§ 113 a ist aber auch Grundlage für den vom Landtag am 17. September 2001 beschlossenen fünfjährigen Schulversuch. Auch hier sind wir ein ganzes Stück weiter; das wissen Sie. Berufsbildende Schulen in Niedersachsen als regionale Kompetenzzentren - das wird gerade vorgelegt. Wir werden die Ausschreibung in nächster Zeit machen und dann sehen, wie viele der 140 berufsbildenden Schulen sich dazu entschließen.
Der Entschließungsantrag der Fraktion der Grünen weist also in die richtige Richtung, knüpft aber nicht an das an, was in Niedersachsen bereits entwickelt vorliegt. Von daher wird es eine interessante Ausschussberatung geben, in der man auch noch einmal deutlich machen kann, dass wir ein ganzes Stück weiter sind, als es das nordrheinwestfälische Projekt aufzeigt. Ich freue mich dennoch, dass es eine Menge an Übereinstimmung in dem Antrag gibt, auf der man gut aufbauen kann. Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ausgesprochen angenehm, einen Antrag vorliegen zu haben, der anders diskutiert werden kann, als wir es in der letzten Zeit öfter hier im Hause erlebt haben. Der Antrag der Grünen liest sich auf den ersten Blick wirklich ganz ordentlich. Darin finden sich tolle Begriffe wie „Niedersachsen Schule 21“, „selbständige Schule“ oder „lernende Schule“. Ich will nicht verhehlen, dass ich bei „Niedersachsen Schule 21“ gleich an „N 21“ gedacht habe.
Die Zielrichtung dieses Antrags – Qualitätsverbesserung der Schulen, Selbständigkeit der Schulen, Profilbildung der Schulen - sind alles Elemente, die wir in der Debatte zum Schulgesetz ebenfalls vorgetragen haben. Hinsichtlich dieser Zielrichtung gibt es überhaupt keinen Streit, weil wir wissen, dass in diesen Elementen die Chance liegt, wirklich etwas voranzubringen.
Eine Reihe von Elementen Ihres Antrags kann aber schon heute praktiziert werden, ohne dass wir dafür neue Modellversuche auflegen müssen. Ich will Ihnen das an wenigen Beispielen Ihres Antrags erläutern.
Sie sagen: „Für innovative pädagogische Konzepte erhalten die Schulen Freiräume bei der zeitlichen und örtlichen Organisation des Unterrichts.“ - Die Schulen haben schon seit langer Zeit die Möglichkeit, nach der alternativen Stundentafel zu unterrichten. Wir bieten es förmlich an, aber leider wird es noch nicht in dem gewünschten Maße gemacht. Möglicherweise trägt unsere heutige Debatte dazu bei, die Schulen insofern zu ermutigen.
Sie schreiben an einer anderen Stelle: „Die Lehrkräfte sollen die Arbeit der Schule in Teams organisieren.“ - Ich kenne keine Landesregierung, ich kenne keine Ministerin und keinen Minister, wo auch immer, die oder der auch nur im Entferntesten sagen würde: „Macht das lieber nicht.“ Das Gegenteil ist der Fall. Eigentlich wird gewünscht,
dass sich die Kolleginnen und Kollegen mehr zusammensetzen. Hier mag man also noch einmal die inhaltliche Debatte verstärken - das werden wir auch sicherlich tun -, aber auch hier zeigt sich, dass es schon eine Reihe von Elementen gibt, die schon heute praktiziert werden, auch wenn sie selbstverständlich noch viel intensiver praktiziert werden könnten.
Nicht viel anders verhält es sich beim Thema Sachmittelbudgetierung. Sie wissen, dass die Landesregierung den Schulen zu den Lernmitteln, zu den Reisekosten, zur schulinternen Fortbildung diesen Vorschlag nicht nur gemacht hat, sondern dass das praktiziert wird. Es gibt eine ganze Reihe von Schulträgern, die das ebenfalls machen. Dennoch, es machen nicht alle. Deshalb ist, meine ich, eine intensive Debatte zur Selbstständigkeit der Schulen richtig. Es gilt, in einen Dialog auch mit den kommunalen Spitzenverbänden einzutreten.
