Auch ich brauche ab und zu mal einen Stift und ich rufe jetzt auf für die Fraktion DIE LINKE den Abgeordneten Herrn Foerster.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich denke, es ist notwendig, dass ich in meinem Redebeitrag hier noch einmal das eine oder andere für meine Fraktion klarstelle. Zunächst mal zum Thema Transparenz. In den letzten Wochen ist es doch so gewesen, dass wir alle nicht nur sehr viele, sondern vor allem auch sehr unterschiedliche und in Teilen widersprüchliche Meldungen zur Lage bei Genting und bei den MV WERFTEN zur Kenntnis genommen haben. Ich will mal ein paar Beispiele nennen:
Zum Thema Gutachten titelte der NDR während der Sommerpause am 10.07. „Finanzminister Meyer: MV Werften läuft die Zeit davon“. Und im Text dazu heißt es dann: „Meyer erklärte, bis Anfang September, also in rund sechs Wochen, müssten insgesamt vier Gutachten vorliegen, unter anderem das wichtige Sanierungsgutachten. Diese Papiere seien die Voraussetzung für die Verhandlungen mit dem Bund über weitere Hilfen. … Bisher aber habe Genting diese Gutachten offenbar noch nicht einmal in Auftrag gegeben.“
Am 15.07. folgte dann wiederum im NDR das Demen- ti aus dem Wirtschaftsministerium. Der Titel: „Glawe: MV Werften halten Zeitplan für Rettungsschirm“. Und im Text wird der Minister sinngemäß mit der Aussage zitiert, die MV WERFTEN des Genting-Konzerns aus Hongkong hätten erste Schritte unternommen, um schnell unter den Corona-Rettungsschirm des Bundes zu kommen, und dazu zwei wichtige Gutachten in Auftrag gegeben.
Ich erwähne das deshalb, weil vorhin hier so viel über Vertrauen und darüber, was man in den Medien dann tatsächlich thematisiert oder nicht, gesprochen wurde. Ich stelle fest, es sind also auch die Ministerien selbst, die durch Pressestatements durchaus hin und wieder für Fragezeichen sorgen.
Eine Woche später wiederum beim NDR die Meldung „MV Werften: Mutterkonzern in Turbulenzen“. Die Aussage diesmal, Genting räumt ein, 3,4 Millionen Euro Bankgebühren im Zusammenhang mit dem Bau bestimmter Schiffe nicht gezahlt zu haben. Und dazu noch die Mitteilung, dass der Genting-Konzern mit Milliarden Euro in der Kreide stehe und unklar sei, wie sich dies auf die MV Werften auswirken werde.
Am Montag dann bei „Seatrade Cruise News“, einem englischsprachigen Portal, die Meldung, dass Genting Hong Kong eine Gläubigerversammlung abgehalten habe, um die angekündigte Umstrukturierung anzuschieben. Dazu die Info, dass im Vorfeld des Meetings die Bankgebühren, die letzte Woche fällig waren, gezahlt worden seien.
Vorgestern schließlich die Meldung in verschiedenen Medien, dass Genting anstrebe, das eigene Schiffbauunternehmen an die öffentliche Hand in Deutschland zu verkaufen. Ein entsprechendes Angebot zur Übernahme von 51 Prozent sei an Bund und Land unterbreitet worden.
Gestern klingt das dann schon wieder anders. Plötzlich heißt es, Glawe zeigt sich zuversichtlich und zieht für die Rettung der Werftenstandorte und Belegschaften in Wismar, Rostock und Stralsund eine staatliche Beteiligung in Betracht. Denkbar sei demnach eine stille Beteiligung des Bundes, wie dies auch bei der Lufthansa der Fall sei. Wir haben es vorhin auch noch mal gehört.
Und dass sich angesichts dieses Tohuwabohus ernsthaft noch jemand darüber wundert, dass die Opposition eine öffentliche Debatte verlangt, die zumindest einmal verdeutlicht, welche Linie die Landesregierung denn nun tatsächlich verfolgt und wie sie mit den sich offenbar ständig ändernden Rahmenbedingungen umgehen will, kann ich nun beim besten Willen nicht nachvollziehen.
