Protokoll der Sitzung vom 13.03.2002

Ich halte es für sehr bedauerlich, dass die Beschäftigten der Landesverwaltung durch die Berichterstattung über den Prüfbericht öffentlich in Misskredit gebracht wurden, nicht nur deshalb, weil die vorliegenden Daten den vielfach vermittelten Eindruck einer faulen Beamtenschaft nicht rechtfertigen, sondern auch, weil hier alle Beschäftigten der Landesverwaltung ganz pauschal diesem Generalverdacht ausgesetzt waren. Viele Beamte und Angestellte sind in der vergangenen Woche auf die Berichterstattung angesprochen worden, und die meisten von ihnen haben sich nichts zuschulden kommen lassen; viele haben nicht einmal einen Internetzugang im Büro. Zurzeit werden in der Landesverwaltung diverse E-Government-Projekte geplant und auch in naher Zukunft, zunächst in Pilot - -

(Möllring [CDU]: Wenn eine kurze Anfrage gestellt wird, muss man auch die Antwort kurz halten, damit nicht unsere Arbeitszeit verloren geht! – Gegenruf von Adam [SPD]: Haben wir die Frage gestellt, Herr Möllring?)

- Wie bitte?

(Möllring [CDU]: 130 Leute werden durch diese lange Antwort von der Arbeit abgehalten! – Gegenruf von Adam [SPD]: Entschuldigen Sie! Wollen wir Antworten oder Sie? Der Möllring, der eingebildete Herr Mi- nisterialrat a. D.! - Widerspruch bei der CDU)

Bitte reden Sie weiter, Herr Minister!

(Adam [SPD]: „Ministerialrat a. D."! - Unruhe)

Können wir uns jetzt bitte darauf beschränken, zuzuhören! Ich werde dazu gleich etwas sagen. Bitte schön!

Zurzeit werden in der Landesverwaltung diverse EGovernment-Projekte geplant und in naher Zukunft - zunächst in Pilotfeldern - auch realisiert. Um hier erfolgreich zu sein, brauchen wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit dem Handling der Internettechnologien vertraut und bereit sind, das erforderliche Know-how zu erwerben. Dies gelingt nicht nur durch dienstlich verordnete Fortbildungsmaßnahmen, sondern beruht eben auch auf Privatinitiative und persönlichem Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die derzeit geführte Diskussion hat bei den Beschäftigten zu Verunsicherung geführt und wirkt in Bezug auf unsere Vorhaben eher kontraproduktiv. Das haben auch Personalratsvertreter und Gewerkschaften den Initiatoren mitgeteilt.

Zu Frage 3: Dass es immer Missbrauchsmöglichkeiten geben kann und auch gibt, ist keine Frage; das ist technisch auch gar nicht abzustreiten. Es kann aber auch keinen Zweifel daran geben, dass eindeutig missbräuchliche Benutzungen des Internets nicht geduldet werden. Dies ist kein alleiniges Problem der Verwaltung oder gar speziell der niedersächsischen Verwaltung. Dieses Problem stellt sich jedem Arbeitgeber weltweit - öffentlich wie privat. Aber ich bestreite das Ausmaß des angeblichen Missbrauchs in der niedersächsischen Landesverwaltung, das der Landesrechnungshof suggeriert, und ich lasse hier auch keine Pauschalverdächtigung und erst recht keine Vorverurteilung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu.

Es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass sich die überwiegende Mehrheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht korrekt verhält. Sie geht ihrer Arbeit - wie vom Landesrechnungshof mittlerweile attestiert - engagiert nach. Gleichwohl ist die Landesregierung nicht, wie ihr unterstellt wird, untätig gewesen, um Missbrauchsmöglichkeiten einzuschränken oder abzustellen.

Wie schon eingangs erwähnt, gibt es für die Landesverwaltung seit 1999 Rahmenregelungen zur Nutzung des Internets. Hier wird nicht nur die private Nutzung des Internets untersagt, sondern es werden auch weitgehende Regelungen getroffen. In den Rahmenregelungen ist eine Einweisung in die Internetnutzung für jeden Beschäftigten vorgesehen, um ein Fehlverhalten der Beschäftigten - z. B. aus Unkenntnis - zu verhindern. Darüber hinaus sehen die Regelungen vor, die Protokolldateien auf Unregelmäßigkeiten stichpunktartig zu

prüfen. Es sind gelegentlich Stichproben und Anlasskontrollen durch die Dienststellen vorgenommen worden; sie sind auch weiterhin vorgesehen. Dort, wo Missbrauch entdeckt wird, steht selbstverständlich das einschlägige Arsenal disziplinarischer Maßnahmen zur Verfügung.

