Protokoll der Sitzung vom 29.08.2002

Wir haben viel Geld in die Oper gesteckt, wir haben aber z. B. auch in Oldenburg und in Braunschweig in den letzten zehn Jahren kräftig investiert, und zwar nicht nur in die Bühnentechnik, sondern wir haben auch kleine Häuser geschaffen, damit dort das Programm in der ganzen Breite aufgeführt werden kann.

Aber es geht natürlich nicht nur darum, in die Technik und in Beton zu investieren, sondern es ist insbesondere auch in Hannover gelungen, das Schauspielhaus und die Oper inhaltlich zu erneuern. Das ist ja, wenn Intendanten jahrzehntelang erfolgreich tätig sind, nicht leicht. Frau Bührmann hat den zweiten Platz im bundesweiten Theaterwettbewerb des vergangenen Jahres schon angesprochen. Wie schwer es ist, in der „Theaterbundesliga“ den zweiten Platz zu erreichen, kann man ermessen, wenn man Hannover 96 nach zwei Spieltagen betrachtet.

(Zurufe: Drei!)

- Entschuldigung, nach drei Spieltagen. - Wie schwierig es werden wird, noch den zweiten Platz zu schaffen, brauche ich nicht auszuführen. Ich kann Ihnen sagen: Gerade ist bekannt geworden - das ist ganz frisch, Frau Bührmann -, dass Hannover in diesem Jahr in der „Theaterbundesliga“ auf dem dritten Platz steht. Dieses Theater bleibt also in der Spitzengruppe.

Zum neuen Programm der Oper haben Sie eigentlich schon alles gesagt.

Diese Kultureinrichtungen werden also nicht als Teile einer 150 Jahre alten oder noch älteren Tradition gepflegt, sondern wir füllen sie mit provokativen, zeitgemäßen Inhalten, die die Leute beschäftigen und mit denen sie sich auseinander setzen.

Die Revitalisierung der Landesmuseen. Ich hatte eingangs schon das Landesmuseum am Maschpark

erwähnt, in das wir 30 Millionen DM investiert haben und das jetzt ein hervorragend besuchtes Museum ist, das ein Jubiläum feiert. Wir stehen kurz vor dem Beginn einer großen Investition in Braunschweig. In das Herzog Anton UlrichMuseum werden wir 22 Millionen Euro investieren, um die wertvollste Sammlung alter Meister in Norddeutschland zeitgemäß präsentieren zu können. Aber wir haben den Museen auch geholfen, Marketingkonzepte zu entwickeln, MuseumsShops einzurichten oder auch Räume für Theater, für museumspädagogische Veranstaltungen zu schaffen, die heute, angesichts der Ansprüche, die ein junges und modernes Publikum hat, bei der Vermittlung von Inhalten viel wichtiger sind.

Wir haben die Kulturverwaltung regionalisiert. Ich will das an zwei Beispielen aufzeigen. Zum einen haben wir in Südniedersachsen die Zuständigkeiten der Bezirksregierung mit der Unterstützung des Innenministers auf den Landschaftsverband Südniedersachsen übertragen. Dort gibt es jetzt eine bürgernahe Kulturverwaltung. Alle haben den Eindruck, dass darunter die Qualität der Förderentscheidungen nicht gelitten hat, sondern dass im Gegenteil nicht nur eine bessere Qualität, sondern auch eine höhere Akzeptanz erreicht worden ist. Zum anderen haben wir die Ostfriesische Landschaft mit einem vertraglichen Recht über 1,3 Millionen Euro abgesichert. Die Ostfriesische Landschaft ist ja als Kultureinrichtung in der Bürgerschaft Ostfrieslands verwurzelt und genießt hohes Ansehen.

(Rolfes [CDU]: Herr Minister, sagen Sie einmal etwas zur Emsländischen Landschaft und wie viel Geld für sie zur Verfügung gestellt wurde!)