Zum Thema Personalbewirtschaftung läuft auch schon einiges. Wir sorgen durch die schulscharfe Ausschreibung von Stellen dafür, dass Schulen ganz erheblich bei der Einstellung mitreden können. Ich finde, dass dieser Weg der Landesregierung, so die Schulen angemessen zu beteiligen, nicht nur richtig ist, sondern aus meiner Sicht wird er auch kontinuierlich fortgesetzt und entwickelt werden.
Darüber hinaus sollen andere Personen in die Schulen geholt werden. Ich erinnere nur an die heiß umstrittene Verlässliche Grundschule. Wir haben bei der Verlässlichen Grundschule den Schulleitungen Verantwortung und Spielraum gegeben, den sie übrigens mit ihren Schulträgern zusammen nutzen, nämlich Betreuungskräfte für die wichtige Aufgabe der Betreuung in den Klassen 1 und 2 einzusetzen. Dennoch, was gut ist, kann immer noch besser werden, was richtig ist, kann man noch intensivieren. Insofern kann man auch an dieser Stelle nur sagen: Da passt eine ganze Menge zusammen.
Ihr Antrag enthält also eine Reihe von Elementen, die man nur als gut befinden kann, die zum Teil auch schon so praktiziert werden. Wir werden sicherlich im Ausschuss überlegen müssen, inwieweit man das noch weiter entwickeln kann. Wir werden sicherlich keinen Streit darüber bekommen, wie man den Gestaltungsspielraum der Schulen vergrößern kann. Ich fand von den Grünen sehr hilfreich, dass sie ganz klar machen, dass dies nicht zu einer Beliebigkeit führen darf, sondern
dass es dafür nach wie vor einen staatlichen Rahmen geben muss, der sozusagen die Vergleichbarkeit im Lande insgesamt gewährleistet.
Deshalb werden wir als SPD-Fraktion Ihren Antrag in diesem Sinne diskutieren. Ich will aber schon eine kleine Einschränkung hinzufügen. Wir werden kein weiteres Modell und kein weiteres Konzept auflegen, wie Sie das mit den 100 Schulen vorgeschlagen haben, weil wir der Meinung sind, dass in diesem Lande schon eine Menge läuft. Aus meiner Sicht sind das mindestens zehn Projekte. Eine Reihe der Projekte hat die Ministerin eben schon genannt. Von daher ist es überhaupt nicht hilfreich, ein weiteres Projekt aufzulegen, das möglicherweise mehr zur Irritation führt nach dem Motto: Da haben sie das eine schon aufgelegt, nämlich jetzt im Februar 2002 die Qualitätsnetzwerke, nun kommen sie im Februar 2003 mit dem nächsten entsprechenden Netzwerk.
Wir haben vor, in der nächsten Legislaturperiode eine umfassende große Schulgesetznovelle zu erarbeiten. Wir werden dann eine Reihe von Maßnahmen, die heute sozusagen noch ganz freiwillig laufen, im Schulgesetz verankern. Dadurch wird deutlich, dass wir an dieser Stelle einen bestimmten wichtigen Schub geben werden.
Eine Schlussbemerkung, Frau Litfin, 10 bis 15 Jahre ist als Zeitraum erheblich zu lang. Wir haben dafür nicht die ausreichende Zeit. Ich meine, dass ein Schwerpunkt in der nächsten Legislaturperiode darauf liegen wird, dass wir in den dann vor uns liegenden fünf Jahren die entscheidenden Schritte umzusetzen haben. Alles andere würde zu lange dauern. Da setzen wir auf Ihre Unterstützung. Bei der Art und Weise, wie Sie von den Grünen hier den Antrag eingebracht haben, gehe ich davon aus, dass die Hauptverantwortung für die Kultuspolitik auch nach 2003 bei den Sozialdemokraten liegen wird. - Vielen Dank.
blasen, welche Luftschlösser hier aufgebaut werden und in welchen Traumwelten der oder die eine in diesem Hause lebt.
Einen Augenblick! Meine Damen und Herren, ich möchte darum bitten, sich auf den Besucherrängen etwas leiser zu unterhalten, wenn überhaupt. Man kann auch herausgehen, wenn man sich unterhalten möchte. Aber wenn das so laut wird, dass wir hier schon Probleme bekommen zuzuhören, dann wird es etwas dramatisch.
Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Frau Litfin, in einem Punkt haben Sie mit Sicherheit Recht. Die Lernkultur und der Unterricht müssen in Niedersachsen mit Sicherheit deutlich verbessert werden. Uns allen gemeinsam stellt sich die Frage, ob wir dieses alles regeln können, wenn wir weitere organisatorische Sandkastenspiele, pädagogische Planspiele oder andere Wunschträume hier einbringen; aber die Frage nach dem eigentlich Wesentlichen dabei völlig aus dem Blick nehmen. Das ist die Frage, was diese Landesregierung in den letzten 12 und bald 13 Jahren schleifen gelassen hat und wie wir das wieder in Ordnung kriegen. Womit beschäftigen sich die Schulen? Wo ist die eigentliche Problemsetzung?
Frau Litfin, bevor wir die Illusion verfolgen sollten, weitere 100 allgemein bildende Schulen als Modellschulen mit noch mehr Personal, mit noch mehr Sachausstattung einzurichten - für mich eine völlige Illusion -, ist es nach meiner Meinung, nach unserer, der CDU-Fraktion Einschätzung eindeutig notwendig, dass wir uns mit der Kernproblematik, mit der 100-prozentigen Unterrichtsversorgung tatsächlich auseinander setzen. Das bekommt diese Landesregierung nicht in den Griff. Da liegt der Casus knacktus an den Schulen; da liegt tatsächlich der Hund begraben.
Bei all den Modellversuchen, die die Frau Ministerin hier genannt hat, hat sie gleichzeitig zugegeben,
dass viele Schulen sehr zurückhaltend und sehr skeptisch sind. Warum sind sie so skeptisch auch bei dem jetzt so heiß propagierten Konzept Ganztagsschule? Der Name trifft für dieses neue Projekt nicht zu. Auch da findet man keine Schulen, die mitmachen, weil alle Schulleiter, Lehrkräfte, Eltern, Schüler sagen: Bringt uns bitte die Unterrichtsversorgung erst einmal in Ordnung, dann können wir uns weiter über andere Konzepte unterhalten.
Frau Litfin, Sie meinen weiterhin in Ihrem Antrag, dass die Unterrichtsorganisation, das Weggehen vom 45-Minuten-Takt, die Einführung von Projektwochen, von Epochenunterricht, von Werkstattunterricht Priorität haben soll. Wir von der CDU-Fraktion sind der Meinung, dass es wesentlich dringlicher, notwendiger, entscheidender ist, dass wir uns mit den Inhalten an Schule auseinander setzen. Viele Schulen haben den Unterrichtsrhythmus schon verändert, ziehen Projektunterricht, Epochenunterricht, Werkstattunterricht durch. Bei all dem Lehrermangel verdienen unsere Lehrkräfte dafür unsere besondere Hochachtung.
Wir halten es für wesentlicher, statt organisatorischer Veränderungen über moderne Inhalte, über vernünftige Wertevermittlung - das Thema hatten wir gestern hier - zu diskutieren. Dazu gehört auch, dass die Rahmenrichtlinien auf den neuesten, auf den heutigen Stand gebracht werden. Dazu gehört auch - bei aller Selbstständigkeit der Schulen, die wir für gut halten -, dass wir uns dann aber auch auf verbindliche Qualitätskontrollen einigen. In Ihrem Antrag ist das mit einem Satz in der Begründung erwähnt. Ich glaube nicht, dass das ausreicht.
Sie haben selbst, Frau Litfin, eben noch einmal auf die Einigkeit - wir konnten davon in der Presse nachlesen - des Ministerpräsidenten Gabriel mit dem Ministerpräsidenten des Saarlandes, Peter Müller, hingewiesen. Die haben sich darauf verständigt - das haben Sie wohl vergessen zu sagen; aber das halte ich für ganz entscheidend -, dass permanente Leistungsvergleiche und zentrale Abschlusstests notwendig sind. Aber wenn der Ministerpräsident das in diesem Lande und in diesem Hause so großartig propagiert, dann muss man sich auch die Frage stellen, wann endlich mal die Taten kommen.
