Wolfgang Senff

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Tagesordnungspunkt 22:
Nächste Sitzung..................................................... 12860
V
Vom Präsidium:
Präsident W e r n s t e d t (SPD) Vizepräsidentin G o e d e (SPD) Vizepräsident J a h n (CDU) Vizepräsidentin L i t f i n (GRÜNE) Schriftführer B i e l (SPD) Schriftführerin E c k e l (SPD) Schriftführerin H a n s e n (CDU) Schriftführer L a n c l é e (SPD) Schriftführer Lücht (SPD) Schriftführerin S a a l m a n n (SPD) Schriftführerin S c h l i e p a c k (CDU) Schriftführer S c h l ü t e r b u s c h (SPD) Schriftführer S e h r t (CDU) Schriftführerin V o g e l s a n g (CDU)
Auf der Regierungsbank:
Ministerpräsident Staatssekretär S c h n e i d e r , G a b r i e l (SPD) Staatskanzlei
Innenminister Staatssekretär L i c h t e n b e r g , B a r t l i n g (SPD) Niedersächsisches Innenministerium
Finanzminister Staatssekretär D r. L e m m e , A l l e r (SPD) Niedersächsisches Finanzministerium
Ministerin für Frauen, Arbeit und Soziales Staatssekretär W i t t e , D r. T r a u e r n i c h t (SPD) Niedersächsisches Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales
Kultusministerin J ü r g e n s - P i e p e r (SPD)
Ministerin für Wirtschaft, Technologie und Verkehr Staatssekretärin D r. G r o t e , Dr. K n o r r e Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr
Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten B a r t e l s (SPD)
Justizminister Staatssekretär D r. L i t t e n , D r. P f e i f f e r (SPD) Niedersächsisches Justizministerium
Minister für Wissenschaft und Kultur O p p e r m a n n (SPD)
Umweltminister Staatssekretärin W i t t e , J ü t t n e r (SPD) Niedersächsisches Umweltministerium
Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten S e n f f (SPD)
Beginn: 10.31 Uhr.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Entschließung, die nach den Beratungen im Ausschuss gleich im Parlament beschlossen werden wird, nehmen sowohl die Landesregierung als auch ich als Mitglied des Konvents selbstverständlich in Demut entgegen. Wir werden alles tun, damit die Punkte, die gemeinsam erarbeitet und aufgeschrieben wurden, mit der nötigen Kraft und – so es geht – mit dem nötigen Erfolg umgesetzt werden.
Sie wissen, dass das bei mir keine leeren Worte sind, sondern dass das sehr ernst gemeint ist. Diese Forderungen decken sich in allen wesentlichen Punkten mit dem bisherigen Vorgehen der Landesregierung und meinem eigenen Vorgehen im Konvent. Sie decken sich mit unseren Vorstellungen.
Von daher – das zu betonen ist mir wichtig – gibt es eine Übereinstimmung, die uns auch auf anderen Ebenen, außerhalb Niedersachsens, die Kraft gibt, sie durchzusetzen. Weil es diese Übereinstimmung gibt, gehört es sich, so finde ich, sie hier zu erwähnen.
Der Konvent wird Europa ein neues Gesicht geben. Das steht für mich fest. Vielleicht sind die Detailkonturen noch nicht so ganz scharf sichtbar. An einigen Punkten ist das Ergebnis noch offen. Aber dass der Konvent in unsere Arbeit hier im Landtag, in die Arbeit unserer Kommunen und selbstverständlich des Bundes eingreifen wird – im wahrsten Sinne des Wortes -, ist klar.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang etwas anderes. Wichtig ist, dass wir, um in diesem Bild zu bleiben, unser eigenes Gesicht behalten. Das heißt, dass wir unsere eigene Kraft zu Entscheidungen – sprich: unsere eigene Kompetenz – erhalten und dort, wo es geht, stärken.