Weiterhin besteht die Möglichkeit, den Zugriff auf zweifelhafte Internetseiten durch Softwarefilter zu verhindern. Dies geschieht bereits in einigen Dienststellen der Landesverwaltung. Es werden unterschiedliche Softwareprodukte eingesetzt, zum Teil käufliche, aber auch Open-source-Produkte. Die Möglichkeit eines landesweiten Einsatzes solcher Filtersoftware wird bereits seit langem geprüft. Dabei muss aber natürlich die Heterogenität der Aufgaben in der Landesverwaltung besonders berücksichtigt werden. So gibt es z. B. Beschäftigte in der Landesverwaltung, die aus dienstlichem Anlass auf zweifelhafte Internetinhalte zugreifen müssen. Mein Haus befasst sich seit einiger Zeit mit dem Einsatz derartiger Produkte und wird in Abstimmung mit den Ressorts die Planungen vorantreiben. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, jeder in diesem Hause weiß, dass ich die Rechtslage, wann wer wie sprechen kann, kenne. Die Intention der Dringlichen Anfragen ist die, dass kurz gefragt werden muss - das steht auch in der Geschäftsordnung -, und das impliziert, dass die Regierung bitte, bitte auch kurz antwortet.

(Beifall bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Ich sage das sehr freundschaftlich. Die Länge dieser Ausführungen entspricht sicherlich nicht der Intention der Geschäftsordnung. Ich bitte die Landesregierung insgesamt, das bei ihren Antworten mit zu bedenken.

(Beifall bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es hat sich der Kollege Wendhausen zu einer Zusatzfrage gemeldet. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung und hier speziell Herrn Minister Heiner Aller: Habe ich Sie richtig verstanden, dass es Unterschiede zwischen der Internetnutzung in der Landesverwaltung und in der Privatwirtschaft gibt? Ich möchte Sie bitten, diese Unterschiede noch einmal ganz deutlich herauszustellen.

(Zurufe von der CDU)

Herr Minister!

Ich habe auf diesen Sachverhalt hingewiesen. Der Landesrechnungshof hat mit den Methoden, die ich eben charakterisiert habe, für die niedersächsische Landesverwaltung eine private Nutzungsdauer von ungefähr einer Stunde ausgerechnet. Aus öffentlichen Quellen ist erkennbar, dass bei ähnlichen Arbeitsplätzen in der Privatwirtschaft bei zu drei Stunden veranschlagt werden.

Herr Kollege Rabe hat das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie erklärt sich die Landesregierung, dass in der Presseberichterstattung ganz überwiegend die private Internetnutzung durch Beamte thematisiert worden ist?

Im Anschluss daran gleich meine zweite Frage: Wurde in der Untersuchung des Landesrechnungshofs eigentlich zwischen der Internetznutzung durch Angestellte und durch Beamte unterschieden?

Vielen Dank, Herr Kollege. Das waren zwei Fragen. - Bitte schön!

Sie haben sicherlich gemerkt, dass ich in meiner Antwort versucht habe, immer dann, wenn in dem Untersuchungsbericht der Terminus „Beamte“ ge

wählt wurde, von „Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“ oder von „Angestellten“ zu sprechen. Ich glaube, es ist nicht untersucht worden - davon kann man wohl ausgehen -, ob an dem jeweiligen Arbeitsplatz eine Beamtin oder ein Beamter, eine Angestellte oder ein Angestellter oder eine Arbeiterin oder ein Arbeiter Zugang zum Internet gehabt hat. Deshalb ist die Verkürzung auf eine Gruppe der Beschäftigten nach meiner Einschätzung mindestens fragwürdig und führt zu Missinterpretationen in der Öffentlichkeit, weil Beamte stärker mit Staat identifiziert werden und damit - um die vorangegangene Frage noch einmal aufzugreifen – suggeriert wird, im öffentlichen Dienst sei alles beklagenswert.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. - Herr Kollege Schröder ist jetzt an der Reihe. Bitte schön!

Herr Minister, da es hier ja um die sinnvolle Nutzung von Arbeitszeitressourcen geht, frage ich Sie: Wie viel Zeit hat die Vorbereitung und Erstellung der eben verlesenen Antwort ungefähr erfordert?

Wenn ich die zweite Frage anschließen darf: Liegen der Landesregierung Erkenntnisse darüber vor, wie viel angebliche Arbeitszeit verloren geht durch Kollegengespräche mit privatem oder halb privatem Inhalt, und gedenken Sie auch hier tätig zu werden?

Vielen Dank. - Herr Minister, bitte schön!

