Protokoll der Sitzung vom 09.03.2017

triebes höher zu bewerten und entsprechende Rückstellungen vorzusehen, um erstens den Sanierungsdruck aufrechtzuerhalten und zweitens die Sanierungsleistung umso deutlicher hervortreten zu lassen. Mit diesem Hinweis soll die Arbeit des aktuellen kaufmännischen Vorstandes in keiner Weise herabgewürdigt werden, sondern einfach auf übliche Praktiken in diesem Bereich hingewiesen werden. Jeder nachhaltigen Sanierungstätigkeit ist meines Erachtens mit gehörigem Respekt zu begegnen.

Die nun anstehende betriebswirtschaftliche Effizienzsteigerung und Kostenreduktion beinhaltet nicht nur die Chance zur Sanierung, sondern auch deutliche Risiken:

zum Beispiel für die Behandlungsqualität: Denken wir

an „blutige Entlassungen“, Kostendämpfungsstrategien in der Diagnostik, Kostendämpfungsstrategien in der Therapie.

oder für die Pflegequalität: So fehlt, abgesehen von

der Intensivpflege, immer noch ein verbindlicher Personalschlüssel für Pflegeleistungen im Krankenhaus. Einsparungen sind dort besonders leicht zu erfüllen.

und drittens für den universitären Charakter in Lehre

und Forschung: Die Professoren versichern einem immer wieder, der universitäre Charakter in Greifswald gerät in Gefahr.

Um diese Risiken möglichst klein halten zu können, braucht die Unimedizin das klare Bekenntnis des Landes zum Standort, was wir heute gehört haben, aber auch eine Unterstützung in ganz konkreten Positionen, die im Folgenden genannt sein sollen.

Interessanterweise hat gerade der Gesamtpersonalrat der Unimedizin in der Anhörung im Finanzausschuss eine Aufstellung derartiger Punkte übergeben. Aus unserer Sicht können wir den größten Teil davon unterstützen. Wir würden sie wie folgt formulieren:

Erstens die Aufforderung an das Land, seinen Verpflichtungen aus der dualen Finanzierung nachzukommen, das heißt, eine erforderliche Wiederbeschaffung von Investivgütern sicherzustellen. Weil die Träger der Krankenhäuser ihren Verpflichtungen zur dualen Finanzierung nämlich nicht nachkommen, sieht die Realität so aus, dass viele Kliniken gezwungen sind, ihre veralteten Geräteausrüstungen durch Leasing oder ähnliche Vertragsgestaltungen zu ersetzen. Dies führt dann zu einer zusätzlichen Belastung der Betriebskosten, Kosten, die in den DRG-Vergütungen nicht kalkuliert sind.

Zweitens, das ist die Aufforderung, dafür einzutreten, dass die Unterfinanzierung der Hochschulambulanzen beseitigt oder vom Land im Rahmen der Lehrfinanzierung ausgeglichen wird. Die Hochschulambulanzen der Universitätsklinika werden meines Wissens mit etwa 56 Euro pro Fall durch die Kassen finanziert, egal wie oft der Patient im Quartal vorstellig wurde und welche Maßnahmen unternommen wurden. Die Hochschulambulanzen sind für die Universitätsmedizin nicht ausfinanziert.

Drittens die Aufforderung zur Entlastung der Universitätsmedizin von der Kreditbelastung aufgrund ihres Engagements beim Bau einer neuen Mensa, stellvertretend für das Land. Die Universitätsmedizin Greifswald hat anstelle des Landes die Finanzierung einer Mensa am Berthold

Beitz-Platz übernommen. Die Kreditfinanzierung belastet den Haushalt der Universitätsmedizin. Eine Ablösung dieser Verpflichtung durch das Land wäre anzuraten, zumal die Universitätsmedizin Rostock eine neue Mensa aus Landesmitteln finanziert bekommt.

Viertens die Prüfung, ob aufgrund der Neubaumaßnahmen für die Universitätsmedizin frei gewordene Landesliegenschaften veräußert und gegebenenfalls in die Gesamtfinanzierung eingebracht werden können.

