Umso mehr stellt sich die Frage, wie wir mit dem Virus umgehen sollen. Dazu gibt uns die Rechtsordnung eine ganz klare Vorgabe. Der Lebensschutz ist wichtig, ihm ist aber nicht alles andere unterzuordnen. Für jede in die Grundrechte der Bürger eingreifende Maßnahme gilt das Gebot der Verhältnismäßigkeit. Das heißt, die Maßnahme muss notwendig und im Hinblick auf ihre Folgen auch verhältnismäßig sein.
Was heißt das nun für die Maskenpflicht an den Schulen? Ist sie notwendig, wer soll hier eigentlich geschützt werden? Ich denke, Sie erinnern sich daran, als erstmals über das Tragen von Masken diskutiert wurde. Da hieß es noch, dass sie mehr Schaden als Nutzen brächten. Und auch das RKI war dagegen. Und auch heute ist die Maske in Ärztekreisen durchaus umstritten. Die Effektivität der Maske gegen Atemwegserkrankungen ist bislang wissenschaftlich nicht nachgewiesen. Das Virus marschiert locker durch und an der Maske vorbei, vor allem, wenn es sich wie meist um eine mehrfach benutzte Alltagsmaske handelt. Zudem bestehen bei der Alltagsmaske diverse Risiken, nämlich ein erhöhtes Risiko einer Selbstkontamination, vor allem bei Durchfeuchtung der Maske. Dann wird sie zu einem Sammelbecken für Viren und andere Mikroorganismen, die sich da munter vermehren, eine erschwerte Atmung, Sauerstoffmangel mit Folgen für den Lungenkreislauf und die Immunfunktion, Hautveränderungen bei längerem Tragen, ein falsches Sicherheitsgefühl, das dazu führt, die Abstandsregeln weniger ernst zu nehmen, Kommunikationsstörungen, Umweltrisiken durch mehr Müll. Dies sind übrigens Hinweise der WHO.
Selbst wenn man eine Mund- und Nasenbedeckung, wie die Maske präziser bezeichnet wird, und damit auch eine Maskenpflicht für ein taugliches Mittel zur Eindämmung des Infektionsgeschehens hält, so brauchen wir sie nicht für den Schulhof, jedenfalls nicht in Mecklenburg-Vorpommern.
Die Schüler, die nachmittags zusammen Fußball spielen oder sich im Freibad treffen, an der Bushaltestelle zusammenstehen und anschließend dicht gedrängt im Bus zusammensitzen oder mit Geschwistern, die nicht unter die Maskenpflicht fallen, zusammenleben, sie alle sollen außerhalb der Klassenräume, auf den Fluren und auf den Schulhöfen eine Maske tragen.
Das ist irrationaler Aktionismus. Vor allem stellt sich die Frage, wer hier eigentlich geschützt werden soll. Den Betroffenen wird eingeredet, dass es um deren Schutz vor Ansteckung ginge. Das ist eine propagandistische
Irreführung, denn in Wahrheit geht es nicht um den Schutz der Kinder und Jugendlichen, die glücklicherweise eine geringe Empfänglichkeit für Corona haben. Der Krankheitsverlauf ist meist sehr mild. Sie sind nicht die Gefährdeten und auch nicht die Gefährder. Das bestätigen auch Studien von Professor Kiess aus Dresden, die er an etlichen sächsischen Schulen vorgenommen hat. Die Ansteckung lag bei null. Von 2.599 getesteten Schülern und Lehrern war keiner infiziert. In 14 von 2.338 Blutproben fanden sich Antikörper als Hinweis auf eine überstandene Infektion. Das sind 0,6 Prozent.
In Wahrheit geht es darum, die Erwachsenen vor einer Infektion durch infizierte Kinder und Jugendliche zu schützen. Mit anderen Worten, die jungen Menschen werden als potenzielle Virenüberträger ausgemacht, vor denen die viel kleinere Gruppe der Gefährdeten geschützt werden soll. Da stellt sich natürlich sofort die Frage, ob es nicht von Anfang an richtiger gewesen wäre, sich auf den Schutz der vulnerablen Gruppen zu konzentrieren, anstatt die jungen Menschen ins Visier zu nehmen und das gesamte öffentliche Leben gleichsam plattzumachen.
Genau um diese Weichenstellung kommt die Landesregierung auf Dauer nicht herum, wenn sie komplette Schulschließungen und einen neuen Lockdown verhindern will. Vor allem stellt sich die Frage, welche Belastung die Maskenpflicht für die Schüler bedeutet. Auf den Schulhöfen sollen sich die Schüler bewegen und austoben und miteinander entspannt kommunizieren.
Das Tragen von Masken ist nicht nur lästig, sie hat auch erhebliche Nebenwirkungen und kann zu Gesundheitsschädigungen führen. Es geht also nicht nur um eine vorübergehende Unbequemlichkeit, die Maskenpflicht ist eine ernsthafte Belastung für unsere Schüler und Lehrer, zumal bei den sommerlichen Temperaturen. Besonders schlimm ist für das subjektive Empfinden, dass ein Ende nicht abzusehen ist.