Und während wir als Abgeordnete ja zumindest noch die eine oder andere Information über die Fachausschüsse des Landtages bekommen, sind die Kolleginnen und Kollegen auf den Werften und ihre Familien den ständigen oft Negativmeldungen mehr oder weniger hilflos ausgeliefert. Das Gros ist dort seit Monaten in Kurzarbeit und dazu verdammt, der Dinge zu harren, die da kommen. Und diese Leute erwarten doch zu Recht von uns, dass sie nicht nur dann informiert werden, wenn es mal Hoffnungsvolles zu verkünden gibt, wie zuletzt im Rahmen der Sonderlandtagssitzung zur Freigabe der Mittel aus der sogenannten Locked Box, sondern dass man sie jetzt auch mitnimmt, wo die Kacke sprichwörtlich am Dampfen ist.
Denn gar nichts zu erfahren, kann im Übrigen auch sehr belastend sein, will ich aus eigener Erfahrung als Kollege
Heute gibt es nun eine öffentliche Debatte und verschiedene Anträge liegen vor, es klang an. Wir bei uns in der Fraktion haben lange darüber diskutiert, wie man sich dem Thema nähern soll, und uns dazu entschieden, mit Punkt 1 zum Ausdruck zu bringen, dass wir die Bestrebungen der Landesregierung unterstützen, die rechtlich zulässig und wirtschaftlich vertretbar erscheinen, wenn es darum geht, die Zukunft der Werften zu sichern. Ich glaube, wir sind uns hier alle einig, dass, realistisch betrachtet, nur eine Lösung mit der Unterstützung des Bundes infrage kommt.
Was der Begriff „Schutzschirm“ und die darüber akquirierten Mittel dann in der konkreten Ausgestaltung bedeuten, das muss man miteinander diskutieren. Das kann auch eine stille Beteiligung sein, aber dazu braucht es dann in den Fachausschüssen auch möglichst einheitliche und belastbare Aussagen der Regierung. Und diesen Punkt haben Sie, meine Damen und Herren von SPD und CDU, ja dann gleich mal sauber von uns abgeschrieben.
Ich werte das mal als ein gutes Zeichen, weil wir an der Stelle uns dann ja tatsächlich scheinbar einig sind.
(Jochen Schulte, SPD: Wenn ihr schon mal was Anständiges macht, dann muss man das auch honorieren! – Simone Oldenburg, DIE LINKE. Abschreiben!)
und das verstehe ich durchaus, denn erstmals nach Jahren des Auf und Ab beim Thema Werften stellt damit ja auch eine Fraktion in diesem Haus öffentlich die Frage, was denn nun eigentlich passiert, wenn alle Bemühungen der Ministerpräsidentin und der beteiligten Fachminister am Ende nicht zum Erfolg führen sollten. Ich kann Ihnen versichern, niemand in meiner Fraktion, am allerwenigsten ich selbst, der Gewerkschafter, für den die Sicherung guter, tariflich bezahlter Industriearbeitsplätze immer einen immens hohen Stellenwert hat, wünscht sich ein solches Szenario. Aber ich darf daran erinnern, selbst Frau Ministerpräsidentin Schwesig hat gestern noch einmal dezidiert darauf hingewiesen, dass auch ein solches Szenario eintreten kann, und davor kann man sich also nicht wegducken.
Kurzfristig würde im Worst Case natürlich im Mittelpunkt stehen, wie die Beschäftigten aufgefangen werden können. Die arbeitsmarktpolitischen Instrumente, mit denen der Eintritt von Arbeitslosigkeit in solchen Fällen verhindert wird und die darauf abzielen, betroffene Beschäftigte zu qualifizieren, umzuschulen und weiterzuvermitteln, sind Ihnen bekannt. Dazu will ich daher jetzt an dieser Stelle auch gar nicht weiter ausführen. Schwieriger und eben nicht über Nacht aus dem Hut zu zaubern sind
dagegen Entwicklungskonzepte, bei denen es mittel- und langfristig darum geht, Standorte so weiterzuentwickeln, dass dort zukunftsträchtige Industriearbeitsplätze geschaffen werden können, die den betreffenden Kommunen und den dort beheimateten Werftarbeiterinnen und Werftarbeitern eine echte Perspektive bieten. Da bleibt auch Schiffbau immer noch eine Option, aber eben nicht die einzige.
