Protokoll der Sitzung vom 17.05.2002

Ich fordere Sie auf, mit uns zusammen dafür zu streiten, dass wir die Risiken der Atomenergie minimieren, indem wir durch eine andere Energiewirtschaft dazu beitragen, dass diese Kraftwerke, die tatsächlich nichts anderes sind als Zeitbom

ben - und zwar unter vielen Aspekten, nicht nur unter dem Aspekt terroristischer Angriffe -, so schnell wie möglich vom Netz genommen werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als Nächster hat sich zu dieser Eingabe der Kollege Dehde zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Wiesensee, die Bedenken der Bevölkerung vor Ort stoßen auch bei mir auf offene Ohren. Allerdings habe ich Probleme nachzuvollziehen, warum Sie sich nur gegen das Zwischenlager wenden. Insofern schließe ich mich der Kollegin Harms ausdrücklich an.

Ich gestehe, ich hätte schon eine etwas tiefer gehende Begründung für die Haltung Ihrer Fraktion erwartet, wenn Sie sich hier hinstellen und die Berücksichtigung dieser Resolution fordern.

(Möllring [CDU]: Es ist eine Einga- be!)

Es ist klar, dass die Lage nach den Terroranschlägen anders beurteilt werden muss. Die Kollegin Harms hat darauf hingewiesen: Dieses Restrisiko hat ja in allen Betrachtungen eine Rolle gespielt. Allerdings gab es immer noch ein Wort davor: „zu vernachlässigendes“ Restrisiko hieß es im Zusammenhang mit der Beurteilung der Gefährdung durch Verkehrsflugzeuge.

Ich habe einmal versucht, an einigen wenigen Stichpunkten nachzufragen, was geschehen würde, folgte man Ihrer Forderung. Der Weg aus der Wiederaufarbeitung wird ja in gewisser Weise beklagt. Wollen Sie denn in die Wiederaufarbeitung wieder einsteigen? So habe ich Sie eigentlich nicht verstanden. Wenn Sie die Zwischenlagerung beispielsweise so beenden wollen, wie Sie das hier beschrieben haben, und sagen „keine Zwischenlagerung mehr“, bedeutet das in letzter Konsequenz: kein Entsorgungsnachweis mehr, also Sofortabschaltung aller AKW. Dass das aus Ihrer Fraktion kommt, halte ich für bemerkenswert.

(Zustimmung von Plaue [SPD] und Beifall bei den GRÜNEN)

Vorkämpfer für den Sofortausstieg habe ich bei Ihnen in der Fraktion bisher eigentlich nicht vermutet.

(Plaue [SPD]: So ändern sich die Zeiten!)

- Ja, ich bin wirklich erstaunt.

Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, ich werte Ihren Antrag eigentlich nur unter ein paar Gesichtspunkten. Möglicherweise verfolgen Sie hier das Sankt-Florians-Prinzip. All das, was Sie hier vorgetragen haben, gilt natürlich für Gorleben allemal und müsste dazu führen, dass das Zwischenlager Gorleben sofort wieder stillgelegt wird.

(Wojahn [CDU]: Das wollt ihr doch machen!)

Das scheint mir aber nicht Ihr ernsthaftes Anliegen zu sein. Ich habe vielmehr den Eindruck, die CDULandtagsfraktion hält im Moment intensiv bayerische Wochen ab, indem sie immer wieder die Stoiber‘schen Entsorgungslösungen auf Niedersachsen übertragen will.

(Beifall bei der SPD)

Bayerische Wochen kann man beim Altstadtfest machen. Deswegen plädieren wir für „Sach- und Rechtslage“. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Schwarzenholz!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Harms, die Gegensatzpaare, die Sie benannt haben, stimmen nicht. Sie kritisieren die atompolitische Grundposition der CDU zu Recht. Aber rechtfertigt das, dass Sie hier verteidigen, was im Atomkonsens leichtfertig vereinbart worden ist, nämlich eine im internationalen Maßstab im Prinzip als Billiglösung zu bezeichnende Zwischenlagerung von Brennelementen, oberirdisch, in Trockenbehältern, in Transportbehältern, unter einer erheblichen Risikotechnologie?

(Frau Harms [GRÜNE]: Haben Sie denn zugehört?)

Reisen bildet ja gelegentlich.

(Althusmann [CDU]: Aber nur gele- gentlich!)

Wir als Umweltausschuss haben uns vor einigen Jahren das Konzept in Schweden angesehen. Dort wird unterirdisch nass zwischengelagert. Das ist erheblich teurer, aber auch erheblich sicherer. Dort gibt es ein ganz anderes Sicherheitskonzept, das natürlich nicht alle Probleme der Atomkraft lösen kann - die sind unlösbar -, aber zumindest den Umgang mit den Brennelementen über mehrere Jahrzehnte in einer ganz anderen Form löst. Was Sie jetzt machen, bedeutet im Prinzip, über das Land ein Netz von Risikopunkten mit Konzentrationen von Brennelementen zu setzen, in einem Trockenmilieu, das für diese Brennelemente grundsätzlich, also immer, gefährlich ist. Dieses Billigkonzept ist ein politisches Zugeständnis an die Kostensituation der Atomindustrie zulasten der Sicherheit. Dass sich die Bevölkerung dagegen wehrt, ist doch vernünftig. Deswegen ist auch diese Einwendung vernünftig, und deswegen ist auch der Antrag der CDU-Fraktion absolut richtig, auch wenn die CDU in diesem Politikfeld sonst unglaubwürdig ist.

