Protokoll der Sitzung vom 24.04.2002

Herr Jüttner!

Ich bin nicht ganz sicher, wie vertraulich Unterlagen sind, die morgen dem Rat und wahrscheinlich morgen Nachmittag der Öffentlichkeit in Hannover vorgestellt werden.

(Frau Körtner [CDU]: Das ist in Han- nover nicht so!)

Es gibt eine Drucksache der Stadtverwaltung Hannover, in der, wie ich gehört habe, alles steht, was dort verabredet werden soll, und zwar sowohl die Jahresfracht als auch die Erhöhung von 200 000 auf 230 000 t. Ich gehe davon aus, dass es ab mor

gen öffentlich wird, auch in Einzelteilen, wie man das umsetzt. Richtig ist wohl auch, dass nicht beabsichtigt ist, das gegenüber der Genehmigungsbehörde umzusetzen, wobei ich nicht ganz sicher bin, ob das so geht. Möglicherweise ist die Gesamtmenge in der Genehmigung festzuhalten. Insofern ist die Situation hier anders als in Buschhaus. Das ist aber eine Frage, die nicht durch uns, sondern durch den Antragsteller bei der Genehmigungsbehörde Bezirksregierung zu klären ist.

Wie lautete der zweite Teil der Frage?

(Zuruf: Sondermüll!)

- Ach ja, Sondermüll. - Meine Damen und Herren, in diesem Bereich haben wir folgende Situation: Diese Gesellschaft ist an ein paar Ecken nicht fair mit sich selbst. Es gibt Hausmüll, den wir alle kennen und produzieren. Das ist etwas Ordentliches. Daneben gibt es Sondermüll, der, wie der Name schon sagt, etwas Fürchterliches sein muss.

(Frau Zachow [CDU]: Nein, etwas Besonderes!)

- Etwas Besonderes, und etwas Besonderes im Zusammenhang mit Müll heißt besonders schrecklich. Ich möchte darauf hinweisen, dass diese Unterteilung auf der Basis der Toxizität nicht stimmt. Auf der einen Seite gibt es gewichtige Bestandteile im Hausmüll, die hochproblematisch sind, nämlich alles, was man an Pharmaka und sonstigen Dingen dort hineinwirft.

(Frau Zachow [CDU]: Nein, nein, vorsichtig!)

Die Chemisierung unserer Gesellschaft trägt dazu bei, dass Bestandteile des Hausmülls nicht unproblematisch sind. Gleichzeitig ist es so, dass bestimmte Segmente im Sondermüll nur deshalb als Sondermüll bezeichnet werden, weil sie ein Massenproblem sind. Von der Gefährdungsseite her sind sie jedoch absolut unproblematisch. Das als Vorbemerkung.

Konkret ist es so, dass wir nach der Beendigung der Pyrolyse in Salzgitter in der Pflicht waren, zu prüfen, welche einzelnen Bestandteile von Sondermüll in welchen Anlagen behandelt werden dürfen. Das hat zur Folge gehabt, dass einige wenige Gruppen - ich weiß, dafür gibt es einen Begriff - auch in Hausmüllverbrennungsanlagen verbracht werden dürfen, wobei klar sein muss, dass deren Gefährdungspotenzial nicht über das von

Hausmüll hinausgehen darf. Insofern ist die Vorstellung, dass kein Gramm Sondermüll in eine Hausmüllverbrennungsanlage geht, zwar ein schöner Anspruch, faktisch aber nicht der Fall und ökologisch nicht gravierend. Richtig ist, dass durch zusätzliche Segmente von Sondermüll der Summenparameter an Schadstoffen in Hausmüllverbrennungsanlagen nicht erhöht werden sollte. Bezüglich Hannover ist das eine der Verabredungen, die in den Vertragsausgestaltungen stecken, sodass die Befürchtung, dort würde eine hoch gefährliche Sondermüllverbrennungsanlage entstehen, in der Tat nicht richtig ist.

(Meinhold [SPD]: Ganz richtig!)

Herr Hagenah!

Herr Minister Jüttner, eine Frage zur Ortsgebundenheit der Anlage und der Ausnutzung der Kapazität. Ist Ihnen bekannt, dass neben den 170 000 t Hausmüll, die schon für die Anlage in Lahe gesichert sind, von dem Gebiet des ehemaligen Landkreises Hannover derzeit noch eine Menge von 60 000 t Hausmüll nicht vertraglich gebunden sind und es sich somit angesichts des sehr günstigen Preis-Leistungs-Verhältnisses der Anlage in Lahe anbieten könnte, das mit zu verwerten?

(Dr. Stratmann [CDU]: Das Preis- Leistungs-Verhältnis kennt er nicht!)

Herr Jüttner!

