Protokoll der Sitzung vom 25.04.2002

(Zurufe von der CDU)

- Ich weiß nicht, warum Sie jetzt dazwischen rufen. Ich versuche, Herrn Schirmbeck eine, wie ich finde, wichtige Frage sachlich zu beantworten.

(Klare [CDU]: Es geht nicht um die Gebühren; die bezahlen die Eltern! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Sie haben darauf hingewiesen, dass die niedersächsischen Kommunen wie alle anderen Kommunen in Deutschland auch – unsere besonders stark erhebliche finanzielle Probleme und Schwierigkeiten haben, ihre Verwaltungshaushalte auszugleichen und deshalb mit Kassenkrediten arbeiten. Das ist u. a. darauf zurückzuführen, dass sie ihre Aufgaben nicht aus ihrer eigenen Steuerkraft bezahlen können. Ich sehe in diesem Zusammen

hang zwei wesentliche Probleme, die wir angehen müssen.

Erstens. Wir müssen dafür sorgen, dass die Gewerbesteuer eine verlässliche Grundlage bleibt.

(Beifall bei der SPD)

Ich wäre froh, wenn diese Position auch von der Union unmissverständlich vertreten würde. Das würde uns in der bundesweiten Debatte helfen.

(Beifall bei der SPD)

Dass in der CDU dazu unterschiedliche Auffassungen vertreten werden, will ich gar nicht einmal kritisieren. Es wäre aber gut, wenn die Kommunalpolitiker – Sie, Herr Schirmbeck, sind ein sehr engagierter –

(Beifall bei der CDU)

dafür sorgen würden, dass diese Frage gemeinsam im Interesse der Kommunen entschieden würde. Das ist die erste Antwort auf die Frage, was die Niedersächsische Landesregierung zu tun gedenkt. Mit dieser Position gehen wir in die Debatte über die Gemeindefinanzreform.

Zweitens. Das eigentliche Problem der Kommunen ist seit Jahren – und zwar unter der Verantwortung aller bisherigen Bundesregierungen, Herr Schirmbeck -, dass auch der Teil der Sozialhilfe, der arbeitsmarktbedingt ist, von den Kommunen bezahlt werden muss. Sozialhilfe war ursprünglich gedacht als Einzelfallhilfe für in Not geratene Bürgerinnen und Bürger. Seit Jahren und Jahrzehnten ist sie aber zu einer allgemeinen Lohnersatzleistung geworden. Das können die Kommunen nicht aus ihrem Steueraufkommen bezahlen. Es führt zu immer höheren und zurzeit im Übrigen wieder steigenden Sozialhilfeausgaben bei den Landkreisen und kreisfreien Städten und zu einer Anhebung der Kreisumlagen, mit der Folge, dass die kreisangehörigen Gemeinden kein Geld mehr für ihre eigentlichen Aufgaben haben.

(Möllring [CDU]: Das ist eine Regie- rungserklärung, aber keine Antwort!)

- Ich beantworte die Frage Ihres Kollegen. Er hat mich gefragt, was wir tun wollen. - Unsere Position ist eindeutig. Der arbeitsmarktbedingte Anteil der Sozialhilfe – mindestens ein Drittel, vermutlich mehr – muss durch den Bund finanziert werden. Das ist keine Aufgabe der niedersächsischen Kommunen.

(Beifall bei der SPD – Schünemann [CDU]: Das sind doch Worthülsen!)

Meine Damen und Herren, wenn man allgemeine Fragen stellt, bekommt man allgemeine Antworten. Das ist sozusagen verfahrensbedingt. Deshalb bitte ich darum, die Fragen so präzise zu stellen, dass mehr Fragen beantwortet werden können. – Frau Janssen-Kucz!

Zunächst einmal finde ich es sehr schön, dass nach dem Bundeskanzler auch der Ministerpräsident das Thema der Kinderbetreuung für sich entdeckt hat.

(Zurufe von der SPD)

Sie sollten eine Frage stellen und keinen Kommentar abgeben.

Herr Ministerpräsident, da Sie die Definitionshoheit für die Landesregierung haben, frage ich Sie: Können Sie mir erklären, wie sich aus der Sicht der Landesregierung der konkrete Bildungsauftrag, bezogen auf die niedersächsischen Kindertagesstätten, darstellt?

