Sie hat Erwartungen geweckt, Geister gerufen, die schneller gekommen sind, als sie gedacht hat. Vor diesem Dilemma ihrer Politik stehen wir jetzt, und dieses Dilemma ist der Ursprung des Skandals. Vor dem Hintergrund, dass Sie nun sagen, haltet den Dieb und dabei auf das Land zielen, meine ich, sollten Sie sich lieber an die eigene Brust klopfen und die eigene Verantwortung mit einbeziehen.
Zu Ihnen, Herr Minister Bartels: Wir haben von Ihnen die Unterrichtung bekommen, wie alles gelaufen ist. Sie haben an dieser Stelle wiederholt erklärt, dass Sie die Politik der Verbraucherschutzministerin voll mittragen. Mit Ihren 10 % in fünf Jahren haben Sie sie eigentlich ideologisch noch überholt. Ich glaube, dass auch hier ein Angebot geweckt wird, das von der Nachfrage nicht eingeholt wird.
Wir haben das Landesamt für Verbraucherschutz geschaffen. Wir haben den Shrimp-Skandal gehabt, sozusagen als Probelauf zu dem NitrofenSkandal.
Das zweite Mal innerhalb kurzer Zeit hat die Schiene niedersächsischer Agrarüberwachung nicht funktioniert.
Es kann nicht sein, dass es drei Wochen dauert von der Meldung eines Verdachtes, von der Selbstanzeige, bis zur Reaktion der Landesregierung. Die Wege sind einfach zu lang. Es kann nicht angehen, dass Mitarbeiter von Landesbehörden so wenig sensibel sind, diesen Dingen nicht sofort nachzugehen, dass sie so wenig sensibel sind, nicht andere Wege als den Briefweg zu nutzen.
Es kann doch im Zeitalter des Telefons, des Telefaxes und der E-Mail nicht sein, dass ein Brief zehn Tage braucht, um von Punkt a nach Punkt b zu kommen, wenn man die Strecke fast überblicken kann. Dann hätten Sie besser eine Brieftaube nehmen sollen, Herr Minister.
Sie versuchen immer, die Schuld auf andere zu schieben. Ob das der Landkreis Ammerland ist oder ob es andere Institutionen sind. Ich finde, es kann nicht sein, dass Sie immer versuchen, die Schuld anderen in die Schuhe zu schieben.
Außerdem ist Folgendes anzukreiden: Sie haben in einer Art Aktionismus versucht, Schadensbegrenzung zu betreiben, die letztendlich dazu geführt hat, dass die Verunsicherung noch wesentlich größer geworden ist, nämlich z. B. durch Ihre Anordnung, auch konventionelle Betriebe mit in die Überprüfung einzubeziehen, denen von Anfang an bis jetzt nicht nachgewiesen wurde, dass sie beteiligt sind. Sie haben die Verbraucher erneut verunsichert. Sie haben den ökologischen und auch den konventionellen landwirtschaftlichen Betrieben einen enormen finanziellen Schaden zugefügt. Bei einigen ökologischen Betrieben besteht die Angst,
dass sie diese Krise nicht meistern werden. Sie haben über Ihren Pressesprecher, Sie haben über Ihren Staatssekretär und Sie haben auch selber Meldungen in die Welt gesetzt, die nicht haltbar sind und die in sich widersprüchlich waren. Das merkt auch der Verbraucher.
Meine Damen und Herren, wir können uns hier drehen und wenden, wie wir wollen. Wenn das so weiter geht, dann ist der nächste Skandal vorprogrammiert. Herr Minister, den Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen: Sie sind ein Schön-WetterMinister, aber fürs Krisenmanagement nicht zu gebrauchen!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Ehlen, ich würde das ganz gerne aufgreifen, was Sie gesagt haben. Wer im Glashaus sitzt, darf nicht mit Steinen werfen. Sie müssen die Situation vielleicht einmal vor einem ganz anderen Hintergrund betrachten. Wir haben festgestellt, dass vor 1999 bereits in dieser Halle konventionelles Getreide gelagert wurde, und das in nicht geringen Mengen - u. a. in einer Größenordnung von 4 000 t. Verkauft wurden 1 500 t über die BALM, und es wurden keine Rückstandsproben genommen.
