Protokoll der Sitzung vom 16.05.2002

Zu Wort gemeldet hat sich mit einer offiziellen Wortmeldung zunächst Frau Dr. Knorre.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann es auch sehr kurz machen. Ich finde es unerträglich, wie die CDU-Fraktion darzustellen und schönzureden versucht, dass das Tariftreuegesetz bislang an der Blockadehaltung der CDU-Länder im Bundesrat scheitert.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Landesregierung hat, wie es der einstimmige Landtagsbeschluss ihr vorgegeben hat, alle Punkte im Antragsverfahren im Bundesrat eingebracht, die hier vom Landtag gefordert worden sind. Kein einziges CDU-geführtes Land hat diesen Anträgen zugestimmt. Meine Damen und Herren, wo war denn da der Einsatz Ihrer Fraktion und der CDU für die Interessen der niedersächsischen Bauwirtschaft?

(Beifall bei der SPD)

Jetzt geht das ja noch weiter. Jetzt befindet sich das Tariftreuegesetz im zweiten Beratungsdurchgang. Und was geschieht jetzt? - Jetzt wollen die CDUgeführten Länder nicht nur unsere weiterführenden Anträge, sondern das Gesetz komplett ablehnen. Selbst Bayern, das sich bislang als Vorkämpfer für die Tariftreue zu profilieren versucht hat, überlegt jetzt, ob es vor den Wahlkampfinteressen von Herrn Stoiber kapituliert.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Die haben ein Landesvergabegesetz, das Sie nicht hinbekommen!)

Das - das muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen - wäre in der Tat ein Schlag ins Gesicht der Bauwirtschaft.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden unsere Anträge im zweiten Beratungsdurchgang so, wie uns der Niedersächsische Landtag dazu aufgefordert hat, noch einmal einbringen. Aber ganz klar ist auch, dass das Tariftreuegesetz in der Fassung, in der es derzeit als Kompromissentwurf vorliegt, an Niedersachsen nicht scheitern wird. Wir wollen dieses Gesetz und werden deshalb dafür sorgen, dass es den Bundesrat passieren wird. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat ihre Redezeit um drei Minuten überschritten. Deswegen verlängere ich die Redezeiten der Fraktionen ebenfalls um drei Minuten. Gemeldet hat sich zunächst der Kollege Plaue.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wulff, ich danke Ihnen sehr für Ihren Zwischenruf zum Landesvergabegesetz des Landes Bayern. Das Landesvergabegesetz des Landes Bayern enthält Regelungen, die nach übereinstimmender Aussage der Gewerkschaften und der Bauwirtschaft weniger wirksam sind als die Vergaberichtlinie, die das Land Niedersachsen jetzt schon hat. Ich stelle fest, dass Sie, Herr Kollege Wulff, keine Ahnung von dem haben, worüber wir hier diskutieren.

(Beifall bei der SPD)

Wir können ja darüber reden, was wir in Berlin bewerkstelligt oder nicht bewerkstelligt haben, Herr Kollege Möllring. Nur, ich erwarte vom stellvertretenden Bundesvorsitzenden der CDU eine ganz klare Aussage dazu, ob das gilt, was hier immer zwischen den Zeilen suggeriert, aber nicht gemacht wird, nämlich dass die NiedersachsenCDU angeblich für ein Tariftreuegesetz ist, oder ob das gilt, was die CDU politisch auf Bundesebene macht. Merz hat gesagt, mit der CDU werde es ein Tariftreuegesetz nicht geben. Herr Wulff, nehmen Sie dazu Stellung und sagen Sie den Menschen in Niedersachsen, sagen Sie der Bauwirtschaft an der Grenze zu den neuen Bundesländern, ob die Niedersachsen-CDU zu dem niedersächsischen Modell steht oder zu dem, was in Berlin gemacht wird!

