Protokoll der Sitzung vom 15.05.2020

(Egbert Liskow, CDU: Nehmen wir doch auch.)

Diese waren von den Damen und Herren Finanzminister vor Reinhard Meyer in Höhe von 1,4 Milliarden Euro angesammelt worden. Unter Führung von Manuela Schwesig sind diese aufgebauten Rücklagen des Landes weitgehend im Doppelhaushalt 2021 verplant, zum großen Teil für dauerhafte konsumtive Ausgaben und Steigerungen bei den Personalkosten.

Bereits vor der Corona-Pandemie zeigte auf Basis dieses Doppelhaushaltes die Mittelfristige Finanzplanung ab 2022 planerische Defizite, das heißt, sogenannte Handlungsbedarfe in Höhe von insgesamt 528 Millionen Euro bis 2024.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Schon dafür gab es bislang noch keine Lösungsvorschläge der Landesregierung, wie dieses Defizit einmal gefüllt werden soll. Das SARS-CoV-2 hat diese Situation noch um ein Vielfaches verschärft. Die angesparten Rücklagen des Landes stehen also in Zeiten der Corona-Not im Wesentlichen nicht mehr zur Verfügung. Wir meinen deshalb, angesichts der Einnahmeausfälle und erhöhten Ausgaben sind Konsolidierung und Einsparungen im derzeit noch üppig ausgestatteten Landeshaushalt 2021 zu überdenken. Die Aufstockung des Doppelhaushaltes 2020/21 um jeweils über 1 Milliarde Euro ist aus heutiger CoronaSicht nicht mehr zu rechtfertigen, denn die Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen sind auf unbestimmte Zeit vorbei.

Der Bund rechnet für 2020 mit einem Rückgang des Bruttoinlandproduktes um 6,3 Prozent. Die Maisteuerschätzung geht von einer Steuermindereinnahme des Staates von rund 100 Milliarden Euro in 2020 im Vergleich zur Herbstprognose aus. In der Antwort auf meine Kleine Anfrage bezüglich der zu erwartenden Einnahmeausfälle des Landes hat die Landesregierung eine Größenordnung von 1 Milliarde Euro im Jahr 2020 angegeben. Auf eine weitere Kleine Anfrage bezüglich der zu erwartenden Gemeindesteuerausfälle hat die Landesregierung bisher lediglich auf die Ergebnisse des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ hingewiesen, die Mitte

Mai 2020 vorliegen sollen. Gestern gab der Finanzminister der Presse gegenüber Einnahmeeinbrüche der Kommunen in Höhe von 150 Millionen Euro an.

Ein derartig sich abzeichnendes Ungleichgewicht eines Haushaltes kann nicht durch Neuverschuldungen aufgefangen werden. Die Landesregierung plant mit dem neuen Nachtragshaushalt eine Neuverschuldung von mindestens 700 Millionen Euro plus 400 Millionen zusätzlichen Bürgschaften. Wir meinen, dass im ersten Schritt Einsparungen und Haushaltskonsolidierungen ins Auge gefasst werden müssen. Erst im zweiten Schritt kann sehenden Auges eine zwingend erforderliche Neuverschuldung erwogen werden.

Bedauerlicherweise konzentriert sich die Konsolidierungslast in Mecklenburg-Vorpommern derzeit überwiegend auf die Ausgabenseite und nicht auf die Einnahmeseite, und das tut weh. Deshalb ist die Landesregierung beim Thema Konsolidierung bisher auch nicht besonders aktiv gewesen, im Gegenteil, in den letzten Monaten hat sie sogar zusätzliche Ausgaben erzeugt: Besoldungserhöhungen für Landesbedienstete, Schaffung neuer Planstellen, Ausbau des Referates für SocialMedia-Arbeit in der Staatskanzlei, zusätzliche Staatssekretärsstelle im Wirtschaftsministerium, Ausbau der Filmförderung in der Staatskanzlei, Etablierung des Programms „Zukunftsfähigkeit der Landesregierung“ mit einmalig 50 Millionen Euro und Weiteres mehr.

Lassen Sie mich zum Fazit kommen. Angesichts der Corona-Pandemie und dem Versiegen der bisher scheinbar immerwährenden sprudelnden Steuereinnahmen werden die strukturellen Ausgabenbindungen der Regierung für die kommenden Jahre zu einer Hypothek für den Landeshaushalt. Ein weiteres potenzielles Risiko stellen bereits ausgereichte Bürgschaften des Landes dar. Unser Globaltraum der MV WERFTEN könnte durch Corona schnell zu einem Albtraum werden. Die Lösung kann aus unserer Sicht nur in einer Rückkehr zu einer verantwortungsbewussten, soliden Haushaltung liegen.

(Minister Harry Glawe: Reden Sie das mal alles schön herbei!)

Wir sollten uns hüten, Herr Wirtschaftsminister,

(Minister Harry Glawe: Ja, ist so!)

die nächste Generation über Gebühr zu belasten.

