Protokoll der Sitzung vom 16.05.2002

- Wenn man Leistung gebracht hat, kann man das auch tun.

Wieder einmal hat es die Landesregierung versäumt, anhand der Städtebauförderung wohnungspolitische Perspektiven aufzuzeigen. Die Aneinanderreihung belangloser Fakten soll darüber hinwegtäuschen, dass diese Landesregierung in Wirklichkeit kein wohnungspolitisches Konzept hat. Dabei geht es nicht nur um Städtebauförderung. Das ist nur ein Aspekt. Es geht letztlich um die Frage, was die Landesregierung tut, um Investitionen im Baubereich zu ermöglichen. Die beste Städtebauförderung ist die Mobilisierung privaten Kapitals.

(Beifall bei der CDU)

Die Fakten, meine Damen und Herren, sind bekannt. Niedersachsen belegt, was die baukonjunkturelle Entwicklung in den alten Bundesländern betrifft, mit den hintersten Platz: 20 000 arbeitslose Bauarbeiter, 10 000 Beschäftigte im Baugewerbe weniger als im Jahr 2000, Rückgang der Bauproduktion um 11,6 %, Umsatzrückgang um 9,9 % im

Gegensatz zum Bundesdurchschnitt, der bei 7,4 % liegt.

Demgegenüber soll sich die Antwort der Landesregierung wie eine Erfolgsstory, wie von Ihnen auch genannt, Herr Wolf, lesen. Auf die Frage 17 nach den zukünftigen Programmschwerpunkten wird immerhin auf fast einer Seite von einer groß angelegten integrierten Revitalisierungsstrategie gesprochen und wird der Eindruck erweckt, es ließen sich mit 23,5 Millionen Euro für 2002 die schon in der Landtagsentschließung vom 18. September 2001 formulierten Ziele in ganz Niedersachsen erreichen. Meine Damen und Herren, das ist und bleibt Augenwischerei.

(Beifall bei der CDU)

Städtebauförderung ist Förderung von Investitionen in Neubau und Modernisierung von Immobilien in einem städtischen Zusammenhang. Die Diskussion über die Städtebauförderung geht einher mit der Landfluchtdiskussion und dem Ziel von Rot-Grün, diese wegen vermeintlicher Zersiedlungsgefahr zu stoppen. Die Diskussion über die Eigenheimzulage geht mittlerweile in dieselbe Richtung. Neubauten außerhalb der Stadt führen nicht automatisch zur Zersiedlung. Eine vernünftige Flächenausweisung ist im ureigensten Interesse aller Kommunen. Exzessive Flächenausweisungen produzieren Strukturen, die vom Markt nicht angenommen werden. Man kauft nicht nur ein Haus, sondern man kauft auch Infrastruktur, man kauft die Umgebung, und damit kauft man auch Heimat ein.

(Zustimmung bei der CDU)

Dem, meine Damen und Herren, müssen sich die Kommunen stellen und damit für die eigene Stadtentwicklung Sorge tragen durch vernünftige Bebauungspläne, unbürokratischen Umgang mit Bauanträgen, Deregulierung auf breiter Front, z. B. im Bereich kommunaler Satzungen und sonstiger Verordnungen. Fehlbelegungsabgaben und saftige Bußgelder bei gewerblicher Vermietung von Wohnungen sind da eher, wie von uns letzthin festgestellt, kontraproduktiv.

Die Landesregierung bleibt eine Antwort darauf schuldig, mit welchen Maßnahmen konkret sie die in der von ihr zitierten Landtagsentschließung aufgeführten Ziele gefördert hat und welche Erfolge dadurch tatsächlich erzielt wurden. Wenn schon Statistiken geführt werden, dann sollten diese um solche Angaben ergänzt werden. Zumindest für

Hannover kann ich sagen, dass einige so genannte Erfolge beim Einsatz von Landesmitteln durchaus zweifelhaft sind. Das viel gepriesene Modellvorhaben Vahrenheide-Ost konnte jedenfalls nicht verhindern, dass die Leerstandsquote von 7 % die höchste in der Stadt Hannover ist. Es konnte auch nicht verhindern, dass beschlossen worden ist, dort 250 Wohnungen abzureißen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich einige Punkte aufgreifen: Revitalisierung sozial gefährdeter Stadtquartiere. - Hat die Landesregierung alles getan, um Fehlbelegungsabgaben im öffentlich geförderten Wohnungsbau abzubauen, und was hat sie getan, um Eigentumsbildung z. B. durch den Abbau investitionshemmender Vorschriften zu erleichtern? Warum sind Fördermittel in den Neubau in Gebieten geflossen, obwohl von vornherein absehbar war, dass es dort zwangsläufig zu einer Gettoisierung kommen wird und auch gekommen ist und damit neue soziale Brennpunkte entstanden sind?

