Protokoll der Sitzung vom 25.09.2002

Für Niedersachsen sind im Rahmen des Soforthilfeprogramms des Bundes für betroffene Bürger

und Bürgerinnen dem Landkreis Lüchow-Dannenberg insgesamt 816 000 Euro und dem Landkreis Lüneburg 48 000 Euro zur Verfügung gestellt worden. Bisher wurde an 211 Haushalte Soforthilfe ausgezahlt.

Neben der Soforthilfe hat in beiden Landkreisen die Verteilung der Spenden begonnen. In Lüneburg steht sie unmittelbar bevor. Dort werden die Wohlfahrtsverbände und andere beteiligt, damit das auch fair abläuft.

Für die zur Verfügung stehende Übergangshilfe für Hochwassergeschädigte stehen Mittel in Höhe von 3 Millionen Euro zur Verfügung. In welchem Umfang hiervon Gebrauch gemacht wird, ermittelt derzeit die Bezirksregierung Lüneburg.

Das Programm zur Wiederherstellung der Infrastruktur in den Gemeinden stellt in einem ersten Schritt Finanzmittel in Höhe von zunächst 2 Millionen Euro zur Verfügung.

Das Programm zur Wiederherstellung der Infrastruktur im ländlichen Raum wird in Niedersachsen im Wesentlichen für die Grundinstandsetzung der Elbedeiche in Anspruch genommen. Hierzu besteht innerhalb der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ das Sonderprogramm, das mit 320 Millionen Euro ausgestattet ist. Die prozentuale Beteiligung Niedersachsens an diesem Programm liegt noch nicht endgültig fest. In diesem Jahr werden aber für die Beseitigung von größeren Schäden an den Deichen und dazugehörigen Anlagen 800 000 Euro bereitgestellt. Insgesamt betragen die Kosten für die Instandsetzung der Elbedeiche 147 Millionen Euro.

Für die Schäden in der Landwirtschaft stehen mehrere Hilfsprogramme zur Verfügung. Für Hilfen zur Existenzsicherung für landwirtschaftliche Betriebe, die von Starkregen oder dem Elbehochwasser betroffen sind, kann die Landwirtschaftskammer Hannover bereits 200 000 Euro auszahlen. Hier können also auch Betriebe teilhaben, die von lokalen Starkregen existenziell betroffen sind. Die notwendigen Anträge gehen seit Ende August bei der Bewilligungsstelle ein. Das Schadenausgleichsprogramm für landwirtschaftliche Betriebe, die vom Elbehochwasser betroffen sind, wurde in eine neue Verwaltungsvereinbarung gegossen. Diese ermöglicht nun Leistungen bis zu 50 000 Euro pro Betrieb, wobei die Berechnungsgrundlage für die Schäden der Wiederbeschaffungswert ist.

Sind höhere Hilfen notwendig, so entscheidet darüber ein Runder Tisch, der bis zu einer Million Euro an Schadensausgleich gewähren kann.

Die Soforthilfe für kleinere und mittlere Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft sowie der freien Berufe umfasst derzeit 2,5 Millionen Euro. Zur Beratung über dieses und andere Hilfsprogramme hat die Landestreuhandstelle Sprechzeiten vor Ort eingerichtet. Von bisher 22 Anträgen wurden 20 bewilligt und rund 116 000 Euro ausgezahlt. Weiter gibt es Zuwendungen für Unternehmen bis zu einer Höhe von 1 Million Euro. Die Beratung erfolgt ebenfalls durch die Landestreuhandstelle.

lm Zuschussprogramm zur Beseitigung und Behebung von Hochwasserschäden an Wohngebäuden - hier dürfte die Zahl der Betroffenen hoch sein liegen 66 Anträge vor. 61 Anträge mit einer Gesamtsumme von 516 000 Euro sind bereits bewilligt. Wir rechnen mit 300 Anträgen insgesamt.