(Minister Harry Glawe: Ich kann auch jeden Tag Panik machen.)

Wer sagt uns denn, ob nicht im nächsten Jahr bereits die nächste Krise auf uns wartet?

(Minister Harry Glawe: Ja, genau. Geht das schon wieder weiter!)

Lassen Sie uns vorsorgen, und zwar rechtzeitig!

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Ich bitte Sie, den Antrag meiner Fraktion zu unterstützen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Ja, auch die Regierung kann Panik machen, aber nicht hier von den Regierungsbänken.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden,

(Heiterkeit bei Torsten Koplin, DIE LINKE: Das gilt für alle! Das gilt für alle!)

eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 55 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat zunächst der Finanzminister des Landes. Herr Meyer, bitte schön.

(Zuruf von Minister Harry Glawe)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Jess hat zu Recht darauf hingewiesen, der Antrag, den die AfD hier eingereicht hat, ist auch vor dem Hintergrund der aktuellen Steuerschätzung zu sehen. Aber zunächst möchte ich kurz etwas zu dem Antrag sagen, bevor ich auf die Steuerschätzung, die Konsequenzen für das Handeln der Landesregierung eingehe.

Sie haben ein richtiges Ziel formuliert, aber wie immer bei diesen AfD-Anträgen ist es im Gesamtkontext völlig unglaubwürdig.

(Bert Obereiner, AfD: Ach nee!)

Während dieser Landtagssitzung fordern Sie jede Menge Ausgaben.

(Daniel Peters, CDU: Ja, richtig.)

Gestern, vorgestern alleine beim Thema Kurzarbeitergeld

(Jens-Holger Schneider, AfD: Doch!)

sollten es mal eben 160 Millionen sein.

(Zurufe von Daniel Peters, CDU, Thomas de Jesus Fernandes, AfD, und Jens-Holger Schneider, AfD)

Übrigens, bei dem Antrag zum Kurzarbeitergeld haben Sie offensichtlich überhaupt nicht bedacht, dass die, die eigentlich am meisten das Geld benötigen, nämlich die sozial Schwachen, das Ganze auf Hartz IV anrechnen müssen, und dann haben sie gar nichts davon.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Für die machen sie auch keine Politik.)

Insofern, toller Vorschlag, kostet mal eben 160 Millionen Euro.

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Dann haben Sie einen kommunalen Schutzschirm gefordert. Da haben Sie nichts zu gesagt, wie viel das kosten soll. Jetzt liegt noch ein Antrag zum Krankenhaus Crivitz vor, wo das Land helfen soll, und da muss ich Ihnen

einfach sagen, das passt nicht zueinander. Wenn ich dann solche Anträge sehe, dann muss man sagen, Konsolidierung hier, Geld ausgeben dort, keinerlei Vorschläge, außer Stabsstellen zu streichen, die natürlich nicht den Haushalt retten. Und da kann ich nur sagen, das ist unseriös, meine Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Und, Herr Dr. Jess, erlauben Sie mir eine persönliche Bemerkung – wir werden ja weiter informieren, der Wirtschaftsminister und ich, im Finanzausschuss, im Wirtschaftsausschuss –: Wir sollten bitte aufpassen, dass wir nicht nach dem Muster einer Zusammenbruchstheorie hier psychologische Äußerungen tätigen zu den MV WERFTEN nach dem Motto, diese Prophezeiung wird dann schon irgendwann eintreffen. Und dann möchte ich Sie mal sehen, wie Sie dann dastehen als Zauberlehrlinge, weil Sie eine Situation heraufbeschwören, die wir retten wollen, weil wir die MV WERFTEN hier im Lande brauchen, meine Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Auch das ist völlig unseriös.

So, meine Damen und Herren, mehr an Worten möchte ich diesem Antrag nicht widmen, sondern mich mit der Steuerschätzung von gestern beschäftigen, weil es im Zusammenhang steht mit dem, was hier aufgerufen worden ist. Die Ergebnisse der Steuerschätzung, meine Damen und Herren, sind in der Tat für uns schwierig. 1 Million Euro weniger in 2020, 700 Millionen Euro weniger im Jahre 2021.

(Egbert Liskow, CDU: 1 Milliarde!)

1 Milliarde, Entschuldigung! 1 Milliarde weniger in 2020. 700 Millionen Euro weniger in 2021.

Sie können sehen, auch der Finanzminister hat Träume. Wenn es 1 Million wäre, dann hätten wir kein Problem. Meine Damen und Herren, 1 Milliarde ist wirklich dramatisch. Und ich sage an der Stelle, ich habe noch nie so ungern, noch nie so ungern recht bekommen wie in dieser Frage, 1 Milliarde für 2020, weil das war ja unsere Schätzung – Sie erinnern sich – zum Nachtragshaushalt, den wir gemeinsam am 1. April verabschiedet haben.