Meine Damen und Herren, wir sind der Auffassung, dass in der Städtebauförderung umgedacht werden muss. Ganz wesentlich müssen wir uns der Subjektförderung statt der bisherigen Objektförderung zuwenden. Die Städtebauförderung kann nur Bestandteil eines weiter gefassten wohnungspolitischen Konzeptes sein. Wir jedenfalls erkennen ein solches bei dieser Landesregierung nicht. Städtebauförderung muss in ein Konzept für eine nachhaltige Entwicklung der Bauwirtschaft und des Bauhandwerks integriert sein. Ein solches Konzept zu entwickeln, ist Aufgabe einer Landesregierung. Ellenlange Statistiken, wie wir sie von Ihnen bekommen haben, lenken nur von der Konzeptionslosigkeit ab.

Mit dieser so genannten Großen Anfrage ist unserer Auffassung nach die Chance vertan, auf Zukunftsfragen Antworten zu geben. Aber was hätten Sie auch antworten sollen? Was hätten Sie fragen sollen?

Meine Damen und Herren, bleiben Sie so, wie Sie sind! Bleiben Sie rückwärts gewandt! In spätestens zehn Monaten werden Sie, etwas kleiner geworden, aus der Opposition heraus erleben dürfen,

(Zustimmung bei der CDU - Wider- spruch bei der SPD)

wie wir dieses Land, seine Städte und Gemeinden einer in allen Bereichen dynamischen Zukunft entgegenführen werden.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Herr Kollege Harden hat noch einmal um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Harden!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Beckmann, das Letzte war ja eine Maßvorlage. Wenn Sie vorschlagen, dass wir von der Objektförderung in der Städtebauförderung zur Subjektförderung übergehen, dann werden Sie, wenn Sie das 30 Jahre lang machen, die Innenstädte nicht wiedererkennen. Dann wird die Siedlung nach amerikanischem Vorbild auf der grünen Wiese sein, und den Rest können Sie dann nur noch abreißen.

(Frau Jahns [CDU]: Wer will das denn?)

Bevor Sie hier solche Vorschläge machen, sollten Sie einmal nachdenken und hier nicht einfach strikten Lobbyismus betreiben. Das kann man so eigentlich gar nicht stehen lasen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN - Wolf [SPD]: Was sagt denn Haus & Grund dazu?)

Wenn Sie hier Konzepte fordern: Diese Konzepte liegen auf dem Tisch. Es gibt sie seit Anfang der 70er-Jahre nach dem Städtebauförderungsgesetz. Das hat dann in das Baugesetzbuch Eingang gefunden. Die Zwischenbilanz zeigt, dass das ganz erfolgreich ist, weil Innenstädte in Deutschland - Herr Wolf hat das ja eindrucksvoll dargelegt noch liebenswert sind und weil man sie noch erleben kann. Sie haben ihre Funktion noch nicht verloren.

Auf ein paar Dinge möchte ich noch eingehen, die Herr Decker hier gesagt hat. Er hat die Verödung der Innenstädte angemahnt.

(Möllring [CDU]: Angemahnt? Be- klagt hat er die!)

- Er hat darauf hingewiesen, dass Innenstädte veröden. - Wenn man genauer hinguckt oder nachfragt, woran das liegt, dann kann man feststellen, dass die Vermieter zum Teil Preisvorstellungen davon haben, was man Leuten abnehmen kann, die

einen Laden betreiben, dass sie davon nicht mehr existieren können. Wenn da nicht ein Umdenken auch bei den Vermietern einsetzt, Verantwortung zu übernehmen, dann werden wir überhaupt nichts dagegen machen können.

(Zustimmung bei der SPD)

Eines möchte ich Ihnen noch sagen, Herr Kollege Beckmann. Die Eigenheimzulage ist nicht von uns in die Diskussion gebracht worden, sondern Sie haben das infrage gestellt. Wir möchten uns an einer solchen Diskussion eigentlich nicht beteiligen. Man muss nur laut genug darüber reden, irgendwann kommt es dann auch.