- Die Emsländische Landschaft ist auch gut, aber die Ostfriesische Landschaft und auch die Oldenburgische Landschaft sind diejenigen, denen bisher die höchste Qualität gelungen ist. An denen müssen sich alle anderen orientieren. Aber die Emsländische Landschaft ist nicht allzu weit davon entfernt.

(Zurufe von der CDU)

Der vierte Bereich, den ich ansprechen will, ist die Stärkung der freien Kultur. Diesbezüglich möchte ich nur unsere Studienstätten herausgreifen. Die Einführung künstlerischer Leitungen in den Stipendienstädten Worpswede, Bleckede und Schreyahn hat eine große Resonanz erfahren und verbes

sert auch die Möglichkeiten, qualifizierte Stipendiatinnen und Stipendiaten zu gewinnen. Junge Schriftsteller, junge Maler, junge Bildhauer wollen in großer Zahl in diesen Stipendienstätten ihre Ausbildung fortsetzen. Wir haben eine sehr schöne Veranstaltung in Berlin gehabt, bei der wir diese Einrichtungen gezeigt haben.

Die Kontaktstellen Musik, die neu entstehen, hat Frau Bührmann schon erwähnt. Auch die bundesweit als beispielhaft geltende Förderung von über 40 Kunstschulen mag verdeutlichen, wie sehr wir eben auch in der Region tätig sind.

An der Förderung der Kunstvereine - jedes Jahr kommen neue, junge Kunstvereine in das Programm -, kann man wirklich beispielhaft ablesen, wie sehr unsere Kulturpolitik auch der Fläche gilt. Ich will nur einmal die im Jahre 2001/2002 neu in die Förderung aufgenommenen Kunstvereine, deren Jahresprogramme wir fördern, exemplarisch aufzählen. Dann kann man einen Eindruck gewinnen, wie sehr die Kulturpolitik in Niedersachsen verbreitet ist. Neu hineingekommen sind die Kulturstiftung Agathenburg, der Kunstverein Buchholz/Nordheide, der Kunstraum Drochtersen, der Kunstverein Kehdingen e.V., Studio A - Otterndorf, Kunstverein Rothenburg, Kunstverein Uelzen, Kunstkreis Cloppenburg usw.

(Vizepräsident Jahn übernimmt den Vorsitz)

Wir fördern eben nicht nur die großen, international bekannten Kunstvereine sondern auch kleine, die interessante kreative Programme auf den Weg bringen.

(Groth [SPD]: Sehr gut!)

Es macht also keinen Sinn, meine Damen und Herren, die Fläche gegen die Zentren auszuspielen. Wir zeigen mit unserer Kulturpolitik, dass Kultur kein Privileg der Metropolen und Oberzentren ist, sondern Kultur in der Fläche angeboten werden muss. Kultur ist ein wichtiges Bindeglied für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft!

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Frau Kollegin Litfin.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieses Hohe Haus ist inzwischen daran gewöhnt, die Jubelanfragen - und die Antworten darauf - anzuhören, die gerade eine Regierungsfraktion stellen muss, wenn sie versuchen will, darzulegen, welch gute Arbeit ihre Regierung gemacht hat.