Ich habe von Gemeinsamkeit gesprochen. Lassen Sie mich dieses Wort aufnehmen, weil mir das in der letzten Sitzung, in der sich der Landtag mit Europapolitik befasst, wichtig ist. Europapolitik im Niedersächsischen Landtag macht nur Sinn, wenn man sie mit der Methode betreibt, in der wir sie in den letzten Jahren betrieben haben: uns hier auseinanderzusetzen, hier Gemeinsamkeiten, Lösungen und Übereinstimmungen zu finden und mit diesen Lösungen und Beschlüssen – was immer es auch ist – die nächsthöheren Ebenen unter Druck zu setzen, damit sie dieser Linie folgen.
Der Niedersächsische Landtag und die Niedersächsische Landesregierung waren bei diesem Vorgehen erfolgreich. Das ist ein Erfolg von uns allen. Ich will ihn nicht der Landesregierung allein ans Revers heften. Ich sage ausdrücklich: Das ist ein gemeinsamer Erfolg; das ist ein Erfolg auch und gerade dieses Landtages.
Unser Erfolg lässt sich nicht nur im Konvent, sondern auch an der Politik hier vor Ort ablesen, die für Europa geworben hat; dadurch, dass wir Europa sichtbarer und durchsichtiger für unsere Unternehmen machten. Ich erinnere an das Beratungsnetzwerk. Ich erinnere daran, dass wir Informationen über Europa – zuletzt über die Erweiterung der Europäischen Union –, so breit es mit unseren Kräften ging, in die niedersächsische Bevölkerung und die Unternehmen gestreut haben. Ich erinnere an die Gemeinsamkeit, trotz knapper Kassen in
Brüssel eine Landesvertretung aufzubauen, sie quasi personell zu verdoppeln, damit wir vor Ort genügend Kraft haben, die Interessen Niedersachsens durchzusetzen. Ich erinnere an die Qualifizierungsoffensive, und ich erinnere daran, dass wir gemeinsam ein Jahr lang die Europaministerkonferenz begleitet haben und dieses Jahr der Europaministerkonferenzen eines der erfolgreichsten war, die wir hatten.
Angesichts dieser vielen Gemeinsamkeiten - Herr Präsident, gestatten Sie mir diese vorletzte Bemerkung - werden Sie leicht verstehen, dass ich wenig Verständnis dafür habe, dass Sie, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, diese erfolgreiche Arbeit und Organisation, falls Sie die Regierung im Lande stellen sollten, verändern wollen, indem Sie die Europapolitik nicht mehr als Querschnittsaufgabe organisieren, obwohl wir uns einig waren, dass das die richtige Organisationsform ist, sondern sie an das Umweltministerium anhängen wollen. Wer immer nach dem 2. Februar in diesem Land regiert, sollte sich die erfolgreiche gemeinsame Arbeit dieses Hauses und der Regierung anschauen. Er sollte sich die erfolgreiche Arbeit der anderen deutschen Länder anschauen, die genau dieselbe Organisationsform wie wir haben, oft von uns abgeguckt. Er sollte sich überlegen, ob das, was er vor der Wahl sagte, denn tatsächlich richtig war, und sich korrigieren.
Abschließend möchte ich mich insbesondere bei denjenigen, die aus der Europapolitik ausscheiden, weil sie erklärt haben, nicht wieder für den Niedersächsischen Landtag zu kandidieren, herzlich bedanken. Ich bedanke mich bei dem Vorsitzenden des Ausschusses, Herrn Mientus. Ich bedanke mich bei Frau Grundmann. Ich bedanke mich bei Herrn von der Heide und Herrn Nolting. Ich hoffe, wir werden in diesem Ausschuss den nötigen Nachschub bekommen, der mit demselben Eifer und derselben Einstimmung die Arbeit weiter verfolgen wird. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Den ländlichen Raum in Niedersachsen - oder gar in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt mit den Begriffen schwach, arm, ausgeblutet, nicht leistungsstark gleichzusetzen und im Gegensatz dazu die Städte in Niedersachsen mit den Begriffen reich und stark gleichzusetzen, widerspricht diametral der Realität in unserem Land.