Und fünftens die Überprüfung auf eine hinreichende Finanzierung für Lehre und Forschung durch das Land, um die Wettbewerbsfähigkeit der Universitätsmedizin sicherzustellen. Eine zunehmende Beschränkung auf Drittmitteleinwerbung stellt die Freiheit der Wissenschaft infrage und macht die Wissenschaftler zu Spendenakquisitoren.

Ich fordere die Landesregierung auf, die soeben aufgeführten Punkte für einen Unterstützungsbedarf ernsthaft zu prüfen und ihren Verpflichtungen im Hinblick auf die duale Finanzierung, das heißt der Finanzierung von Ausrüstungsgegenständen, in ausreichendem Maße nachzukommen.

Ansonsten ist es vermutlich für die Zukunft der Universitätsmedizin am besten, wenn dem Vorstand und den Mitarbeitern nicht durch ein Übermaß an Interesse durch Parlament und diverse Kontrollinstitutionen die Sanierungsarbeit zusätzlich erschwert werden. Ich schließe mich da den Ausführungen von Frau Hesse an, die darum bittet, äußerst sensibel mit dieser Situation momentan umzugehen und dem Vorstand und den Mitarbeitern Ruhe zu geben, um ihre Sanierungsarbeit konsequent fortzusetzen. Die Anfänge sind gemacht, die Projekte, die Sanierungsprojekte, liegen vor, wir haben sie uns im Finanzausschuss ansehen können. Lassen Sie uns den nächsten Jahresabschluss und einen fundierten Sanierungsbericht abwarten! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Egbert Liskow für die Fraktion der CDU.

(Thomas Krüger, SPD: Jetzt gibt es die Klarstellung vom Koalitionspartner.)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Sehr geehrter Herr Koplin! Kritische Betrachtungen sind wichtig und notwendig, aber wir sollten doch aufpassen, dass wir nicht skandalisieren, und das hat schon so ein klein bisschen davon gehabt. Ich finde es auch wichtig, dass wir diese Aussprache heute im Landtag noch mal führen, auch wenn wir schon am 23. Februar das Expertengespräch mit dem kaufmännischen Vorstand und dem Gesamtpersonalrat im Finanzausschuss hatten und wir natürlich schon als Finanzausschuss Ende 2016 – nein, im Januar 2016 war es ja – in der Universitätsmedizin in Greifswald waren, uns vor Ort umgesehen haben und da die ersten wichtigen Einblicke bekommen haben.

Ich glaube, das ist für uns ganz wichtig, dass man noch mal erwähnt, dass das Land für die universitären Leistun

gen, die ja auch erbracht werden jedes Jahr – in 2016, glaube ich, 57,1 Millionen und 2017 57,4 Millionen –, an die Universitätsmedizin zahlt und dass natürlich noch viele andere Mittel für Anschaffungen von Großgeräten und Ähnlichem bereitgestellt werden. Man muss trotzdem sagen, dass das Defizit 2014 bei 13,5 Millionen und 2015 bei 14,3 Millionen lag. Wo es jetzt in 2016 liegen wird, werden wir mit dem Jahresabschluss im Sommer höchstwahrscheinlich hören und auch sehen, weil uns der Bericht dann entsprechend zugestellt wird.

Trotzdem, glaube ich, ist es wichtig, dass wir noch mal darüber reden, und die Linksfraktion hat heute ganz speziell in den Fokus gestellt, dass wir die Rolle des Aufsichtsrates betrachten: Welche spezielle Verantwortung hat der Aufsichtsrat und wie hat er versucht gegenzusteuern? Das sind natürlich immer wichtige Fragen und die muss sich auch ein Aufsichtsrat gefallen lassen.

