitzenzentrum Mecklenburg-Vorpommern zu errichten als oberste Kompetenzstufe der onkologischen Wissenschaft, der Versorgung, der Patientenversorgung, der Forschung und der Lehre. Das alles wird auf höchstem Niveau unter einem Dach vereint. Und so ein Vorhaben braucht Ressourcen. Für den Aufbau des CCC M-V werden aus der Bestandsrücklage des Sondervermögens Strategiefonds in den Jahren 2020 und 2021 Mittel in Höhe von insgesamt 2,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Für den Doppelhaushalt 2022 und 2023 sowie für die Fortschreibung der Mittelfristigen Finanzplanung sollen dann Mittel in Höhe von jährlich insgesamt 2 Millionen Euro nebst zu erwartenden Steigerungsraten eingeplant werden. In den Stellenplänen der beiden Universitätsmedizinen werden für das Comprehensive Cancer Center jeweils drei zusätzliche W3-Professuren geschaffen.
Meine Damen und Herren, die Aufbauphase des CCC soll zum 1. Januar 2022 abgeschlossen sein. Bis dahin
gilt es, Arbeitsstrukturen zu etablieren, die Vernetzung mit den künftigen Kooperationspartnern zu schaffen. Und mit Blick auf die Finanzierung und die Einbettung dieses Vorhabens auch in die Wissenschaftsstruktur möchte ich ganz herzlich an dieser Stelle Tilo Gundlack und den Finanzern der Koalition und möchte ich natürlich auch Dirk Stamer und Bettina Martin und den Koalitionskollegen aus dem Hochschulbereich für die sehr zügige und sehr konstruktive Beratung danken.
Meine Damen und Herren, ich schließe mit einem Wunsch und einer Bitte: Ich wünsche dem Comprehensive Cancer Center und allen Beteiligten in Rostock, in Greifswald und überall in der Fläche von MecklenburgVorpommern eine wirklich erfolgreiche Kooperation im Sinne der Patientinnen und Patienten und eine gelingende Aufbauphase, die sich nun anschließt. Und ich bitte natürlich um sehr breite Zustimmung zu diesem Antrag. – Herzlichen Dank!
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 55 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Ums Wort gebeten hat für die Landesregierung die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Frau Martin.
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Krebs ist die zweithäufigste Todesursache in unserem Land. Jede und jeder von Ihnen kennt selbst Menschen, die an Krebs erkrankt sind – oft in der eigenen Familie. Wir alle wissen aus eigener Anschauung, welches Leid mit einer Krebserkrankung einhergeht. Expertenschätzungen gehen davon aus, dass bis zum Ende dieses Jahrzehnts in jedem Jahr rund 500.000 Menschen von dieser Diagnose betroffen sein werden. Krebs ist daher nicht eine Krankheit unter vielen, Krebs ist eine Volkskrankheit und sie entreißt uns in vielen, vielen Fällen unsere Verwandten, unsere Freunde, sie nimmt uns unsere Liebsten.
Es war daher folgerichtig, dass die Bundesregierung gemeinsam mit zahlreichen Gesundheitsorganisationen die „Nationale Dekade gegen Krebs“ ins Leben gerufen hat. Durch intensivierte Forschung und verbesserte Therapien wollen wir den Kampf aufnehmen, den Kampf gegen die Geißel „Krebs“. Und mit dem heute vorliegenden Antrag wird sich das Land Mecklenburg-Vorpommern mit einem eigenen namhaften Beitrag an der „Nationalen Dekade gegen Krebs“ beteiligen.
Ich bin daher den beiden Universitätsmedizinen persönlich sehr dankbar für die Initiative, ein Comprehensive Cancer Center in Mecklenburg-Vorpommern zu errichten. Es ist das klare Signal beider Standorte, dass sie den Kampf gegen den Krebs zum Wohle der Menschen in unserem Land gemeinsam aufnehmen wollen. Ich verbinde mit diesem Schritt außerdem die Hoffnung, dass es in absehbarer Zeit gelingen wird, eine Förderung der Deutschen Krebshilfe oder einen Sonderforschungsbereich der Deutschen Forschungsgemeinschaft einzuwerben.
Das CCC M-V ist daher auch eine große Chance für beide Universitätsmedizinen, ihre nationale Sichtbarkeit deutlich zu erhöhen.
Vor allem aber ist es eine Chance für an Krebs erkrankte Menschen. Ihnen werden so die neuesten Erkenntnisse der Spitzenmedizin im gesamten Land verfügbar gemacht, egal, wo sie wohnen. Das CCC M-V wird nicht nur an zwei Standorten existieren, sondern sich wie ein Sicherheitsnetz über das gesamte Land legen. Kooperation statt Konkurrenz ist hier die Formel zum Erfolg, nicht nur zwischen Rostock und Greifswald, sondern zwischen allen, die ihren Beitrag im Kampf gegen die Volkskrankheit Krebs in Mecklenburg-Vorpommern leisten können,
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mein Dank geht ganz klar an die Koalitionsfraktionen, die sich hier starkgemacht haben. Ich erinnere an den Parlamentarischen Abend, auch Julian Barlen hat ihn schon erwähnt. Die Universitätsmedizinen haben dort in sehr eindrücklicher Weise vorgetragen, was dieses CCC leisten wird, was das für eine Aufwertung auch der Forschung, aber auch der Therapie von Krebs bei uns im Land bedeuten wird. Insofern ist das ein hervorragendes, großartiges Engagement, was dann auch sehr zeitnah und sehr schnell erfolgte. Hier – das Hohe Haus hat da wirklich großartig reagiert – herzlichen Dank dafür an alle, die da beteiligt waren!