(Beifall bei der SPD)

Herr Wulff!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Viel wäre geholfen, wenn wir uns an zwei Grundsätze halten würden. Es wäre gut, wenn wir Dinge, für die wir hier Verantwortung tragen, hier wirklich lösen würden.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen haben wir erklärt, dass wir ein Landesvergabegesetz, dass wir die Überführung der Richtlinie mit dem 10-%-Erlass ins Gesetz wollen. Das aber scheitert an Ihren Verzögerungstaktiken, weil Sie auf diesem Feld nicht handlungsfähig sind. Das ist Punkt Nr. 1.

(Beifall bei der CDU Sie haben hier im Hause die absolute Mehrheit. Da Sie seit zwölf Jahren regieren, müssen Sie, Herr Plaue, sagen, warum Sie dieses Gesetz seit zwölf Jahren nicht über die Bühne gebracht haben. Das hat mit der Opposition rein gar nichts zu tun. (Beifall bei der CDU)

Es wäre hilfreich, wenn Sie ab und zu auch denen zuhören würden, denen Sie nicht ständig zuhören, was zur Folge hat, dass Sie nicht klüger werden. Wenn Sie Herrn Möllring zugehört hätten, dann hätten Sie mitbekommen, dass wir für ein Landesvergabegesetz und ein Bundesvergabegesetz sind. Das ist auch die Mehrheitsposition der Union.

(Möhrmann [SPD]: Herr Wulff, wel- chen Einfluss haben Sie eigentlich in Berlin?)

Jetzt ist mit den neuen Bundesländern eine Situation entstanden, in der wir als Niedersachsen mit der ehemals längsten innerdeutschen Grenze besonders daran interessiert sein müssen, dass das Landesvergabegesetz und das Bundesvergabegesetz auf den Weg kommen, damit es endlich faire Wettbewerbschancen für die Bauindustrie und das Bauhandwerk in den Grenzregionen gibt.

(Beifall bei der CDU)

Während es zwischen Bayern und Sachsen, zwischen Thüringen und Hessen Vereinbarungen darüber gibt, wie man in der jeweiligen Grenzregion verfährt, wie man kontrolliert und bei Vergaben vorgeht, fehlt so etwas hier völlig, und Sie finden überall in den an der ehemaligen deutschen Grenze gelegenen Landkreisen Bauunternehmen und Bauhandwerker mit Dumpinglöhnen aus den neuen Bundesländern. Dem wollen wir ein Ende setzen.

(Beifall bei der CDU)

Dafür, dass diese Bundesländer - beispielsweise das PDS/SPD-regierte Mecklenburg-Vorpommern - das nicht wollen, wird man wahrscheinlich sogar Verständnis aufbringen können. Aber gerade

deshalb sind wir zum Handeln gezwungen. Und dazu fordere ich Sie auf.

(Beifall bei der CDU - Plaue [SPD]: Sie haben keine Ahnung davon! - Coenen [CDU]: Plaue, melden! - Un- ruhe - Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, wir haben hier eine Regelung, dass über das Mikrofon diskutiert wird. Zwischenrufe sind gestattet. Möchte sich noch jemand melden?

(Zurufe bei der CDU: Plaue! - Plaue [SPD] - zur CDU -: Solange ihr euch nicht meldet, brauche ich nicht zu antworten! - Schirmbeck [CDU]: Der Plaue meldet sich doch immer noch!)

- Herr Schirmbeck! - Das ist nicht der Fall. Damit beende ich die Aktuelle Stunde.

Wir kommen damit zu

Tagesordnungspunkt 15: Erste Beratung: Ausbau der Binnenwasserstraßen und stärkere Nutzung der Potenziale der Binnenschifffahrt - Antrag der Fraktion der SPD Drs. 14/3342

Der Antrag wird durch den Kollegen Buß eingebracht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Niedersachsen ist das größte Küstenland der Bundesrepublik und hat mit seinen vielen Häfen an der Küste und auch im Binnenland eine besondere Beziehung zur Schifffahrt.

