Protokoll der Sitzung vom 11.06.2020

Ihren Antrag werden wir leider ablehnen, aber das haben Sie ja selbst schon angesprochen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete!

Das Wort hat jetzt der fraktionslose Abgeordnete Herr Arppe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Damen und Herren Abgeordnete!

Frau Tegtmeier, Sie haben der AfD gerade vorgeworfen, sie würde da einen Popanz gewissermaßen aufbauen, es ginge hier ja nur um ein paar Hundert Migranten.

(Martina Tegtmeier, SPD: Ich habe gar keine Zahl genannt!)

Und …

Na ja, aber eben nur um ein paar.

Dann haben Sie aber selber gesagt,

(Martina Tegtmeier, SPD: Ich habe aber keine Zahl festgelegt!)

dass es sich bei so einem Aufnahmeprogramm ja nur um einen „ersten kleinen Schritt“ handeln könne, dem „weitere folgen müssen“. Damit haben Sie nach meinem Verständnis ja zum Ausdruck gebracht,

(Martina Tegtmeier, SPD: Es ging um den Kompromiss, Kinder aufzunehmen!)

dass da noch viel mehr kommen soll.

(Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

Ja, das habe ich von Ihnen gelernt. Vielen Dank an der Stelle noch mal dafür!

Aber man muss doch jetzt auch mal den Leuten draußen, der Bevölkerung reinen Wein einschenken. Wie viel soll denn nun tatsächlich da noch nach Deutschland kommen? Es geht jetzt hier erst mal um eine in der Tat übersichtliche Zahl von Migranten, die auf den griechischen Inseln festsitzen. Aber wir wissen ja in Kenntnis Ihrer Weltanschauung, die Herr Förster hier ja schon dargelegt hat, dass es Ihnen ja noch um viel mehr geht, oder eben vielleicht nicht. Das müssten Sie dann mal ehrlich sagen.

Wir wissen von demografischen wissenschaftlichen Untersuchungen, dass allein in Afrika 30 bis 40 Millionen Menschen sozusagen auf gepackten Koffern sitzen und nach Europa auswandern wollen. Wollen Sie die dann später auch alle hier, indem Sie uns hier ein schlechtes Gewissen einreden, nach Deutschland holen? Oder wären Sie bereit, da irgendwo auch mal eine rote Linie zu ziehen und zu sagen, so, jetzt ist Schluss, mehr geht nicht? Das wäre doch mal eine ehrliche Aussage.

Wir haben hier in Deutschland momentan genug mit uns selbst zu tun. Sie selbst rekurrieren ja immer wieder auf die Armut, die es ja hier auch in Deutschland gibt. Wir bürgen für Hunderte Milliarden Euro auf europäischer Ebene, um diesen Euro zu retten. Die Regierung wirft gerade mit Unmengen an Geld um sich. Wir haben überhaupt nicht die Mittel derzeit, um die halbe Welt hier nach Deutschland zu holen. Wir haben – momentan zumindest – genug mit uns selbst zu tun.

Und ihre sogenannte „Zivilgesellschaft“ – das muss man ja auch noch mal sagen – ist ja ein zutiefst demagogischer Begriff. Da reden Sie ja nicht von den Werktätigen, die da draußen malochen, sondern damit meinen Sie ja die Angestellten und Angehörigen Ihrer ganzen Verbände, Ihrer

vorpolitischen Subkultur, die auf Staatskosten lebt und durch die Gegend zieht und Ihre Propaganda kundtut. Das ist aber nicht die Gesellschaft, die wir hier meinen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU Frau von Allwörden.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Situation für die Menschen in den Flüchtlingslagern in Griechenland und an der türkisch-griechischen Grenze ist unverändert katastrophal. Das ist mir durchaus bewusst und ich denke, wir sind uns fast alle einig, dass hier mit allen Kräften geholfen werden muss. Wir haben nur unterschiedliche Vorstellungen des Wie. Deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen, sehr geehrte Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE.