In unserem Nachbarland Dänemark kann man sich anschauen, wie es in einem solchen Fall gehen könnte. Wo früher Odense Steel Shipyard als einst zweitgrößte dänische Schiffswerft beheimatet war, entstand seit 2012 mit Zwischenschritten die LINDØ port of Odense A/S als Mischung aus Industriepark und Hafenbetrieb, auf deren Gelände sich circa 160 verschiedene, teilweise namenhafte Firmen auch aus der maritimen Industrie angesiedelt haben. Und auch dort ging das nicht über Nacht. Und völlig klar ist, dass ein solcher Prozess auch nicht ohne massive Unterstützung, sprich entsprechende Fördermittel von Bund und Land, auf den Weg gebracht werden kann.
Hier ist oft betont worden, dass die Werften identitätsstiftend für unser Land sind. Das stimmt ohne jeden Zweifel und deshalb noch einmal: Die Landesregierung soll auch nach unserer Auffassung das Mögliche tun, um sie zu retten. Wenn es am Ende dennoch nicht gelingt, dann muss aber mit dem Bund auch dahin gehend verhandelt werden, wie die Folgen abgemildert werden können und wie neue Impulse gesetzt werden können. Und deswegen haben wir in den Abschnitt 2 ja auch hineingeschrieben den Verweis auf Mitteldeutschland. Denn es ist ja nicht so, dass es damit hierzulande überhaupt keine Erfahrung gäbe. Der Strukturwandel ist angesprochen worden. Die große Bergbautradition in Brandenburg oder Sachsen geht leider zu Ende. Und auch dort wird es eine Ära danach geben.
Abschließend will ich noch was zum Antrag von SPD und CDU sagen. Dass die Landesregierung den Finanzausschuss fortlaufend informiert, davon bin ich auch ohne Punkt 3 Ihres Antrages ausgegangen.
Und Ihre Einschätzung, dass die Entscheidung vom Juni zur Freigabe der Mittel aus der Locked Box richtig war, teilen wir, denn auch uns war natürlich wichtig, dass die Gehaltszahlungen für die Kolleginnen und Kollegen gesichert werden und dass vor allen Dingen auch die Forderungen der Zulieferer im Land bedient werden. Gerade für Letztere haben wir uns in dem gesamten Diskussionsprozess auch immer wieder starkgemacht, immer nach dem Motto, nicht nur an die Großen denken, auch an die vielen Kleinen, die ja auch Arbeitsplätze in Mecklenburg-Vorpommern geschaffen haben, sozusagen auch diese mitzunehmen – mit Erfolg im Übrigen. Und an dieser Position hat sich auch nichts geändert, und das werden wir, denke ich, morgen im Finanzausschuss auch deutlich machen.
Am Ende meiner Rede bleibt mir heute nur noch, den Bemühungen der Landesregierung in Berlin Erfolg zu wünschen. Ich gehe mal davon aus, dass wir für den Fall, dass eine Lösung gefunden wurde, sehr schnell davon erfahren. Und sollte das wider Erwarten oder allen Hoffnungen zum Trotz nicht gelingen, dann ist auch zügiges und überlegtes Handeln angezeigt, damit es in Wismar,
in Rostock und in Stralsund weitergeht, ob in der bisher gewohnten Art und Weise oder, wenn nötig, auch auf neuen Pfaden. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben schon, alle Redner haben fast gesagt oder alle Redner haben gesagt, dass wir in Einmütigkeit hier im Plenarsaal vor circa einem Monat die Locked Box mit 175 Millionen freigegeben haben. Und das haben wir deswegen gemacht, weil wir auch hier einhellig der Meinung waren, dass auch Genting in Mecklenburg-Vorpommern für uns, was die Werftenindustrie angeht, ein Glücksfall war. Und ich bin auch dem Minister noch einmal dankbar, dass er noch einmal erinnert hat und klargestellt hat, dass die Werften nicht in Schieflage gekommen sind, weil sie schlecht gewirtschaftet haben, sondern weil wir eine weltumfassende Corona-Epidemie haben und das die Ursache dafür ist. Das muss man wirklich immer zugrunde legen.
Ich war selbst, Herr Schulte hat es auch gesagt, ich war selbst mehr als unsicher, unschlüssig, ob eine öffentliche Debatte im Plenarsaal zielführend ist oder nicht zielführend. Ich gehe eher davon aus wie Herr Schulte, dass das nicht unbedingt zielführend ist. Aber doch auch in dem Punkt, eines hat die Debatte auf jeden Fall gebracht, und das ist die Aussage, die die AfD hier gemacht hat. Und dazu möchte ich natürlich auch kurz Stellung nehmen.