(Schirmbeck [CDU]: Das ist richtig!)

Viele Arbeitsplätze sind unmittelbar oder mittelbar von der Schifffahrt abhängig.

(Schirmbeck [CDU]: Auch das ist richtig! - Was richtig ist, kann man hier ja auch einmal sagen. Wir sind ja nicht so wie Herr Möllring, der hier nur Unwahrheiten erzählt. Wir sagen es so, wie es ist. (Zuruf von der CDU)

Unsere gut ausgebauten Seehäfen funktionieren aber nur, wenn das Hinterland optimal angeschlossen ist. Hierzu gehören neben Bahn und Straße aber auch ganz besonders die Binnenwasserstraßen mit ihren Häfen im Binnenland. Das Güterverkehrsaufkommen auf den Binnenwasserstraßen ist in den letzten zehn Jahren um mehr als 20 % gestiegen und wird in den nächsten Jahren um mehr als ein Drittel weiter steigen.

Auch die Osterweiterung der EU wird das Güterverkehrsaufkommen mit Sicherheit weiter erhöhen. Alle Verkehrsexperten sind sich darin einig, dass dieses Problem allein mit Schiene und Straße nicht gelöst werden kann. Auch umweltpolitisch geht kein Weg an einer stärkeren Nutzung der Wasserstraßen vorbei. Für die Schifffahrt ist „Stau“ eher ein Fremdwort.

Im Wettbewerb gegenüber den ARA-Häfen müssen wir eine bessere Anbindung haben. Gerade in Holland und Belgien werden die Potenziale der Binnenschafffahrt erheblich stärker genutzt. Nachdem wir im Ausschuss für Häfen und Schifffahrt auch dieses Thema mehrfach erörtert haben - übrigens einhellig -, bringen wir als SPD-Fraktion folgenden Entschließungsantrag ein:

„Der Niedersächsische Landtag fordert die Landesregierung deshalb auf, Einfluss auf die Bundesregierung zu nehmen,

1. die bestehende Wasserstraßeninfrastruktur in Niedersachsen zu verbessern;

Hierzu gehört insbesondere der Ausbau der Stichkanäle Osnabrück, Hildesheim, Misburg und Linden. Durch die Konzentration aller Finanzierungsmittel auf die Hauptstrecke des Mittellandkanals in den vergangenen Jahren ist eine Ungleichbehandlung zwischen der Hauptstrecke des MLK und den Stichkanälen entstanden, die den Zielen des Regierungsabkommens aus dem Jahre 1965 widerspricht. Da große industrielle Ballungsgebiete in Niedersachsen an Stichkanälen liegen, werden diese

Regionen dadurch in der wirtschaftlichen Entwicklung benachteiligt.

Im Zuge des Ausbaus der Mittelweser muss die Planung für einen Neubau der Schleuse Minden sofort begonnen werden, um den Übergang zwischen dem MLK und der Weser zeitgleich mit der Fertigstellung der anderen Ausbauvorhaben zu gewährleisten.

Die Nordstrecke des Dortmund-EmsKanals ist eine wichtige Hinterlandverbindung des Seehafens Emden. Der heutige Ausbauzustand erlaubt keinen Verkehr mit dem Großmotorgüterschiff. Die teilweise zu geringen Schleusenbreiten und Durchfahrtshöhen an den Brücken sollten zeitnah angepasst werden, um den Verkehr mit dem Standardschiff der angrenzenden Wasserstraßenabschnitte zu ermöglichen und eine Abkoppelung einer ganzen Region von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung zu verhindern.

2. die Personalsituation in der Wasserund Schifffahrtsverwaltung so zu gestalten, dass ein zügiger Ausbau der Wasserstraßen nicht durch fehlende Personalkapazität behindert wird;

3. die Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen zwischen den Verkehrsträgern national und international weiter voranzutreiben;