Und nur noch zum Abschluss ein letztes Wort zum Antrag der AfD: Dort sollen ja auf Antrag die W3-Professuren, die drei, in zwei W2-Professuren umgewandelt werden und eine W3. An diesem Abend gab es den klaren Wunsch der Mediziner, dass es, um konkurrenzfähig zu sein mit diesem Projekt, W3-Professuren werden müssen. Ich glaube, wir sollten uns an dieses Versprechen, an diese Zusage, die es da auch gab, halten, weil wir wollen natürlich nicht durch so eine, ja, Schmälerung der Konkurrenzfähigkeit dieses Projekt in der hohen Qualität auch gefährden. Deswegen noch einmal herzlichen Dank an alle die, die hier für dieses Projekt gekämpft haben! Herzlichen Dank für das Geld, das dafür zur Verfügung gestellt wird, an die Regierungsfraktionen, aber auch an das Haus insgesamt!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Landsleute und verehrte Gäste! Beim Thema „Comprehensive Cancer Center“, kurz CCC M-V, müssen wir eigentlich nicht viele Worte machen. Am Parlamentarischen Abend der Universitätsmedizinen Rostock und Greifswald Ende vergangenen Jahres herrschte in der Positionierung zum CCC große Einmütigkeit bei allen vier Landtagsfraktionen. Der Plan,
ein Comprehensive Cancer Center M-V zu gründen, wird allgemein begrüßt. Insofern sollte heute mit einem einmütigen Beschluss des Landtages zu rechnen sein.
Worum geht es bei einem Comprehensive Cancer Center? Maligne Tumore, das heißt Krebserkrankungen und andere Neubildungen sind nach den Herz-KreislaufErkrankungen die zweithäufigste Todesursache in Deutschland. Wir hörten bereits davon. Das Statistische Bundesamt gibt für 2017 insgesamt 235.700 Todesfälle durch maligne Tumore an. Zudem steigt die Zahl der Erkrankungen seit Jahren kontinuierlich an. Derzeit wird eine Inzidenz, das heißt Neuerkrankungen innerhalb eines Jahres, von circa 492.000, zumindest im Jahr 2016, angegeben. Die Ministerin hat bereits auch auf die 500.000 hingewiesen pro Jahr. Das ist eine Verdopplung, absolut gesehen, seit 1970. Den größten Anteil daran haben das Lungen- und das Bronchialkarzinom bei Männern und das Mammakarzinom bei Frauen.
Die altersstandardisierte Mortalitätsrate lag 2016 bei malignen Tumoren bei 125 Sterbefällen bei Frauen und 188 Sterbefällen bei Männern pro 100.000 Einwohnern, während die normale Mortalitätsrate der Bevölkerung insgesamt nur mit 11 Sterbefällen pro 100.000 Einwohnern angegeben wird. Vergleicht man diese Zahlen mit der derzeit so aktuellen Sterberate der SARS-CoV-2Epidemie in Deutschland mit 8,79 Todesfällen pro 100.000 Einwohnern, so kann man sich nur verwundert die Augen reiben ob der eingeräumten öffentlichen Bedeutung. Ich will damit sagen, ich wundere mich, dass der Tumorproblematik in Gesellschaft, Gesundheitswesen und Forschung nicht ein weitaus größerer Stellenwert eingeräumt wird.
Was ist nun das Ziel für die Gründung des CCC? Die Gründung soll die Effizienz und Effektivität bei der Krebsforschung und Behandlung der Patienten in MecklenburgVorpommern verbessern. Die Zusammenarbeit zwischen den Universitätsmedizinen Rostock und Greifswald wird die Chancen für Studien- und Drittmittelgewährung deutlich verbessern. Die Patienten dürfen über die universitäre Zusammenarbeit außerdem eine spezifischere Behandlung im Sinne personalisierter Medizin erwarten, insbesondere bei selteneren malignen Tumorformen. Wir halten also die Entscheidung für richtig, dass das CCC M-V, auch wenn die Mittel im Doppelhaushalt 2020/21 des Landes und in den aktuellen Wirtschaftsplänen der Universitätsmedizin noch nicht eingestellt sind, schnell eine unbürokratische Anfangsfinanzierung erfährt. Die Bereitstellung von Mitteln aus dem Strategiefonds ist ein positives Beispiel dafür, dass diese auch wirklich für wichtige strategische Investitionen genutzt werden können.
Allerdings sehen wir gerade in der Aufbauphase eine klare personelle Strukturierung als erforderlich an. Deshalb plädieren wir dafür, um den Erfolg sicherzustellen, dass die jeweils drei geplanten W2-Professuren – Frau Ministerin, hören Sie gut zu! – jeweils in einem Fall auf je eine W3-Professur aufzustocken sind. Wir halten dies in der Praxis für eine wichtige strukturelle Voraussetzung und haben einen entsprechenden Änderungsantrag gestellt. Was Sie dargestellt haben, Frau Ministerin, war völlig falsch. Ich weiß nicht, wer Ihnen die Rede ge
schrieben hat. Übrigens empfiehlt auch das Deutsche Krebszentrum, eine derartige W3-Stellenbewertung. Auf Basis dieser Ressourcen soll die Aufbauphase bis zum 31.12.2021 vollendet sein. Zu diesem Zeitpunkt soll auch ein Konzept für eventuell erforderliche Neubauten vorgelegt werden.
Etwas fragwürdig ist aus unserer Sicht der Punkt 3 des Antrages, worin die Landesregierung aufgefordert wird, in den Doppelhaushalt 2022/2023 Mittel in Höhe von insgesamt 2 Millionen Euro plus Steigerungsraten und insgesamt sechs W3-Stellen für die Unimedizinen für das CCC vorzusehen.