Wenn nun diese Theorie von Malchin, die mir ja als Biolandwirt willkommen ist, richtig ist, dann möchte ich an dieser Stelle diesen Gedanken einmal zu Ende denken: Dann müssten ja mit dieser Kratzprobe der Radlader in der vorhergegangenen Zeit wesentlich höhere Mengen vom Fußboden abgekratzt worden und als Nitrofen in das konventionelle Getreide gelangt sein. Das ist meiner Ansicht nach der eigentliche Skandal.
Hier haben wir die Situation, dass wir wirklich sagen können: Wir untersuchen im biologischen Landbau und finden letztendlich diese Schadstoffe; im konventionellen Landbau wird nicht untersucht, deshalb wird nichts gefunden, und somit hat man auch keinen Skandal.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie kommt es denn überhaupt zu diesen Problemen? Wir kommen durch falsche Strukturen zu diesen Problemen. Wenn wir die Strukturen des konventionellen Landbaus - das war schon immer meine Überzeugung - übernehmen, wie z. B. anonymer Futterhandel und anonyme Produktion, werden wir im biologischen Bereich genau die gleichen Probleme bekommen wie im konventionellen. Dies wurde eindeutig belegt.
Wir müssen andere Strukturen haben. Wir brauchen regionalere Strukturen, damit es nachvollziehbar wird, wohin letztendlich diese Ströme gehen und wie die dann auch kontrolliert werden können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe das in der vergangenen Zeit häufiger gesagt: Ich halte nach wie vor kriminelle Machenschaften für nicht ausgeschlossen.
Zu Minister Bartels möchte ich Folgendes anmerken. Wir sind nicht immer einer Meinung, aber zur Erweiterung oder Fortführung und zur positiven Entwicklung des Ökolandbaus in Niedersachsen hat Uwe Bartels auch schon damals als Staatssekretär einen wesentlichen Beitrag geleistet. Wenn das Land die Voraussetzungen schafft und die Bauern nicht die Bereitschaft zeigen, umzustellen, dann kann das Land nicht hergehen und den Bauern das verschreiben oder aufzwingen.
Herr Ehlen, wir haben genau an dieser Stelle das Problem, dass Sie nicht erkennen, dass wir aufgrund dieser Entwicklung und dieser Skandale viel mehr Agrarwende und ökologischen Landbau brauchen. Das alles, was wir hier erleben, ist letztendlich die Folge der konventionellen Altlasten, die ja sonst nirgendwo in diesem ganzen Bereich zutage getreten wäre.
Landbau betreibe. Aber wir haben jetzt - das wird uns zumindest über die Medien mitgeteilt - eine Verschlechterung des Marktes. Wer hat dazu beigetragen? - Dazu beigetragen haben die Leute, die dem ökologischen Landbau schaden wollten. Hier sende ich ein ganz klares Signal auch an Ihre Fraktion: Sie sollten sich endlich einmal dieser positiven Situation zum ökologischen Landbau stellen. Ich will hier nicht konventionell und ökologisch gegeneinander ausspielen. Es gibt einen Markt; die Verbraucher wollen ihn. Wenn wir ihn auf diese Weise zerstören, dann zerstören wir auch die Zukunftschancen, uns in dieser Art der Landwirtschaft zu entwickeln. Das ist die einzige Art der Landwirtschaft, die sich über mehrere Jahrzehnte darstellen kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als ökologisch wirtschaftender Landwirt, der nicht davon betroffen ist, kann ich mit ruhigem Gewissen zum Abschluss sagen: Der Verbraucher ist nicht so dumm und merkt es nicht. Wir hatten am Sonntag ein Hoffest. Es waren 4 000 bis 5 000 Leute da. Alle Menschen, die auf dem Hof waren und mit denen ich gesprochen habe, haben mir gesagt: Das ist kein Problem des ökologischen Landbaus, sondern das ist ein Problem irgendwelcher Machenschaften, die dem ökologischen Landbau schaden wollen. - Schönen Dank, meine Damen und Herren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Bartels, jetzt glaube ich wirklich, dass Sie den Überblick verloren haben. Erst beschimpfen Sie die verschiedenen Landkreise. Anschließend, nachdem Sie die Fakten ein bisschen sortiert haben, gibt Ihr Haus einer Presseerklärung heraus, in der Sie sich beim Landrat des Landkreises Ammerland, Bensberg, entschuldigen. Dann wiederum beschimpfen Sie hier erneut den Landkreis. Was ist denn nun richtig? Das Parlament hat doch wohl einen Anspruch darauf, dass diese Ungereimtheiten klargestellt werden.