Herr Hagenah, es ist richtig, was Sie sagen. Ich habe aber bereits darauf hingewiesen, dass wir vor wenigen Jahren in Hannover noch eine Hausmüllmenge von 600 000 t hatten, und heute haben wir nur noch 200 000 t. Die Hälfte von dem soll dort behandelt werden. Die 400 000 t sind nicht verschwunden, auf null gebracht worden, sondern die haben sich neue Wege gesucht. Im Zusammenhang mit den abfallrechtlichen Bestimmungen des Bundes wird mit Sicherheit auch davon ein gewichtiger Teil seinen Weg nach Lahe suchen können, weil die Konditionen dort entsprechend sein werden.

(Dr. Stratmann [CDU]: Ich dachte, die kennen Sie nicht!)

Vor diesem Hintergrund habe ich überhaupt keine Bedenken, dass von regionalen Anbietern genügend Kapazitäten zur Verfügung stehen, um diese Anlage vollständig auszunutzen.

Weitere Wortmeldungen für Zusatzfragen zu dieser Dringlichen Anfrage liegen nicht vor.

Wir kommen damit zu

b) Genehmigung für Anbau von Genmais Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 14/3333

Wer bringt diese Dringliche Anfrage ein? - Herr Klein!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 26. März 2002 war zu entnehmen, dass das Bundessortenamt die Freisetzung von elf verschiedenen gentechnisch veränderten Maissorten ins Freiland erlaubt hat. Es handelt sich um eine beschränkte Inverkehrbringung. Nach Angaben der Umweltorganisation Greenpeace soll es sich um 50 t gentechnisch verändertes Mais-Saatgut, ausreichend für mehr als 2 000 ha Ackerfläche, handeln. Sowohl Verbände des ökologischen Anbaus als auch Verbraucherschutzorganisationen sorgen sich um die Auskreuzung dieser Pflanzen und verlangen Informationen darüber, wo dieser Mais angebaut wird.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wo und in welchem Umfang befinden sich diese Freisetzungsflächen für Genmais in Niedersachsen?

2. Wann und wie werden die Nutzer benachbarter Flächen, die betroffenen Kommunen und in der Region arbeitende Imker benachrichtigt?

3. Welche Regelungen gibt es für die beschränkte Inverkehrbringung von gentechnisch verändertem Saatgut durch das Bundessortenamt, um die damit bestellten Flächen zu dokumentieren, bzw. welche Regelungen befürwortet die Landesregierung?

Dies beantwortet Landwirtschaftsminister Bartels.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie Sie aus der Presse entnehmen konnten, hat das Bundessortenamt für die Aussaat im Jahr 2002 für elf gentechnisch veränderte Maissorten eine zeitlich befristete und mengenmäßig begrenzte Vertriebsgenehmigung nach § 3 Abs. 2 des Saatgutverkehrsgesetzes als Ausnahmegenehmigung erteilt. Um es gleich vorweg zu nehmen: Diese ausgesprochenen Vertriebsgenehmigungen stellen weder eine Sortenzulassung dar, noch handelt es sich hierbei um Freisetzungen nach § 3 Abs. 7 Gentechnikgesetz. Nach § 3 Abs. 2 Saatgutgesetz können Sorten in den Verkehr gebracht werden, wenn deren Zulassung oder deren Eintragung in ein der Sortenliste entsprechendes Verzeichnis eines Vertragsstaates beantragt worden ist.

Es handelt sich hierbei ausschließlich um bekannte Maissorten, für die eine gentechnisch-rechtliche Genehmigung auf EU-Ebene für das Inverkehrbringen vorliegt. Ohne diese unabdingbare Voraussetzung kann die Vertriebserlaubnis nach dem Saatgutverkehrsgesetz nicht erfolgen. Novelfood-Genehmigungen, die für das Inverkehrbringen von Erntegut zum Zwecke der Verwendung als Lebensmittel erforderlich sind, liegen dafür nicht oder nur eingeschränkt vor.

Das Bundessortenamt hat daher die befristeten Betriebsgenehmigungen mit Auflagen versehen. Über das Saatgut sind Aufzeichnungen nach der Saatgutaufzeichnungsverordnung zu machen. Diese umfassen z. B. Daten über den Saatgutlieferanten und -empfänger, den Vertrieb und den Verbleib des Saatgutes, die Saatgutmenge und die Genehmigungsmenge. Zusätzlich ist das Saatgut gemäß dem Bescheid über das Inverkehrbringen nach § 14 Gentechnikgesetz zu kennzeichnen. Hinsichtlich der Verwendung des Erntegutes müssen die Regelungen der Verordnung 97/258 EG über das Inverkehrbringen von neuartigen Lebensmitteln und neuartigen Lebensmittelarten beachtet werden. Dem Umfang der Verwendung des Saatgutes und des daraus erzeugten Erntegutes sind damit Grenzen gesetzt. Die Maissorten, für die eine Genehmigung nach § 3 Abs. 2 Saatgutverkehrsgesetz erteilt wurde, sind im Blatt für Sortenwesen, dem amtli

chen Bekanntmachungsorgan des Bundessortenamtes, veröffentlicht.