Herr Biestmann, das ist ein bewusst missbrauchtes Klischee, das der Wirklichkeit und der Vielfalt in Niedersachsen überhaupt nicht gerecht wird. Ich weise das entschieden zurück.
Nicht nur die Geschichte unseres Landes - da kennen Sie sich hoffentlich aus -, sondern allein schon seine Größe macht deutlich, dass es nicht homogen strukturiert sein kann.
Es ist inhomogen. Unsere Vielfalt, die bei Ihnen zwischen den Zeilen ein wenig beklagt wird, ist unsere Stärke. Auf diese Vielfalt im Lande Niedersachsen sind wir stolz. Das möchte ich Ihnen sagen.
Deswegen sind wir zunächst Heidjer, Ostfriesen, Schaumburger, Harzer und was es alles gibt.
- Weserbergländer! Ich bitte, mir zu verzeihen, wenn ich nicht alle aufführe. - Das wird doch immer ganz deutlich, wenn wir uns gegen Hannover wenden. Dann rotten sich immer alle zusammen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dabei bin ich bei einem wichtigen Thema Ihres Antrages, das sowohl in den Worten als auch zwischen den Zei
len immer wieder mitschwingt. Ich bin bei der EXPO. Ich möchte nur kurz etwas dazu sagen, um das noch einmal klarzustellen:
Erstens. Von der EXPO hat das ganze Land profitiert.
Von den 8 Milliarden, die investiert wurden, sind 2 Milliarden ins Land geflossen. Das ist doch ein erheblicher Betrag.
Zweitens. Verabredet war, dass anschließend die Finanzmittel des Landes verstärkt außerhalb der Region Hannover eingesetzt werden. Wissen Sie was? - Das setzen wir längst um! Wir brauchen dabei überhaupt keine Nachhilfe.
Die von Ihnen immer wieder vorgetragene Klage, der ländliche Raum werde benachteiligt, ist schlicht falsch, Herr Biestmann.
Weil sie falsch ist, sollten Sie diese Klage unterlassen. Nehmen Sie einfach zur Kenntnis, dass das Gegeneinander von Städten und Fläche eine irrsinnige und unsinnige Politik ist, die Sie hier betreiben. Nehmen Sie zur Kenntnis: Es hilft keinem, die Zentren zu schwächen. Wir brauchen starke Zentren, und wir brauchen eine starke Fläche. Das ist die Politik dieser Landesregierung. Das ist die Politik unserer Fraktion.
Ich muss Ihnen dafür keine Beispiele nennen. Ich könnte mit der Messe anfangen und mit vielen anderen aufhören.
Unbestreitbar ist doch, dass sich die Lebensbedingungen in der Fläche und in den Städten in den vergangenen Jahrzehnten - ich sage bewusst „Jahrzehnten“, weil wir hier nicht immer alleine regiert haben - systematisch und weitgehend angenähert haben. Es ist nicht wahr, was Sie in Ihrem Antrag behaupten, es ist falsch. Es gibt eine deutliche Annäherung. Sie sollten Ihren Blick nicht politisch verengt auf kleine Münze richten, Sie sollten Ihren Blick auf die Wirklichkeit richten. Diese sieht anders aus, als Sie es in Ihrem Antrag beschrieben
haben. Denn es gibt keine Entleerung der Fläche. Es gibt keine Konzentration der Bevölkerung, der Wirtschaftskraft und der Arbeitskräfte in den Oberzentren. Das sagen Ihnen doch unsere Statistiken.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU-Fraktion, es ist doch nicht so schwer, eine Statistik aufzuschlagen und sie zu lesen. Bitte unterziehen Sie sich dieser Mühe. Dann kommen Sie zu besseren und klaren Erkenntnissen.
Im Gegenteil, es hat eine klare Verlagerung in eindeutig ländlich strukturierte Räume
und eine Bewegung aus den größeren Städten in kleinere Gemeinden im Umland gegeben. Das ist die Wirklichkeit. Das ist nachweisbar.
Ich sage Ihnen noch eines: Das sind positive Entwicklungen. Diese positiven Entwicklungen sind keine Selbstläufer. Sie fallen nicht vom Himmel, sondern sie sind von uns politisch gewollt, und sie sind von uns politisch gefördert.
