Protokoll der Sitzung vom 24.04.2002

Wir fragen heute dank Ihres Antrages, Herr Wenzel: Machen wir jetzt einfach die Bahn frei für die Skater? Ist die Freigabe der Straßen aus Sicherheitsgründen nicht doch ein klein bisschen bedenklich? - Geschätzte 500 Millionen DM zahlten die Krankenkassen 1998 für die Behandlung havarierter Skater.

Andererseits aber könnten wir den schnellen Schuh auch als abgasfreies, parkplatzunabhängiges, eben durchaus als ein ideales Nahverkehrsmittel sehen.

Auf jeden Fall wäre zunächst eine Sensibilisierung der Autofahrer für die künftigen Nachbarn an der Ampel zu realisieren. Das wäre unbedingt notwendig, meine ich.

Erste Anzeichen für diese Prozesse gibt es schon. In einem Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe werden Autofahrer erstmals direkt „aufgefordert“, besonders rücksichtsvoll auf Skater zuzufahren. In Frankfurt wurde im Zuge eines Modellversuchs ausprobiert, Skater in einer Tempo-30-Zone auf der Straße fahren zu lassen; Sie sprachen es auch an, Herr Wenzel. Ich glaube ein solcher Modellversuch wäre auch etwas für Niedersachsen.

In Bremerhaven und Hamburg hat sich die Polizei bereits richtig auf die neuen Verkehrsteilnehmer eingestellt. Dort patrouillieren die Beamten nämlich auf Inlineskates. Das ist, finde ich, eine tolle Sache.

Meine Damen und Herren, so einfach ist das aber natürlich alles nicht. Ihr Antrag, Herr Wenzel, ist sicherlich gut gemeint. Nur, einen genauen Weg zur Lösung der Probleme zeigen Sie auch nicht auf.

Wir müssen uns überlegen, wie wir zu einer friedvollen Koexistenz aller nicht motorisierten Verkehrsteilnehmer kommen. Das wäre die richtige Frage. Wir wollen die neuen Mobilitätsformen ja gar nicht unnötig behindern - das will niemand -, und wir haben doch eigentlich alle ein Herz für Skater, glaube ich. Aber klare Verkehrs- und Verhaltensregeln für die Skatenden sind nun einmal wichtig und für ein gutes Verkehrsklima unbedingt notwendig.

Ob Asphaltsschlittschuh, Fußvehikel oder Rollerblade: Es fehlt über weite Strecken - das ist mir sehr wichtig, Herr Wenzel - an Wissensvermittlung über das korrekte Verhalten der skatenden Verkehrsteilnehmer. Bei einer Änderung der Straßenverkehrsordnung sollte nicht nur über die Änderung der Benutzungsrechte nachgedacht werden.

Also, meine Damen und Herren, auf Rollen in die Zukunft! Damit ist der vorläufige Höhepunkt einer Entwicklung erreicht, die so nicht abzusehen war; ich glaube, darin sind wir uns einig. Wir sollten deshalb, so meine ich, zukunftsorientiert beraten und entscheiden. Es geht eben nicht nur um den großen Slogan „vom Spielzeug zum Verkehrsmittel“, sondern es gibt mehr zu beraten. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt spricht der Kollege Wendhausen.

(Frau Vockert [CDU]: Kannst du skaten?)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann nicht skaten.

(Oh!-Rufe von der CDU)

Im Übrigen zeigt das Beispiel Werner Buß, dass Skaten sehr gefährlich sein kann. Herr Buß ist hier deswegen lange ausgefallen.

(Frau Vockert [CDU]: Deswegen brauchen wir auch Trainingsangebo- te!)

Als ich diesen Antrag gelesen und gesagt habe, dass ich dazu reden möchte, habe ich nicht geahnt, wie schwierig dieses Thema ist. Je länger ich darüber nachgedacht habe, desto schwieriger wurde es für mich, dem Antrag der Grünen zuzustimmen oder eigene Lösungsvorschläge vorzutragen.

Skater auf der Straße fahren zu lassen - und zwar auch auf Tempo-30-Straßen - halte ich für sehr problematisch, weil Skater keinen Airbag haben.

Für Fußgängerzonen sind die Skater viel zu schnell. Die Angst gerade alter Leute ist berechtigt. Wenn sie von mit Tempo 40 fahrenden Skatern in

der Fußgängerzone überholt werden, finde ich das sehr problematisch.

Auf die Rücksichtnahme der Skater im Straßenverkehr zu pochen, wie es die Rechtslage nun einmal aussagt, halte ich auch für sehr problematisch, denn mit Rücksichtnahme macht Skaten keinen Spaß mehr.

(Frau Pruin [CDU]: Was wollt ihr denn nun!)

- Das sage ich Ihnen gleich.

Dieses Thema ist trotzdem spannend und sehr bürgernah. Die Lösung, Straßen umzubauen, zu erweitern und Streifen aufzumalen, wird sehr wahrscheinlich viel zu teuer; denn das müsste man bundesweit machen. Im Übrigen ist dieses Thema ohnehin ein Bundesthema. Dem Hinweis auf eine Bundesratsinitiative werden wir in den Ausschussberatungen nachgehen.

