Protokoll der Sitzung vom 23.10.2002

(Lachen bei der CDU)

- Sie haben gerade Grund zu lachen! Wenn ich es richtig weiß, waren es in Niedersachsen gerade einmal 34,5 % der Wähler, die Ihren Standpunkt unterstützt haben. Da wäre ich jetzt nicht so vorlaut.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, warum haben die Menschen der rot-grünen Koalition die Regierungsverantwortung übertragen? - Weil sie auf der einen Seite ganz genau wussten, dass es eine schwierige Zeit ist. Auf der anderen Seite wussten sie aber auch, dass das Thema soziale Gerechtigkeit bei Sozialdemokraten am Besten aufgehoben ist. Das zeigt sich auch, wenn wir die aktuelle Steuerdiskussion betrachten.

Die Opposition stellt sich nun hin, sagt, das alles sei falsch, und fühlt sich durch so manchen Kommentar bestätigt. Ich will an dieser Stelle nur sagen: Wenn Herr Stoiber sein „3 mal 40“ hätte einlösen sollen - also 40 % Einkommensteuersatz, 40 % Summe der Sozialversicherungsbeiträge und 40 % Staatsquote -, dann hätte es bei den Menschen in unserem Land ein Heulen und Zähneklappern gegeben, und dies insbesondere in Niedersachsen als finanzschwachem Land. Von daher, meine Damen und Herren, ist es positiv für dieses Land, dass Gerhard Schröder weiterregieren kann.

Meine Damen und Herren, die Dresdner Neuesten Nachrichten haben sich heute zum Verhalten der Union geäußert. Ich will nur einen Satz daraus zitieren:

„Die Union sollte mit dem Vorwurf des Wählerbetruges vorsichtig sein. Personell und finanziell hat sie nicht aufrichtig geplant.“

Das ist genau die Position, die auch die Menschen in diesem Land zu Ihrem Verhalten haben.

Meine Damen und Herren, für das Land Niedersachsen ist der Koalitionsvertrag deshalb positiv, weil das Programm JUMP weiterhin dafür sorgen wird, dass junge Menschen nicht weiter arbeitslos werden. Dieses Programm der Koalition ist des

halb positiv für Niedersachsen, weil wir in Sachen Familienpolitik seit 1998 nicht nur mehr als 13 Milliarden Euro mehr einsetzen, als Kohl das noch getan hat, sondern weil wir auch in der Lage sein werden, das Thema Ganztagsschulen mit Hilfe von bundespolitischen Zahlungen endlich umzusetzen.

Sie werden sich noch wundern, wie die Menschen auch in unseren Landkreisen danach verlangen werden, dass Ganztagsschulen eingerichtet werden. Und wenn sich daraus ergibt, dass wir in der Lage sind, mit Hilfe des Bundesprogramms pro Standort in etwa 200 000 Euro für Investitionen zur Verfügung zu stellen, dann ist das für uns ein Riesenfortschritt. Das ist nur möglich, weil die Regierung Schröder das vorgesehen hat.

(Beifall bei der SPD)

Eben ist über das Thema Kindergartenförderung diskutiert worden. Auch hier hat sich die neue Koalition etwas auf die Fahnen geschrieben. Man will nämlich versuchen, auch bei den Kindern unter drei Jahren weitere Betreuungsangebote bereitzustellen.

Meine Damen und Herren, was uns an diesem Tage besonders wichtig ist zu betonen, sind die Leistungen des Bundes für die Verkehrsinvestitionen. Sie werden insbesondere unserem Land zugute kommen. Sie wissen, wie einseitig in den Jahren unter Kohl die süddeutschen Bundesländer bevorzugt worden sind. Dies wird weiterhin abgestellt werden.

Wenn man sich die Hochschulpolitik anguckt, dann stellt man fest, dass die Bundesforschungsministerin schon in den vergangenen vier Jahren ihren Etat um 30 % steigern konnte. In diesem Rahmen wird das weiterlaufen. Darüber hinaus wird das Ganze sehr viel ausgewogener stattfinden, als es noch unter der Regierung Kohl stattgefunden hat. Auch das ist ein Vorzug für das Land Niedersachsen.

Und, meine Damen und Herren - -

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss!

Ich werde gleich zum Schluss kommen, Frau Präsidentin.

Wir müssen uns natürlich auch über die Frage unterhalten, wie das alles finanziert werden soll. Wenn wir allgemein über Subventionen reden, dann sagt doch diese Seite immer, die müssen weg. Aber wenn es dann konkret wird, wird immer gesagt, das geht nicht.

Wenn wir dann noch berücksichtigen, dass der Bund im Jahre 2001 direkte Finanzhilfen von 29,6 Milliarden Euro und Steuersubventionen von 39,8 Milliarden Euro gezahlt hat, dann wissen wir alle, dass man ohne das Einschneiden in Steuersubventionen nicht zurechtkommt. Von daher verstehe ich Ihr Geschrei nicht. Sie sollten hier einmal darlegen, wie Sie die „3 mal 40“ in Kenntnis der Zahlen, die auch schon vor dem 22. September vorgelegen haben, finanziert hätten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Busemann [CDU]: Diese Rede habe ich nicht verstanden!)

Herr Staatsminister Senff!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat - Herr Abgeordneter Möhrmann hat das angesprochen - ist der gestrige Tag ein guter Tag für die Bundesrepublik Deutschland gewesen.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch und Lachen bei der CDU)

- Ich habe ja Verständnis dafür, dass die rechte Seite dieses Hauses das nicht so gerne hört. Aber anständige Verlierer sollten Sie wenigstens sein.

(Zustimmung bei der SPD)

Das war im Übrigen nicht nur ein guter Tag für Deutschland, sondern auch ein guter Tag für Niedersachsen.

