Protokoll der Sitzung vom 13.06.2002

Dieser Antrag wurde in der 77. Sitzung am 17. Mai 2001 an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr zur Beratung und Berichterstattung überwiesen. Eine Berichterstattung zu diesem Tagesordnungspunkt ist nicht vorgesehen. Wir kommen zur Beratung. Für die Fraktion der SPD spricht der Kollege Wendhausen.

(Plaue [SPD]: Jemand, der was davon versteht!)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wurden vom Präsidenten vorhin zur Eile gemahnt. Ich möchte diesem Wunsch gerne

nachkommen und werde meinen Beitrag so kurz wie möglich halten.

Es ist ein gemeinsamer Antrag, der die Wichtigkeit der Brennstofftechnologie genauso unterstreicht, wie es die SPD im Bund gemacht hat, die 44 Brennstoffobjekte mit ca. 120 Millionen Euro als Projektförderung fördert. In Niedersachsen werden davon vier Projekte mit 8 Millionen Euro gefördert, darunter die EWE in Oldenburg, die 150 Häuser mit einer Brennstoffzellenheizung ausrüsten will. Ich hoffe, dass mein Freund Christian Schack einer derjenigen sein wird, der eine dieser Brennstoffzellenheizungen in sein Haus bekommt. Aber auch der Hybridmotor bei VW wird aus diesem Projekt gefördert, was allerdings nicht ohne Probleme ist.

In den Nachhaltigkeitsveranstaltungen, die wir von der SPD-Fraktion durchgeführt haben, wobei wir durchaus kompetente Leute im Podium und auch unter den Besuchern hatten, wurde deutlich, dass die Brennstoffzellentechnologie einige Schwächen hat, die wir in Zukunft noch in den Griff bekommen müssen. Das ist z. B. der Transport von Wasserstoff. Ich weiß nicht, ob jemand einen Kessel mit Wasserstoff in seinem Keller haben möchte. Denn das stellt ein gewisses Gefährdungspotenzial dar. Auch der Transport über Gasleitungen zu den Heizungen hin ist problematisch, weil Wasserstoff fünfmal flüchtiger als Gas ist. Man muss dabei also eine Sicherheit hinbekommen, die heute so noch nicht zu gewährleisten ist.

Das andere Problem ist: Wenn man 5 % der heutigen Autos im Straßenverkehr mit der Brennstoffzelle ausrüstet, bräuchten wir die gesamte Windenergie, die erzeugt wird, um Wasserstoff zu produzieren, der dann in den Fahrzeugen verbraucht werden wird. Alles andere, als diesen Wasserstoff aus Windenergie zu gewinnen, wäre unsinnig, weil wir ansonsten mit unserer Energiebilanz nicht hinkommen würden.

Das Land Niedersachsen und die Landesregierung stellen, weil sie das alles erkannt haben, im Haushalt 2002 und 2003 aus dem Einzelplan des MWK 153 400 Euro zur Verfügung, die allerdings das MU verwaltet, um Projekte zu koordinieren und die Brennstofftechnologie in Niedersachsen weiter nach vorne zu bringen. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Die Fraktion der CDU wird durch den Kollegen Eppers vertreten.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 17. Mai 2001 haben wir im Rahmen der ersten Beratung des Antrages der Grünen deutlich gemacht, welche enormen Chancen in der Brennstoffzellentechnologie für Deutschland und Niedersachsen liegen. Damals ist die einhellige Meinung vertreten worden, dass wir die Chancen für mehr Wachstum auf dem Arbeitsmarkt nutzen sollten. Ich werde mich jetzt auf eine politische Bewertung beschränken und die wissenschaftlichen Details, die ich in der ersten Beratung bereits genannt habe, nicht wiederholen. Vielleicht nur so viel zum Zeitablauf: Experten weisen darauf hin, dass in fünf bis zehn Jahren eine ökologisch und volkswirtschaftlich sinnvolle Nutzung dieser Technologie möglich ist.

Wir haben uns im Ausschuss auf eine gemeinsame Entschließung verständigt, die die Landesregierung auffordert, nun endlich eine eigene Strategie für Niedersachsen auf den Weg zu bringen.

(Plaue [SPD]: Von „endlich“ ist da nicht die Rede!)

