Ob wir wirklich mehr an Entlastung als bisher erreichen können, hängt entscheidend davon ab, ob wir eine Kategorie von schweren Straftaten einbeziehen können, die gegenwärtig den Strafbefehlen und den Hauptverhandlungen vorbehalten wird. Wenn es gelänge, Fälle in den Täter-OpferAusgleich einzubeziehen und erfolgreich abzuschließen, wodurch die Hauptverhandlung mit dem großen Setting - Staatsanwalt, Protokollführer, Anwalt, Richter und Schöffen - vermieden werden könnte, hätten wir beträchtliche Einsparungen. Gegenwärtig ist dieses Ziel noch nicht erreicht. Gegenwärtig kostet der Täter-Opfer-Ausgleich relativ viel Geld und rechtfertigt sich über die ungeheuren Summen, die die Opfer auf diesem Wege erhalten.
Herr Minister, vor dem Hintergrund, dass der Presse Berichte zu entnehmen sind, wonach das Ministerium Modellversuche zur Thematik „Schlichten statt Richten“ plant, frage ich Sie: Hat dieses Vorhaben direkt etwas mit dem Täter-OpferAusgleich zu tun?
Ich antworte: Ja und Nein. - Es hat etwas damit zu tun, weil es auf derselben Grundidee basiert, dass man Konflikte schlichten sollte, statt unbedingt ein förmliches Urteil anzusteuern. Aber das, was wir hier praktizieren werden, hat gerade am 1. März begonnen. Es handelt sich dabei um Modellversuche an sechs Amtsgerichten zum Schlichten statt Richten in den Bereichen Zivilrecht, Verwaltungsrecht und Sozialrecht. Wir nutzen also nur die Mediationserfahrungen, die im Täter-Opfer-Ausgleich bereits vorliegen. Es ist dieselbe Grundidee, die jetzt aber auf die gesamte Justiz ausgeweitet werden soll, damit wir in Deutschland eine bessere Streitkultur bekommen. Auch hier sind wir in Niedersachsen wieder vorne. Das erste große, sich auf alle Gerichtszweige erstreckende Modellprojekt in diesem Sektor wird im Augenblick vorbereitet und läuft demnächst an.
Herr Minister, mit dem Täter-Opfer-Ausgleich verbindet die Bevölkerung die Überlegung, das Schwergewicht auf den Opferausgleich zu legen. Sie haben hier den Täter-Opfer-Ausgleich in der Weise - auch modellhaft - erwähnt, als er zurzeit in erster Linie mit den nicht so schweren Delikten befasst wird. Welche Vorstellungen haben Sie
Herr Abgeordneter Ontijd, es geht beim TäterOpfer-Ausgleich nicht darum, in jedem Fall eine Einstellung des Verfahrens zu erreichen, sondern für das Opfer möglichst schnell Wiedergutmachung zu organisieren und ihm eine direkte Auseinandersetzung mit dem Täter zu ermöglichen. Das ist auch in Fällen angesagt, in denen unzweifelhaft eine Anklage erfolgen muss und in denen es auch eine Verurteilung geben wird. Für diesen Fall hat der Gesetzgeber in § 46 a StGB vorgesehen, dass die Strafe dann gegebenenfalls gemildert werden kann. Der Täter-Opfer-Ausgleich ist bei dem Projekt der WAAGE zu meiner Freude beispielsweise auch schon in Fällen von versuchtem Totschlag erprobt worden. Es kommt trotzdem zu einer Verurteilung des Täters. Aber das Opfer hat den entscheidenden Vorteil, dass es auf schnellstem Wege direkte Wiedergutmachung erhält und dass ihm die direkte Konfrontation mit dem Täter erlaubt, seine Leiden - ganz anders, als das in der Hauptverhandlung möglich ist - zu offenbaren und darüber zu reden, welche traumatischen Erfahrungen die Tat in ihm ausgelöst haben.
Ich plädiere durchaus für eine Koppelung von Täter-Opfer-Ausgleich mit schweren Fällen, immer unter der Voraussetzung, dass es das Opfer von sich aus wünscht. Es darf niemandem übergestülpt werden. Es darf keine Veranstaltung zugunsten des Täters werden.
Herr Minister, können Sie zur Information der Abgeordneten zusammengefasst darstellen, welche Vorteile gegenüber den bisherigen Verfahren das Opfer beim Täter-Opfer-Ausgleich hat?
