Protokoll der Sitzung vom 09.03.2017

(Tilo Gundlack, SPD: Ja, wir wollen deinen Argumenten lauschen, aber wir hören nichts davon! – Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Woran wir uns wohl in der Bundesratsinitiative selbst als auch im Antrag der LINKEN stören, ist insbesondere folgender Umstand: Die Abgeltungssteuer soll abgeschafft werden nach erfolgter Einführung des internationalen automatischen Informationsaustausches von Steuerdaten. Dies ist jedoch längst nicht überall geschehen. Auch der Finanzminister spricht davon, dass zahlreiche Abkommen geplant sind, also noch nicht in Kraft sind. Zum jetzigen Zeitpunkt ist der Austausch daher überhaupt nicht vollständig umgesetzt. Wir sollten erst einmal sehen, dass der internationale Informationsaustausch vollständig in Kraft tritt und wie er dann funktioniert. Meines Erachtens gibt es keinen Anlass für einen Schnellschuss.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht unerwähnt bleiben sollte, dass eine Abkehr von der Abgel

tungssteuer beziehungsweise die Wiedereinführung der progressiven Besteuerung einer Steuererhöhung für viele Sparer gleichkäme, denn schließlich wäre der Einkommenssteuersatz für die meisten Arbeitnehmer höher als 25 Prozent. Für die Abgeltungssteuer spricht im Übrigen auch, dass es eine vergleichbar einfache Steuer ist, was man ebenfalls nicht vergessen darf. Das Geld wird direkt an das Finanzamt abgeführt und man ist nicht auf die ordnungsgemäße und vollständige Angabe dieser Einkünfte in der eigenen Steuererklärung angewiesen.

Darüber, Lohneinkünfte und Einkünfte aus Kapital unterschiedlich zu besteuern, kann man trefflich streiten. Eine Überlegung, die relativ einfache Abgeltungssteuer einzubehalten und über prozentuale Höhen – man kann ja auch die Prozente erhöhen, man muss ja nicht 25 Prozent nehmen, man kann ja auch 30 oder 35 Prozent nehmen – oder über neue Freibeträge nachzudenken, wäre aus meiner Sicht die bessere Lösung.

Eine Neiddebatte, wie sie die LINKEN mit dem Verweis auf eine Privilegierung von Kapitalerträgen gegenüber dem Arbeitseinkommen entfachen wollten, ist jedoch aus meiner Sicht zu billig. Man sollte einfach sehen …

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Was ist denn eine „Neiddebatte“?)

Liebe Frau Dr. Schwenke, wichtig ist doch, dass die Steuer gleichmäßig ist und dass die Leute ihre Kapitaleinkünfte vernünftig versteuern. Da kann man auch über eine einfache Steuer, die in bestimmten Höhen gestaltet wird, nachdenken.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Ach so?!)

Ja, das habe ich schon gesagt. Da muss man nicht die 25 Prozent nehmen, da kann man auch 30, 35 oder 40 Prozent nehmen. Aber die ist einfach und wird direkt von den Kreditinstituten oder von den Banken abgeführt, sodass es immer der einfachere Weg wäre als nachher in der privaten Steuererklärung,

(Andreas Butzki, SPD: Also auf jeden Fall soll alles auf einen Bierdeckel passen, ne?!)

wo auch wieder negative Einkünfte gegengerechnet werden können, und das sind gerade die Vermögenden, die das meistens sehr schnell machen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche uns für heute noch eine ausreichende Debatte zu diesem Thema.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Andreas Butzki, SPD: Aber der Beifall ist tosend! – Vincent Kokert, CDU: Genau.)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Hersel.

Wertes Präsidium! Verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir behandeln heute den Antrag der Fraktion DIE LINKE zur Abschaffung der Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge. In welchen Sphären sich dieser Antrag bewegt, möchte ich kurz verdeutlichen: Wer sich als sicherer Anleger in Mecklenburg-Vorpommern in dem Bereich der Abgeltungssteuer bewegen möchte, braucht auf der hohen Kante einen Betrag von 800.000 Euro.

(Tilo Grundlack, SPD: Ah, Herr Liskow!)

Der Betrag ist nicht aus der Luft gegriffen. Frau Rösler sprach vorhin von 160.000, da hat sie anscheinend einen besseren Finanzberater als ich.

(Zurufe von Thomas Krüger, SPD, und Torsten Renz, CDU)

Ich habe die Zahlen der Sparkasse Vorpommern zugrunde gelegt. Diese vergibt auf ihr altbewährtes Sparbuch derzeit einen Prozentsatz von 0,001 Prozent.