Herr Schurreit hat anhand vieler Beispiele sehr deutlich das unterstrichen, was ich eben noch einmal allgemein formuliert habe. Ich will noch ein Faktum hinzufügen, weil es deutlich macht, wie die Politik dieser Landesregierung und der Fraktion an diesem Punkt geortet ist und welche Erfolge wir haben.
Die aktuelle Auswertung der Fördermitteldateien - die haben Sie auch - ergibt für die Jahre 1998 bis 2001 bewilligte Fördermittel in Höhe von 7,1 Milliarden Euro für Wirtschaftsförderung, Verkehr, Agrarstruktur, Gesundheit, Städtebau und Kultur. Davon gehen 5,5 Milliarden - das sind vier Fünftel; ich erinnere an das, was Sie eben zur Aufteilung von Bevölkerung und Fläche gesagt haben; das ist also deckungsgleich - in die Fläche und 1,5 Milliarden, ein Fünftel, in die acht niedersächsischen Oberzentren. Nun erklären Sie mir bitte, Herr Biestmann, wie Sie Ihre Vorwürfe noch aufrechterhalten wollen.
- Hören Sie doch bitte zu. Vielleicht können Sie etwas lernen. Ich habe den Eindruck, Sie müssen
das. - Ihre Aussage, der ländliche Raum sei ein Stiefkind der Politik, ist damit nachweisbar falsch.
Bei der Pro-Kopf-Verteilung der Fördermittel - auch das will ich Ihnen noch sagen; vielleicht merken Sie es dann - werden eindeutig ländliche Räume bevorzugt. Ich nenne Ihnen einmal ein paar: Lüchow-Dannenberg 453 Euro pro Kopf und Jahr, Wesermarsch 292 Euro pro Kopf und Jahr, Cloppenburg 284 Euro pro Kopf und Jahr, Cuxhaven und Osterode je 250 Euro pro Kopf und Jahr. Schlusslichter sind dagegen die Zentren und die kreisfreien Städte. Damit ist das nun endgültig klar, Herr Biestmann, was ich eben gesagt habe. Überprüfen Sie bitte, was Sie vorhin gesagt haben.
Ich sage Ihnen noch eines: Die Bindung der Fördermittel an die Fläche, nicht die Bevorzugung, sondern die gerechte Verteilung der Fördermittel auf Fläche und Oberzentren ist konzeptionell gewollt und in unseren Förderprogrammen ganz gezielt angelegt. Das ist und bleibt der Beitrag der Niedersächsischen Landesregierung für die Fläche.
Sie reden nicht von diesem Land. Sie reden nicht von Niedersachsen. Sie reden von einem anderen Land, das mir fremd ist. Ich habe die herzliche Bitte: Kehren Sie in die Wirklichkeit zurück. Das ist wichtig.
Herr Schurreit hat Ihren Antrag, glaube ich, als Warenhauskatalog bezeichnet. Ich schließe mich dieser Beurteilung an.
Ihr Antrag verkennt völlig, dass Strukturpolitik eine Querschnittspolitik für die Fläche ist, dass es eben keine Aneinanderreihung von Wünschbarem und Denkbarem ist; vielmehr ist Strukturpolitik eine Kunst. Die Kunst einer erfolgreichen Strukturpolitik besteht in der Vernetzung, in dem Zusammenspiel der verschiedenen strukturwirksamen Instrumente und Elemente, die wir in unseren Förderprogrammen angelegt haben. Das sind Wirtschaft, Arbeitsmarkt, Tourismus, Umwelt und Landwirtschaft bis hin zur Kultur. Das dürfen Sie nicht aufzählen, sondern Sie müssen es verknüpfen, damit es wirksam wird.
Die Landesregierung mag für die Fläche tun, was sie will, von mir aus auch mehr als heute. Ohne die Menschen, ohne die Eigenverantwortung derjenigen, die da wohnen, ohne die Eigeninitiative derjenigen, die da leben, ist das alles nichts. Daher müssen wir diese Menschen einbinden. Wir müssen ihr Engagement stärken und auf diese Art und Weise zu einer Mobilisierung und Bündelung der Kräfte vor Ort kommen.