Ich muss diesen Antrag namens meiner Fraktion ablehnen, aber ich freue mich auf eine Ausschussberatung, in der wir uns mit dem Landessportbund und mit den Verkehrswachten Lösungen überlegen werden und in denen wir vielleicht einen gemeinsamen Antrag hinbekommen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir kommen zur Ausschussüberweisung. Federführend soll der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr den Antrag beraten. Mitberaten sollen die Ausschüsse für innere Verwaltung, für Jugend und Sport, für Haushalt und Finanzen und Freizeit und für Tourismus und Heilbäderwesen. Wer dem so zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Das ist so beschlossen.

Dann kommen wir zu

Tagesordnungspunkt 19: Besprechung: Europapolitik - Große Anfrage der Fraktion der CDU - Drs. 14/3132 - Antwort der Landesregierung - Drs. 14/3314

Für die Besprechung der Großen Anfrage hat der Ältestenrat folgende Redezeiten vorgesehen: SPD 11 Minuten, CDU 16,5 Minuten, Grüne 5,5 Minuten und Landesregierung 5,5 Minuten.

Das Wort hat der Kollege Biestmann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Großen Anfrage zur Europapolitik möchte die CDU-Fraktion in einer wichtigen Phase der europäischen Integration die Europapolitik in den Mittelpunkt landespolitischer Diskussionen stellen. Ich bin froh, meine Damen und Herren, dass wir dies nicht, wie so oft bisher, am Ende eines Plenartages tun müssen. Dem Ältestenrat sei hierfür Dank gesagt.

(Beifall)

Die Beantwortung der Großen Anfrage der CDUFraktion zur Europapolitik durch die Landesregierung fällt im Ergebnis unbefriedigend aus. Die Antworten der Landesregierung zu den einzelnen Fragen beschränken sich vielfach auf die Darstellung von europapolitischen Grundsatzerklärungen, auf europapolitisches Allgemeingut, dem die CDU-Fraktion überwiegend zustimmen kann.

Bei den politisch entscheidenden Fragen wie z. B. der Entwicklung der EU-Reform bleiben die Antworten der Landesregierung allerdings unbestimmt und wenig konkret.

(Rabe [SPD]: Dann haben Sie aber schlecht gelesen, Herr Kollege!)

Wir vermissen konkrete Aussagen der Landesregierung dazu, wie sich die EU künftig entwickeln und wie eine Neuordnung der Zuständigkeiten und Kompetenzen aussehen soll.

(Adam [SPD]: Aber das sehen Ihre Europapolitiker ganz anders!)

Aus Sicht der CDU-Fraktion, Herr Adam, ist für die Neuordnung der EU eine Kompetenzverteilung auf der Grundlage des Subsidiaritätsprinzips notwendig.

(Rabe [SPD]: Lesen Sie mal Ziffer 14! Das steht das genau drin, Herr Biestmann!)

Nur solche Aufgaben, die nicht auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene erledigt werden können, dürfen Aufgabe der EU sein. Unsere Bürgerinnen und Bürger, meine Damen und Herren, erwarten eine Lösung ihrer Probleme in der Regel auf der untersten Ebene, da ihnen diese am ehesten vertraut ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass künftig sämtliche Aufgaben auf der unteren Ebene erledigt werden sollen. Viele Probleme können heute nur europäisch oder sogar nur global gelöst werden.

Der Konvent zur Zukunft Europas in Laeken muss den Mut haben, den europäischen Aufgabenbestand kritisch zu sichten und zu durchforsten. Dabei kann es im Einzelfall sowohl zu neuen Kompetenzübertragungen auf die europäische Ebene als auch zu Rückübertragungen auf die nationale Ebene kommen, wenn sich herausstellt, dass in einem Punkt ein europäisches Handeln nicht wirklich angezeigt ist.

Die CDU-Fraktion spricht sich für ein Europa mit Augenmaß aus. Wir müssen uns fragen, welches Europa nötig und realistisch ist. Dabei darf man nicht nach der Devise gehen „Europa, wo immer möglich“, sondern „Europa, wo immer nötig“.

(Beifall bei der CDU - Adam [SPD]: Das ist ja interessant!)

- Herr Adam, man merkt, dass Sie bei den bisherigen Beratungen nicht dabei gewesen sind.

(Coenen [CDU]: Der redet immer!)

Wir wollen ein Europa, das den Dreiklang EU, Mitgliedstaat und EU berücksichtigt.

Die Region vermittelt den Menschen Geborgenheit in der globalisierten Welt. Europäisierung und Globalisierung sind für viele Menschen nur verkraftbar, wenn ihnen aus der eigenverantwortlich gestalteten Heimat in der Region, im nationalen Rahmen Identität vermittelt wird. Dies bedeutet, dass die europäische Ebene neben Nation und Region steht, nicht über ihnen. Sie erfüllt ausschließlich die Aufgaben, die Mitgliedstaaten und Regionen nicht erledigen können.

Die EU sollte demnach nur für gemeinsam zu bewältigende Kernkompetenzen zuständig sein wie Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik, einem einheitlichen Binnenmarkt mit funktionie

rendem wirtschaftlichen Wettbewerb, einer einheitliche Außenvertretung und einer gemeinsamen Währung, einer reformierten Agrarpolitik und, soweit grenzüberschreitende Dimensionen gegeben sind, Rechtspolitik, innere Sicherheit, Verkehr, Infrastruktur, Umwelt- und Gesundheitsschutz. Im Übrigen sollten die Aufgaben den Mitgliedstaaten vorbehalten bleiben.

(Beifall bei der CDU)