Sie haben ja unter anderem gesagt, dass Sie ausländische Arbeitskräfte nicht retten wollen, nur inländische Arbeitskräfte. Das ist eine widerliche Aussage. Aber sie ist ja auch noch dazu verlogen, weil im Endeffekt haben Sie hier ganz klar signalisiert, dass Sie die Werften abwickeln wollen. Das ist die Quintessenz Ihrer Aussage heute.
Das ist, das muss man, das muss man sagen, das ist eine Verantwortungslosigkeit sondergleichen, die die AfD in diesem Land hier vorne hinlegt.
Ich möchte unseren Gästen vermitteln oder mitteilen, dass das ausschließlich bei der AfD die Position ist. Alle anderen hier im Plenarsaal sind sich ihrer Verantwortung bewusst und wollen die Arbeitskräfte und die Werften in Mecklenburg-Vorpommern retten, und das bitte ich auch mitzunehmen in die Belegschaft.
Jetzt haben wir gehört, dass aufgrund von Indiskretionen natürlich aus einer vertraulichen Runde heraus natürlich dann sofort etwas in die Öffentlichkeit gelangte. Und wie ist das dann? Dann fängt man an zu spekulieren. Es wird dies und das gesagt, es wird verunsichert bis zum Gehtnichtmehr. Und das ist die Situation, die wir heute haben,
auch durch den Dringlichkeitsantrag. Ich halte das für unredlich, überhaupt aus vertraulichen Runden rauszugehen. Aber Fakt ist, dass durch diese Spekulation, die dann herrscht, die Verunsicherung also weiter geschürt wird und dadurch auch öffentliche Meinung gebildet wird, und das möglicherweise aufgrund von Äußerungen, die so oder so gar nicht stimmen oder unvollständig sind oder noch gar nicht zu Ende verhandelt sind. Wir sind ja auch mitten in Verhandlungen noch – der Minister hat es gesagt –, und insofern ist das dann auch eine Art der Unverantwortlichkeit.
Es ist gesagt worden – und ich vermag das jetzt abschließend auch noch gar nicht, ich vermag das auch abschließend nicht zu beurteilen –, dass es eine Option ist, unter den Schutzschirm des Bundes zu gelangen oder eventuell eine stille Beteiligung einzugehen, dass es eine Option ist. Dazu sind ja die Verhandlungen auch da, das dann abschließend auch zu beurteilen und den richtigen Ansatz eben auf den Weg zu bringen. Ich unterstütze aber alle Bemühungen der Landesregierung auf Bundesebene, um unverzüglich verlässliche Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass die MV WERFTEN in Mecklenburg-Vorpommern unter den Schutzschirm des Bundes gelangen. Und das eint die Koalition und das gleichlautende Ansinnen der LINKEN in den vorliegenden Anträgen.
Und dann ist auch, das hat der Minister auch gesagt, es ist natürlich, er hat das Wort geprägt „VEB Werften“ oder es ist vielleicht kolportiert worden.
Das halte ich für genauso abwegig wie das, wie es schon gesagt wurde, also dass die öffentliche Hand Mehrheiten der MV WERFTEN kauft und dann Unternehmer auf den Werften wird. Ich glaube, das geht eher nach hinten los, das ist keine Option.
Fakt: Eine Bewertung sollte mit Sicherheit nicht auf Basis von Spekulationen erfolgen. Wir brauchen valide Informationen, valide Informationen aus dem Ausschuss, wie beispielsweise auch für diejenigen, die dabei waren, am vergangenen Donnerstag, 20. August, von Staatssekretär Dr. Rudolph im Wirtschaftsausschuss. Dort sind in der Tat etwas lange, über mehrere Stunden Aussagen getroffen worden, auch zu den in Anträgen der Opposition gewünschten Optionen des Landes, auch darüber ist gesprochen worden. Und die Fachausschüsse, namentlich der Wirtschafts- und der Finanzausschuss, sind die richtigen Orte dafür. Und das wird selbstredend fortgeführt, womit eigentlich dem Ansinnen der Oppositionsanträge in meinen Augen Genüge getan ist.