Protokoll der Sitzung vom 24.09.2020

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Die Corona-Pandemie aus unserer Sicht auf die leichte Schulter zu nehmen, bedeutet, bewusst in Kauf zu nehmen, wie in Brasilien und den USA, dass die Friedhöfe nicht mehr reichen,

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Holger Arppe, fraktionslos)

ja, oder dass des Nachts in Italien das Militär eingesetzt wurde, um die Toten aus den Krankenhäusern abzufahren. Wenn das hier sein würde, wenn das hier geschehen würde, an welchem Straßenrand würden Sie stehen und rufen, dass die Regierung nichts machen würde

(Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

und dass man dagegen etwas unternehmen müsse?

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Sie sind beliebig in Ihrer Politik. Das müssen wir Ihnen mal vorhalten.

So, und dann haben wir uns das alles angeguckt und haben uns die Frage gestellt, warum stellen Sie den Antrag wirklich? Was ist der tiefere Sinn? Was der politische Sinn?

(Dr. Ralph Weber, AfD: Ach, jetzt kommt der Philosoph!)

Wir haben gestern über Moral gesprochen, Herr Förster, ich habe sehr aufmerksam zugehört. Also um mal abzuschichten, man könnte natürlich sagen, das ist irre, was da steht, das ist irrwitzig, das können wir zusammenfalten und wegschieben, aber ich finde, das wird erstens der Sache überhaupt nicht gerecht, und zweitens darf man Sie nie auf die leichte Schulter nehmen,

(Horst Förster, AfD: Richtig!)

muss man Sie sehr ernst nehmen, ja, muss man Sie sehr ernst nehmen. Und ein zweiter Punkt wäre, man könnte meinen, also Sie wollten sich an die Corona-Leugner und die Verschwörungstheoretiker ranwanzen.

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

Und das wäre erbärmlich. Es ist eine denkbare Möglichkeit, aber das wäre erbärmlich.

Und man könnte meinen, Sie – weil es steht ja in Ihrem Antrag –, Sie hätten jetzt plötzlich Ihr Herz für die Armen in dieser Gesellschaft entdeckt

(Dr. Ralph Weber, AfD: Das haben wir schon immer.)

und für die Kleinst- und Kleinunternehmen. Nee, haben wir ja noch nicht gesehen, haben wir noch nicht einen Antrag gesehen. Sie halten sich in dieser Frage sehr stark zurück. Und als es darum ging, darf ich mal in Erinnerung rufen, dass wir gesagt haben, Mittel, die im Gesundheitswesen erwirtschaftet werden und Überschüsse darstellen, die müssen in dem Bereich verbleiben, und deswegen sollte reguliert werden und sollten die Gewinnausschüttungen zumindest gekappt werden, da waren Sie dagegen, weil Sie in großer Sorge um die

großen Konzerne dieses Landes waren. Sie machen die Politik für die Reichen und für die Konzerne

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

und stellen sich aber mit diesem Antrag hin, als hätten Sie ein Herz für die Armen in dieser Gesellschaft.

Und da habe ich überlegt, vielleicht könnte es so sein, dass Sie – wenn das greifen würde, wenn es diesen Umstand gäbe, Ihr Antrag käme heute durch und es wird dann sozusagen diese Gefahr aufgemacht –, hätten Sie vielleicht ein Interesse daran, dass es dann zu einer Zerstörung der sozialen Ordnung käme, haben Sie daran ein Interesse.

(Heiterkeit bei Horst Förster, AfD)

Ich habe das dann wieder beiseitegelegt,

(Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD)

habe ich beiseitegelegt, weil Sie geben zwar immer vor, die Alternative für Deutschland zu sein, sind Sie aber nicht.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Horst Förster, AfD)

Sie haben ein großes Interesse daran, dass der Kapitalismus funktioniert, nur nach Ihren Spielregeln gern. Also muss es etwas anderes sein, es muss etwas anderes sein, was Sie umtreibt

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

und was der tiefere Hintersinn ist.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

Und der ist aus meiner Sicht –

(Zurufe von Horst Förster, AfD, und Jens-Holger Schneider, AfD – Glocke der Vizepräsidentin)

und das ist ein schwerer Vorwurf,

(Glocke der Vizepräsidentin)

ein schwerer Vorwurf, den ich hier machen muss –: Ihnen sind die Menschen egal, sehr geehrte Damen und Herren, Ihnen sind die Menschen egal. Sie gehen mit Ihrem Antrag sehenden Auges darauf zu, dass man mit der Gesundheit der Bevölkerung – der Minister hat es gesagt –, mit der Gesundheit der Bevölkerung spielt.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Und wer die Gesundheit der Bevölkerung aufs Spiel setzt, dem sind die Menschen egal. Das muss ich Ihnen vorwerfen.

Und was ist der Webstoff einer Politik, der die Menschen egal sind?

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Der Weberstoff.)

Das ist der Webstoff totalitärer Ideologie. Und damit möchte ich schließen und zitiere Hannah Arendt: „Das eigentliche Ziel der totalitären Ideologie ist nicht die Umformung der äußeren Bedingungen“ – darüber reden wir gerade – „menschlicher Existenz und nicht die revolutionäre Neuordnung der gesellschaftlichen Ordnung“ – wollen Sie auch nicht –, „sondern die Transformation der menschlichen Natur selbst, die, so wie sie ist, sich dauernd dem totalitären Prozeß entgegenstellt.“ Wir lehnen, sehr geehrte Damen und Herren, Ihren Antrag aus tiefer Überzeugung ab.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Herr Koplin, zu Ihrem Redebeitrag ist eine Kurzintervention seitens der Fraktion der AfD angemeldet worden.

Bitte schön, Herr Professor Dr. Weber!

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Schön mal die Zeit stoppen!)

Liebe Landsleute! Wertes Präsidium!

Herr Koplin, es ist ja interessant, also Sie möchten uns zusammenfalten und wegschieben.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Den Antrag.)

Ich kann Ihnen nur sagen, das wird Ihnen nicht gelingen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Es ging um den Antrag.)