Protokoll der Sitzung vom 16.05.2002

Meine Damen und Herren, der Kollege Beckmann hat noch einmal um das Wort gebeten. Ich erteile ihm aufgrund unserer Geschäftsordnung eine zusätzliche Redezeit von bis zu drei Minuten.

Herr Minister, ich bin im Grunde genommen sehr dankbar für Ihren Redebeitrag, weil er gezeigt hat, in welcher Weise Sie unsere Diskussionsbeiträge getroffen haben.

(Zustimmung von der CDU)

Sie können nicht so weitermachen, wie das immer gewesen ist, und es kann auch nicht sein, dass die Freunde der sozialdemokratischen Fraktion feststellen: Es muss so bleiben, wie es bisher war.

(Harden [SPD]: Da, wo es gut war, muss es so bleiben!)

Wir haben davon gesprochen, dass wir von der Objektförderung weg und hin zur Subjektförderung kommen müssen, und Sie sprechen davon, wir sollten unsere Innenstädte dann nicht mehr ansehen. Da kann ich nur fragen: Was ist denn passiert? Warum haben wir denn die sozialen Brennpunkte bekommen? Weil wir eben diese Objektförderung über Jahrzehnte gehabt haben und weil wir die Subjektförderung nicht haben einführen und durchführen können.

(Beifall bei der CDU - Harden [SPD]: Nein, nein! Das stimmt nicht!)

Was Sie tun müssten, wäre, die gesamten Reglementierungen z. B., die Sie in diesen Wohnungsmarkt eingeführt haben, zurückzunehmen. Herr

Hagenah ist doch Zeuge dessen gewesen, was wir in der Großstadt Hannover erlebt haben. Wir haben im Jahre 1992 mit den Gesetzen, die Sie im Bund beschlossen haben, die Einführung von Erhaltungssatzungen für vier Gebiete erlebt. Zehn Jahre lang haben Sie diese Gebiete mit der Erhaltungssatzung heruntergewirtschaftet, und nun müssen diese Gebiete mit Mitteln aus dem Programm „Soziale Stadt“ wieder aufgeforstet werden.

(Harden [SPD]: Wir sind hier nicht im Stadtrat, hier ist der Landtag! Das ha- ben wir doch hier nicht beschlossen! - Wolf [SPD]: Das ist doch die Stadt Hannover gewesen, Herr Beckmann!)

Meine Damen und Herren, gewöhnen Sie sich das ab. Sie können mit Gesetzen, mit Satzungen und mit all dem, was Sie an Reglementierungen eingeführt haben, Städtebauförderung nicht wirkungsvoll durchführen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir zu dieser Großen Anfrage nicht vor. Darum stelle ich fest, dass die Besprechung der Großen Anfrage abgeschlossen ist.

Ich rufe jetzt auf

Tagesordnungspunkt 22: Erste Beratung: Neuer PEP für die Staatsmodernisierung Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 14/3368

Zur Einbringung und Begründung des Antrages hat sich der Kollege Hagenah zu Wort gemeldet. Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Staatsmodernisierung und Verwaltungsreform können nur mit motivierten und auf dem aktuellen Stand fortgebildeten Beschäftigten vorankommen. Wegen der chronischen Finanznot, aber noch mehr wegen der mangelnden Schwerpunktsetzung der Landesregierung fehlen dafür bisher die Finanzmittel. Selbst die bescheidenen Anmeldungen der Häuser können im Etat nicht realisiert

werden. Mehr als das Dreifache dessen, was im Etat vorhanden ist, ist angemeldet worden, und das, obwohl doch überall gebeten wird, sich zurückzuhalten, da die Haushaltslage bekannt ist. Das macht deutlich, dass der tatsächliche Bedarf viel größer ist als der Bedarf, dem derzeit von der Landesregierung entsprochen wird.

Gleichzeitig versanden aber im Bereich der Reformdividende, also im Bereich dessen, was innerhalb der Budgets von den Beschäftigten auf Kosten der Beschäftigten eingespart wird, Millionenbeträge. Mehrere Anfragen von uns haben ergeben, dass Mittel in allgemeinen Maßnahmen versanden, die eigentlich vom Landeshaushalt finanziert werden müssten. Beispiele dafür sind pikanterweise das Finanzministerium selbst, das aus der Reformdividende die Renovierung der Landesfinanzschule finanziert hat. Wir sind der Meinung, dies hätte vollständig etatisiert werden müssen. Natürlich ist es schön, dass dort renoviert wird und auch ausgebildet werden kann. Dass das aber eine typische Maßnahme der Reformdividende ist, bezweifeln wir aufs Äußerste.