Seit Beginn der 90er-Jahre haben wir diesen Weg konsequent verfolgt. Wir haben den Aufbau regionaler Netzwerke konsequent gefördert. Wir haben Kooperationen angeregt und gefördert, und zwar mit Erfolg. Unser Land ist zum Land der regionalen Zusammenarbeit, der regionalen Kooperation geworden.
Lassen Sie mich abschließend noch Folgendes sagen: Wir begrüßen den Antrag der SPD-Fraktion außerordentlich, weil er ein klares zukunftsfähiges Konzept beinhaltet. Wir sind dafür und werden, da er unserer bisherigen Politik entspricht, auf diesem Weg weiter machen. Unsere Politik ist durch die Fakten bestätigt worden. Ihre Vorschläge sind nicht bestätigt worden. Deshalb bleiben wir bei unseren. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat - Herr Abgeordneter Möhrmann hat das angesprochen - ist der gestrige Tag ein guter Tag für die Bundesrepublik Deutschland gewesen.
- Ich habe ja Verständnis dafür, dass die rechte Seite dieses Hauses das nicht so gerne hört. Aber anständige Verlierer sollten Sie wenigstens sein.
Das war im Übrigen nicht nur ein guter Tag für Deutschland, sondern auch ein guter Tag für Niedersachsen.
Die Koalitionsvereinbarung der rot-grünen Bundesregierung ist die Basis für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die, wie wir alle wissen, das zentrale Problem in unserem Lande ist. Herzstück - das ist der erste Punkt, den ich erwähnen will - ist die Arbeit der Hartz-Kommission und deren Umsetzung. Im Kern geht es darum, die 1,5 Millionen
freien Arbeitsplätze - so versichert die deutsche Wirtschaft - mit Arbeit Suchenden zu besetzen. Das soll und muss gelingen. Ich bin ziemlich sicher, dass das gelingen wird.
Niedersachsen will und wird bei dieser Operation in der vordersten Front mitkämpfen. Wir haben uns zur Aufgabe gemacht, Modellregion in der Bundesrepublik Deutschland für die Umsetzung der Vorschläge der Hartz-Kommission zu werden.
- Herr Möllring, in Spruchblasen sind Sie mir überlegen. Aber an Ihrer Stelle würde ich nun in der Tat keine Zwischenrufe mehr machen. Sie haben so viel zu Hause zu tun, dass Sie hier den Mund halten sollten.
Die Arbeit der Hartz-Kommission in Bezug auf den Bereich der Jugendarbeitslosigkeit ist von Herrn Möhrmann angesprochen worden. Was uns freut, ist, dass die positive Arbeit der Niedersächsischen Landesregierung und der sie tragenden Fraktion bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit mit JUMP Plus fortgesetzt werden kann. Wir sind das Land mit den größten Erfolgen, auch wenn das der Herr Oppositionsführer nicht so gerne wahrnehmen will. Wir haben die Jugendarbeitslosigkeit herabgedrückt und schaffen das selbst gesetzte Ziel bis zum Ende dieses Jahres.
Was ich nicht verstehe, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU, ist, dass Sie auf der einen Seite behaupten, dass wir bzw. die HartzKommission alle Ihre Vorschläge abgeschrieben hätten, aber auf der anderen Seite gleichzeitig die Vorschläge der Hartz-Kommission ablehnen. Das passt meiner Meinung nach nicht zusammen und ist für mich der Hinweis darauf, dass Ihr Vorsitzender im Grunde nicht trittsicher ist, dass Sie keinen inneren Kompass haben, Herr Wulff, der Ihnen sagt, wohin die Reise in diesem Land zu gehen hat. Sie wissen nicht und wollen nicht wissen und sagen das auch nicht - jedenfalls nicht konsequent -, welche Linie Sie verfolgen.