Die Koalitionsvereinbarung der rot-grünen Bundesregierung ist die Basis für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die, wie wir alle wissen, das zentrale Problem in unserem Lande ist. Herzstück - das ist der erste Punkt, den ich erwähnen will - ist die Arbeit der Hartz-Kommission und deren Umsetzung. Im Kern geht es darum, die 1,5 Millionen

freien Arbeitsplätze - so versichert die deutsche Wirtschaft - mit Arbeit Suchenden zu besetzen. Das soll und muss gelingen. Ich bin ziemlich sicher, dass das gelingen wird.

Niedersachsen will und wird bei dieser Operation in der vordersten Front mitkämpfen. Wir haben uns zur Aufgabe gemacht, Modellregion in der Bundesrepublik Deutschland für die Umsetzung der Vorschläge der Hartz-Kommission zu werden.

(Möllring [CDU]: Jetzt mal die Spruchblasen beiseite und die Fakten auf den Tisch! - Busemann [CDU]: Fakten!)

- Herr Möllring, in Spruchblasen sind Sie mir überlegen. Aber an Ihrer Stelle würde ich nun in der Tat keine Zwischenrufe mehr machen. Sie haben so viel zu Hause zu tun, dass Sie hier den Mund halten sollten.

(Beifall bei der SPD)

Die Arbeit der Hartz-Kommission in Bezug auf den Bereich der Jugendarbeitslosigkeit ist von Herrn Möhrmann angesprochen worden. Was uns freut, ist, dass die positive Arbeit der Niedersächsischen Landesregierung und der sie tragenden Fraktion bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit mit JUMP Plus fortgesetzt werden kann. Wir sind das Land mit den größten Erfolgen, auch wenn das der Herr Oppositionsführer nicht so gerne wahrnehmen will. Wir haben die Jugendarbeitslosigkeit herabgedrückt und schaffen das selbst gesetzte Ziel bis zum Ende dieses Jahres.

Was ich nicht verstehe, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU, ist, dass Sie auf der einen Seite behaupten, dass wir bzw. die HartzKommission alle Ihre Vorschläge abgeschrieben hätten, aber auf der anderen Seite gleichzeitig die Vorschläge der Hartz-Kommission ablehnen. Das passt meiner Meinung nach nicht zusammen und ist für mich der Hinweis darauf, dass Ihr Vorsitzender im Grunde nicht trittsicher ist, dass Sie keinen inneren Kompass haben, Herr Wulff, der Ihnen sagt, wohin die Reise in diesem Land zu gehen hat. Sie wissen nicht und wollen nicht wissen und sagen das auch nicht - jedenfalls nicht konsequent -, welche Linie Sie verfolgen.

Wir haben heute Morgen ein wunderschönes Beispiel erlebt. Da haben Sie Ihre Leute, nämlich Herrn Busemann, hier im Sturm stehen lassen.

Herr Busemann ist hier mit seinem Beitrag förmlich abgesoffen.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch und Lachen bei der CDU - Möllring [CDU]: Sie haben ja vielleicht Wahr- nehmungsschwierigkeiten!)

Warten Sie morgen die Berichte derjenigen ab, die dieses Geschehen unabhängig verfolgen. Herr Busemann ist abgesoffen. Sie, Herr Wulff, haben keinen Finger gerührt, um ihm zu helfen, und Sie, Herr Möllring, auch nicht - außer in Zwischenrufen, für die Sie gut sind. Sie haben ihn im Regen stehen lassen. Juristisch sind Sie mir sicherlich überlegen.

(Schünemann [CDU]: Nicht nur juris- tisch!)

Trotzdem werden Sie mir zugeben, dass das juristisch nichts anderes als unterlassene Hilfeleistung ist.

(Lachen bei der CDU)

Politisch würde ich das unter den Tatbestand der Untreue einordnen.

(Beifall bei der SPD - Lachen bei der CDU - McAllister [CDU]: Sie sind ja ein großartiger Jurist!)

- Herr McAllister, an Ihrer Stelle würde ich keine Zwischenrufe machen. Sonst unterhalten wir beide uns mal über Ihre Kneipengespräche. Einverstanden?

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD - Mühe [SPD]: Was wahr ist, ist wahr!)

Nächster Punkt: 16 Jahre lang saß der Norden Deutschlands am Katzentisch, solange die CDURegierung in Bonn tätig war. Wir wurden benachteiligt. Bei Bundesautobahnen, bei Ortsumgehungen, bei der Bundesbahn, bei Bundeswehrstandorten, bei der Auftragsvergabe ging alles in den Süden. Es ging nicht nur in den Süden, sondern es ging mit Ihrer tatkräftigen Mithilfe in den Süden. Sie haben das nicht nur zugelassen, sondern Sie haben mit dafür gesorgt, dass unser teuer erarbeitetes Geld in Niedersachsen als Schwarzgeld in Bayern landete.

(Zustimmung von Mühe [SPD])

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das mag ja aus politischen Gründen noch gehen. Aber dass Sie sich, nachdem Sie das Geld da heruntergebracht haben, gleichzeitig hier hinstellen, Herr Wulff, und beklagen, dass hier kein Geld vorhanden ist, um etwas zu tun, ist nun nicht mehr korrekt. Das lassen wir uns von Ihnen auch nicht mehr gefallen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Herr Minister, kommen Sie bitte zum Schluss!

Frau Präsidentin, ich werde das sofort tun. - Wir haben seit 1998 und jetzt mit der neuen Koalitionsvereinbarung in der ersten Reihe Platz genommen. Ich sage Ihnen ganz offen: Jetzt sind wir dran.