Die Gründe sind die gleichen wie im März, als es hier um die Aufnahme minderjähriger Flüchtlinge in M-V ging. Die Bundesregierung hat sich verpflichtet, 350 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus den Lagern nach Deutschland zu holen. Das ist teilweise auch schon passiert, und das wissen Sie natürlich. Es gibt vertragliche Vereinbarungen mit den anderen EU-Ländern. Nach Presseinformationen wollen nach Deutschland und Luxemburg jetzt auch Finnland, Portugal und Irland mit den Flüchtlingstransfers in ihre Länder beginnen.

Es ist meine feste Überzeugung, dass nur in einem gemeinsamen Verfahren umfassende und nachhaltige Flüchtlingshilfe überhaupt möglich ist. Auch wenn Mecklenburg-Vorpommern ein eigenes Landesaufnahmeprogramm startet, bleibt trotzdem die Verantwortung für die Organisation, Überführung und Überprüfung der Geflüchteten beim Bund. Im Rahmen des Aufnahmeverfahrens muss eine Sicherheitsprüfung stattfinden, um die Personenidentität festzustellen und Straftäter von der Aufnahme auszuschließen. Es muss eine Gesundheitsüberprüfung stattfinden, um die Flüchtlinge medizinisch zu versorgen und das Einschleppen von Krankheiten zu verhindern. Und selbst wenn in Westeuropa die Infektionszahlen gerade rückläufig sind, besteht in Osteuropa und Afrika gerade höchste Ansteckungsgefahr.

Und ich frage noch einmal: Welche Wirkungen haben die Aufnahmeaktionen einzelner Länder auf die in den Lagern verbleibenden Menschen? Welches Signal senden wir den Personen, die noch beabsichtigen, aus ihren Heimatstaaten zu flüchten? Nicht ohne jeden Grund gibt es die Befürchtung, dass Deutschland mit der Aufnahme weiterer Flüchtlinge ein falsches Signal geben könnte. Und diese Befürchtung ist nicht unberechtigt bei aller Sorge über die unhaltbare Situation der Flüchtlinge in den Aufnahmelagern.

Und da ist auch noch die Gesetzeslage, die irgendwelchen Einzelaktionen der Bundesländer entgegensteht, und das auch aus gutem Grund. Nach dem Aufenthaltsgesetz können die Bundesländer aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit muss aber, und wir haben das hier schon jetzt eigentlich von beinahe allen Rednern gehört, das Bundesinnenministerium zustimmen. Das ist gesetzliche Grundlage und das kann man auch nicht wegdiskutieren.

Und wenn einige Bundesländer meinen, eigene Landesaufnahmeprogramme durchsetzen zu können, so glaube ich, dass dies ohne Zustimmung des Bundes nicht durchführbar sein wird. Alleingänge auf Länderebene in Deutschland führen höchstens zu Irritationen in den EUStaaten, die wie Deutschland eine europäische Lösung des Flüchtlingsproblems anstreben.

Ein Landesaufnahmeprogramm braucht erstens Rechtssicherheit, zweitens eine durchdachte Organisation und drittens eine gesicherte Finanzierung. Ja, auch die Finanzierung ist eine Frage, über die Sie in Ihrem Antrag kein Wort verlieren, sehr geehrte Damen und Herren der Fraktion DIE LINKE.

(Egbert Liskow, CDU: Ja, das soll alles der Steuerzahler bezahlen.)

Die Kosten für das Aufnahmeverfahren, für den Transport nach Deutschland und die medizinische Versorgung bis zur Ankunft in der Zielkommune trägt der Bund.

(Egbert Liskow, CDU: Nee, der Steuerzahler.)

Wer trägt die Kosten …

Oder der Steuerzahler, natürlich.