Wir haben heute Morgen ein wunderschönes Beispiel erlebt. Da haben Sie Ihre Leute, nämlich Herrn Busemann, hier im Sturm stehen lassen.
Herr Busemann ist hier mit seinem Beitrag förmlich abgesoffen.
Warten Sie morgen die Berichte derjenigen ab, die dieses Geschehen unabhängig verfolgen. Herr Busemann ist abgesoffen. Sie, Herr Wulff, haben keinen Finger gerührt, um ihm zu helfen, und Sie, Herr Möllring, auch nicht - außer in Zwischenrufen, für die Sie gut sind. Sie haben ihn im Regen stehen lassen. Juristisch sind Sie mir sicherlich überlegen.
Trotzdem werden Sie mir zugeben, dass das juristisch nichts anderes als unterlassene Hilfeleistung ist.
Politisch würde ich das unter den Tatbestand der Untreue einordnen.
- Herr McAllister, an Ihrer Stelle würde ich keine Zwischenrufe machen. Sonst unterhalten wir beide uns mal über Ihre Kneipengespräche. Einverstanden?
Nächster Punkt: 16 Jahre lang saß der Norden Deutschlands am Katzentisch, solange die CDURegierung in Bonn tätig war. Wir wurden benachteiligt. Bei Bundesautobahnen, bei Ortsumgehungen, bei der Bundesbahn, bei Bundeswehrstandorten, bei der Auftragsvergabe ging alles in den Süden. Es ging nicht nur in den Süden, sondern es ging mit Ihrer tatkräftigen Mithilfe in den Süden. Sie haben das nicht nur zugelassen, sondern Sie haben mit dafür gesorgt, dass unser teuer erarbeitetes Geld in Niedersachsen als Schwarzgeld in Bayern landete.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das mag ja aus politischen Gründen noch gehen. Aber dass Sie sich, nachdem Sie das Geld da heruntergebracht haben, gleichzeitig hier hinstellen, Herr Wulff, und beklagen, dass hier kein Geld vorhanden ist, um etwas zu tun, ist nun nicht mehr korrekt. Das lassen wir uns von Ihnen auch nicht mehr gefallen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Frau Präsidentin, ich werde das sofort tun. - Wir haben seit 1998 und jetzt mit der neuen Koalitionsvereinbarung in der ersten Reihe Platz genommen. Ich sage Ihnen ganz offen: Jetzt sind wir dran.
Abschließend möchte ich Ihnen gerne noch den Punkt 3 nennen. Die Veränderung in der Steuergesetzgebung hilft dem Land Niedersachsen und hilft den niedersächsischen Kommunen. Das Land wird zwischen 2003 und 2006 2 Milliarden Euro Mehreinnahmen haben. Die Kommunen werden ebenfalls zusammen mit der Umstellung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe 2 Milliarden Euro Mehreinnahmen haben.
Sie, Herr Wulff, müssen nun in Wilhelmshaven, in Osnabrück, in Göttingen, in Braunschweig, im ganzen Lande, in allen Kommunen erklären, warum Sie dagegen sind, dass der finanzielle Spielraum unserer Gemeinden durch die Koalitionsvereinbarung verbessert wird. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Golibrzuch, die Lockrufe vernehmen wir schon seit einiger Zeit. Wir nehmen sie amüsiert und natürlich auch interessiert zur Kenntnis, aber zu dem von Ihnen gewünschten Ergebnis wird es im Lande Niedersachsen aller Voraussicht nach nicht kommen. Die Sozialdemokraten verteidigen ihre absolute Mehrheit.
Ich sage Ihnen jetzt, was wir dann machen werden: Natürlich sehen auch wir hinsichtlich der Koalitionsvereinbarung Nachbesserungsbedarf. Das ist völlig klar.
Von diesem Nachbesserungsbedarf haben wir ja auch schon laut gesprochen. Ich will das für diejenigen, die nicht zuhören oder die nicht lesen wollen oder können, noch einmal benennen. Selbstverständlich wird es eine Veränderung hinsichtlich der Eigenheimzulage geben. Das wird nicht 1 : 1 so beschlossen werden, wie das jetzt geplant ist.
