Protokoll der Sitzung vom 09.03.2017

Die UMG ist ein Maximalversorger der Krankenversorgung in Vorpommern. Das haben wir bereits gehört. Fast 5.000 Beschäftigte, damit ist die UMG auch einer der größten Arbeitgeber in der Region Vorpommern.

(Egbert Liskow, CDU: Der größte!)

Und sie spielt bei Forschung und Lehre ganz weit vorne mit. Als Bestätigung dafür kann ich unter anderem die Beteiligung an der NAKO, Deutschlands größter Gesundheitsstudie, anführen. Nur die Besten forschen hier gemeinsam über die Vorbeugung, Erkennung und Behandlung der häufigsten Volkskrankheiten unserer Zeit, wie Krebs, Diabetes, Demenz oder Herzinfarkt. Dafür wurden sechs Deutsche Zentren der Gesundheitsforschung ins Leben gerufen. In zweien davon ist die UMG aktiv. Es ist also unbestreitbar: Die Universitätsmedizin Greifswald ist ein Leuchtturm der Region, und Leuchttürme müssen strahlen. Das sollte unser aller Bestreben sein.

Ich kann und möchte aber natürlich die wirtschaftlich schwierige Situation der UMG nicht verschweigen. Die Ursachen hierfür – ich sagte es bereits – sind vielschichtig und liegen einige Zeit zurück. So gab es 2010/2011 zwei große strukturelle Veränderungen für die UMG: Zum einen war es der räumliche Umzug in den Neubau, zum anderen war es die Fusion von Medizinischer Fakultät und Universitätsklinikum Greifswald. Beide Änderungen fanden fast gleichzeitig statt und stellten die Universitätsmedizin Greifswald wie wohl jedes Unternehmen vor enorme Herausforderungen. Überforderung und mangelnde Transparenz in dieser Phase – da stimme ich Herrn Koplin zu – führten dazu, dass sich defizitäre Strukturen entwickelten.

Im Grunde lassen sich hier rückwirkend drei Kernursachen feststellen:

Erstens. Die Erlöse wurden weit positiver dargestellt, als sie waren.

Zweitens. Dadurch wurden finanziell zu große Risiken eingegangen und unverhältnismäßige Eigenmittelinvestitionen getätigt.

Und drittens. Dazu gehörte auch ein Personalaufbau, der finanziell nicht gedeckt war.

Der Fokus der Landesregierung zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der UMG lag und liegt dementsprechend auf den Möglichkeiten, die in eigener Macht und im eigenen Verantwortungsbereich stehen. Hier haben – ich sagte es bereits – Landesregierung und Aufsichtsrat seit 2012 diverse strukturelle und personelle Maßnahmen ergriffen. 2012 gab es mit dem Landesrechnungshofbericht erste Anzeichen dafür, dass die Erlösdarstellung zu positiv war. In der Folge hat der Aufsichtsrat für mehr Transparenz gesorgt, mit dem Ziel, die tatsächliche Situation sichtbar zu machen. 2014, als die Dimensionen deutlich wurden, beauftragte der Aufsichtsrat umgehend ein Konsolidierungskonzept. Und als im Mai 2016 erkennbar war, dass Teile der Konsolidierung nicht ausreichten beziehungsweise nicht hinreichend umgesetzt wurden, hat der Aufsichtsrat sogleich das deutlich stringentere und alle Bereiche umfassende Sanierungskonzept beauftragt. Um die Universitätsmedizin Greifswald in ein modernes Unternehmen zu verwandeln, wurden seitdem tief greifende Maßnahmen ergriffen. Und das muss hier auch einfach zur Kenntnis genommen werden.