Bisher hat es die Landesregierung vermieden, auf Anfragen aus der Mitte des Landtages - gleich welcher Fraktion - Berechnungen darüber anzustellen, wie viel Arbeitszeit die Beantwortung einer mündlichen, einer schriftlichen, einer Kleinen, einer Großen oder einer Dringlichen Anfrage in Anspruch nimmt.

(Frau Harms [GRÜNE]: Das stimmt doch gar nicht! Sie beklagen sich re- gelmäßig!)

Wenn das gewünscht wird, rege ich an - das sage ich insbesondere an die Adresse der Fraktion der Grünen, die sich in dieser Frage besonders hervortut -, das einmal zu beantragen. Wir wären auch sehr interessiert daran, den Input und Output jeweils zu vergleichen. Im Moment kann ich Ihnen jedoch leider keine Antwort geben.

Aber da die öffentliche Reaktion namentlich auch durch die Vereinigungen, die sich insbesondere und schnell äußern, wenn es um den öffentlichen Dienst und um Steuern geht, dazu angetan ist, den öffentlichen Dienst in seiner Gesamtheit herabzusetzen, hielte ich es für notwendig, hier so klar Stellung zu beziehen, auch zum Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der niedersächsischen Landesverwaltung.

(Beifall bei der SPD)

Ich gehe davon aus, Herr Schröder, dass das auch in Ihrem Interesse gewesen ist.

Zu Ihrer zweiten Frage: Menschen kommunizieren und sprechen miteinander. Bisweilen lesen sie auch, und zwar nicht nur Fachliteratur. Darüber gibt es derzeit keine Erhebungen. Im Landtag wird ja auch nicht Buch geführt, wer zu welchem Zeitpunkt welche Lektüre während der angesetzten Sitzungstage zu sich nimmt.

Herr Kollege Hepke, bitte schön!

Herr Minister, ich habe folgende Frage: Gibt es zu dieser Thematik seriöse Erhebungen aus anderen Landesverwaltungen oder Kommunalverwaltungen?

Vielen Dank. - Herr Minister!

Die Frage suggeriert ja, dass es erstens überhaupt Untersuchungen und zweitens seriöse und unseriöse Untersuchungen gibt. Ich habe hinsichtlich dieser Untersuchung des Landesrechnungshofs eine umfassende Antwort gegeben. Ich glaube, dass das Angebot, das ich hier formuliert habe, nämlich mit dem Landesrechnungshof, den Personalräten und

den Gewerkschaften den Sachverhalt sehr intensiv zu diskutieren, der richtige Weg ist.

Der Internetzugang wird sich in den Landesverwaltungen noch stärker verankern müssen, weil ich mit allen Kolleginnen und Kollegen fest davon überzeugt bin, dass der Nutzeffekt um ein Wesentliches höher ist als der beklagte Missbrauch, der im Augenblick diskutiert wird. Keine Landesverwaltung wird sich diesem neuen IT-Instrument auf Dauer entziehen können. Deshalb macht es Sinn - das ist ja wohl auch Teil der Intention des Landesrechnungshofs gewesen -, im Sinne von Prävention, Aufklärung und Handling dieses Instrumentariums dafür zu sorgen, dass Missbrauch oder unsachgemäße Benutzung weitestgehend ausgeschlossen werden. Diesen Weg sollten wir gehen.

Ich halte den Vorschlag aus der Mitte des Landesrechnungshofs, die Leitbilddiskussion voranzutreiben, für ausgesprochen wichtig. Ich gehe davon aus, dass uns der Rechnungshof dabei als Gesprächspartner zur Verfügung steht, genauso wie die Personalräte und die Gewerkschaften. In diese Diskussion werden die von Ihnen angefragten anderen Untersuchungen einfließen. Derzeit liegt uns keine Untersuchung vor, die wir als seriös klassifizieren würden. Aber ich gehe davon aus, dass Sie helfen können, wenn es welche auf dem Markt gibt.

Vielen Dank. - Herr Kollege Althusmann, bitte sehr!

Herr Minister, da ich glaube, dass der Großteil der Mitarbeiter der Landesverwaltung nicht besser und schlechter ist als der Rest dieser Gesellschaft, frage ich Sie, ob den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesverwaltung bekannt ist, dass das häufige private Telefonieren - Gleiches gilt auch für die Internetnutzung - in der Wirtschaft, aber auch in einer Landesverwaltung ein erheblicher Kündigungsgrund sein kann und wie Sie das beurteilen.

Zweitens frage ich Sie, wie die Landesregierung gedenkt, ihre Rahmendienstanweisung vom Februar 2001 umzusetzen, in der es unter Punkt 2.3 heißt: Vor der Einrichtung eines Internetzugangs hat jede Dienststelle festzulegen, welche Internetdienste in welcher Weise für den Dienstverkehr erforderlich sind. Sie veranlasst die entsprechende