- Herr Plaue, hören Sie gut zu. Endlich ist wirklich eine unendliche Geschichte. Seit der ersten Beratung ist ein Jahr vergangen, und die Landesregierung hat es in diesem Jahr nicht geschafft, die unterschiedlichen Aktivitäten des Landes effektiv zu bündeln. Auch die Einrichtung eines Kompetenzzentrums z. B. an der FH Clausthal ist nicht gelungen, obwohl Minister Oppermann in seiner damaligen Rede die Gründung einer solchen Einrichtung für das vierte Quartal 2001 in Aussicht gestellt hat. Wir haben vor einem Jahr deutlich gemacht, dass die Brennstoffzellentechnologie gerade für Niedersachsen eine enorme Chance darstellt, einmal bei einer Zukunftstechnologie vor den süddeutschen Bundesländern zu liegen. Das Zeug dazu haben wir allemal. Die Forschungslandschaft, die Wirtschaft - Volkswagen und andere Unternehmen, die im Bereich Verkehr und Mobilität in Niedersachsen ihren Hauptsitz haben -, also alles ist vorhanden. Aber die Landesregierung macht ihre Hausaufgaben nicht und kommt leider, wie so oft, ziemlich spät; ich hoffe: nicht zu spät.

Ich möchte an zwei Beispielen deutlich machen, dass wir ein Jahr lang fast verschlafen haben. So haben in diesem Jahr am 24. April in Mainz und am 30. April in Frankfurt-Hoechst die Bundesländer Rheinland-Pfalz und Hessen solche Kompetenzzentren eingerichtet. Und dies – ich sagte das bereits – obwohl wir alle uns vor zwölf Monaten in diesem Hause einig waren, dass es höchste Zeit für Taten ist.

Ich muss an dieser Stelle aus der Rede von Minister Oppermann zitieren, der damals die Grünen angegriffen hat:

„Es ist also“

- so Minister Oppermann

„deutlich geworden, meine Damen und Herren, dass es keiner Aufforderung bedurft hätte, um die Landesregierung zum Handeln zu bringen. Wir haben die Maßnahmen frühzeitig erkannt, unterstützt und werden sie zur Umsetzung führen.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Wahrheit sieht gänzlich anders aus: nicht viel mehr außer große Ankündigungen in den Medien. Angemerkt sei an dieser Stelle auch, dass die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg erheblich mehr Mittel in die Entwicklung dieser neuen Technologie stecken als wir. Auch aus diesem Grunde muss der Landtag den Druck auf die Regierung verstärken, damit endlich gehandelt wird und nicht alle Züge abfahren.

(Beifall bei der CDU)

Neben den vielen Chancen, die ich schon während der ersten Beratung deutlich gemacht habe, möchte ich einen aus meiner Sicht weiteren für Niedersachsen wichtigen Aspekt ansprechen. Dabei geht es um die Produktion von Wasserstoff aus Biomasse. Gerade für ein Flächenland wie Niedersachsen ergeben sich hier enorme Potenziale für unsere Landwirtschaft als Erzeuger dieser Biomasse. Wir könnten den Landwirten hiermit in dem wichtigen Non-Food-Bereich ein weiteres Erwerbsstandbein schaffen. Ich sage dies auch vor dem Hintergrund der EU-Erweiterung in Richtung Osten.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Übrigen würde sich eine solche Strategie nahtlos an den

CDU-Entschließungsantrag „Vom Landwirt zum Energiewirt“ anschließen. Voraussetzung, um hier erfolgreich zu sein, ist allerdings, dass die Landesregierung endlich die Forschung und Entwicklung in diesem Bereich deutlicher fördert, ausbaut und koordiniert, um den Wirtschaftsstandort Niedersachsen zu stärken. Bislang ist dies nicht zu erkennen.

Herr Oppermann und Herr Jüttner, vielleicht können Sie einmal klären, wer mittlerweile in der Landesregierung dafür federführend zuständig ist, ob das beim Umwelt- oder beim Wissenschaftsministerium liegt.

(Minister Jüttner: Das ist geklärt, Herr Kollege!)