Notwendig dafür waren im ersten Schritt selbstverständlich auch personelle Wechsel im Führungsgefüge der Universitätsmedizin. Ziel dieser personellen Maßnahmen war es, die Kompetenz, insbesondere im wirtschaftlichunternehmerischen Bereich, zu stärken. So hat der Aufsichtsrat für die maßgebliche Position des kaufmännischen Vorstands einen Krankenhausmanager gesucht und – Herr Koplin zeigte sich ja auch etwas beeindruckt – in Frau le Claire jemanden gefunden. Sie bringt Expertise im Bereich Sanierung und Finanzcontrolling mit und externe Kompetenz für moderne Unternehmensführung in die UMG ein. Sie selber konnten sich darüber im Finanzausschuss ein Bild machen und ich glaube, die Kompetenz von Frau le Claire ist an dieser Stelle unbestritten.

Auch bei weiteren Positionen im Aufsichtsrat der UMG erfolgten Wechsel, bei denen auf besonderen ökonomischen Sachverstand Wert gelegt wurde. Während im alten Aufsichtsrat kein einziger BWL-er saß, wurden nunmehr zwei Positionen zielgerichtet mit Professoren für Gesundheitsökonomie besetzt. Zudem wurde vor Kurzem mit Herrn Professor Schmidt – auch das hörten wir bereits – ein ärztlicher Beauftragter eingesetzt, der das Vorstandsteam bei der Sanierung unterstützt. Ich bin Herrn Professor Schmidt sehr dankbar, dass er uns seine Expertise hier an die Seite stellt, und kann überhaupt nicht nachvollziehen, wieso das kritikwürdig ist.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Das hat er doch gar nicht gesagt.)

Immerhin sind doch beide Universitätsmedizinen unsere, und dann ist es doch völlig normal, dass wir, wenn der eine Teil Unterstützung braucht, den bei unserem anderen Teil holen.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Aber der eine allein kann es doch nicht bringen.)

Insofern ist es doch absolut eine richtige Handhabung, zu sagen, wir unterstützen hier den Vorstand mit ärztlicher Perspektive, mit jemandem, der in Rostock den Weg gegangen ist, den wir jetzt auch in Greifswald eingeschlagen haben. Und in der Konsequenz kommt es logischerweise dann auch zu Einsparungsvorgaben und weiteren Umstrukturierungen. Dafür sind bereits erste positive Maßnahmen sichtbar, das dürfen wir doch nicht negieren.

So hat beispielsweise Herr Professor Hahnenkamp, der nun ebenfalls dem Vorstand angehört, im vergangenen Jahr die Prozesse und Wege im Anästhesiebereich deutlich verkürzt und optimiert. Und das hat nicht nur erhebliche Effizienzsteigerungen und somit Kostensenkungen zur Folge, sondern bringt besonders auch den Patienten viele Vorteile. Vielen Dank an Herrn Professor Hahnenkamp, denn bei allen Sanierungsmaßnahmen darf die Qualität der medizinischen Versorgung nicht leiden, im Gegenteil, wir sind stets bestrebt, hier Verbesserungen zu erreichen. Und wir sehen, wie gesagt, bereits erste zahlenmäßige Erfolge der Sanierung. Frau le Claire hat Ihnen das im Finanzausschuss vor zwei Wochen dargestellt. Bis die eingeleiteten Maßnahmen jedoch auch öffentlich sichtbar werden, dauert es naturgemäß ein wenig, doch ich bin sehr zuversichtlich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, die Landesregierung hat die Ursachen für die wirtschaftliche Situation der Vergangenheit erkannt und ein System angelegt, um die Zukunft der UMG zu sichern. Und ich wiederhole mich gerne noch mal zu dem, was ich eingangs gesagt habe: Ich schaue nicht mehr zurück, wir haben längst analysiert, was los war. Wir schauen nach vorne, und das muss auch der Weg sein. Den eingeschlagenen Weg müssen wir jetzt konsequent fortsetzen. Doch auch hier bin ich optimistisch, denn ich habe mir vor Ort ein Bild der Lage gemacht, habe viele sehr intensive Gespräche vor Ort geführt. Dort begrüßt man die Lösung, die wir jetzt gefunden haben, vielmehr noch, es herrscht ein positiver Geist, der Wille zum gemeinsamen Handeln ist da und auch deutlich spürbar. Aus meiner Sicht sind damit die Weichen für die Zukunft gestellt. Die Region Vorpommern und das Land profitieren in vielfältiger Weise von den Leistungen der UMG.

