Protokoll der Sitzung vom 24.04.2002

(Möhrmann [SPD) : Das gilt auch für Kommunalpolitiker!)

- Ich komme gleich dazu. Das gilt für alle, Herr Möhrmann. Aber es gilt auch für die SPD. Dazu hat Herr Aller gesagt, es müsse auch mehr Zivilcourage herrschen. Als wir hier diskutiert haben,

dass Ihr Landwirtschaftsminister Funke sein ganzes Dach für 25 DM die Stunde hat decken lassen und gesagt hat - -

(Plaue [SPD]: Sie sollten vorsichtig sein mit Ihren Äußerungen! Sie sind immer sehr schnell! Suchen Sie mal die Balken in Ihren eigenen Augen!)

- Moment! - Herr Buß, Sie brauchen mich gar nicht so erstaunt anzusehen. Ihr Bruder, der einen Dachdeckerbetrieb leitet,

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

hat genau zu dem gleichen Zeitpunkt von mir einen Auftrag bekommen. Da habe ich zu Ihrem Bruder gesagt: Sie wissen ja, die Handwerkerstunde bei Dachdeckern kostet 25 DM. Was meinen Sie, was Ihr Bruder mir da über Herrn Funke erzählt hat?! So geht es nämlich nicht. Da muss man auch innerhalb der SPD Zivilcourage haben.

(Beifall bei der CDU - Plaue [SPD]: Sie haben immer ein großes Mund- werk, wenn es um andere geht! Sie sollten mal Ihre eigenen Probleme lö- sen!)

Eines ist vollkommen klar: Wir bekommen die Schwarzarbeit nur weg, wenn die Lohnkosten im Handwerk sinken. Da wir es aber bei den Nettolöhnen nicht machen können, denn die Menschen brauchen das Geld in der Tasche, weil sie eh nicht reich werden dabei, und weil wir an den Nebenkosten, an der Sozialversicherung, der Krankenversicherung und Rentenversicherung nichts streichen können - wir können nicht sagen, dass jemand, weil er Handwerker geworden ist, mit 60 Jahren keine neue Hüfte mehr bekommt oder dass er keine Rente oder eine mindere Rente bekommt und wir dadurch Kosten sparen; das heißt, auch hier werden wir nichts ändern können -, ist die einzige Möglichkeit, etwas an der Steuerschraube zu tun.

(Plaue [SPD]: Sie haben keine Ah- nung, wovon Sie reden! Jemand, der eine neue Hüfte hat, kann nicht mehr auf das Dach steigen!)

Je eher wir das tun, umso eher kommen wir aus der Schwarzarbeit heraus.

(Beifall bei der CDU - Plaue [SPD]: Nur Geschwafel!)

Ich komme zum Schluss. Wenn Sie sagen, es klappe nicht mit dem halben Mehrwertsteuersatz, dann frage ich Sie, warum das in anderen Ländern, z. B. in Frankreich, klappt.

(Beifall bei der CDU)

Wir kommen nun zur Abstimmung bzw. Ausschussüberweisung.

Zunächst zu Tagesordnungspunkt 24: Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen in der Drucksache 3278 zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der CDU ablehnen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Die Gegenstimmen. - Das Erste war die Mehrheit.

Zu Tagesordnungspunkt 25: Zur federführenden Beratung und Berichterstattung soll der Antrag an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr und zur Mitberatung an den Ausschuss für Sozial- und Gesundheitswesen, den Ausschuss für innere Verwaltung und den Ausschuss für Städtebau und Wohnungswesen überwiesen werden. Wenn Sie so beschließen möchten, dann bitte ich um Ihr Handzeichen. – Sie haben so beschlossen.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 26: Erste Beratung: BSE-Folgekosten - Finanzierung der Entsorgung von spezifiziertem Risikomaterial (SRM) sicherstellen - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/3316

Zur Einbringung hat sich Kollege Ehlen gemeldet.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Nach Feststellung von BSE in Deutschland sind viele neue Lasten auf unsere Rinderhalter zugekommen: durch die Entfernung der Risikomaterialien an den Schlachtkörpern höhere Schlachtkosten, dann keine positive Verwertung der Schlachtabfälle mehr.