Auch das Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales hat sich durch eine beispielhafte Reformmaßnahme hervorgetan: Es hat mit den Reformmitteln einen Geschirrspüler angeschafft. Auch das, meine ich, ist nicht unbedingt das, wie Personalentwicklung im Sinne der Beschäftigten aussehen müsste. Eigentlich sollte das in anderer Art und Weise dem Arbeitsplatz zugute kommen, als in Renovierungen oder in die Anschaffung von Gerät gesteckt zu werden. Das müsste von den Häusern angemeldet und über den normalen Haushalt finanziert werden.

Personalentwicklung, Gesundheitsförderung und Gleichstellung wären die eigentlichen Zielgebiete, in die die Reformmittel fließen müssten, die im Augenblick noch in ganz erheblichem Umfang vorhanden sind, eben im Bereich der Reformdividende, weil die Personaletats nur mit einem durchschnittlichen Ausnutzungsgrad von 98 % gefahren werden. Am Ende bleiben gigantische Beträge übrig. Zur Hälfte fließen sie dem Finanzminister zur Konsolidierung des Haushaltes zu. Dieser freut sich. Zur anderen Hälfte werden sie im Augenblick auf diese Art und Weise verbraucht.

Wir hoffen, dass die Beschäftigten diesen schludrigen Umgang mit dem Budgetprinzip spätestens zum Haushalt 2004 nicht mehr zulassen und dass man insgesamt dazu kommt, die Personalkosten

budgets der Häuser stärker an die 100 % heranzufahren, damit nicht solche großen Beträge übrig bleiben, die auf die Art und Weise, wie dies im Augenblick geschieht, jedenfalls nicht voll im Sinne des Erfinders verwandt werden.

Bis dahin müssen wir, wie wir meinen, durch unsere vorliegende Entschließung dafür sorgen, dass die Reformdividende sachgerecht verwendet wird. Das ist das Mindeste, was wir bei der zu niedrig festgezurrten Haushaltsfestsetzung tun können. Für die Haushaltsplanung ab 2004 schlagen wir allerdings einen Systemwechsel vor. Die Beschäftigten brauchen einen verlässlichen und deutlich höheren Betrag für Personalentwicklung, Gesundheitsförderung und Gleichstellung. Dies kann im Rahmen der Budgetbildung nur mit einem dafür vorgehaltenen Prozentsatz aus den Personalkostenbudgets insgesamt gerecht und verlässlich geschehen. Die bisher gesondert geführten Haushaltsstellen sollten unserer Meinung nach dafür entfallen, sodass es dafür auch ein Äquivalent gibt, das dem Finanzminister angeboten werden kann.

Mit diesem Prinzip gibt es andernorts positive Erfahrungen. Die Landeshauptstadt Hannover auch keine kleine Verwaltung - macht dies schon seit mehreren Jahren. In einer Mischung zwischen dezentraler Verfügung und einer Zentralverfügung - wir schlagen für das Land 25 % vor - haben sich dort produktive Wechselspiele eingestellt. Einerseits besteht weiterhin ein Anreiz für die Beteiligung an zentral entwickelten Konzepten, weil eben zentral zugefördert wird, und andererseits wird mit einem hohen Standard auch dezentral mit Maßnahmen der Personalentwicklung gearbeitet.

Der hohe Krankenstand und die alarmierenden Ergebnisse der Mitarbeiterbefragungen sollten Sie überzeugen, unserem Vorschlag zu folgen. Bevor Sie mit dem schlichten Verweis auf die ganz erhebliche Summe, die zusammenkommt, sagen, dass sei eine zu große Schwerpunktsetzung im Haushalt, bitte ich Sie doch, in den Fraktionen noch einmal zu vergleichen, und zwar einerseits mit Verwaltungen, die in diesem Sinne verfahren, aber vor allen Dingen auch mit erfolgreichen Firmen in der Privatwirtschaft, die noch in ganz anderer Art und Weise in ihr Personal investieren und von ihrer Philosophie her auch wissen, dass nur mit einem motivierten und fortgebildeten Personal erfolgreich gewirtschaftet werden kann.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

(Althusmann [CDU] meldet sich zu Wort)

- Herr Kollege Althusmann? Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. - Bitte sehr, Frau Kollegin Meyn-Horeis!

(Frau Pawelski [CDU]: Sollte da eben geschummelt werden? Was habe ich denn da beobachtet, Frau Präsidentin? - Wernstedt [SPD]: Sie werden eines Tages noch verhungern, weil Sie sich nicht entschließen können! - Möhr- mann [SPD]: Ich hätte die Debatte schon längst geschlossen!)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich meine, die Reihenfolge wäre gleichgültig gewesen, weil wir, Herr Hagenah und Herr Althusmann, uns in diesem Punkt sicherlich sehr nahe sind. Insoweit ist es egal, wer zuerst redet.