Wenn es gelingt, die wirtschaftliche Situation zu verbessern – und dafür ist mit dem Sanierungskonzept der Weg klar vorgegeben –, wird die Universitätsmedizin Greifswald das Aushängeschild der medizinischen Versorgung, Forschung und Lehre in der Region bleiben. Daher bitte ich Sie, die Entwicklung der UMG sensibel zu behandeln und nachhaltig zu begleiten. Es bedarf einer länger andauernden Therapie, nicht nur, wie von Ihnen gefordert, einer kurzen Behandlung mit Finanzspritze. Die würde nur temporäre Symptome lindern, nicht aber einen dauerhaften Fortschritt bringen.

Von Ihnen wünsche ich mir Weitblick für den weiteren Weg und ein wenig mehr Vertrauen in unsere Leuchttürme, damit sie auch weiterhin strahlen können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Torsten Renz, CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Jess für die Fraktion der AfD, Herr Dr. Jess, Entschuldigung.

Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Liebe Landsleute! Als ich den Antrag der LINKEN, eine Aussprache zum Thema „Universitätsmedizin Greifswald – Verantwortung der Landesregierung bei Finanzierung und Aufsicht“, las, war ich zunächst schon etwas verwundert, denn natürlich hat die Landesregierung eine derartige Verantwortung für die Universitätsmedizin Greifswald. Nicht umsonst sind drei der neun Aufsichtsratsmitglieder Vertreter aus den entsprechenden Ministerien. Das haben wir inzwischen auch ausreichend gehört.

Auch die betriebs- und finanzwirtschaftlichen Kompetenzen dieses Aufsichtsrates können nicht angezweifelt werden, denn allein drei weitere Mitglieder sind Professoren für Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft beziehungsweise Gesundheitswirtschaft. Hinsichtlich der betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Kompetenzen haben wir keine Zweifel, allerdings drängt sich schon die Frage auf, wie es trotz dieser fachlichen Kompetenz im Aufsichtsgremium der Universitätsmedizin in den letzten Jahren zu einer derartigen betriebswirtschaftlichen Negativentwicklung kommen konnte.

Und, Herr Koplin, ich muss Ihnen sagen, ich bin Ihnen durchaus dankbar, dass Sie eine so schonungslose und, ich würde auch sagen, manchmal vielleicht auch eine oppositionell besonders rücksichtslose Analyse versucht haben.

(Egbert Liskow, CDU: Leicht übertrieben.)

Genau, etwas leicht übertrieben.

Aber Sie haben sich wesentlich in der Vergangenheit bewegt, so, wie die Frau Ministerin das schon angedeutet hat, und die Entgegnungen der Frau Ministerin waren im Regelfall eigentlich auf die Zeit orientiert, als bereits reagiert worden war. Das heißt also, es ist eigentlich nicht so richtig kongruent, die jeweilige Entgegnung.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Ich persönlich möchte aber folgende Positionen noch einmal besonders hervorheben. Bei der Beantwortung der Frage, wo die Ursachen für diese finanzielle Schiefentwicklung liegen, wird man auch die tiefer gehende Frage beantworten müssen, ob die derzeitigen Rahmenbedingungen insgesamt geeignet sind, die Universitätsmedizin in der jetzigen Ausgestaltung zu betreiben. Sollten nämlich die Rahmenbedingungen nicht stimmen, werden die konkreten betriebswirtschaftlichen Maßnahmen ins Leere laufen, das heißt, keine nachhaltigen Erfolge zeigen.

