Protokoll der Sitzung vom 30.08.2002

Ich zitiere weiter aus dem Focus vom 26. August 1996. Da sagte der damalige Ministerpräsident Schröder:

„Wir werden bei der Steuerreform sowohl auf Vereinfachungen wie auf soziale Gerechtigkeit setzen. Das bayerische Modell ist nicht schlecht, Eingangssteuersatz 20, Spitzensatz 40 %.“

(Frau Pawelski [CDU]: Bravo!)

Ich zitiere den damaligen Ministerpräsidenten Niedersachsens aus einer anderen Zeitung, nämlich der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

(Zuruf von Dr. Schultze [SPD])

- Nein, ich zitiere nicht zu viel, sondern Sie lesen zu wenig. Sie lesen eindeutig zu wenig!

(Beifall bei der CDU)

Gerhard Schröder sagt:

„Runter mit dem Eingangssteuersatz auf etwa 20. Unser Ziel sollte es schon sein, auf 40 % beim Spitzensteuersatz zu kommen.“

Jetzt zitiere ich ein Weiteres, weil ich mich einfach darüber ärgere.

(Zuruf von der SPD)

Ihr Herr Struck hat gesagt, 35 % und Schluss. Das war im Spiegel; den lesen Sie ja manchmal als einziges. Dort steht:

„Wir brauchen ein ganz einfaches System mit höchstens drei Steuersätzen, 15, 25 und 35 %, und dann Schluss.“

Ihr Herr Struck, langjähriger Fraktionsvorsitzender in Berlin!

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der SPD)

- Das ist vom 2. August 1999.

(Zuruf von der SPD)

Welche Halbwertzeit haben denn Ihre Ankündigungen?

(Zustimmung bei der CDU)

Wenn ich nur noch die Zeitungen der letzten Woche benutzen darf, um Sie zu zitieren, dann geben Sie das hier zu Protokoll; dann machen wir das.

(Dr. Schultze [SPD]: Er hat in den fal- schen Zettelkasten gegriffen!)

Das am schwierigsten zu Erreichende ist die Senkung der Staatsquote. Herr Gabriel, Sie haben gesagt, alle hätten versagt und es nicht in den Griff bekommen. Die Bertelsmann-Stiftung hat im Vergleich von 32 Industriestaaten ermittelt, dass von 19, 20, 21 Einflussfaktoren der Arbeitslosigkeit nur noch knapp die Hälfte durch nationale Politik zu beeinflussen ist. Trotzdem sagt Ihr Altkanzler Helmut Schmidt, die Arbeitslosigkeit in Deutschland sei hausgemacht. Dies hat er Ihnen in den letzten Monaten ins Stammbuch geschrieben. Aber die Bertelsmann-Stiftung sagt, bei dem, was die Politik beeinflussen kann, von den Stellschrauben, die sie hat, ist die wesentlichste die Staatsquote.

(Zuruf von der SPD: Sie hören auf Bertelsmann?)

Da hat Dr. Müller, Ihr Bundeswirtschaftsminister, am 28. April 2000 einen beachtlichen Vortrag gehalten, allerdings vor der Deutschen Bundesbank. Er hat deswegen vielleicht vermutet - allerdings hat er es selber veröffentlicht -, dass das nicht so groß aufschlägt. In Punkt 3 seiner Position heißt es:

„Der Staat besinnt sich wieder auf seine eigentlichen Aufgaben. Die Ausgaben des Bundes werden bis 2000 um 160 Milliarden DM gekürzt.

Die Neuverschuldung wird bis 2006 auf Null zurückgeführt. Ziel ist eine Senkung der Staatsquote auf 40 %.“

(Zuruf von der CDU: Aha!)

- Sie schütteln den Kopf; das können Sie auch nicht glauben. Aber es steht hier. Ich kann es Ihnen mitgeben, Herr Schurreit.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Ihr Bundeswirtschaftsminister erklärt, eine Senkung der Staatsquote auf 40 % sei das Ziel Ihrer Politik. Das heißt, wir streiten gar nicht mehr über die Ziele, sondern über den Weg dorthin und wer wie erfolgreich war.

Hierzu möchte ich einige Angaben zur Höhe der Staatsquote machen. 1982, als wir auf Bundesebene wieder die Regierungsverantwortung übernommen hatten, war die Staatsquote in Deutschland auf dem historischen Höchststand von 52,4 %. Wir haben sie bis 1990 auf 45,1 % gesenkt und in dieser Zeit 2,1 Millionen neue Arbeitsverhältnisse geschaffen. Dann kam die deutsche Einheit, ein historisch einmaliger Vorgang, und die Staatsquote schwellte im Jahre 1991 verständlicherweise auf 50,7 % an. Bis 1998 haben wir sie wieder auf 47,8 % gesenkt und waren mit der beschlossenen Steuerreform, die von Eichel, Schröder und Lafontaine im Bundesrat abgelehnt wurde, auf einem weiteren guten Weg. Sie haben einen Anstieg der Staatsquote auf inzwischen 48,3 % zu verantworten. In der neuesten Rechnung wird die Staatsquote an 50 % heranreichen.