Sehr verehrter Herr Althusmann, wenn Sie meiner Rede aufmerksam zuhören, dann werden Sie vielleicht Ihren Redebeitrag entsprechend verändern und heute im Vergleich zu gestern etwas sachlicher vortragen.

(Dr. Stratmann [CDU]: Das war sehr sachlich!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zunächst einmal können wir alle feststellen, dass wir in Niedersachsen bei der Verwaltungsreform und bei der Staatsmodernisierung auf einem sehr guten und auch erfolgreichen Weg sind.

(Zustimmung bei der SPD)

Unstrittig ist auch, dass wir im Vergleich zu den anderen Bundesländern in diesem Bereich eindeutig eine führende Rolle einnehmen.

(Dr. Stratmann [CDU]: Ach du liebe Güte!)

- Ja, darüber freuen Sie sich. Sie können sich auch darüber freuen, denn diese Arbeit haben wir hier geleistet.

(Frau Leuschner [SPD]: Genau!)

Dies, Herr Dr. Stratmann, liegt nämlich nicht zuletzt daran, dass sowohl die Landesregierung mit dem Beauftragten für Staatsmodernisierung und den motivierten Beschäftigten als auch die Fraktionen des Landtages diese Aufgabe konstruktiv voranbringen.

Eine wesentliche Rolle bei der Staatsmodernisierung spielt heute neben dem Aufgabenabbau, Abläufe zu straffen und die Aufbauorganisation zu verschlanken natürlich als Schwerpunkt die Personal- und Organisationsentwicklung. In der Antwort auf die mündliche Anfrage von Mitgliedern der SPD-Fraktion von vor vier Wochen zum Stand der Personalentwicklungsmaßnahmen ist ausgeführt worden, dass zu den Aktivitäten und Zielen der Landesregierung u. a. die Qualitätsoffensive, die Entwicklung der Führungskräfte und das Mitarbeiter-Vorgesetzten-Gespräch gehören. Bei diesen Maßnahmen sind bereits gute Ergebnisse von der Landesregierung erzielt worden, die im einzelnen der Antwort auf die Anfrage zu entnehmen sind.

Wir als SPD-Landtagsfraktion unterstützen diese guten Aktivitäten der Landesregierung ausdrücklich. Denn wir sind uns wohl alle darin einig, dass Personalentwicklung notwendig ist, um mit den Beschäftigten die Landesverwaltung als Standortund Zukunftsfaktor auszubauen, um ein selbständigeres Arbeiten der einzelnen Beschäftigten sowie eine vermehrte Teamarbeit zu unterstützen

(Zustimmung von Frau Leuschner [SPD])

und um die Motivation und Leistungsbereitschaft der Beschäftigten zu steigern, damit alle Ziele einer modernen Verwaltung erreicht werden können.

Klar ist, Herr Hagenah, dass dies alles ohne einen darauf ausgerichteten Mittel- und Ressourceneinsatz kaum möglich ist. Ein positiver Beitrag im Bereich der Personalentwicklung ist daher die seit 1997 begonnene schrittweise flächendeckende Einführung von Personalkostenbudgets. Erfreulich ist, dass seit 2001 alle Ressorts der niedersächsischen Landesverwaltung mit einem umfassenden Personalkostenbudget arbeiten. Bei Nichtausschöpfung dieser Budgets wird den Häusern die Hälfte des nicht ausgeschöpften Betrages als Reformdividende zur Verfügung gestellt.

(Hagenah [GRÜNE]: Nicht immer!)

- Dazu komme ich noch. - Dieses ist unstrittig ein Anreizsystem zur effizienten Personalbewirt

schaftung. Allerdings ist klar, dass es in schwierigen Zeiten der Haushaltskonsolidierung für die Personalentwicklung keine Sonderbedingungen geben kann. Hier gilt es - das fordern Sie auch -, mehr Planungssicherheit für die Häuser zu erreichen.

(Möllring [CDU]: Hat er nun Recht oder nicht?)

Das Ziel der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit ihren Vorschlägen zur Personalentwicklung, speziell die Personalkostenbewirtschaftung zu verbessern, wird auch von uns verfolgt. Meine Fraktion ist, wie eben gesagt, der Meinung, dass ein größerer Vertrauensschutz für die Beteiligten erreicht werden sollte. Wir begrüßen es daher außerordentlich, dass die Landesregierung bereits prüft, ob und inwiefern den Behörden für die Personalkostenbudgets eine Planungssicherheit - natürlich unter Berücksichtigung der finanziellen Situation des Landes - gegeben werden kann.