Für die Beseitigung von Schäden an Kulturgütern und Kultureinrichtungen werden etwa 2 Millionen Euro benötigt. Die Umsetzung dieser Hilfsprogramme wird zurzeit vorbereitet. Zu berücksichtigen ist, dass ein Großteil der beschädigten Kulturdenkmale privat genutzte Wohnhäuser sind. Hier greift das Programm zur Beseitigung und Behebung von Hochwasserschäden an Wohngebäuden.

Sie sehen, meine Damen und Herren, es wird alles getan, um die von Bund und Ländern aufgebrachten Mittel schnell und direkt an die von der Flut betroffenen Menschen, Unternehmen und Kommunen heranzubringen.

Zur zweiten Frage nach den längerfristigen Maßnahmen:

Die Landesregierung setzt zum einen auf unmittelbar technische Maßnahmen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes. Dazu gehören Deich- und Dammbauten, Hochwasserrückhaltung in Rückhaltebecken und Talsperren sowie die Einrichtung von Entlastungspoldern. Zum anderen müssen wir einen langen Atem haben, um die Dinge zu verändern, die die schweren Hochwasser mit verursachen. Wir dürfen beim Klimaschutz nicht nachlassen, wir wollen die Gewässernaturierung verstärken, den Wasserrückhalt auf der Fläche verbessern, und wir sehen in Vorgaben der Raumordnung eine Chance, die Hochwasserentstehung und den Hochwasserablauf zu drosseln.

Die Emission von Klima beeinflussenden Gasen muss eingeschränkt werden, indem wir unschädliche Energien stärken und den Verbrauch fossiler Energien senken. In Niedersachsen haben wir hier, was die erneuerbaren Energien angeht, schon einen großen Schritt nach vorn gemacht. Sie kennen die Zahlen.

Neben der Nutzung erneuerbarer Energiequellen dürfen wir jedoch die Energieeinsparung nicht aus dem Blick verlieren. Das geschieht im Wohnungsbestand bereits durch die Kombination von Fördermitteln aus dem CO2-Minderungsprogramm des Bundes und einer Landesförderung für vorhandenen Mietwohnungsbestand. Hier wollen wir weitermachen, denn hier liegt enormes Einsparpotenzial. Wir müssen bei den Bürgerinnen und Bürgern dafür werben, in Energieeinsparung zu investieren. Sie kommen damit zu einer doppelten Dividende: Sie schützen das Klima und sparen Heizkosten. Um diesen Ansatz populärer zu machen, arbeiten wir gemeinsam mit dem Handwerk an einem Aktionsprogramm zur Minderung des CO2-Ausstoßes durch Heizungen, insbesondere im Altbaubestand.

Die Renaturierung von Gewässern ist der nächste Punkt. Sie hilft insbesondere in kleinen Einzugsgebieten, die Niederschläge verzögert abfließen zu lassen. Ein gelungenes Beispiel ist die Hunte im Raum Wildeshausen: Hier wurde eine Art Wasserbremse eingebaut, indem man die Flussschleifen verlängert hat. Weitere Planungen gibt es, aber sie lassen sich nicht alle von heute auf morgen realisieren. Ob und wo ein naturnaher Gewässerausbau positive Auswirkungen auf den Hochwasserabfluss hat, kann auch nicht pauschal beantwortet werden, sondern muss durch Flussgebietsmodelle ermittelt werden.

Der Wasserrückhalt der Fläche ist differenziert zu betrachten, je nachdem, welche Verhältnisse vorliegen: Hier spielt das Geländegefälle eine Rolle, ebenso die Ausbildung der Vegetation und die Wassersättigung der Böden. Die Agrarministerkonferenz hat im September sehr nützliche Aussagen zur Verbesserung der Rückhaltefähigkeit der Böden getroffen.

Wir wissen, dass in den vergangenen Jahrzehnten in überschwemmungsgefährdeten Gebieten zu viel gebaut worden ist. Um diese Gebiete für den Hochwasserabfluss freizuhalten und mögliche Retentionsräume gegenüber anderen Nutzungen zu privilegieren, benötigen wir den Einsatz der In

strumente der Raumordnung für die Zielsetzungen des Hochwasserschutzes.