Wir werden dafür sorgen, dass Familien mit Kindern auf geeignete Art und Weise ihre - -
Herr Möllring, eigentlich habe ich mir vorgenommen, auf Ihre Zwischenrufe nicht zu antworten. Aber da Sie jetzt einen fachlichen Zwischenruf gemacht haben, will ich diesen auch fachlich beantworten.
Stichwort Baukindergeld. Damit Sie befriedigt sind und auch etwas dazulernen, lassen Sie mich bitte weitermachen.
Wir werden bei der Eigenheimzulage selbstverständlich dafür sorgen, dass Familien mit Kindern nicht in die Situation geraten, in die sie jetzt geraten können.
Außerdem werden wir in der weiteren Ausgestaltung, insbesondere was die Energiebesteuerung betrifft, darauf achten, dass die einzelnen Betriebe in ihrer Leistungsfähigkeit und bei der Sicherung von Arbeitsplätzen nicht behindert werden.
Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, machen wir aber nicht allein, sondern das machen wir mit der niedersächsischen Wirtschaft. Die Niedersächsische Landesregierung hat mit der Wirtschaft einen Arbeitskreis gegründet. Dieser Arbeitskreis wird die Umsetzung - -
- Ich finde es interessant, wie Sie mit den Interessen der niedersächsischen Wirtschaft hier in diesem Landtag umgehen.
Da wollen Frauen und Männer, die in der Tat Sorge um ihren Geschäftsbetrieb haben, zusammen mit der Landesregierung dafür sorgen, dass bei der Ausgestaltung der Koalitionsvereinbarung vernünftige Gesetze geschaffen werden, und Sie machen sich darüber lustig!
Ich und - davon gehe ich aus - auch die Vertreter der Wirtschaft nehmen das mit Interesse zur Kenntnis.
Lassen Sie mit bitte noch Folgendes sagen.
- Dann lassen Sie es bleiben! Ich sage es trotzdem. - Wer im Wahlkampf mit dem Vorwurf der Lüge operiert
- nein, ich will jetzt gar nicht die Nummer „Was habt ihr alles gemacht?“ bringen; da könnte ich eine Latte aufzählen -, der sollte ganz vorsichtig damit umgehen. Nicht nur das Bild vom Glashaus, das eben angesprochen wurde, gilt, sondern es gilt selbstverständlich auch, dass mit solchen Vorwürfen Politik insgesamt diskreditiert wird. Ich sage Ihnen nochmals das, was ich Ihnen zu Anfang gesagt habe: Sie sind schlechte Verlierer, und weil Sie schlechte Verlierer sind, greifen Sie in einer komplizierten Situation zu Knüppel und Axt, wo eigentlich das geschliffene Wort angebracht wäre.
Ein letzter Punkt. Ich habe mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass sich der Oppositionsführer wieder einmal hier zu Wort gemeldet hat. Ich stelle fest: Er hat die Prügel, die er in den letzten Sitzungen vom Ministerpräsidenten bekommen hat, mindestens teilweise verarbeitet. Heute Morgen hatte ich den Eindruck, er saß hier noch kreidebleich, war immer noch im Schockzustand und hat seine Leute absaufen lassen.
Ich stelle fest: Nun ist er wieder munter geworden. - Herr Wulff, herzlich willkommen im Niedersächsischen Landtag!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Konvent zur Reform der Europäischen Union steht auf der politischen Tagesordnung in ganz Europa. Von daher ist es wichtig und gut, dass dieses Thema auch hier im Niedersächsischen Landtag auf der Tagesordnung steht. Ich sage ganz herzlich Dankeschön dafür, weil wir uns natürlich der Thematik stellen müssen.
In dem Antrag, den die CDU-Fraktion vorgelegt hat, steht viel Vernünftiges. Ich will das gar nicht im Einzelnen beurteilen. An ein paar Punkten habe ich den einen oder anderen taktischen oder politischen Zweifel. Darauf gehe ich noch ein. Aber die Passagen, die den Eindruck erwecken - in dem Antrag wird das nur gegenüber der Bundesregierung erweckt -, dass die Bundesregierung ihre Aufgabe, die Europäische Union im Verbund mit den deutschen Ländern voranzutreiben, nicht gerecht wird, sind schlicht falsch, meine Damen und Herren. Ich möchte Ihnen das auch nachweisen.
