Protokoll der Sitzung vom 25.04.2002

- In diesem Fall war das eine hilfreiche Bemerkung. - Auch Sie wissen, dass die einheitsbedingte Wirtschaftförderung, die auch Niedersachsen genossen hat, nicht weiter als bis zu den Jahren 1993 bzw. 1994 gereicht hat.

(Zuruf von Möllring [CDU])

- Das Wahlprogramm der SPD ist im April 1989 aufgestellt worden. Ich vermute, dass Sie im April 1989, als Sie Ihr Wahlprogramm aufgestellt haben, schon geahnt haben, dass das, was Herr Kohl über die deutsche Einheit gesagt hat, nicht stimmt. Das kann schon sein.

(Beifall bei der SPD – Unruhe – Glo- cke des Präsidenten)

Die westdeutschen Bundesländer haben zu Recht in Milliardenhöhe Transferleistungen in die neuen Bundesländer gezahlt. Wir haben dann übrigens - ich wiederhole - 650 Millionen DM Strukturhilfe aufgegeben; das waren damals, glaube ich, 90 % der Mittel für die Städtebauförderung. Wir haben eine Vielzahl von Maßnahmen bei uns deshalb nicht machen können, weil - zu Recht - der Aufbau Ost im Vordergrund stand.

Wenn Sie wirklich behaupten wollen, wir hätten davon am Ende steuerlich profitiert, dann lassen Sie sich nur eine Zahl sagen: Das Land Niedersachsen hat in diesen Jahren der deutschen Einheit 600 000 Bürgerinnen und Bürger mehr bekommen. Für die haben wir mehr Kindergartenplätze, mehr Schulplätze, mehr Krankenhäuser, mehr Ausbildungsplätze geschaffen und mehr Wohnungen bauen müssen. 600 000 Menschen, die im Wesentlichen aus den neuen Bundesländern zu uns gezogen sind! Für die haben wir als Land sozusagen die Ausrüstung aufbringen müssen. Das hat das Land unglaublich viel gekostet, aber uns auch sehr, sehr viele neue Einwohnerinnen und Einwohner gebracht.

Wenn man allerdings Ihre Darstellung des Landes Niedersachsen liest, dann muss man den Eindruck haben, dass die Menschen in der Zeit, in der die SPD hier regiert, in Planwagentrecks nach Süden ausgewandert sind.

(Beifall bei der SPD)

Das Gegenteil ist der Fall: 600 000 Menschen sind nach Niedersachsen gezogen, weil sie wussten, dass sie bei uns Kindergartenplätze bekommen,

(Lachen bei der CDU)

Schulplätze, Wohnungen, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen. Das ist der Grund für diese Politik gewesen.

(Starker Beifall bei der SPD)

Nachdem Sie sich beruhigt haben, hat Frau Pawelski das Wort zu einer nächsten Frage.

Herr Ministerpräsident, da Sie vorhin die Nichterfüllung des Wahlversprechens der SPD, nämlich bis zum Jahr 1998 100 % der Personalkosten zu übernehmen, mit den Kosten der deutschen Einheit entschuldigt haben, frage ich Sie: Wusste die Landesregierung 1994 nichts von den Kosten, als sie die 25-prozentige Personalkostenübernahme in das Gesetz hineingeschrieben hat? War das eine bewusste Irreführung, oder war das eine bewusste Verschleierung?

(Beifall bei der CDU)

Das war eine weitere Ausdehnung des Gegenstandes. Aber da wir jetzt ja ohnehin eine allgemeine Finanzdebatte führen und ich das bisher auch zugelassen habe: Möchte darauf jemand antworten? Herr Ministerpräsident!

Herr Präsident! Ich finde, dass man die Frage der Kollegin Pawelski natürlich offen und ehrlich beantworten muss.

(Möllring [CDU]: Jede Frage!)

- Natürlich. Aber wenn die Frage gestellt wird, ob wir antworten wollen, werden wir wohl antworten müssen, da wir dem Parlament immer antworten müssen, Herr Möllring; auf alle Fragen. Außerdem ist das eine berechtigte Frage, wobei aus Ihrer Sicht natürlich alle Ihre Fragen berechtigt sind, während das aus unserer Sicht nicht immer der Fall ist.

Frau Pawelski, es ist doch völlig klar: Wir haben in Deutschland, auch in Niedersachsen, auch als SPD, unsere Finanzzusagen, unsere Finanzpolitik immer wieder auch daraufhin überprüfen müssen, ob wir das auch umsetzen können.

(Fischer [CDU]: Aber immer erst nach der Wahl!)

Ich sage Ihnen: Wir haben damals auch abgesenkt; ich glaube, in der ersten Stufe um 5 %. Ich kann mich nicht ganz genau erinnern, aber ich glaube, so war es: von 25 % auf 20 %, und dabei ist es dann geblieben.

(Zurufe von der CDU: 16!)

- Nun lassen Sie uns mal über das Gesetz reden, nicht über Ihre - -

(Busemann [CDU]: Sie sind auf dem richtigen Wege!)

Wir haben das immer wieder getan, das ist doch auch völlig klar. Der Unterschied zwischen uns, Frau Pawelski, ist nur, dass wir das auch offen zugeben.