Die Rahmenbedingungen der Universitätsmedizin Greifswald sind meines Erachtens durchaus als eine Herausforderung anzusehen:

ein begrenztes Einzugsgebiet durch die Randlage,

mit der Ostsee im Norden, dem polnischen Nachbarn im Osten und der relativ geringen Bevölkerungsdichte im ländlichen Hinterland,

eine zweite Universitätsmedizin in nur 90 Kilometer

Entfernung in Rostock und ein weiterer Maximalversorger in Neubrandenburg,

die geringsten Basisfallwerte Deutschlands in Mecklen

burg-Vorpommern, gemeinsam mit Schleswig-Holstein,

ein vergleichsweise niedriger Case Mix Index, das

heißt ein entsprechend durchschnittlicher Krankheitsschweregrad, der sich daraus ergibt, dass die Zuständigkeit des Universitätsklinikums auch für die Grund- und Regelversorgung in der Region vorhanden ist – ein Alleinstellungsmerkmal in Deutschland für eine Universitätsklinik –,

eine fehlende Kardiochirurgie, sodass Therapieoptio

nen der internistischen Kardiologie möglicherweise beschränkt werden könnten.

(Torsten Renz, CDU: Also Herausforderungen im negativen Sinne, oder was?)

Das sind Herausforderungen, schwierige Herausforderungen, richtig.

Darüber hinaus treffen die Universitätsmedizin natürlich auch die politisch gewollten Rahmenbedingungen im Zusammenhang mit der DRG-Einführung, welche eine überbordende Bürokratie und IT-Abhängigkeit verursacht hat und somit zusätzliche Ressourcen bindet.

Nahezu alle der genannten zum Teil eher problematischen Rahmenbedingungen dürften einer kurzfristigen Beeinflussung entzogen sein, sodass Änderungen in diesem Bereich derzeit kaum in die Handlungsoptionen des Managements fallen dürften. Unabhängig davon haben sich die Landesregierung und der Vorstand der Universitätsmedizin Greifswald mehrfach zum Erhalt des Standortes Greifswald bekannt. Auch heute hat Frau Hesse wieder ausdrücklich darauf hingewiesen.

Finanzministerium und Vorstand der Universitätsmedizin haben in der Anhörung im Finanzausschuss am 23. Februar 2017 übereinstimmend erklärt, dass die wirtschaftliche Sanierung der Universitätsmedizin unter den gegebenen Rahmenbedingungen nicht infrage gestellt wird. Dies möchte ich hier noch einmal ausdrücklich festhalten. Es bleibt demnach als Handlungsoption des Managements primär nur die betriebswirtschaftliche Sanierung der Universitätsmedizin durch Effizienzsteigerung, betriebliche Optimierungsmaßnahmen und Kostenreduktion.

Und, Herr Koplin, da gebe ich Frau Hesse recht, die Betriebswirtschaftler neigen dazu, nicht nach hinten zu schauen und ausgiebige Analysen zu machen, die ich persönlich für außerordentlich erforderlich halte – deshalb auch Dank für Ihre kritischen Hinweise –, aber die Betriebswirtschaftler neigen dazu, in die Zukunft zu schauen und sich mit der Realität auseinanderzusetzen.

Dies ist bei dem angekündigten geplanten Defizit, meines Wissens 22 bis 24 Millionen Euro – wo Sie Ihre 95 Millionen Euro herhaben, Herr Koplin, kann ich auch nicht sagen –,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Ich sage noch was dazu.)

durchaus als eine Herausforderung für den Vorstand und die Mitarbeiter der Universitätsmedizin anzusehen, auch wenn man berücksichtigt, dass neue Führungskräfte eines sanierungsbedürftigen Betriebes verständlicherweise dazu neigen, die Risiken des zu sanierenden Be

triebes höher zu bewerten und entsprechende Rückstellungen vorzusehen, um erstens den Sanierungsdruck aufrechtzuerhalten und zweitens die Sanierungsleistung umso deutlicher hervortreten zu lassen. Mit diesem Hinweis soll die Arbeit des aktuellen kaufmännischen Vorstandes in keiner Weise herabgewürdigt werden, sondern einfach auf übliche Praktiken in diesem Bereich hingewiesen werden. Jeder nachhaltigen Sanierungstätigkeit ist meines Erachtens mit gehörigem Respekt zu begegnen.