Ich mache es kurz, weil das im Wesentlichen bereits erwähnt wurde: erstens Abbau von Ängsten, die Chance, eigene Emotionen zu äußern, zweitens einen schnellen und direkten materiellen Ausgleich zu erhalten.
Herr Minister, wir hatten bei dieser Landtagssitzung einen Entschließungsantrag der CDU-Fraktion auf der Tagesordnung, der jetzt zurückgezogen wird.
Aber vor diesem Hintergrund habe ich eine Frage. Es wird vorgeschlagen, den Täter-Opfer-Ausgleich in einen Opfer-Täter-Ausgleich umzubenennen. Meinen Sie, dass der Täter-Opfer-Ausgleich in Niedersachsen von dieser Namensumbenennung im Wesentlichen profitieren kann?
Ich meine das nicht. Wir haben den Begriff des Täter-Opfer-Ausgleiches gemeinsam mit der damaligen CDU-geführten Bundesregierung gewählt, die diesen Begriff 1990 ins Gesetz gebracht hat, weil materieller Ausgleich vom Täter in Richtung Opfer erfolgt. Der Täter muss die Initiative ergreifen und auf das Opfer zugehen. Deswegen haben wir die Bezeichnung „Täter-Opfer-Ausgleich“ gewählt. Im Übrigen ist die Bezeichnung für den Erfolg der Maßnahme sicherlich nicht bedeutsam.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, ist die Frage - zu der nur Rechtsausschussmitglieder fragen, die die Antworten besser kennen als wir alle - deshalb so in
Es ist das gute Recht der Landesregierung, Fragen zu beantworten, zu denen sie Leistungsbilanzen vorstellen kann. Auf den Täter-Opfer-Ausgleich in Niedersachsen sind wir stolz. Daher freue ich mich über die gestellte Frage.
Aber ich bin nicht dafür verantwortlich, welche Fragen mir von den Abgeordneten gestellt werden. Ich sage deutlich, dass ich es genossen habe, hier die Chance zu haben, den Täter-Opfer-Ausgleich als einen Erfolg der Rechtspolitik in Niedersachsen zu präsentieren.
Herr Minister, sind Sie wirklich der Meinung, dass das Kontrollrecht des Parlamentes, das sich auch im Fragerecht darstellt, ausschließlich dafür da ist, um es der Regierung zu ermöglichen, Leistungsbilanzen vorzulegen?
Es gehört einerseits dazu, dass kritische Themen erörtert werden. Aber es gehört auch dazu, dass die Landesregierung bei Fragen die Gelegenheit hat, Themen darzustellen und eigene Zufriedenheit und Unzufriedenheit zu äußern.
(Widerspruch bei der CDU - Wulff (Osnabrück) [CDU]: Gehen Sie auf Ihren Platz Herr Pfeiffer! Sie sind eine Blamage für das Parlament!)
Wenn Sie mir vorhin zugehört haben, haben Sie festgestellt, dass ich sehr selbstkritisch gesagt habe, dass die mir gestellten Fragen nicht zu meiner Selbstbeweihräucherung führen, sondern zur kritischen Antwort, dass die Ziele keineswegs komplett erreicht sind.
Herr Minister, mich interessiert, ob die Landesregierung schon Erkenntnisse darüber hat, wie sich der Täter-Opfer-Ausgleich auf Täter auswirkt.
(Frau Pawelski [CDU]: Also Leute, mit euren gestellten Fragen macht ihr euch doch lächerlich! - Weitere Zuru- fe von der CDU)
Frau Abgeordnete, die Forschungslage ist hier ausgesprochen lückenhaft. Wir haben einzelne Bestätigungen erhalten, dass er sich in der erwünschten Richtung auswirkt. Aber fundierte, sichere Forschungsdaten, die ich als Rückfallforschung bezeichnen würde, gibt es leider nicht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantrage eine Sitzung des Ältestenrates, damit dieser - im Hinblick auf die Kontrollbefugnisse des Parlaments - über die Funktion von Anfragen des Parlaments an die Regierung sprechen kann.
Es gibt hier viele Besucher und eine kritische Öffentlichkeit, die wegen einer Reihe von Fragen gekommen sind. Es hat noch nie den Fall gegeben, dass wir nach einer Stunde nur bis zur zweiten Frage gekommen sind. Das ist eine offensichtliche Taktik. Diese Fragestunde ist nicht dazu da, dass Sie etwas genießen, Herr Pfeiffer, sondern sie ist dazu da, dass das Parlament seine Rechte wahrnehmen kann!