Zunächst ist es aber zu begrüßen, und das haben wir ja auch im Finanzausschuss ziemlich deutlich gehört, dass wesentliche Anstrengungen unternommen werden in der Universitätsmedizin. Dass es nicht einfach ist, das wissen wir, und dass es natürlich auch immer sehr große Unruhe in eine Belegschaft bringt, das wissen wir auch. Jeder, der vor Ort Abgeordneter ist, kennt natürlich sehr viele Mitarbeiter. Frau Dr. Schwenke nickt hier und ich nehme mal an, Herr Pegel ist da auch involviert, wird informiert und von den Mitarbeitern angesprochen.

Das ist aber auch normal in einer solch schwierigen Situation schwerer Sanierungen eines verhältnismäßig großen Unternehmens. Man sagt ja dann immer, das ist ein großes Schiff, was man nicht so leicht umsteuern kann. Damit muss man natürlich sensibel umgehen, muss die Mitarbeiter mitnehmen, und das wurde uns auch in der Finanzausschusssitzung zugesichert, dass man versucht, alle wichtigen Fragen im Vorfeld mit den Mitarbeitern zu besprechen. Es klappt höchstwahrscheinlich nicht immer so, wie sich die Mitarbeiter das vorstellen. Das ist, glaube ich, auch normal, denn es gibt da natürlich sehr viele Bereiche und teilweise höchstwahrscheinlich auch konkurrierende Bereiche. Damit muss man leben in einer verhältnismäßig großen Universitätsmedizin. Also es gibt auch Interessen von einzelnen Klinika, die da untergebracht sind, die sich eigene Ziele setzen, die sich aber in einem Großkonzept untersetzen lassen müssen, und es ist, glaube ich, ein verhältnismäßig schwieriges Unterfangen. Herr Dr. Jess, der selber mal da im Controlling war, hat es hier auch versucht zu beschreiben.

Wichtig ist natürlich, und das haben wir hier auch gehört, eine Sanierung wird nur dann funktionieren, wenn die Rahmenbedingungen insgesamt funktionieren, und da sind die DRGs, die in M-V besonders niedrig sind, nicht gerade hilfreich. Andererseits sehen wir, dass es bei der Universitätsmedizin in Rostock funktioniert. Deswegen wird ja auch von der Universitätsmedizin in Greifswald versucht, auf unterschiedlichen Wegen Einspareffekte zu erreichen. Da geht es um Kooperationen in bestimmten Bereichen, es geht aber auch darum, wie man im eigenen Haus Ressourcen heben kann.

Wir müssen einfach noch mal feststellen, dass es natürlich wichtig ist, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen gibt. Ich glaube, das ist auch für die Belegschaft ganz wichtig. Ich glaube nicht, dass irgendwo angedeutet worden ist, dass es so etwas geben wird. Dass natürlich die eine oder andere Stelle nicht wieder neu besetzt

werden kann oder es Umbesetzungen geben kann, das gehört dazu bei solchen Sachen. Auch dies erzeugt Unruhe in einem großen Unternehmen, aber man wird höchstwahrscheinlich nicht darum herumkommen.

Wichtig ist, und das haben wir gehört, dass die Zusammenarbeit mit der Universitätsmedizin Rostock erfolgt, dass man gute Erfahrungen übernehmen will. Andererseits ist auch heute noch mal klar die Aussage gekommen, dass die Unabhängigkeit der beiden Universitätsmedizinen gesichert ist und dass das Land dahintersteht. Ich glaube, das ist für uns als CDU-Fraktion und Koalition ganz wichtig, dass wir das auch noch mal hier so deutlich nach außen transportieren: Wir brauchen beide Universitätsmedizinen und wir brauchen auch für Vorpommern ein gesamtes regionales Medizinkonzept, wie wir damit entsprechend umgehen.

