Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der heutigen Debatte zu diesem Thema muss ich Herrn Althusmann mit seiner Argumentation ausnahmsweise in vollem Umfang Recht geben.
Ich kann nur darum bitten, dass wir für andere Felder der Verwaltung solche Anträge in den kommenden Monaten nicht auch noch auf den Tisch bekommen. Es geht um Projekte, die ohnehin von der Landesregierung gemacht werden. Sie versuchen, solche Projekte im Rahmen eines Landtagsantrags für gut zu befinden. Dabei verschieben Sie bewusst Tatsachen, indem Sie schlichtweg unter den Tisch fallen lassen, dass das vorne und hinten nicht passen kann. Parallel zu diesem großen Projekt, bei dem Sie auf Personal setzen - Frau
Leuschner, man müsste wohl eher von „draufsetzen“ sprechen, weil Sie es nicht anhören wollen -, wollen Sie hier ein Modell verkaufen, das deshalb nicht funktionieren kann, weil Sie die erforderlichen Ressourcen nicht zur Verfügung stellen. Das sagen Ihnen alle Beteiligten, aber Sie wollen darauf nicht hören.
Im Ausschuss haben wir anlässlich der Beratung Ihres Antrags darum gebeten, das Thema sowohl mit den Leitungen der Häuser als auch den Beschäftigten und ihren Vertretungen zu erörtern. Sie waren dazu nicht bereit. Das macht deutlich, wie in diesem Bereich Ihr Verhältnis zu den Beschäftigten aussieht. Für uns belegt es, wie wir Ihren Antrag zu verstehen haben.
Unhaltbar ist doch mittlerweile, dass wir nicht mehr von 10 % Stichproben in der Steuerverwaltung ausgehen können, sondern dass nur noch das absolute Minimum von 3 % gezogen wird. Frau Leuschner, Gerechtigkeit braucht Kontrolle. Das kann ich bei einer Quote von 3 % überhaupt nicht mehr nachvollziehen. Wie soll das gerecht sein? So etwas fordert geradezu zu einer Interpretation der gesetzlichen Vorgaben heraus. Im wahrsten Sinne des Wortes ist es dann wirklich so, dass der ehrliche Steuerzahler zum Dummen wird. Am Ende ist das noch nicht einmal für die Steuerkasse des Landes Niedersachsen ein Erfolg, wenn Sie hier Personal einsparen. Herr Althusmann hat es sehr deutlich dargestellt. Letztendlich zahlen wir sogar noch drauf.
Das Konzept, das Sie uns vorgelegt haben, verstehe ich nicht, setzt es doch auf erwiesenermaßen nicht funktionierende Technik. Das, was Herr Althusmann zu FISCUS gesagt hat, kann man bei ELSTER auch feststellen: Beide Systeme funktionieren nach Aussage derjenigen, die mit ihnen arbeiten, nicht. Die nach außen dargestellte Verfügbarkeit von 99 % der EDV ist eine Fata Morgana. Diese Verfügbarkeit existiert - wie auf Nachfrage bestätigt wurde - nur zwischen dem IZN und den Servern, aber nicht zwischen dem Server und den einzelnen Bediensteten. Dort liegt der Ausfall zwischen 10 und 15 %. Was in solchen Fällen verloren geht, ist immer bares Geld.
Natürlich könnten wir uns Sand in die Augen streuen und sagen: Wenn wir ein solches Konzept verabschieden, dann wird alles gut! Aber ohne Beschäftigte, die ein solches System bedienen und das, was wir möglicherweise an zusätzlichen Potenzialen auch durch unsere Intervention im Au
ßendienst erreichen und als Fälle hereinholen, die im Innendienst bearbeitet werden müssen, wird das Geld nicht hereingeholt werden können.
Frau Leuschner, manchmal müssen in den Häusern Dienstanweisungen der Leitung auf den Tisch der Mitarbeiter gelegt werden, wonach das Durchwinken auf Befehl für Tage oder sogar Wochen Programm ist. Die Beschäftigten, mit denen Sie gesprochen haben, müssten Ihnen das auch geschildert haben. Angesichts dessen wundert mich Ihre selbstzufriedene Darstellung hinsichtlich des Antrags. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Vertreter der Opposition haben eben reklamiert, es gebe keine direkten Kontakte zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und der Landesregierung oder den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der SPD-Fraktion. Nach meinen Besuchen, die ich sehr konsequent in der Fläche in allen Finanzämtern - der Größe und Fachaufgabe zugeordnet gemacht habe, kann ich nur feststellen, dass Sie offensichtlich die intensive Begegnung in den letzten Jahren auch nicht gesucht haben. Ohne Übertreibung kann ich wohl sagen, dass ich fast die Hälfte der insgesamt 67 Ämter besucht habe.