len: Was machen Sie eigentlich selber? Sie haben gesagt: neue Gesetze, neue Verordnungen, neues Landesamt. Das ist ja toll. Wir erwecken den Eindruck, wenn irgendwo ein Problem auftritt, gibt es neue Gesetze, neue Verordnungen, neue Behörden, neue Bürokratie.
Und Sie stellen sich dann hier hin und sagen: alles paletti, es wird ordnungsgemäß und schnell gehandelt. Eigentlich müsste man erst einmal definieren, was schnell ist. Wenn ich von einem Landkreis eine Unterlage bekomme, in der steht, dass am 12. Dezember 2001 eine Probe bei Frikadellen gezogen wurde und das Untersuchungsergebnis am 11. Februar 2002 mitgeteilt wurde - das sind 61 Tage! -, ist das dann schnell, ist das ordnungsgemäß? Stellen Sie sich einmal Folgendes vor: Es wird am 17. Januar 2001 eine Probe gezogen, und der Probebefund wird am 31. Mai 2001 mitgeteilt. Es handelt sich dabei um Mortadella mit Pistazien. Ist das ordnungsgemäß, ist das schnell? Hat da der Landkreis Ammerland versagt, hat da Frau Künast versagt, hat vielleicht die Opposition im Niedersächsischen Landtag versagt?
Wer ist eigentlich für das Landesamt zuständig? Ist das nicht absurd? Solche Proben brauchen doch überhaupt nicht gezogen zu werden!
Wenn das Landesamt durchschnittlich länger als 39 Tage braucht, um das Ergebnis einer Probenahme bei Lebensmitteln mitzuteilen, dann sind Chargen dieser Lebensmittel alle nicht mehr im Umlauf. Herr Minister, darauf brauchen wir hier eine Antwort, nicht ob sich der eine mal so und der andere mal so richtig ausgedrückt hat. Nein, wir müssen ganz konkret wissen, wie die Landesbehörden arbeiten. Herr Gabriel hat ja gesagt: Das ist jetzt Chefsache. Da wird jetzt eine Landesbehörde gemacht. Da wird jetzt richtig zügig gearbeitet. Wir stellen aber nach weniger als anderthalb Jahren fest: Die Schlamperei in diesem Bereich war noch niemals größer als jetzt!
Herr Minister Bartels, jetzt stellen Sie sich einmal vor, das Ganze wäre 1985 passiert und ein Oppositionsabgeordneter - beispielsweise der damalige
umweltpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Bartels - hätte diese Fakten zu Herrn Glup gesagt. Was wäre dann wohl hier los gewesen, was hätten Sie hier wohl für Übungen gemacht!
Wir erwarten, dass Sie nicht nur über Verbraucherschutz reden, sondern dass die Institutionen, die wir in Niedersachsen dafür haben und die ja auch viel Geld kosten, endlich arbeiten. Wir erwarten, dass Sie die Konsequenzen hier auch vertreten.