So kann der Vorrang eines natürlichen Überschwemmungsgebietes durch raumordnerische Festlegung auch dann schon wirken, wenn das Gebiet noch nicht durch eine Verordnung als Überschwemmungsgebiet festgesetzt ist. Ich begrüße deshalb, dass in die zurzeit laufende Beratung der Änderung des Landes-Raumordnungsprogrammes die Einführung eines Vorranggebietes für den Hochwasserschutz aufgenommen worden ist. Nach In-Kraft-Treten des Gesetzes wird sich die Ergänzung der Landesraumordnungs-Verordnung anschließen.

Zur Frage 3 - internationale Zusammenarbeit -: Eine internationale Zusammenarbeit an der Elbe besteht bereits durch die Internationale Kommission zum Schutz der Elbe. Sie wurde 1990 zwischen der damaligen Tschechoslowakischen Föderativen Republik, der Bundesrepublik Deutschland und der EU vereinbart, und sie konzentrierte sich zunächst auf die Verbesserung der Wasserqualität in der Elbe. 1998 hat die Kommission dann eine Strategie zum Hochwasserschutz im Einzugsgebiet der Elbe erarbeitet und beschlossen. Weiterhin ist im Oktober 2000 eine Bestandsaufnahme des vorhandenen Hochwasserschutzniveaus im Einzugsgebiet der Elbe verabschiedet worden. Auf dieser Grundlage wurde von der IKSE der Aktionsplan Hochwasserschutz Elbe erarbeitet, dessen Verabschiedung noch im Oktober dieses Jahres vorgesehen ist. Dieser Plan bedarf jedoch noch der Aktualisierung und der Abstimmung mit neuen Erfahrungen aus dem Katastrophenhochwasser im August, und er bedarf der Umsetzung, an der sich alle Elbeanlieger beteiligen müssen.

Niedersachsen selbst ist als Anlieger in den Arbeitsgruppen der Internationalen Kommission vertreten und bringt unsere Belange als Unterlieger in diese Zusammenarbeit ein. Ich bin zuversichtlich, dass wir kurzfristig zu guten Ergebnissen in diesen Kommissionen kommen werden.

(Beifall bei der SPD)

Zu einer Zusatzfrage hat der Kollege Golibrzuch das Wort.

Herr Minister, wie viele Mittel - auch Spendengelder - stehen für die Hochwasseropfer im Raum Horneburg zur Verfügung, nachdem es nicht gelungen ist, Bundesgelder für diese Region einzuwerben?

Herr Jüttner!

Herr Kollege, wir haben für Horneburg sofort 500 000 Euro für die Erhöhung des Deiches zur Verfügung gestellt. Wir haben dann 500 000 Euro als Sofortmaßnahme zur Verfügung gestellt.

Der Ministerpräsident hat vor wenigen Tagen, als er dort war und den ersten Spatenstich zur Erhöhung der Deiche getan hat, noch einmal darauf hingewiesen, dass für Maßnahmen der Verkehrsinfrastruktur auch weitere Gelder zur Verfügung gestellt werden können. Ich kann das jetzt nicht genau in der Detailsumme quantifizieren. Aus den landwirtschaftlichen Hilfsprogrammen, von denen ich in meinem einleitenden Beitrag gesprochen habe, die sich nicht ausschließlich auf die Elbe konzentrieren, werden ebenfalls Mittel für Horneburg bereitgestellt. In welcher Höhe sie bisher abgeflossen sind, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich weiß nicht, ob Herr Bartels das auf Anhieb beantworten kann. Auf jeden Fall wird Horneburg auch in den landwirtschaftlichen Hilfsprogrammen berücksichtigt.

Herr Hagenah! Danach folgt Frau Zachow.

Herr Minister, wird als Konsequenz aus der Flut jetzt auch der Deichbau im Bereich des Amtes Neuhaus vom Land beschleunigt, z. B. indem die dort fehlenden 36 km nicht mehr, wie geplant, in drei bis vier Teilabschnitten planfestgestellt werden, sondern in einem Teilabschnitt?

Herr Minister!