Ich habe mit den Vorstehern und in Personalversammlungen sowie mit den Personalräten gesprochen. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass die Motivation so hoch ist, am Projekt Finanzamt 2003 mitzuarbeiten, und zwar über die eigentliche Arbeitszeit hinaus.
Als die Forderer von Staatsmodernisierung und Verwaltungsreform haben Sie nicht begriffen, was ein Leitbild ist. Da Sie das nicht begriffen haben, sind auch Ihre Forderungen weit hinter dem zurückgeblieben, was man erwarten muss, wenn man eine Leitbilddiskussion führt. Sie denken in Kategorien von gestern und heute. Aber ein Leitbild,
das beschreiben soll, wohin sich eine Steuerverwaltung in Zukunft entwickeln soll, ist Ihnen bei Durchsicht des Antrages offensichtlich entgangen. Wir sehen als Leitbild nämlich die Handreichung für die zukünftige Gestaltung der Steuerverwaltung in Niedersachsen unter den Voraussetzungen eines in ausreichender Anzahl vorhandenen qualifizierten Personals. Das ist ferner die Berücksichtigung der Veränderung in der Medienlandschaft, die sich notwendigerweise rund um die öffentliche Verwaltung entwickelt und in der öffentlichen Verwaltung widerspiegeln muss, zumal in der Steuerverwaltung. Das ist darüber hinaus die klare Ansage, dass wir Steuerverwaltungsarbeiten in Deutschland länderbezogen auf Dauer nicht organisieren können, wenn wir nicht über die Landesgrenzen hinaus und bundesweit organisieren können und wenn wir nicht europäisch und im internationalen Maßstab mitziehen.
Heute FISCUS eine Absage zu erteilen, bedeutet sozusagen ein Zurück zum Zettelkasten in der Steuerverwaltung. Das kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein! Aber eine einheitliche technologische Plattform für Deutschland zu fordern und dann zu sagen, das bayerische Modell sei - weil sich Bayern ausgeklinkt hat - der richtige Weg, obwohl sich die Mehrheit der alten Bundesländer für eine neue, moderne und leistungsfähige, zukunftsorganisierte Plattform ausgesprochen hat, ist doch wohl schon ein Stück aus dem Tollhaus.
Sie haben Bayern und Baden-Württemberg beispielhaft benannt. Nach den Vorträgen, die ich im Beisein des Steuergewerkschaftsvorsitzenden gehalten habe, und nach den Initiativen, für die ich auch unter Hinweis auf Defizite in Bayern gelobt worden bin, kann ich Ihnen nur attestieren, dass Sie nicht auf der Höhe der Zeit sind, wenn es darum geht, die zukunftsweisenden Entscheidungen in Niedersachsen voranzutreiben.
Ich bin der SPD-Fraktion dankbar dafür, dass sie an zwei Stellen ihres Antrags noch einmal für eine Klarstellung gesorgt hat. Dabei geht es zum einen um die Ansage: Wir stellen Personal in dem Umfang ein, wie wir es brauchen. Soweit es um die Zahl unserer Nachwuchskräfte geht, liegen wir im Ländervergleich hervorragend.
Ferner wird deutlich gemacht, dass es einen Zusammenhang zwischen Personaleinstellungen, laufender Qualifizierung und Zukunftsausrichtung
gibt, weil wir das Personal, das wir im hoheitlichen Bereich als Beamte einstellen, auch in Zukunft benötigen und beschäftigen werden. Das muss nicht nur mittel-, sondern auch langfristig vernünftig abgestimmt sein. Deshalb ist es richtig, dass diese Betonung in dem Antrag zum Ausdruck kommt. Ich begrüße es ausdrücklich, dass der Controllinggesichtspunkt über die Modellversuche, die es inzwischen gibt, hervorragend herausgearbeitet worden ist.