(Frau Harms [GRÜNE]: Das heißt aber: kein Zwischenlager! Atommüll auf den Mond! - Nasse unterirdische Zwischenlagerung - so ein Quatsch!)

Es ist richtig, solche dezentralen Zwischenlager abzulehnen, weil sie nicht zu mehr Sicherheit führen.

Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zu einem anderen Eingabenkomplex. Dazu hat sich der Kollege Althusmann gemeldet. Bitte sehr!

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Kollege Dehde sprach gerade von den bayerischen Wochen. - Lieber Kollege Schurreit, wir versprechen Ihnen: Ab dem 22. September ist in Deutschland jede Woche eine bayerische Woche.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU - Zurufe von der SPD)

- Sie können dann ja mitsingen. - Zum Thema, lieber Kollege Uwe Inselmann! Die Änderung des § 87 c des Niedersächsischen Beamtengesetzes im

Rahmen des Haushaltsbegleitgesetzes 2002 hat zu einer, wie Sie wissen, massiven Verschlechterung der Beihilfeleistungen für die niedersächsischen Beamtinnen und Beamten geführt. Sie mögen sich in Ihrer Begründung - ich werde es Ihnen nicht ersparen: ich werde so lange hier vorne stehen, bis Sie irgendwann einmal Einsicht zeigen;

(Frau Harms [GRÜNE]: Wie viele Minuten wollen Sie reden?)

bei jeder Plenarsitzung werde ich Sie auf Ihre Fehler und Versäumnisse in dieser Frage aufmerksam machen

(Plaue [SPD]: Das geht in die Rich- tung einer Nötigung eines Verfas- sungsorgans!)

noch so sehr auf andere Bundesländer berufen; wir berufen uns auf zehntausende von Beamten in Niedersachsen, die es leid sind, dass man sie immer und immer wieder in ihren entsprechenden Rechten einschränkt. Wir sind es leid, weil Sie mit Ihrer unsozialen Politik in Niedersachsen insbesondere die mittleren Beamten mit Kindern, die Polizeibeamten, die Feuerwehrbeamten, die Justizvollzugsbeamten.

(Beifall bei der CDU)

Sie stehlen sich - ich habe das bereits gesagt - völlig eiskalt aus Ihrer sozialen Verantwortung und aus der Fürsorgepflicht gegenüber den Beamten des Landes.

(Beifall bei der CDU)

Sie erwarten von denen Loyalität. Aber Loyalität im Lande Niedersachsen kann für die niedersächsischen Beamten nicht eine Einbahnstraße sein, sondern diese Loyalität muss auf Gegenseitigkeit beruhen.

(Beifall bei der CDU - Plaue [SPD]: Beifall vom Beamten Möllring!)

Wenn es richtig ist, lieber Herr Plaue, dass auch in Niedersachsen ein funktionierendes Staatswesen von der Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit der niedersächsischen Beamten abhängt,

(Zuruf von Frau Elsner-Solar [SPD])

dann wird immer deutlicher, warum die Zahl der inneren Kündigungen, Frau Elsner-Solar, die Zahl der Krankenstände, die Fehlzeiten in der nieder

sächsischen Landesverwaltung immer weiter angestiegen sind, warum uns die Mitarbeiterbefragungen ein katastrophales Bild der niedersächsischen Landesverwaltung erschließen und warum die Verwaltungsreform gescheitert ist.

(Frau Leuschner [SPD]: Sagen Sie doch etwas zu der Petition!)

- Wehrte Frau Leuschner, Sie schütteln mit dem Kopf. Wer, wie es der Finanzminister vor ein, zwei Jahren getan hat, den Beamten Leistungszulagen und Leistungsprämien erst vollmundig verspricht und am Ende das Ganze wieder einkassiert, wer Besoldungserhöhungen verspricht, diese aber dadurch neutralisiert, dass er die Besoldungserhöhungen immer verspätet zahlt, wer die Stellenplanobergrenzen nicht ausschöpft und es damit den Polizeibeamten, den Justizbeamten nicht ermöglicht, entsprechend befördert zu werden, wer den Beamten mit kinderreichen Familien in Niedersachsen die amtsangemessene Alimentation nicht zugestehen will und jetzt den nächsten Mosaikstein draufsetzt, nämlich die Beihilfeverschlechterung, der darf nicht wundern, dass es inzwischen mehr als 10 000 Widersprüche in Niedersachsen gibt.

Auch die Einführung der Kostendämpfungspauschale war der falsche Schritt. Die bedeutete für einen 40-jährigen Beamten mit zwei Kindern Kosten in Höhe von etwa 50 DM. Die Beihilfeänderung, die Sie jetzt beschlossen haben, wird zu einer Belastung von etwa 3 000 DM im Jahr führen. Das ist ein erheblicher Unterschied. Sie wissen genauso gut wie wir - das ist in der letzten Sitzung des Ausschusses für Verwaltungsreform und öffentliches Dienstrecht endlich klar geworden -, dass das, was die Vertreter des Ministeriums immer wieder behauptet haben, nämlich dass die Zusatzbelastung vielleicht 100 DM beträgt, wenn man sich in einer privaten Krankenversicherung nachversichert, nicht der Fall ist, sondern dass dies bei chronisch Kranken und bei Beamten, die lange Krankheitsvorgeschichten haben, zu einer deutlichen Belastung, die weit über 100 DM pro Person liegen wird, führt.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen,

(Zuruf von der SPD: Lieber nicht!)