Die Genehmigungen wurden übrigens in Kenntnis und mit Zustimmung des BMVEL erteilt, um es den Antragstellern zu ermöglichen, die Sorten versuchsweise - beispielsweise zur Fortführung bereits begonnener Vorführungs- und Beobachtungsprogramme - z. B. im Rahmen der Sicherheitsforschung mit gentechnisch veränderten Sorten anbauen zu können. Da alle rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Genehmigung erfüllt sind, bestand kein rechtlicher Grund, die Anträge abzulehnen. Die Genehmigungen des Bundessortenamtes wurden auf maximal 5 t je Sorte beschränkt und gelten nur bis zum 30. Juni 2002. Insgesamt handelt es sich um eine Saatgutmenge von zusammen ca. 50 t, die zur Aussaat in Deutschland gelangen kann. Die Menge ist ausreichend für eine Anbaufläche von ca. 1 600 ha. Zum Vergleich: im Jahr 2001 betrug die Maisanbaufläche in Deutschland 1,522 Millionen ha.

Damit möchte ich die Dringliche Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wie folgt beantworten:

Zu 1: Der Landesregierung liegen keine detaillierten Informationen über die beantragten Vertriebsgenehmigungen vor, da das Genehmigungsverfahren ausschließlich in der Kompetenz des Bundes liegt. Die Vertriebsgenehmigungen wurden verschiedenen Züchterhäusern erteilt. Da es sich um Sorten handelt, die über eine gentechnikrechtliche Genehmigung für das Inverkehrbringen verfügen, können die Züchter frei entscheiden, ohne eine Anmeldung oder Anzeige vornehmen zu müssen. Es ist daher zurzeit auch nicht bekannt und absehbar, wo und in welchem Umfang Partien dieser genehmigten Sorten zur Aussaat kommen. Informationen hierzu können nur die Züchterhäuser geben.

Zu 2: Es besteht - wie bereits ausgeführt - für die Sorten keine Anmelde- und Anzeigepflicht. Hieraus folgt, dass im Falle des Anbaus auch keine Benachrichtigungspflicht gegenüber den Nutzern benachbarter Flächen, den betroffenen Kommunen oder den in der Region arbeitenden Imkern besteht.

Zu 3: Die im Zusammenhang mit der Genehmigung erteilten Auflagen habe ich bereits genannt. Weitergehende Auflagen zur Dokumentation der mit dem Saatgut bestellten Flächen sind laut Veröffentlichung im Blatt für Sortenwesen nicht erteilt

worden, da dies nach bestehender Rechtslage im vorliegenden Fall nicht erforderlich ist.

Für Niedersachsen sehe ich aus den oben genannten Gründen keine rechtliche Möglichkeit, in dieser Hinsicht weitergehend tätig zu werden. Hierbei bitte ich zu bedenken, dass die Bewertung der Risiken für diese Maissorten abgeschlossen ist und dass die zuständigen Stellen eine Gefährdung nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand ausschließen.

Frau Harms möchte gleich noch mehr wissen.

Ich hätte gerne gewusst, Herr Minister, wie es Ihnen mit Anfragen geht, die bei Ihnen im Haus sicherlich ebenso wie bei uns in der Fraktion ankommen. Ich meine Anfragen von Imkern oder auch von Landwirten, die diese Nachricht in der Zeitung gelesen haben und die schlicht und ergreifend eine Auskunft haben möchten, ob sich ihre Bienenstöcke oder aber ihre eigenen Maisflächen in unmittelbarer Nähe zu solchen Flächen befinden, auf denen zu Versuchszwecken ein Teil dieser 50 t Mais-Saatgut ausgebracht wird.

Herr Bartels!

Frau Abgeordnete, ich halte das auch aus Sicht des Landes Niedersachsen für eine nicht ganz befriedigende Situation. Aber ich habe Ihnen deutlich gemacht, welche Kompetenzen aktuell vorliegen und wie die Rechtslage ist.

Ich sehe insofern einen Hoffnungsschimmer, als es im Rahmen der novellierten Freisetzungsrichtlinie der Europäischen Union aus dem Jahr 2001 die Überlegung oder die Absicht - es ist ja konkreter gibt, innerhalb dieser Freisetzungsrichtlinie ein Anbaukataster zu fordern. Das ist genau das, was uns hilft und was wir unbedingt benötigen. Ich bedaure, dass wir dieses Anbaukataster heute noch nicht haben. Hätten wir es, könnten wir in der Tat alle Fragen der interessierten Gruppen beantworten. Dann wüssten wir, auf welcher Fläche angebaut worden ist und was sich in der Nachbarschaft

befindet. Auf diese Art und Weise könnten wir solche Betroffenheiten feststellen.

Herr Klein! Danach Herr Hagenah.

Herr Minister, Sie sprachen an, dass das Inverkehrbringen des Erntegutes Einschränkungen unterliegt. Können Sie das konkretisieren? Ist es z. B. möglich, dieses Erntegut zu verfüttern oder zu verkaufen? Was muss damit geschehen? Oder gibt es Auflagen, dass es vernichtet werden muss?