Sie haben auf die Konversionsflächen hingewiesen. Herr Minister Bartling hat schon darauf aufmerksam gemacht, dass es ab 2003 ein eigenes Programm von 25 Millionen DM gibt. Auch das zeigt eindrucksvoll, dass wir diese Sorgen ernst nehmen und auch bereit sind, Geld in die Hand zu nehmen, selbst wenn die Kassen so knapp sind.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Herr Minister Bartling hat noch einmal um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Minister!

(Möllring [CDU]: Muss er es jedes Mal klarstellen, wenn jemand von der SPD gesprochen hat?)

Nein, ich muss nichts klarstellen, sondern ich muss auf ein paar wenige Dinge reagieren, meine Damen und Herren, insbesondere weil Sie hier über bestellte Anfragen gesprochen haben. Herr Möllring, ich erinnere Sie einmal daran, dass wir hier im vorletzten Plenarsitzungsabschnitt eine Dringliche Anfrage behandelt haben, von der Sie auch behauptet haben, dass sie bestellt worden sei. Die hat der Herr Kollege Pfeiffer beantwortet. Das hat sehr lange gedauert. Es war der „größte Skandal der niedersächsischen Parlamentsgeschichte“, weil man in einer Fragestunde nur zwei Fragen beantworten konnte. Dann kam die nächste Fragestunde im April-Plenum. Da hat die CDU eine Frage gestellt. Sie haben es dabei durch Ihre Nachfragen hingekriegt, dass in der ganzen Stunde eine einzige Frage beantwortet werden konnte, und haben sich

von dem Ministerpräsidenten eine Ohrfeige nach der anderen eingehandelt.

(Zustimmung bei der SPD)

Sie müssen sich schon einmal darüber klar werden, wie Sie das bewerten. Sie werden nie verhindern können, dass auch die SPD-Fraktion Große Anfragen stellt und eine gerechtfertige Antwort darauf erhält.

Ihre Reaktionen machen eines deutlich, nämlich dass Sie zu dem Problem überhaupt keine Alternativen haben.

Zu Herrn Hagenah nur ein paar wenige Anmerkungen: Herr Hagenah, Sie hätten eigene Städtebauförderungsprogramme fordern können, als der Bund auf null gesetzt hat. Denken Sie mal daran, wer seinerzeit in der Landesregierung war. Es waren Thea Dückert, Hannes Kempmann, Jürgen Trittin und wie sie alle hießen dabei. Das hätten Sie mal machen sollen. Aber da hat diese Landesregierung wahrscheinlich ihre eigene finanzielle Situation auch schon so realistisch eingeschätzt, wie wir das heute machen. Deswegen ist das nicht gemacht worden.

Zu den Abrechnungsfragen: Sie haben Recht, dass es manchmal zu lange dauert. Der generellen Kritik des Landesrechnungshofs kann ich mich nicht anschließen, weil wir in den Kommunen sehr unterschiedliche Situationen haben und ich auch den Kommunen die Chance geben möchte, dass sie von Städtebauförderungsmitteln profitieren können. Dann kann es auch mal länger dauern. Deswegen ist diese generelle Kritik nicht gerechtfertigt.

Eine Evaluierung wird z. B. hier in Hannover durchgeführt. Das ist der Fall. Daraus werden auch Konsequenzen gezogen. Da haben Sie wirklich etwas Falsches berichtet.

Aber den Gesamtzusammenhang möchte ich auch noch einmal herstellen, meine Damen und Herren. Herr Decker hat heute das fortgesetzt, was wir in jeder Plenarsitzung erleben: Sie stellen Milliardenforderung um Milliardenforderung.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von De- cker [CDU])

Sie haben hier erzählt: Da hat die CDU Millionen und nochmals Millionen beantragt. Sie sind Versuchs-Anscheinerwecker:

(Heiterkeit)

Sie versuchen, den Anschein zu erwecken, dass Sie etwas anders machen könnten, und wollen den Leuten einreden, Sie könnten etwas machen. Sie fordern alles. Sie fordern tausende von Lehrern mehr, tausende von Polizisten mehr, tausende für den Wohnungsbau. Sie machen den Leuten etwas vor, aber glauben Sie bitte nicht, dass Ihnen irgendeiner auf dieser Welt diesen Quatsch noch abnimmt!

(Beifall bei der SPD - Zuruf von De- cker [CDU])

Herr Minister, gestatten Sie noch eine Frage? - Er gestattet sie nicht.

Meine Damen und Herren, der Kollege Beckmann hat noch einmal um das Wort gebeten. Ich erteile ihm aufgrund unserer Geschäftsordnung eine zusätzliche Redezeit von bis zu drei Minuten.