Das macht aus meiner Sicht deutlich, dass Ihre grundsätzliche Ablehnung der Leitbilddiskussion etwas mit dem Termin zu tun hat, zu dem dieser Antrag hier diskutiert wird. Ich sage Ihnen in aller Offenheit und in aller Deutlichkeit: Meine Gespräche mit den Vertretern der Gewerkschaften und Berufsverbände sowie der Personalräte zeigen ein völlig anderes Bild als das, das Sie hier versucht haben darzustellen. Es geht nicht darum, die Probleme im Personal- und Sachbereich oder im Bereich der räumlichen Unterbringung zu verkleistern. Es werden erhebliche Mittel aufgewendet, um diese Defizite aufzuarbeiten, aber nicht nach dem Motto, das Sie hier dargestellt haben, und schon gar nicht ohne Konzept. Weil wir an einem Konzept arbeiten, das mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und externen Fachleuten erarbeitet wird, wird dieses Programm letztlich auch ein Erfolg sein, der weit über Niedersachsen ausstrahlen wird.
Letzter Punkt: FISCUS. Herr Althusmann hat hier eine Rechnung über ein Risiko von 22 Millionen für den Fall aufgemacht, dass FISCUS nicht funktionierte. Ich frage Herrn Althusmann: Welche Alternative gibt es denn in der Frage IT-Plattform für Deutschland, wenn nicht eine, die bundesweit greifen soll, und welche Verluste rechnen Sie denn spekulativ für den Fall hoch, dass wir in Deutschland keine vernünftige IT-Ausstattung durchsetzen können? Deshalb sollten Sie sich vielleicht einmal hinreichend informieren über den derzeitigen Stand, die GmbH, die insoweit tätig werden wird, und die reale Zielsetzung durch die Einsetzung von Modulen, die die Steuerverwaltung in Deutschland schrittweise vernetzen und hoch effizient machen wird. - Schönen Dank.
Die Frau Kollegin Leuschner erhält nach § 71 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung bis zu zwei Minuten zusätzliche Redezeit.
Herr Althusmann und Herr Hagenah, ich möchte vermeiden, dass hier Legenden gestrickt werden. Sie haben im Ausschuss eine Anhörung von Vertreterinnen und Vertreter aller 68 Finanzämter gefordert. Das war die Forderung von Herrn Althusmann. Wir haben gesagt, dass das zu einer Verzögerung führen würde. Es steht den Fraktionen frei, mit den Gewerkschaften und den Berufsorganisationen zu reden und sich vor Ort ein Bild zu machen.
Das haben wir getan. Ich kann Ihnen sagen, dass die Beschäftigten hinter dem Projekt „Finanzamt 2003“ stehen,
aber auch wollen, dass wir die Situation bei den Finanzverwaltungen künftig verbessern und die Altersstruktur berücksichtigen. Das werden wir tun.
Sie haben die Diskussion im Ausschuss richtig wiedergegeben. Sie hätten allerdings dazu sagen sollen, dass wir diese Forderung sofort relativiert haben, weil wir die zeitliche Problematik natürlich erkannt haben.
Frau Leuschner, Sie haben aber nicht gesagt, dass die CDU-Vertreter im Ausschuss es als ziemlich eiskalt empfunden haben, dass die SPD-Landtagsfraktion nicht einmal den Mut hatte, die Mitar
beiterinnen und Mitarbeiter oder Vertreter der Finanzämter in einen öffentlich tagenden Ausschuss zu holen und sich von ihnen über die Realität in Niedersachsen informieren zu lassen. Das ist der Unterschied zwischen uns.
(Beifall bei der CDU - Plaue [SPD]: Eiskalt? Das ist ein Wesenszug, der Frau Leuschner völlig fremd ist!)
Sehr geehrter Herr Minister Aller, Sie sprachen davon, dass Sie sehr oft bei den Verbänden sind. Es gibt die schöne Zeitschrift der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, in deren Ausgabe darüber berichtet wird, dass Sie da waren, also Minister Aller, am 31. Januar 2002, Überschrift: Mit Abstand Resignation statt Aufbruchstimmung.
Herr Minister Aller: Demotiviertes Personal; Lage der Steuerverwaltung schlecht; Diskussion mit Herrn Finanzminister Aller, Hinweis darauf, dass die Personalsituation so schlecht ist. - Herr Minister, tun Sie uns einen Gefallen: Reden Sie die Lage bei der Steuerverwaltung in Niedersachsen nicht schön! Wir sind bereit, Sie zu unterstützen, aber nicht mit solchen Anträgen.