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU – Busemann [CDU]: Chefsache!)

Frau Trauernicht!

(Möllring [CDU]: Das kann er nicht erklären!)

Den Bildungsauftrag muss der Ministerpräsident nicht erklären; denn es gibt das Niedersächsische Kindertagesstättengesetz, und in dem steht, was die Niedersächsische Landesregierung unter dem Bildungsauftrag der Kindergärten versteht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Herr McAllister! Danach Herr Möllring.

(Frau Elsner-Solar [SPD]: Einer, der nicht lesen kann!)

Herr Präsident! Verehrte Frau Ministerin!

(Heiterkeit bei der CDU – Adam [SPD]: Er hat allen Grund, so nett zu sein!)

Vor dem Hintergrund, dass Sie heute Morgen noch einmal ein besonderes Sprachförderkonzept für die Kindergärten angekündigt haben, frage ich Sie, ob es in diesem Zusammenhang nicht sinnvoll wäre, einen entsprechenden Passus in den Kinder- und Jugendplan aufzunehmen. Nach meinem Kenntnisstand ist in dem Entwurf für einen neuen Kinderund Jugendplan dazu bislang kein Wort enthalten.

(Zustimmung bei der CDU – Mühe [SPD]: Darüber kann man nachden- ken!)

Frau Trauernicht!

Sehr geehrter Herr Abgeordneter McAllister!

(Heiterkeit)

Ich habe heute Morgen nicht etwa ein Sprachförderkonzept angekündigt, sondern ich habe davon berichtet, dass es ein Konzept gibt, das gemeinsam mit vielen Expertinnen aus dem Lande erarbeitet wurde - es heißt „Kindergarten bildet“ – und das den Bildungsauftrag des Kindergartens umfasst. Dies ist selbstverständlich in den Kinder- und Jugendplan einzuarbeiten, der das Thema Kindertagesbetreuung insgesamt beinhaltet. Soweit es – das habe ich vorhin schon gesagt – weitere Konzepte zum Thema Sprachförderung gibt, werden diese selbstverständlich in den Kinder- und Jugendplan eingearbeitet, der sich, wie Sie wissen, zurzeit im Beteiligungsverfahren befindet. Anregungen sind insoweit ausdrücklich erwünscht.

(Beifall bei der SPD – Frau Vockert [CDU]: Es gibt aber keine Mittel!)

Herr Kollege Möllring! Dann Frau Pawelski.

Vielen Dank, Herr Präsident! - Herr Ministerpräsident, Sie haben sich eben über die Kosten der deutschen Einheit beklagt.

(Widerspruch bei der SPD – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, lassen Sie ihn fragen.

(Frau Elsner-Solar [SPD]: Das war ein typischer Möllring!)

Herr Kollege Möllring!

Wollen Sie bestreiten, dass Niedersachsen wirtschaftlich erheblich von der Öffnung der Grenzen profitiert hat, dass wir ausweislich der Angaben des Landesamtes für Statistik pro Jahr Waren und Dienstleistungen in einem Wert von 8 Milliarden DM in die fünf neuen Bundesländer geliefert haben, was vorher natürlich nicht der Fall war, wodurch pro Jahr erhebliche Steuermehreinnahmen zu verzeichnen waren, und dass im Rahmen der Finanzierung der deutschen Einheit der Anteil der Länder am Aufkommen der Umsatzsteuer von 35 % auf 49,5 % gestiegen ist

(Beifall bei der CDU)

und wir dadurch in der Zeit von 1992 bis 1994 pro Jahr – in absoluten Zahlen – Steuersprünge von 2 Milliarden DM nach oben hatten, was ohne die deutsche Einheit nicht der Fall gewesen wäre, und Sie damit Ihre Versprechungen hätten finanzieren können, wenn Sie denn nur gewollt hätten?

(Beifall bei der CDU)

Herr Ministerpräsident!

Herr Präsident! Herr Kollege Möllring, Sie kennen sich ja mit Geld gut aus.

(Lachen bei der SPD – Reckmann [SPD]: Hildesheimer Modell!)

- In diesem Fall war das eine hilfreiche Bemerkung. - Auch Sie wissen, dass die einheitsbedingte Wirtschaftförderung, die auch Niedersachsen genossen hat, nicht weiter als bis zu den Jahren 1993 bzw. 1994 gereicht hat.