Herr Kollege Hagenah, in einem Abschnitt lässt sich das sicherlich nicht organisieren. Wir haben dort einen Investitionsbedarf von knapp 150 Millionen Euro. Wir haben durch Kabinettsbeschluss die jährlichen Mittel von 12 Millionen Euro auf 20 Millionen Euro erhöht. Wir gehen davon aus, dass damit in Zukunft jährlich 10 bis 11 Millionen Euro für diese Maßnahme in das Amt Neuhaus gegeben werden können; unter der Voraussetzung - die Einschränkung muss ich machen -, dass die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen sind und dass auch die baulichen Möglichkeiten in dieser Größenordnung zu gewährleisten sind.

Ich will darauf aufmerksam machen, dass die Freigabe der Maßnahmeprogramme für den Hochwasserschutz im Binnenland aus guten Gründen hochflexibel gehandhabt wird und wir aufgrund der vielen Bedarfe, die wir in anderen Teilen des Landes haben, natürlich nie in die Situation kommen, irgendwo Geld verfallen zu lassen. Wir können schieben, und wir müssen auch jeweils schieben.

Ich hatte im letzten Monat schon einmal darauf hingewiesen, dass wir im Amt Neuhaus auch das Problem haben, uns mit den Grundstückseigentümern verständigen zu müssen, um die Baumaßnahmen rechtlich abzusichern. Das ist ein sensibles Thema.

Also, die Voraussetzungen für eine deutliche Beschleunigung der Baumaßnahmen haben wir geschaffen.

Frau Zachow! Dann Herr Dr. Stratmann.

Herr Minister, nachdem wir vor fünf Jahren im Westen des Landes die Hochwasserereignisse hatten und der vorbeugende Hochwasserschutz keine Neuerfindung ist – den gibt es im Bundesrecht schon seit dem 1. Januar 1998 -, frage ich Sie: Was hat die Landesregierung zur Beschleunigung des vorbeugenden Hochwasserschutzes seit dieser Zeit getan?

Herr Jüttner!

Wir haben mit der Novellierung des Niedersächsischen Wassergesetzes die Voraussetzungen geschaffen, und wir haben das auch mit Geld unterfüttert. Zum einen wird gewährleistet, dass es nunmehr komplizierter ist, sich in Überschwemmungsgebieten auszubreiten. Zum anderen stellen wir jedes Jahr mehr als 600 000 Euro für die Ausweisung von Überschwemmungsgebieten zur Verfügung. Das wird seit Jahren gemacht.

(Frau Zachow [CDU]: Seit wie vielen Jahren?)

Herr Dr. Stratmann! Dann Frau Harms.

Herr Minister, wird die Erhöhung, Prüfung und Widmung der Deiche in Horneburg genauso lange dauern wie bei den Rhume-Deichen in Northeim, nämlich weit über zehn Jahre? Man hat gehört, das ist in Northeim bis heute noch nicht abgeschlossen.

Herr Minister, bitte!

Herr Stratmann hat augenscheinlich kein sonderlich großes Vertrauen in die Landesregierung.

(Frau Zachow [CDU]: Das ist auch verständlich! - Hoppenbrock [CDU]: Gebranntes Kind!)

Ich habe das. - Ich sehe das deutlich anders.

Herr Stratmann, vielleicht als kleine Hausaufgabe für uns beide: Wir prüfen in den nächsten Wochen einmal, welches die schnellste Reaktion - und zwar nicht im Sinne einer rhetorischen Reaktion, sondern im Sinne einer praktischen Investition - nach einem Krisenfall war.

Wir haben auf das Juli-Hochwasser in Horneburg so reagiert, dass schon Anfang September mit der Baumaßnahme Deicherhöhung begonnen wurde. Ich gehe davon aus, dass wir dieses Tempo einigermaßen halten. Insofern kann ich Ihre Frage, ob das lange dauert, definitiv mit einem Nein beantworten.

(Beifall bei der SPD - Dr. Stratmann [CDU]: Ich wollte ja nur wissen, ob es genauso lange dauert wie in Nort- heim! - Gegenrufe von der SPD: Nein!)

Frau Harms!