(Unruhe)

Moment bitte, Kollege Ehlen. - Meine lieben Kollegen und Kolleginnen, der Geräuschpegel in diesem Saal ist gigantisch. Das ist eine Unverschämtheit gegenüber dem vortragenden Kollegen.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich glaube auch nicht, dass wir uns gegenüber unseren Zuhörern und Zuhörerinnen damit einen Gefallen tun. Ich bitte doch, die Unterhaltungen entweder einzustellen oder nach draußen zu verlegen.

Hinzukommen die zusammengebrochenen Fleischmärkte und die hohen Untersuchungskosten, die in Niedersachsen bei allen Rindern über 24 Monate anfallen.

Meine Damen und Herren, die Entsorgungskosten für gefallene Tiere können sich pro Stück bis auf etwa 100 Euro entwickeln. Diese Summe ist für einen einzelnen Landwirt, der ein gefallenes Tier hat, einfach zu hoch. Derzeit werden die Entsorgungskosten für gefallene Tiere von der Niedersächsischen Tierseuchenkasse übernommen. Das Land Niedersachsen beteiligt sich im Rahmen einer Verwaltungsvereinbarung an diesen Kosten zu 50 % und hat auch für das erste Halbjahr eine Verwaltungsvereinbarung im Umfang von 2,3 Millionen Euro abgeschlossen.

Meine Damen und Herren, unsere große Sorge ist, dass für die zweite Jahreshälfte die dafür erforderlichen 2,3 Millionen Euro nicht zur Verfügung gestellt werden. Es hat zwar Zusagen des Ministerpräsidenten und des Landwirtschaftsministers an die Tierseuchenkasse und an die Vertreter des Berufsverbandes gegeben. Wenn diese Zusagen aber nicht erfüllt werden, meine Damen und Herren, dann wird seitens der Tierseuchenkasse nach derzeitiger Beschlusslage eine weitere Kostenübernahme nicht erfolgen. Das würde bedeuten, dass Landwirte ab dem 1. Juli die Entsorgungskosten allein tragen müssten. Sie würden dann für jedes Tier von den Tierkörperbeseitigungsanstalten eine eigene Rechnung bekommen. Die Benachteiligung unserer niedersächsischen Tierhalter - innerhalb Deutschlands, aber auch innerhalb der EU - würde dann zutage treten.

Eine weitere neue Aufgabe der Tierseuchenkasse ist es, die Bekämpfung von BHV-1, im Rinderzir

kel auch IBR genannt. Das ist eine Herpesviruserkrankung, die bei klinischer Erkrankung große Schäden hervorruft, aber auch große Probleme beim Zuchtviehverkauf bereitet. Hier wären noch einmal Mittel in Höhe von 2.6 Millionen Euro nötig - dies ist ein gesetzlicher Auftrag -, die ebenfalls im Haushalt der Tierseuchenkasse nicht finanziell abgesichert sind.

Meine Damen und Herren, gleich nach Beginn des BSE-Debakels wurde eine Kommission der Bundesregierung eingesetzt, die die Verteilung der Lasten regeln sollte. Meine Damen und Herren, diese Kommission hat getagt. Auch hier ist nach dem Sprichwort „Der Berg kreißte und gebar eine Maus“ verfahren worden. Nur die Kosten für die Entsorgung der Futtermittel, die damals schon in den Silos waren, hat der Bund übernommen. Alle anderen Lasten, meine Damen und Herren, blieben bei den Landwirten.

Es sind nun eineinhalb Jahre her, dass der erste BSE-Fall aufgetreten ist. Man muss sich jetzt fragen, ob all die Maßnahmen, die damals eingeleitet wurden, in ihrer jetzigen Ausführung noch ihre Berechtigung haben. Wir sind der Meinung, dass man dieses bei der einen oder anderen Sache überprüfen sollte und dass man die Forschung bezüglich des Einsatzes von Lebendtests an Rindvieh, die ja an der Universität Göttingen unter der Leitung von Prof. Brenig durchgeführt wird, mehr unterstützen sollte.