- Das werden Sie uns sicherlich gleich mitteilen. Der Antrag war im letzten Jahr mehr als berechtigt, Herr Oppermann, und die Forderung, die wir heute gemeinsam an Sie stellen, ist mehr als überfällig. Ich würde mich freuen, wenn wir bei dieser Gemeinsamkeit bleiben könnten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion der Grünen spricht nun der Kollege Wenzel.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kennen Sie Utsira, eine kleine Insel vor der norwegischen Westküste mit 250 Einwohnern? Utsira wird bereits im Jahre 2003 eine autarke und regenerative Energieversorgung bekommen. Island betreibt ein ähnliches Projekt mit längeren Planungshorizonten. Hier werden Windstrom, Wasserstoff zur Energiespeicherung, Brennstoffzellen und Elektrolyseure die Komponenten sein. Utsira ist eine kleine Insel, aber sie zeigt, wie es gehen kann.

Die wachsenden Emissionen des Verkehrsbereichs sind der Klimafaktor Nummer eins. Wenn wir den Mobilitätsbereich nicht in den Griff bekommen, werden Erfolge auf anderen Feldern zur Makulatur. Eine Motorisierung von China und Indien nach dem Vorbild der USA könnte diese Welt nicht tragen. Wir alle wissen – das war auch das Ergebnis von Rio 1992 –, dass unser Wohlstandsmodell nicht übertragbar ist. Wir wissen auch, dass es keine Alternative zu einem radikalen Umbau unse

rer Energieversorgung gibt, wenn wir den Klimakollaps verhindern und dramatische Kriege um den Zugang zu den Weltölreserven vermeiden wollen. Automobilkonzerne, Mineralölkonzerne, Stromhändler, Wissenschaft und Politik sind sich mittlerweile weitgehend einig: Der Weg zu einer anderen Energiepolitik wird langfristig zum Wasserstoff und zur Brennstoffzelle führen. Die Brennstoffzelle ist schon heute effizienter als der Dieselmotor, und in der Kraft-Wärme-Kopplung schlägt sie jedes Kraftwerk. Die Brennstoffzelle wird zu einer Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts. Wer hier Patente entwickelt, wer hier die besten Forscher, Ingenieure und Fachkräfte hat, wird diese Entwicklung maßgeblich beeinflussen und wird auch einen Großteil der Wertschöpfungskette im Lande behalten können.

In Niedersachsen sind auf diesem Gebiet viele Unternehmen aktiv. Sie haben gemeinsam einen Antrag zur Einrichtung eines Kompetenzzentrums Brennstoffzelle eingereicht, zusammen mit den Universitäten Hannover, Braunschweig und Clausthal sowie dem Forschungsinstitut in Emmerthal. Leider wurde dieser Antrag vom Wissenschaftsministeriums zunächst abgelehnt. Die Begründung des Wissenschaftlichen Beirates lässt sich auf einen kurzen Nenner bringen: Das Know-how in Niedersachsen würde nicht ausreichen, um eine solche Initiative auf den Weg zu bringen. Da, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, beißt sich die Katze in den Schwanz. Die Feststellung, dass andere Bundesländer und andere Länder bereits aktiver und weiter sind als wir hier in Niedersachsen, war gerade der Anlass für unseren Antrag.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute liegt Ihnen nach einem Jahr Beratungszeit eine einstimmig gefasste Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr vor. Im Kern fordern wir eine Landesstrategie für die Vernetzung der wissenschaftlichen und betrieblichen Aktivitäten, den Ausbau aller bisherigen Aktivitäten an den Hochschulen, die Erschließung von Marktnischen.

Wir wollen uns mit Ihnen nicht über den Begriff streiten. Eine Landesstrategie kann mehr sein als ein Kompetenzzentrum. Wichtig ist, dass das Projekt in den zuständigen Ministerien mit Hochdruck verfolgt wird, und wichtig ist vor allem, dass die Ausstattung mit Forschungs- und Entwicklungsgeldern Priorität genießt. Da, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, werden 153 000 Euro in keiner Weise ausreichen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zustim- mung bei der CDU)

Wir haben uns viel vorgenommen. Wir stehen erst am Anfang einer Entwicklung und müssen jetzt sicherstellen, dass die Landesregierung mit Hochdruck an diesem Projekt arbeitet. – Vielen Dank.