Ich glaube, und das haben wir auch im Februar im Finanzausschuss gehört, es gibt erste Anzeichen, dass die Konsolidierung auf einem leicht positiven Pfad ist. Uns wurden heute auch noch mal passend zum Tagesordnungspunkt über eine Pressemitteilung die ersten kleinen Erfolge mitgeteilt. Das ist, glaube ich, auch über den Ticker zu lesen. Die hatten wir aber schon im Finanzausschuss so gehört und ich bin dankbar, dass man in dieser Richtung die ersten Erfolge sozusagen schon erkennen kann. Schlimm wäre es ja, wenn es nicht so wäre, dann würde den Mitarbeitern und vor allem den Patienten und der Bevölkerung rund um Greifswald signalisiert werden, das ist nicht zu retten. Also ist es wichtig, dass die Erfolge zu erkennen sind und dass wir sehen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Ich bin der Meinung – und ich kann das, glaube ich, auch für die Koalition und für die CDU-Fraktion sagen –, wir stehen an der Seite der Universitätsmedizin Greifswald. Wir werden versuchen zu überlegen, wo man gesondert helfen kann. Aber die Hausaufgaben müssen natürlich auch an der Universitätsmedizin selber gemacht werden, da kann man sie höchstwahrscheinlich nicht aus dieser Verantwortung entlassen. Wo wir helfen können, da werden wir helfen,

(Minister Harry Glawe: Jawohl! Richtig, Egbert.)

aber erst mal müssen die Hausaufgaben gemacht werden.

(Minister Harry Glawe: Genauso ist es.)

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche der Universitätsmedizin Greifswald viel Glück und Erfolg bei ihren Bemühungen.

(Beifall Patrick Dahlemann, SPD – Minister Harry Glawe: Klatscht da überhaupt noch einer?)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dirk Stamer für die Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Ende vielleicht noch ganz kurz die wesentlichen Punkte dieser Diskussion zusammenfassen.

Erstens haben wir gehört, dass sich die Landesregierung ganz klar und eindeutig zu dem Standort der Universitäts

medizin Greifswald bekennt. Das halte ich für sehr gut, muss ich sagen.

Zum Zweiten: Es wurde, wie wir auch gehört haben, eine sehr schonungslose Ursachenforschung betrieben. Der Istzustand der Universitätsmedizin ist also hier bekannt. Das ist zum einen mutig, zum Zweiten ist es richtig und zum Dritten ist es auch eine wesentliche Vorbedingung für ein erfolgreiches Projekt.

Zum Dritten: Das Sanierungskonzept, also der angestrebte Sollzustand der Organisation, ist ebenfalls klar und eindeutig definiert. Ist und Soll sind beide also erfasst.

Viertens. Die geplanten Maßnahmen – also der Weg vom Ist zum Soll –, wie zum Beispiel konsequente Personalplanung, Nutzung von Skaleneffekten, Steigerung der Effizienz der Prozesse, sind klar umrissen und zeigen bereits erste Wirkung. Sie führten zu ersten Einsparungen, wie wir heute in der Presse lesen konnten. Für erwähnenswert und zu begrüßen halte ich hier ebenfalls den Umstand, dass es nicht zu betriebsbedingten Kündigungen kommen soll.

Fünftens. Aus Sicht des Projektmanagements haben wir es hier mit einem komplizierten oder besser gesagt vielleicht sogar mit einem komplexen Problem an dieser Stelle zu tun, das ein wirklich gutes und umfangreiches Multiprojektmanagement erfordert, da 13 Projektgruppen mit 40 Teilprojekten gleichzeitig zu managen sind. Aufgrund der geänderten personellen Besetzung sowohl durch erfahrene neue externe Kräfte als auch durch die intensive Einbeziehung des bestehenden Personals bin ich hinsichtlich des Projekterfolges zuversichtlich. Hier wurden bereits zwei kardinale Fehler des Projektmanagements elegant umschifft: Zum einen, die Mitarbeiter werden mitgenommen, und zum Zweiten, das Management steht hinter dem Projekt.

Sechstens. Derartig umfangreiche Transformationsprozesse, wie sie an der Universitätsmedizin derzeit geplant sind, brauchen vor allem zwei Dinge – einen guten Projektplan und Zeit. Die Maßnahmen haben wir heute diskutiert, geben wir nun der Universitätsmedizin noch die Zeit, damit sie den Sanierungsprozess erfolgreich zu Ende führen kann.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)