(Lachen bei der CDU - Frau Vockert [CDU]: Aber immer erst nachher! Vorher gibt es immer Versprechun- gen!)

- Nein, nein. Ich habe seit 1994 ja auch schon ein paar Wahlkämpfe mitgemacht, und auch damals habe ich das gesagt.

Frau Pawelski, was Sie aber nicht machen dürfen, ist, uns für die Fehlkalkulation - so würden Sie es wahrscheinlich sagen - kritisieren, aber jetzt im Landtag für Versprechen, die Sie nach der Landtagswahl im nächsten Jahr - Sie sind ja bei Versprechen Nr. 134 - mit hunderten von Millionen einlösen müssten, keine müde Mark Deckung bringen.

(Beifall bei der SPD - Frau Vockert [CDU]: Und Sie sind bei Nr. 297!)

Ich finde, es ist richtig, zu fragen, warum wir damals, im Jahr 1994, als sich abzeichnete, dass die Kosten der deutschen Einheit wesentlich höher würden, als das alle Parteien, aber auch die damalige Bundesregierung Anfang der 90er-Jahre gedacht hatten, nicht noch einmal um 5 % heruntergegangen sind. Diese Frage können Sie berechtigterweise stellen. Unsere Antwort ist: Weil wir da

mals der Überzeugung waren, dass wir das schaffen. - Wir haben das dann nicht geschafft, und es ist bei 20 % geblieben.

Da geht es um 5 % der Zuschüsse. Ich darf aber daran erinnern, dass Sie überhaupt kein Kindertagesstättengesetz wollten. Sie haben gesagt, das ist nicht die Aufgabe des Landes. Ihr damaliger Geschäftsführer, Herr Fischer, hat dann aber offen zugegeben, dass Ihre Position, für Kindergärten in Niedersachsen nichts tun zu wollen, falsch gewesen ist. Nun bekennen Sie sich doch auch dazu, dass Sie damals keine Baukostenzuschüsse geben wollten, dass Sie null Mark Zuschüsse geben wollten.

(Frau Vockert [CDU]: Das ist falsch! - Frau Pawelski [CDU]: Wir haben doch einen Gesetzentwurf einge- bracht!)

- Sie haben doch sogar gegen das Gesetz gestimmt, weil Sie gar nichts geben wollten. Das war doch Ihre Position.

(Beifall bei der SPD)

Die Konsequenz für die Zukunft sollte doch sein, dass wir uns, wenn wir schon wissen, dass es schwierig wird, nicht mit Forderungen übertrumpfen. Es kann doch nicht angehen, dass Sie in der Landtagsdebatte hunderte von Millionen fordern, aber wirklich an keiner Stelle der Beratung zeigen, wie Sie das bezahlen wollen.

(Zurufe von der CDU)

So geht es nicht, und das sollte doch wohl die Konsequenz sein, die gerade Sie, Frau Pawelski, ziehen müssten. Ich kann nichts für Ihre allgemeinen Fragen. Aber wenn Sie es wollen, dann führen wir immer gerne eine Finanzdebatte mit Ihnen. Damit haben wir keine Probleme. Die Grünen sind an der Stelle übrigens wesentlich korrekter, weil sie ihre Mehrforderungen und Minderausgaben mit Deckungsvorschlägen belegen. Das kann die CDU in Niedersachsen nicht.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Frau Litfin.

Ich stelle jetzt wieder eine fachliche Frage. Vor dem Hintergrund, dass die Landesregierung an einem Konzept arbeitet, um Migrantenkindern Sprachförderung in der Kindertagesstätte zukommen zu lassen, dass sie dafür allerdings noch kein Geld hat und das Konzept auch noch nicht fertig ist, frage ich sie: Beabsichtigt sie, die Erzieher und Erzieherinnen in den Kindertagesstätten anders auszubilden, sodass sie in Zukunft die Sprachförderkompetenz haben, um Migrantenkindern bei dem Erlernen der deutschen Sprache zu helfen, bzw. plant sie Fortbildungsangebote für die dort bereits tätigen Erzieher und Erzieherinnen, und wie will sie die gegebenenfalls finanzieren?

Das waren zwei Fragen. - Bitte schön!

(Ministerin Jürgens-Pieper begibt sich zum Rednerpult - Biallas [CDU]: Wir wollen Frau Trauernicht hören!)

- Meine Damen und Herren, die Landesregierung entscheidet aus eigener Kompetenz, wer für sie hier spricht. - Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher ist das Kultusministerium zuständig. Deshalb antworte ich. Ich müsste das eigentlich nicht begründen, aber ich sage es, damit hier keine Unklarheiten entstehen.

Die Erzieherinnenausbildung wird sicherlich verändert werden. Da wir da aber erst langfristig eine Wirkung erzielen, haben wir vor - das sage ich jetzt für meine Kollegin mit -, in diesem Konzept Fortbildungsmaßnahmen anzubieten, damit wir relativ zügig die Kompetenz in den Kindergärten haben.

(Beifall bei der SPD)

Herr Möllring zur zweiten Frage! - Zurückgezogen. Herr Rolfes!

Herr Ministerpräsident, wie kommt es eigentlich - in den Wahlprogrammen werden ja immer ganz