Bevor wir über weitere Ideen nachdenken, über andere Modelle, über andere Konzepte, sind wir der Meinung, dass wir die von mir behandelten Hauptprobleme erst einmal zu beseitigen haben. Alles andere ist Traumtänzerei, ist unglaubwürdig und letztlich von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Frau Litfin, Sie meinen in Ihrem Antrag, dass für die Umsetzung des gesamten organisatorischen Bereichs, für die Organisation im Team mit Lehrern, Eltern und Schülern, für die Personalbewirtschaftung und für die Sachmittelbewirtschaftung das hat hier noch keiner gesagt -, eine halbe zusätzliche Stelle pro Schule ausreicht; so steht es in Ihrem Antrag. Das zeigt einmal mehr, wie unglaubwürdig Ihr Antrag letztlich ist.
Das, was Sie auch nicht berücksichtigt haben, Frau Litfin, ist heute Morgen auch deutlich geworden: die Benachteiligung der Selbständigkeit bei der Personalbewirtschaftung im ländlichen Raum. Darüber müssen wir uns Gedanken machen. Es klingt ja alles ganz schön, wenn Sie den Schulen schließlich sagen: „Hier, ihr kriegt euer Geld, nehmt es in die Hand und kauft euch die Lehrkräfte selber.“ Wie sieht es aber in der Praxis in unseren Schulen in der Fläche tatsächlich aus?
Es ist überhaupt kein Markt für die entsprechenden Lehrkräfte vorhanden. Das haben wir im Übrigen auch dem Fehlverhalten der jetzigen Landesregierung zu verdanken.
- Frau Ministerin Jürgens-Pieper, wenn Sie sagen „Solch ein Quatsch“, dann weiß ich nicht, wie Sie mit der Tatsache umgehen, dass zum Schuljahresbeginn in Niedersachsen jede fünfte Lehrerstelle nicht mit der ausgeschriebenen Fächerkombination besetzt werden konnte. Insbesondere in meinem Regierungsbezirk, im Regierungsbezirk Lüneburg, sind nahezu 100 Stellen nicht besetzt worden, weil es keine Bewerber gab. Wenn die Schulen also jetzt so schön, wie Frau Litfin dies möchte, Geld in die Hand bekommen, dann nützt ihnen das gar nichts. Sie stehen weiterhin ohne Lehrer da. Wenn es dann nicht die staatliche Aufsicht gibt, die lenkend eingreift, dann stehen diese Schulen auf dem Schlauch. Also auch das ist nicht richtig durchdacht.
Das gilt übrigens genauso für die Sachmittelbewirtschaftung, die Sie, Frau Litfin, mal eben zur Hälfte den Kommunen, den Schulträgern, aufdrücken wollen. Fragen Sie mal vor Ort nach, welche Etats noch für die einzelnen Schulen in den kommunalen Haushalten zur Verfügung stehen, egal, ob es sich um notwendige Schulräume, um die PCAusstattung, um Mediotheken handelt. Die Kommunen haben nicht mehr die Mittel, weil sie von der Landesregierung finanziell nicht entsprechend ausgestattet werden. Ihnen steht das Wasser schon bis zum Hals. Da lässt die Landesregierung sie völlig im Regen.
Nein, Frau Litfin, diesen Antrag haben Sie absolut nicht richtig durchdacht. Damit haben Sie nach unserer Einschätzung weder sich noch Ihrer Partei einen Gefallen getan. Sie haben damit aber, wie ich gemerkt habe, nachdem ich die Rede von Herrn Meinhold und auch der Ministerin gehört habe, wahrscheinlich dieser Landesregierung einen großen Gefallen getan, weil Sie dadurch letztlich bewirken, dass man von der gesamten Mangelverwaltung ablenkt. Wir werden das nicht zulassen.
Wir sind einhellig der Meinung, dass wir unseren Schulen keinen Gefallen damit tun, ihnen weitere Modelle mit ungedeckten Schecks aufzubürden. Wir wollen, dass die Unterrichtsversorgung abgesichert wird. Wir wollen, dass über moderne Inhalte diskutiert wird, dass über Wertevermittlung ein Konsens gefunden wird. Wir wollen, dass Qualitätskontrollen und Leistungsvergleiche stattfinden. Ich hoffe, dass wir uns bei der Ausschussberatung zumindest auf diese entscheidenden, wichtigen Punkte verständigen können.