Protokoll der Sitzung vom 23.09.2020

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Tun Sie das doch! – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Bedenken bestehen auch in Bezug auf den vom Vorbild Baden-Württemberg gebrauchten unbestimmten Rechtsbegriff „geeignet“. Herr Pegel hat das angesprochen. Ich sehe da auch die Probleme.

In dem Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Klimaschutzes in Baden-Württemberg heißt es, Zitat, also Paragraf 8a: „Beim Neubau von Nichtwohngebäuden ist auf der für eine Solarnutzung geeigneten Dachfläche eine Photovoltaik-Anlage zur Stromerzeugung zu installieren.“ Das bedeutet für die Verwaltung die konkrete Ausgestaltung dieser Pflicht. Insbesondere die maßgebli

chen Mindestanforderungen zu Größe, Form, Neigung, Ausrichtung und Verschattung einer Dachfläche müssten dann vom zuständigen Ministerium im Einvernehmen mit den betroffenen Ressorts zur erlassenen Rechtsverordnung definiert werden. Bis zur näheren Bestimmung dieser Mindestanforderungen kann der zu erwartende Erfüllungsaufwand für die Bürger und Bürgerinnen nur grob geschätzt werden.

Nur eines ist heute schon sicher, es wird teuer für alle, denn auch die Verwaltung muss dafür großen Aufwand betreiben. Dabei tragen Wind und Sonne gerade einmal zu 1,3 und 0,7 Prozent der Primärenergieerzeugung in Deutschland bei.

(Torsten Renz, CDU: Wenn er jetzt auch noch seine Alternativen vorträgt, kann das dauern.)

Das ist für die Regierungspropaganda eine Erfolgsgeschichte, für die Bürger aber bereits jetzt ein kostspieliges Desaster.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Nein, meine Damen und Herren, lassen wir die Finger von derartigen Projekten, die die Wettbewerbsfähigkeit unseres Bundeslandes gezielt verschlechtern, zusätzliche Kosten für Gewerbe, Landwirtschaft und Industrie erzeugen, die letztendlich vom Verbraucher bezahlt werden, ganz einmal abgesehen von der zusätzlichen Bürokratisierung! Wir werden gegen Ihren Antrag stimmen, sehr geehrte LINKE. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Franz-Robert Liskow.

Sehr geehrte Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Frau Schwenke, Sie haben ja in Ihrem Antrag beschrieben, dass die Energiewende neue Impulse braucht. Ich glaube, der Minister hat hier auch eindrucksvoll erklärt, dass wir seit 2017 schon Exporteur sind, was den erneuerbaren Energiestrom angeht. Und ich möchte da auch ein paar Zahlen nennen: Wir haben aktuell etwa 1.877 Megawatt in unserem Land installiert und unser Landesziel, bis 2025 2.000 Megawatt zu erreichen, ist dementsprechend nicht mehr allzu weit weg. Dafür haben wir jetzt noch knapp fünf Jahre Zeit, und ich denke, das ist eine Erfolgsgeschichte der Fotovoltaik.

Und wenn man hier auch diskutiert, wie wir die Energiewende weiter voranbringen wollen, dann denke ich zum einen natürlich an die aktuelle Novellierung des neuen EEG – das wurde hier auch schon vom Minister angesprochen –, wo, ich glaube, viele neue Impulse sind, wie wir die Fotovoltaik in unserem Land weiter voranbringen. Und auch, um auf Baden-Württemberg zu verweisen, viele Ausnahmen wurden hier bereits aufgeführt, die in diesem geplanten Gesetz dort feststehen. Aber da muss man sich natürlich auch die Frage stellen: Was möchte man dann anschließend auch bewirken? Wollen wir sa

gen Eigenstrom? Dann erinnere ich nur mal daran, dass auch die Landesregierung bereits 2016 auf eigenen Landesgebäuden geprüft hat und eine Analyse durchgeführt hat, um die Möglichkeit von Fotovoltaik zu installieren. Dort wurde festgestellt, dass die Wirtschaftlichkeit in den meisten Fällen eben nicht belegt werden konnte. Und wenn wir über das Thema EEG-Einspeisung reden, dann kann ich nur daran erinnern, dass aktuell die Übertragungsnetze und auch die Speichermöglichkeiten gar nicht vorhanden sind.