Jetzt hat der Herr Minister das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass sich der Landtag in dieser zukunftsträchtigen Frage auf einen einvernehmlichen Beschlusstext verständigt hat. Die Tatsache, dass die Beratung in den Ausschüssen ein Jahr gedauert hat, hat nicht dazu geführt, dass die Landesregierung in der Zwischenzeit abgewartet hätte. Herr Oppermann hat im vergangenen Jahr hierzu gesprochen und deutlich gemacht, was an Anträgen zum Thema Kompetenzzentrum vorliegt. Anschließend hat die Wissenschaftliche Kommission des Landes Niedersachsen ein negatives Urteil gefällt. Meine Damen und Herren, sich aus der Sicht der Landesregierung über ein Urteil der Wissenschaftlichen Kommission hinwegzusetzen, wäre anmaßend und politisch hochgradig falsch. Deshalb haben wir überlegt, wie wir damit weiter umgehen sollen. Das, was vorlag, war so nicht weiter bearbeitungsfähig. Ich stimme Herrn Wenzel zu, dass darin unglaubliche Potenziale stecken - im Übrigen nicht nur für den Bereich der Mobilität, sondern das gilt für den Bereich der Energie genauso. Wenn man sich das Konzept der EWE, ein dezentrales Energiemanagementkonzept, ansieht, wird man feststellen, dass darin ungeheure Potenziale aus ökonomischer und auch aus klimapolitischer Sicht stecken, die zu verfolgen dringend notwendig ist.

Ich habe mich mit Frau Dr. Knorre und Herrn Oppermann zusammengesetzt, und gemeinsam haben wir überlegt, wie wir es schnell hinbekommen, die Potenziale des Landes zu bündeln, um zu sehen, wo wir unsere Stärken entwickeln und wo wir uns nicht auf einen Wettbewerb um Teilmärkte und – segmente einlassen sollten, bei dem wir die Chancen des Landes nicht stärken, sondern eher verzetteln. Wenn Sie auf den Betrag von 153 000 Euro verweisen, so muss ich deutlich machen, dass es nur darum geht, dass wir zur kurzfristigen Abarbeitung

einen Auftrag an die Technische Universität Clausthal und die Niedersächsische Energieagentur vergeben haben, eine Landesstrategie Brennstoffzelle noch in diesem Jahr zu entwickeln. Parallel dazu gibt es viele Ansätze, die heute schon verfolgt werden.

Ich möchte in diesem Zusammenhang nur noch darauf hinweisen, dass aus den UMTS-Mitteln, die in diesen Bereich geflossen sind, vier niedersächsische Projekte bedient worden sind. Damit sind mehr als 8 Millionen Euro nach Niedersachsen geflossen. Das entspricht 17 % des Gesamtprojektes. Das heißt konkret: Niedersachsen ist nicht unterdurchschnittlich, sondern dramatisch überdurchschnittlich an den Forschungsgeldern zum Thema Brennstoffzelle beteiligt. Darauf sind wir stolz. Wir koordinieren das. Wir wollen das weiter voranbringen. Das bedarf Tätigkeiten im Bereich der Forschung und auch der Unterstützung der Unternehmen, die auf diesem Gebiet tätig sind. Die Verzahnung zwischen den Ressorts läuft.

Herr Eppers, Sie hätten sich Ihre Ausführungen sparen können. Sie hätten sagen sollen: Guter Antrag, und wir sind uns einig. - Aber ihn zu nutzen, um auf Missverständnisse oder ungeregelte Dinge in der Landesregierung hinzuweisen, das gibt dieser Antrag nicht her. Die beteiligten Ressorts haben in den vergangenen Monaten sehr kooperativ an der Weiterentwicklung dieses Themas gearbeitet.

(Beifall bei der SPD)

Damit kann ich die Beratung zu diesem Tagesordnungspunkt schließen, und wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr in der Drucksache 3462 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Dann haben Sie einstimmig so beschlossen.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 21: Zweite Beratung: Notprogramm für die Bauwirtschaft - Vorfahrt für Investitionen - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/2838 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr - Drs. 14/3463

Dieser Antrag wurde in der 89. Sitzung am 15. November 2001 an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr zur Beratung und Berichterstattung überwiesen. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir beginnen die Beratung mit dem Redebeitrag des Kollegen Möllring.