Wer trägt die Kosten für die Aufnahme zusätzlicher Flüchtlinge außerhalb der Aufnahmeverpflichtung? Und wer soll die Verantwortung für die Organisation eines Landesaufnahmeprogramms übernehmen?

Meine Damen und Herren, es besteht weltweit eine Corona-Pandemie unbekannten Ausmaßes mit mittlerweile 400.000 Toten. Wir haben freiwillig unsere eigene Freizügigkeit eingeschränkt zum Schutze der gesamten Gesellschaft. Es bestehen immer noch Kontaktbeschränkungen und Hygieneauflagen landesweit, und das aus gutem Grund. Ob und wann wir zu unserem gewohnten Alltag zurückkehren können, wissen wir schlicht nicht. Der Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern hat seine Tätigkeit aufgrund der Corona-Pandemie eingeschränkt. In den Unterkünften für Geflüchtete gelten Abstandsgebot, Kontaktbeschränkung und Hygieneregeln genauso wie überall. Es steht nicht einmal fest, ob die Kommunen, die damals die Bereitschaft zur Aufnahme von Flüchtlingen erklärt haben, dazu überhaupt noch in der Lage sind unter den jetzt geltenden Bestimmungen.

Nein, meine Damen und Herren, der Bundesinnenminister hat zu Recht eine europäische Lösung bei der Verteilung von Flüchtlingen in der EU angemahnt. Es ist den Menschen nicht zu vermitteln, dass ein europäisches Problem – und das ist die Flüchtlingsfrage nun mal – nicht europäisch gelöst werden kann. Die Aufnahme von Flüchtlingen darf kein Alleingang eines Staates sein und schon gar kein Alleingang eines Bundeslandes.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und AfD)

Diese Meinung habe ich im März vertreten, diese Meinung vertrete ich jetzt und diese Meinung werde ich auch in Zukunft vertreten. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete!

Das Wort hat jetzt noch einmal für die Fraktion DIE LINKE Frau Larisch.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich starte mit einem Zitat von Rita Süssmuth: „Jesus hätte uns … aus dem Tempel gejagt.“

(Marc Reinhardt, CDU: Oh Gott!)

Sie haben hier alle mit einer besonderen Brille argumentiert, mit Ihrer persönlichen Brille, mit Ihrer nicht betroffenen Brille.

Da ist einmal die Brille der ökonomischen Verwertung. Was kostet uns das? Ja, was kostet denn ein Menschenleben? 1 Euro, 200 Euro, 1 Million Euro?

Da ist die Brille der juristischen Bewertung des Rechts. Was ist mit den Menschenrechten? Was ist mit dem Recht laut Genfer Flüchtlingskonvention?

Da ist die Brille der politischen Mehrheiten, die auch 2021 erhalten bleiben sollen, Menschenleben hinter Wahlerfolgen.

Und da ist auch teilweise eine rassistische Brille. Wer kommt dann da zu uns? Ist da ein Leben mehr wert oder weniger wert als das andere?

Ich wiederhole noch einmal: Wir stimmen heute nicht darüber ab, dass oder ob morgen 1.000 Menschen zu uns kommen oder 500. Wir stimmen heute darüber ab, ob und wie unser Land Menschen aufnimmt oder aufnehmen kann. Ein Landesaufnahmeprogramm zu erarbeiten mit vielen Beteiligten, ist der Anfang für einen Konsens, den wir hier treffen müssen und können, wie viele Menschen unter welchen Voraussetzungen. Sie können Ihre Brillen sogar dabei aufbehalten und diese mit einfließen lassen. Wir alle können mit der Erarbeitung eines Landesaufnahmeprogramms beweisen, dass wir uns Gedanken machen, dass wir zuhören und dass wir Verantwortung übernehmen. Die Erarbeitung eines Aufnahmeprogramms, um nicht mehr und um nicht weniger geht es heute. Geben Sie Ihrem Herzen einen Ruck für die Menschenrechte! Ich beantrage jetzt schon einmal die namentliche Abstimmung.