(Busemann [CDU]: So ist es! - Weite- re Zurufe von der CDU: So sieht es aus!)

Für uns ist das die entscheidende Frage: Wer trägt zur Senkung der Staatsquote in unserem Lande bei, um den Menschen weniger Steuerabgabenbelastungen aufzubürden, um weniger Geld durch staatliche Hände fließen zu lassen, damit wir in der Dynamik der Beschäftigung Fortschritte erzielen? Wenn es um die Frage der Redlichkeit, der intellektuellen Redlichkeit, die vorhin angesprochen worden ist, geht, kann ich Ihnen, Herr Gabriel, und Ihrem aufgescheuchten Haufen nur sagen: Wer eine Erfolgsbilanz - -

(Widerspruch bei der SPD - Biel [SPD]: Wenn wir ein aufgescheuchter Haufen sind, bis du ein Eierkopf! )

- In die Situation, dass sich meine Fraktion so wie Ihre benimmt, während der Ministerpräsident spricht, möchte ich in diesem Hause wirklich nie kommen. Ich finde, es gehört dazu, dass man auch die Dinge, die einem überhaupt nicht gefallen, die Zahlen, die man nicht gerne hören mag, die Zitate der eigenen Leute, die man überhaupt nicht ertragen kann, erträgt. Wir haben Herrn Schwarz und Herrn Gabriel vorhin zugehört. Sie müssen lernen, dass Sie manchmal deswegen große Fehler gemacht haben, weil Sie meinten, dass Sie es nicht nötig hätten, anderen zuzuhören. Ich finde, Sie sind auf einer Schiene, die für unserer Land schlecht ist, weil Sie damit Überheblichkeit dokumentieren.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der SPD)

Sie verbreiten auf Steuerzahlerkosten eine Erfolgsstory der Landesregierung. Dort steht - das sage ich unter dem Stichwort „intellektuelle Redlichkeit“ -: Investitionen von rund 45 Milliarden Euro für die Voranbringung des Landes auf allen wichtigen Zukunftsfeldern. – 45 Milliarden Euro, das ist das gesamten Volumina der Haushaltsjahre 2002 und 2003, und Sie erwecken den Anschein, das Gesamthaushaltsvolumen inklusive der Zinsen und der Tilgungsleistungen seien Investitionen in die Zukunft unseres Landes. Sie sind auf einem Weg, auf dem Sie nur noch so tun können, als täten Sie etwas. Herr Gabriel, Sie können einem - das sagen Sie ja auch in den Hintergrundgesprächen mit dem, was Sie von Schröder an mangelnder Verwaltungsreform, an schlechter Arbeitsmarktlage, an hoher Verschuldung in diesem Land übernommen haben, Leid tun,

(Lachen bei der SPD)

weil Sie mit Ihrer Fraktion für das, was Sie in Ordnung bringen wollen, die Verantwortung in Niedersachsen zu tragen haben. Sie regieren hier seit zwölf Jahren und haben seit zwölf Jahren nur mehr Schulden gemacht, die Anzahl der Arbeitslosen nicht reduziert und kein einziges unserer drängendsten Probleme gelöst.

Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Kollege.

Sie tragen seit 1990 in diesem Lande Regierungsverantwortung und haben den Dingen zugejubelt, die sich jetzt als falsch erweisen. Hartz, dem Sie

jetzt zujubeln, hat Ihnen die Quittung erteilt. Solch ein Ablenkungsmanöver wird nicht funktionieren!

(Starker Beifall bei der CDU)

Kollege Schwarz!

(Frau Pawelski [CDU]: Zurück in die Sechziger!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Wulff, ich will Ihnen ausdrücklich attestieren, dass ich Ihnen gerne zuhöre. Sonntags gucke ich immer mit meiner Tochter die Sendung mit der Maus, und dann weiß ich, wie weit Sie von diesem Niveau noch entfernt sind.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Zum Thema Kombilohn haben Sie gerade folgenden Einstieg gewählt: 128 Beschäftigte haben Sie geschaffen; das ist doch erbärmlich.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: 228 Beschäftigte!)

- Vielen Dank! 228 Beschäftigte haben Sie geschaffen; das ist doch erbärmlich.