In der Logik der Landesregierung wird die Maske die Schüler während der Schulzeit begleiten, eine nicht hinnehmbare Perspektive. Und diejenigen, denen es aus guten Gründen an der geforderten Einsicht – in Anführungsstrichen – fehlt, empfinden die Maske als eine unerträgliche Zwangsmaßnahme.
Aber wie die Corona-Maßnahmen auf Kinder und Jugendliche wirken, wie diese in ihrer Persönlichkeitsentwicklung davon betroffen sind, welche Bruchstellen hier entstehen können, das alles hat bisher bei den Schulschließungen keine Rolle gespielt. Und auch dieses Mal kommen die Belange der jungen Menschen wieder zu kurz. Die Nebenwirkungen der Alltagsmaske auf die Schüler werden im politischen Diskurs komplett ausgeblendet.
Blicken wir auf das Infektionsgeschehen im Lande, dann ist dies dauerhaft das geringste in Deutschland. Die Ansteckungsgefahr ist also hier bei uns am geringsten. Wenn man dies alles berücksichtigt, dann kann die Mas
kenpflicht nicht als eine notwendige und erst recht nicht als eine verhältnismäßige Maßnahme angesehen werden.
Aber wie schon an anderer Stelle bemerkt, die Bewertung von Corona und der dazu erlassenen Beschränkungen ist längst zu einer Glaubensfrage geworden. Eine unvoreingenommene Bestandsaufnahme über die Gefährlichkeit des Corona-Virus und eine Abwägung mit den Auswirkungen und Kollateralschäden der getroffenen Pandemie-Gegenmaßnahmen findet nicht statt. Es gilt das „Weiter so“. Betrachtet man dann noch die Entstehungsgeschichte dieser Maskenpflicht,
dann kann einem eigentlich nur übel werden. Ganz offensichtlich geht es in erster Linie nicht um das Wohl der Kinder und Jugendlichen, es geht um die Demonstration von Macht.
Die Aktivisten der Macht haben nämlich gelernt, dass unser Volk in Stunden der Not oder auch nur einer herbeigeredeten Not für eine starke, vermeintlich schützende Führung sehr empfänglich ist.
Ja, meine Damen und Herren, Corona eignet sich sogar für eine Kanzlerkür. Nachdem zunächst Minister Glawe mit seinem Vorschlag, die Maskenpflicht ganz aufzuheben, vorgeprescht war und sich damit in Widerspruch zu dem von der Ministerpräsidentin vertretenen rigiden Kurs bei den Lockerungen von Corona-Maßnahmen gesetzt hatte, stellte die Ministerpräsidentin sehr schnell klar, wer hier das Sagen hat.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Das nennt man Richtlinienkompetenz, so was, aber das können Sie ja nicht wissen.)
Offensichtlich passte es der Ministerin nicht, dass bei Schulstart keine Maskenpflicht bestand. Das musste also sofort nachgeholt werden. Es oblag dann der Bildungsministerin, nachdem die Schule bereits ohne Maskenpflicht begonnen hatte
und das Ministerium sich in den Ferien auf den Schulstart hinreichend vorbereiten konnte, am zweiten Schultag einen Schwenk zu vollziehen und dem erstaunten Publikum zu erklären, dass vom nächsten Tag an die Maskenpflicht gelten würde.
Überraschende wissenschaftliche Erkenntnisse, die diesen Sinneswandel nachvollziehbar erscheinen lassen könnten, hatte es in den Tagen zuvor nicht gegeben.
Und was soll man davon halten, wenn dann noch versucht wird, diesen Zickzackkurs als vernünftige und verantwortungsvolle Politik zu erklären?
(Andreas Butzki, SPD: Das werde ich Ihnen erklären, Herr Förster, nachher. Das werde ich ausführen.)
Welche Kriterien werden für eine Aufrechterhaltung beziehungsweise Aufhebung zugrunde gelegt? Ich gebe Ihnen die Antwort: Sie wissen es nicht. Sie haben keine Strategie. Sie richten sich in der Logik Ihres Handelns auf einen dauerhaften Zustand ein und gehen davon aus, die Bürger mit dem Schüren von Ängsten und völlig unverhältnismäßigen Bußgeldern gefügig zu machen.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 48 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Das Wort hat für die Landesregierung die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Bettina Martin.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Seit fast vier Wochen gehen nun die Kinder und Jugendlichen in M-V wieder in die Schule. Der Schulstart in M-V ist gut und organisiert gelaufen.
Ja, es gab vereinzelte Vorfälle von Infektionen, die von außen in einige Schulen hineingetragen wurden. Dort mussten Schülerinnen und Schüler oder auch Lehrkräfte zeitweise in Quarantäne, und so bitter das ist für diejenigen, die davon betroffen sind, darf es auch niemanden verwundern, dass diese Einzelfälle auftreten, denn für