Ich hatte vor Kurzem die Gelegenheit, einen Termin bei der E.DIS in Demmin wahrzunehmen. Dort wurde mir noch mal eindrucksvoll erläutert, dass aktuell im E.DISNetz 11 Gigawatt Nennleistung erneuerbare Energien installiert sind, die aktuelle Spitzenlast allerdings maximal 2,4 Gigawatt Leistung beträgt, und das ist knapp ein Fünftel. Das heißt, wenn alles funktionsfähig sozusagen am Netz sein könnte, müssen 80 Prozent der installierten Leistung abgeschaltet werden. Und ich glaube, das ist ein ganz wichtiges Thema, worüber wir reden müssen, dass eben vor allen Dingen an den Netzen gearbeitet werden muss, bevor wir immer weiter über unbeschränkten und immer weiteren Zubau reden. Und ich glaube auch, man muss über das Thema reden, wer soll diese Pflicht dann auch tatsächlich bezahlen. Dann muss man hier auch klipp und klar sagen, das Bauen wird dann in Mecklenburg-Vorpommern immer weiter verteuert.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Das wird es doch ohnehin.)

Und davon steht in diesem Antrag nichts drin.

An dieser Stelle glaube ich, dass man doch in unserem Land bisher richtig gut damit gefahren ist, dass man den Investoren selbst die Möglichkeit gegeben hat zu entscheiden, ob Fotovoltaik auf ihren Gebäuden oder Parkflächen installiert werden sollte. Von daher lehnen wir diesen Antrag aus Überzeugung ab, und ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Jens-Holger Schneider, AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr da Cunha.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN, herzlichen Dank für Ihren Antrag zu diesem Thema, das uns ja auch regelmäßig umtreibt, der Frage nämlich, wie wir in einem Industrieland die CO2-Wende hinbekommen und der Welt zeigen, dass Klimaneutralität, Planet retten und Wohlstand bewahren einander nicht ausschließen müssen.

Sie haben in Ihrem Antrag ein Thema aufgegriffen, das auch in der deutschen Sozialdemokratie schon sehr lange intensiv diskutiert wird. Der leider schon vor zehn Jahren verstorbene Hermann Scheer hat in seinem Buch „Solare Weltwirtschaft, Strategie für eine ökologische Moderne“ bereits aufgezeigt, welche Energiegewinnungspotenziale wir in Deutschland liegen lassen, wenn

wir Dachflächen und versiegelte Flächen nicht als Potenziale für die solare Energiegewinnung verstehen. Die TU München hat 2010 gemeinsam mit Siemens errechnet, dass wir ein Installationspotenzial für Fotovoltaik auf Dachflächen von etwa 161 Gigawattstunden Peak in Deutschland besitzen. Wenn Sie sich heute mit Experten in diesem Bereich unterhalten,

(Zuruf von Bert Obereiner, AfD)

liegt das Potenzial aufgrund des technischen Fortschritts bei Fotovoltaikmodulen allein auf Dachflächen noch deutlich höher. Wenn wir uns über die Notwendigkeit gesetzlicher Regelungen – und hier gefordert nach dem Beispiel von Baden-Württemberg – zur Förderung der Solarnutzung von Dächern unterhalten, dann darf man auch den Status quo aber nicht vergessen.

Und wie ist er eigentlich, der Ausbaustand in Deutschland?

Wenn man sich die Zahlen für 2018, also die einzigen, die jetzt gerade für alle Bundesländer vergleichbar sind, als einheitliche Vergleichsbasis da sind, und sich da das Beispiel Baden-Württemberg noch mal rausnimmt, von dem Sie ja gesprochen haben, dann haben Sie im Jahr 2018 lediglich 0,53 Kilowattstunden Peak je Einwohner für die Fotovoltaiknutzung installiert. Das lag 2018 im Mittelfeld aller 16 Bundesländer, auch wenn Baden-Württemberg aufgrund seiner südlichen Lage etwa 15 Prozent höhere Energieeinstrahlungen pro Quadratmeter hat als Mecklenburg-Vorpommern. Bayern mit ähnlich guten Einstrahlungswerten kommt da mit etwa 0,96 Kilowattstunden Peak je Einwohner auf knapp den doppelten Wert von Baden-Württemberg, aber, wie Sie merken, immer noch unter einer Kilowattstunde. Mecklenburg-Vorpommern liegt mit 1,17 Kilowattstunden Peak je Einwohner deutschlandweit auf Platz zwei. Spitzenreiter Brandenburg erreicht fast den dreifachen Wert von Baden-Württemberg. Was ich sagen möchte, die Notwendigkeit, in Baden-Württemberg endlich tätig zu werden, ist deutlich höher als bei uns im Land.

Keine Frage, die Nutzung der Dachflächenpotenziale für eine solare Nutzung müssen auch wir im Land noch deutlich erhöhen. Aber im Gegensatz zu BadenWürttemberg, die vor allem auf die Fotovoltaik setzen, hätte ich ganz gerne vorab eine Diskussion darüber, welche Solarnutzung wir haben wollen. Ich persönlich finde nämlich alle drei Formen begrüßenswert: Fotovoltaik zur Stromproduktion, Solarthermie zur Wärmegewinnung und auch die Dachbegrünung, insbesondere auch in Ballungsräumen, um dort, wo es angebracht ist, etwas für das Mikroklima unserer Städte zu tun. Das wäre es, was ich unter einer echten Solarpflicht im Neubaubereich verstehen würde.