(Torsten Renz, CDU: Na wenn Sie das noch haben, dann können Sie mich auch noch als Berater nutzen! – Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das ist ein Tausendstel! Ein Tausendstel von 800.000 sind 800 Euro. So hoch etwa ist der Freibetrag bei den Zinseinkünften.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

In den letzten Wochen lasen wir bereits in der Presse, dass dieselbe Sparkasse Guthaben von Kommunen ab 100.000 Euro mit einem Straf- oder Negativzins belegen möchte. Der Schritt hin zum Privatkunden ist bei der anhaltenden katastrophalen Zinspolitik der Europäischen Zentralbank bedauerlicherweise nur noch eine Frage der Zeit.

Meine Damen und Herren, mit der sogenannten Unternehmenssteuerreform wurde 2007 ein umfangreiches Paket der damaligen Bundesregierung auf den Weg gebracht. Unter der Regie des damaligen SPDFinanzministers Peer Steinbrück wurden insgesamt zwölf Steuergesetze sowie entsprechende Durchführungs- und Rechtsverordnungen geändert. Da wir gestern über faire Debatten gesprochen haben, will ich ein positives Zeichen setzen und Sie heute mit Details dieser Steuerreform verschonen. Einzig die Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge ist für uns heute Thema.

(Torsten Renz, CDU: So steht es im Antrag.)

Da erlaube ich mir einen ganz kurzen Exkurs. Wenn wir von der Abgeltungssteuer sprechen, befinden wir uns im Bereich der Kapitalertragssteuer. Diese ist, genauso wie übrigens die Lohnsteuer, eine Erhebungsform der Einkommenssteuer. Die Abgeltungssteuer ist im weitesten Sinne eine Quellensteuer, der Kollege Liskow hat es gerade ausgeführt. Das bedeutet, dass zunächst die auszahlende Stelle den Steuerbetrag einbehält und an das Finanzamt abführt. Gleichzeitig, und damit kommen wir zu dem Punkt, wo das Kind seinen Namen bekommt, ist diese Steuer abgegolten. Die Steuerpflichtigen müssen diese also nicht mehr in der Einkommenssteuererklärung angeben.

Ich will das ganz kurz noch am Beispiel der Lohnsteuer erklären. Das ist für einige vielleicht etwas näher.

(Tilo Gundlack, SPD: Nö.)

Wenn Sie auf Ihren Lohn- oder Gehaltszettel, ich weiß, hier bei uns sieht das ein bisschen anders aus, wenn aber die Leute da draußen im Land auf ihren Lohn- oder Gehaltszettel schauen, dann haben sie oben ein Brutto, von dem man relativ gut leben kann. Dann kommen die Abzüge der Lohnsteuer und der Sozialversicherungsbeiträge, die der Arbeitgeber einbehält

(Torsten Renz, CDU: Haben wir jetzt Sozialkundeunterricht, oder was?)

und den zuständigen Stellen zuführt.

Ja, Herr Renz, das tut Ihnen vielleicht mal ganz gut.

(Torsten Renz, CDU: Ich folge Ihnen gerne.)

Was am Ende übrigbleibt,

(Torsten Renz, CDU: Na jetzt!)

das sogenannte Netto,

(Torsten Renz, CDU: Oha!)

ist dann schon gar nicht mehr so rosig und führt manchmal zu Frust bei vielen Bürgerinnen und Bürgern.

(Zuruf von Christian Brade, SPD)

Wenn Sie in diesem Fall keine weiteren Einnahmen neben der Arbeitnehmertätigkeit haben, entfällt auch die Abgabe der Einkommenssteuererklärung, da Sie ja bereits mit der Lohnsteuer Ihre Einkommenssteuer vorausgezahlt und abgegolten haben.

(Torsten Renz, CDU: Bis jetzt war alles richtig.)

Das spart Zeit und Nerven aufseiten des Steuerpflichtigen, aber auch aufseiten des Finanzamtes.

Ähnlich funktioniert es bei den Zinseinkünften. Wenn Sie auf Ihr Sparguthaben Zinsen erhalten, muss Ihre Bank oder Ihr Kreditinstitut pauschal 25 Prozent an das Finanzamt abführen.

(Torsten Renz, CDU: Auch korrekt.)

Nicht betroffen davon ist der eingangs erwähnte Freibetrag von 801 Euro.

(Torsten Renz, CDU: Es sei denn, Sie haben keinen Freistellungsantrag gestellt.)

Es ist schön, dass Sie das erwähnen. Wenn man keinen Freistellungsantrag hat, kann man das auch heilen, denn diese 25 Prozent sind keinesfalls in Stein gemeißelt. Ich empfehle da die Lektüre des interessanten Einkommenssteuergesetzes. Dort finden Sie in Paragraf 32d eine wunderbare Ausnahmeregelung, die dieses ganze Konstrukt „Abgeltungssteuer“ komplett aushebelt.

Insofern entpuppt sich Ihr Trumpf der Steuergerechtigkeit lediglich, wie man gerne beim Skat sagt, als „Luschenstich“.

(Torsten Renz, CDU: Das war ja ein Riesensprung jetzt!)