Für den Kulturbereich gilt, dass im Hause des Ministers tatsächlich außergewöhnlich engagierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sitzen, die sich mit Kunst- und Kulturförderung sehr intensiv beschäftigen und sehr, sehr gute Beratungsarbeit leisten und denen es insbesondere in den letzten Jahren trotz immer knapper werdender Finanzmittel nicht nur gelungen ist, weite Bereiche der Kunst- und Kulturförderung aufrecht zu erhalten, sondern eben auch neue Bereiche in die Programme aufzunehmen. Die Kollegin Bührmann hat zu Recht festgestellt, wie wichtig inzwischen insbesondere die Soziokultur in unserem Land ist. Die Soziokultur hat aber dann keine Perspektive - das gilt auch für viele andere kulturelle Einrichtungen -, wenn es den Kommunen weiterhin finanziell so schlecht geht, wie das gerade der Fall ist. Die hannoverschen soziokulturellen Initiativen haben sich zusammengetan und machen demnächst eine Veranstaltung - ich kann Ihnen allen nur raten, dort hinzugehen -, weil es dort lichterloh brennt. Ich zitiere hier einmal aus einem Aktionsblatt des Aktionsbündnisses Kulturfraß: Die Stadt Hannover plant in diesem und im nächsten Jahr aufgrund der Auflage der Regierungspräsidentin, bei den Beihilfen 2 Millionen Euro einzusparen. Das bedeutet eine 10-prozentige Kürzung der Summe, die wir freien Kulturschaffenden bislang an Zuwendungen erhalten haben. Erschwerend kommt dazu: Stadt und Region Hannover reduzieren das Programm „Hilfe zur Arbeit“ von 600 auf 150 geförderte Stellen, d. h. für uns, dass zurzeit kaum Personen nach dem Bundessozialhilfegesetz eingestellt werden können und Arbeitskräfte fehlen. Nebenbemerkung: Viele Künstlerinnen beziehen Sozialhilfe und können über § 19-BSHG-Stellen in Kultureinrichtungen temporär arbeiten.

Die gleiche Misere gibt es bei den Musikschulen. Auch dort ist zu beklagen, dass die kommunalen Zuschüsse immer weiter zurückgehen. Ohnehin ist zu beklagen, dass das Land Niedersachsen auch die Musikschulen bisher nur mit 2 % gefördert hat, während der Schnitt bundesweit bei 11 % liegt. Beispielsweise die Stadt Oldenburg, der Landkreis Leer und die Stadt Einbeck haben bei den Musik

schulen Kürzungen vorgenommen bzw. angekündigt. Andere Gebietskörperschaften – z. B. mein Landkreis Hildesheim - haben die Förderung ihrer Musikschulen bereits auf null gefahren.

Auch ich, Frau Kollegin Bührmann, halte die Arbeit der Kunstschulen für sehr gut und unverzichtbar. Aber von 42 Kunstschulen werden nur 29 gefördert, davon fünf Kunstschulen dadurch, dass sie die Räume in den Kommunen mietfrei zur Verfügung gestellt bekommen. Das ist keine langfristige sichere Basis, auf der sie planen können. Elf dieser Kunstschulen haben Kürzungen angedroht bekommen bzw. bei ihnen sind schon Kürzungen vollzogen worden. Zu diesen Perspektiven sagt die Antwort der Landesregierung nichts aus. Dazu hat die Anfrage auch nicht genau Auskunft haben wollen. Das kann ich auch verstehen.

Musikschulen und Kunstschulen könnte man noch verschmerzen, wenn das, wofür eigentlich das Kultusministerium bei Kunst- und Kulturförderung zuständig ist, nämlich Musik- und Kunstunterricht in den Schulen, anständig laufen würde. Aber auch hier müssen wir beklagen, dass dort nach wie vor der größte Teil des Unterrichts ausfällt und dass gerade nach TIMMS und PISA immer mehr auf die „harten“ Fächer Wert gelegt wird und dass auf die künstlerisch-ästhetische Bildung - da sind wir uns ja einig, Frau Kollegin Bührmann - nur noch wenig Wert gelegt wird. Die neuen jungen Kunstvereine, von denen Minister Oppermann hier gesprochen hat, werden ja auch von uns allen begrüßt. Wir wollen sie alle haben. Aber auch bei ihnen stellt sich die Frage: Wie kann es denn gelingen, in Zukunft noch neue junge Kunstvereine in die Förderprogramme aufzunehmen, wenn die Mittel der Förderprogramme immer geringer werden?