Zum Abschluss möchte ich auf Punkt 1 unseres Antrages zurückkommen. Meine Damen und Herren, unsere Forderung, der Tierseuchenkasse schnellstmöglich Planungssicherheit zu geben, damit sie für das nächste Halbjahr planen kann und die Rinderhalter nicht mit den Kosten für die Entsorgung belastet werden, sollte die Landesregierung schleunigst umsetzen. Es kann nicht sein, dass unsere niedersächsischen Rinderhalter wieder einmal mit den Kosten alleine gelassen werden. Danke schön.

(Beifall bei der CDU - Frau Vockert [CDU]: Das stimmt!)

Für die SPD-Fraktion spricht der Kollege Räke.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht in dem CDU-Antrag vor allem um

die Beteiligung des Landes an den Kosten für die Entsorgung gefallener Rinder. Ich möchte betonen, dass es gesetzlich klar geregelt ist: Für die Entsorgung von SRM-Tierkörpern ist der Eigentümer zuständig. Ich möchte aber ganz klar sagen: Auf diese rein juristische Position wollen wir uns nicht zurückziehen. Wir wollen helfen, und zwar insbesondere vor dem Hintergrund, dass auch die anderen Bundesländer aktiv sind, etwas unternehmen und in vielfältiger Weise und in verschiedenen Formen behilflich sind.

(Kethorn [CDU]: Schön, dass ihr das erkannt habt!)

Es ist sicherlich so, dass wir als Agrarland Nummer eins nicht hintenanstehen können und uns klein machen. Das wollen wir nicht.

(Kethorn [CDU]: Wunderbar!)

Wir können uns ganz gewiss auch nicht auf die Position zurückziehen, dass irgendwann - ich hätte beinahe „weiß der Henker, wann“ gesagt - auf europäischer Ebene hierzu eine gesetzliche Regelung getroffen wird. Wir müssen jetzt etwas unternehmen. Ich möchte aber auch betonen - das hat der Kollege Ehlen, wenn ich das richtig gehört habe, vergessen zu sagen -: Wir haben gehandelt, und zwar in harten Zeiten. Herr Beckmann hat vorhin von leeren öffentlichen Kassen gesprochen. Wir haben in diesem Bereich im Jahr 2001 und in der ersten Hälfte 2002 etwas getan. 2001 haben wir etwa 10 Millionen DM bereitgestellt.

(Ehlen [CDU]: 8 Millionen!)

- 8 Millionen, na gut. - Das sind die 50 %, die das Land in Absprache mit der Tierseuchenkasse aufgebracht hat. In der ersten Hälfte des Jahres 2002 hat das Land 2,3 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Es geht jetzt - das ist gesagt worden - um das zweite Halbjahr 2002. Die CDU-Fraktion fordert die Landesregierung auf, noch einmal 2,3 Millionen Euro bereitzustellen. Meine Damen und Herren, ich kann mir einen kleinen Hinweis nicht verkneifen: Die CDU-Fraktion stellt zwar den Antrag, 2,3 Millionen Euro bereitzustellen. Es wird aber leider nicht gesagt, woher man das Geld nehmen soll. Das Problem ist nun - -

(Ehlen [CDU]: Wohin!)

- Wohin ist klar, aber woher.

(Ehlen [CDU]: Eine Zusage ist das!)

- Ja, ja. - Ich empfinde das jedenfalls so. Es ist das gute Recht einer Opposition, Forderungen zu stellen, auch finanzieller Art. Wir als Vertreter der Fraktion, die die Regierung stützt, sind allerdings in der unangenehmen Situation, dass wir, wenn wir dem zustimmen, das Geld irgendwoher nehmen müssen. Wir müssen aufzeigen, woher wir die 2,3 Millionen Euro nehmen. Das soll kein Vorwurf sein. Es ist das gute Recht der Opposition,

(Schünemann [CDU]: Sie werden das Gefühl auch bald haben!)

schneidige Forderungen zu stellen und nicht darüber nachzudenken, woher man das Geld nimmt.