Jetzt kommen wir aber wieder zu dem Obligatorischen: Ja, warum stimmen Sie dann nicht zu? Ganz einfach, weil Ihr Antrag mit der heißen Nadel gestrickt ist. Sie benennen nicht, wo wir die Regelungen zur Solarpflicht einführen sollen. Wir haben – haben Sie auch schon gesagt – kein Klimaschutzgesetz wie Baden-Württemberg, in dem wir eine solche Änderung einfügen können,

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Ja, Landesbauordnung, hat ja der Minister gesagt.)

werden wir in dieser Legislaturperiode auch nicht mehr bekommen. Landesbauordnung, KiföG ist dann frei wählbar.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: KiföG?)

Steht nicht drin, wo es eingeführt werden soll.

(Zuruf von Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

Da ist hier auch die Frage, ab wann eine solche Regelung in Kraft treten soll. Bei Ihnen steht eine Regelung zum 1. Mai 2021. Soll sie dann in Kraft treten oder sollen wir am 1. Mai 2021 mit der Arbeit an einer solchen Regelung beginnen? Auch wenn Sie in der Rede näher präzisiert haben, ist das in diesem Antrag relativ vage. Und natürlich stellt sich auch die Frage, ob überhaupt eine Eignung gegeben ist, ob es erlaubt ist und natürlich auch, was machen wir mit nicht rentablen Standorten. Und wie bereits gesagt wurde, würde ich eine Solarpflicht auch tatsächlich als solche sehen. Solarnutzung ist letzten Endes eben mehr als die reine Fotovoltaiknutzung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Wer sich mit dem beschäftigt, was die SPD hier im Land inhaltlich so treibt, der wird feststellen, dass wir Energie- und Umweltthemen einen hohen Stellenwert einräumen. Die Energiewende wird bei uns nicht einfach nur als Umweltschutz begriffen, sondern auch als Chance, als Chance für neue Wirtschaftsfelder, Potenziale für unser Land zu eröffnen, als Wertschöpfung und darüber hinaus. Und ich bin optimistisch, dass der achte Landtag Mecklenburg-Vorpommern sich dann auch mit der Frage einer Solarnutzung, hoffentlich in Verbindung mit einem Klimaschutzgesetz auseinandersetzen wird.

Auf dem Weg dahin sind Diskussionen wie die heutige sehr wichtig. Auch wenn wir in der Sache am gleichen Strang ziehen, gibt es doch unterschiedliche Sichtweisen, über die wir gerne reden können und reden müssen. Und ich sehe auch noch Handlungsbedarf in Berlin, die Rahmenbedingungen für die Solarnutzung durch Privathaushalte zu verbessern, denn im Idealfall sind die Rahmenbedingungen so, dass wir einem Parkplatzbesitzer oder einem Häuslebauer erst gar nicht verordnen müssen, Solarenergie auf seinen Flächen zu gewinnen, im Idealfall rechnet sich seine Investition nämlich einfach für alle Seiten.

Wir bleiben bei dem Thema Solarenergie im Gespräch, gern auch darüber hinaus im Fachausschuss und auf anderer Ebene. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, und wir werden den vorliegenden Antrag ablehnen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Das Wort hat noch einmal für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Dr. Schwenke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, es war ja nichts anderes zu erwarten, ist klar. Und die Spitzfindigkeiten mit dem, wann soll das losgehen und wo soll das eingetragen werden, Herr da Cunha, die sind Ihrer eigentlich nicht würdig, finde ich jedenfalls.

(Beifall Horst Förster, AfD)

So haben Sie das bisher auch nie gemacht, also insofern okay.

(Zurufe von Jochen Schulte, SPD, und Franz-Robert Liskow, CDU)

Es ist halt alles auch ein bisschen Show.

Außerdem will ich nur noch zu Ihrem Beitrag sagen, an keiner Stelle in diesem Antrag steht, dass es nur um Fotovoltaik geht. Hier steht Nutzung der Sonnenenergie, und das schließt natürlich die Nutzung auch für die Wärmeversorgung völlig ein, also zumindest in meinem Verständnis. Also es geht nicht nur um die Stromerzeugung, sondern es geht insgesamt um Sektorenkopplung. Das steht ja sogar in der Begründung drin, also das heißt, den Strom, den wir erzeugen, oder die Energie, die wir erzeugen, auch in den Bereichen zu nutzen, die davon abhängen, wie wir auch die Energiewende insgesamt brauchen.