Eines liegt mir sehr am Herzen: Zur Kulturarbeit und zur Kulturpolitik gehört auch die Gedenkstättenförderung. Unsere Gedenkstätte in BergenBelsen hat - ich meine, wir haben das Jürgen Trittin zu verdanken - einen riesigen Bundeszuschuss bekommen, damit die Arbeit dort ausgeweitet werden kann. Und was passiert jetzt? - Die Stelle des Leiters des Pädagogischen Dienstes, kürzlich durch Pensionierung frei geworden, wird nicht wieder besetzt, obwohl die Zahl der Besucher- und Besucherinnengruppen dort weiterhin rasant steigt. Das empfinde ich als skandalös. Da kann ich die Regierungsfraktion nur auffordern und dringend bitten, sich dafür einzusetzen, dass auch diesem Bereich der Kulturpolitik Aufmerksamkeit geschenkt und

dafür gesorgt wird, dass die pädagogisch hochwertige Arbeit, die dort geleistet worden ist, auch in Zukunft fortgesetzt werden kann.

Vermisst habe ich das freiwillige kulturelle Jahr in Ihrer Anfrage. Das ist doch eine tolle Geschichte. Die sollten wir ausweiten.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Sehr viele Jugendliche und junge Erwachsene haben sich dafür beworben, und zwar, so glaube ich, fünf- oder sechsmal mehr, als Stellen zur Verfügung standen. Wir müssen uns gemeinsam darum kümmern, dass wir mehr Stellen bekommen und mehr Jugendliche in diese Programme aufgenommen werden können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als nächste Rednerin hat Frau Kollegin Mundlos das Wort.

(Vizepräsidentin Litfin übernimmt den Vorsitz)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon eigenartig: Kurz vor Schluss der Legislaturperiode entdeckt die SPD-Fraktion die Kultur und die Kulturpolitik für sich und fängt an, eine Große Anfrage zu schreiben. Fest steht, dass wir im Laufe der letzten Monate und Jahre immer wieder auch Anträge mit ganz konkreten Hinweisen gestellt haben, wo Handlungsbedarf ist. Diese Große Anfrage wird jedenfalls kein Handeln mehr nach sich ziehen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich sechs Punkte im Bereich der Kultur herausgreifen und näher beleuchten.

(Bontjer [SPD]: Einer genügt!)

Erstens zur Musikkultur. Erst ein Entschließungsantrag der CDU-Fraktion hat die Landesregierung bewogen, einen Standort für die Landesmusikakademie zu benennen.

(Lachen bei der SPD)

Als auch die Musikschaffenden glaubten, dass sich jetzt etwas tut, wurde erst einmal der Ansatz ge

strichen, der dafür im Haushalt vorhanden war. Heute wird auch Geld von den Musikschaffenden gesammelt, und die Landesregierung verweist auf weitere Fragen.

(Mühe [SPD]: Der Obersammler heißt Dr. Hoffmann!)

Ohne die Beharrlichkeit und Unbeugsamkeit des Landesmusikrates und aller Musikschaffenden wären wir nicht so weit.

(Zustimmung von Frau Körtner [CDU])

Ähnlich sieht die Situation der Musikschulen aus. In der Landesförderung stehen sie im Bund/Länder-Vergleich ganz am Ende der Rangliste. Es sind wieder einmal nur die Musikschaffenden selber, die die Qualität und Leistungsfähigkeit der Musikschulen in Niedersachsen hochhalten.

Zweitens zur Theaterkultur. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesbühne würde es längst nicht mehr geben, wenn sich nicht die CDU vor der letzten Landtagswahl an deren Seite gestellt hätte.

(Lachen bei der SPD - Wulf (Olden- burg) [SPD]: Das ist ja nicht zu glauben! Das ist eine Unverschämtheit! Mühe [SPD]: Wer hat Ihnen bloß diesen Unfug aufgeschrieben?)

Erst nachdem wir protestiert haben, hat einer von Ihnen entdeckt, welcher Schaden da angerichtet würde. Die Landesbühne konnte jetzt zum 50. Geburtstag einladen. Auch das, was dort im Laufe der letzten Jahre geleistet wurde, ist insbesondere auf diejenigen zurückzuführen, die diese Landesbühne mit Leben füllen. Wenn Sie sich durchgesetzt hätten, wäre die niedersächsische Landschaft um eine Perle ärmer.

Auch die Kürzungen bei den Staatstheatern im letzten Haushalt hätten die Theater in ihrer Leistungsfähigkeit stark gefährdet.