Herr Wenzel hat darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung - Außenminister Fischer, Kanzler Schröder - auf der Regierungskonferenz in Nizza überhaupt dafür gesorgt hat, dass das für uns zentrale Thema „Wer verantwortet eigentlich was?“ - also die Kompetenzfrage in der Europäischen Union - auf die Tagesordnung für den Konvent und die zukünftigen Beratungen gesetzt wurde. Das war ein Erfolg der deutschen Delegation. Die anderen Delegationen hatten daran beileibe nicht das Interesse, das wir artikuliert haben. Die Bundesregierung hat das auf die Tagesordnung gesetzt, weil die deutschen Länder mit Nachdruck dafür gesorgt haben, dass das so passiert.
In dem weiteren Verlauf hat es immer eine hautnahe Abstimmung zwischen den deutschen Län
dern, unabhängig von ihrer parteipolitischen Führung, der Zusammensetzung ihrer Parlamente und der Regierungen, mit der Bundesregierung gegeben. Wir haben uns in Gruppen getroffen, in denen alle vertreten waren. Wir haben in den Debatten zur Vorbereitung des Konventes immer Einmütigkeit erzielt. Das heißt, das, was in Brüssel abläuft, hat den Segen von Bayern bis hoch nach Schleswig-Holstein und Berlin. Wir treten dort gemeinsam auf, weil wir wissen, dass es keinen Sinn macht, in Europa die deutsche Stimme zu erheben, wenn sie dissonant ist, wenn es mehrere unterschiedliche deutsche Positionen gibt. Dieser Zwang zur einheitlichen Stimme hat dafür gesorgt, dass es keinen Dissens gibt. Ich halte es auch nicht für notwendig - wenn ich das sagen darf -, dass wir diesen Dissens hier im Niedersächsischen Landtag ohne Grund und ohne dass es nutzt hochspielen.
Ich bedanke mich ausdrücklich bei der CDUFraktion - ich tue es nun doch -, dass sie die Arbeit der Landesregierung gelobt und gewürdigt hat, jedenfalls in dem schriftlichen Text ihres Antrages. In Ihrer Rede haben Sie das ein bisschen zurückgenommen. Darüber müssen wir noch einmal reden. Im Text Ihres Antrages steht - auf den beziehe ich mich -, dass die Landesregierung weiter dafür sorgen soll. Das heißt doch nichts anderes, meine sehr verehrten Damen und Herren, als dass die Landesregierung in Europa einen guten Job macht und dass sie diesen guten Job so weiter machen soll wie bisher.
Meine Damen und Herren, es gibt eine Reihe von Beschlüssen des Bundesrates - die sind hier alle schon angeführt worden; deshalb muss ich das nicht im Einzelnen wiederholen -, die die Richtigkeit dessen dokumentieren, was ich hier gesagt habe.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, was wollen die deutschen Länder im Verein mit der Bundesregierung? - Zunächst einmal kommt es darauf an, dass wir unsere Positionen klar und deutlich formulieren. Wir haben vier Kernforderungen, die unsere eigene Arbeit betreffen. Wir wollen, dass die Regionen und damit auch die deutschen Länder als dritte Ebene innerhalb der Europäischen Union anerkannt werden. Wir wollen aber auch, dass in dem zu beschließenden EUVertrag - Grundgesetz, Verfassungsvertrag, egal wie wir es dann nennen - anerkannt wird, dass die Achtung der nationalen Identität - wie es immer so
schön heißt - bestimmte Dinge einschließt. Das ist die Akzeptanz des innerstaatlichen Aufbaus der Nationalstaaten. Es kann doch gar nicht anders sein, dass wir in diesem Europa der Vielfältigkeit akzeptieren, dass jeder seinen innerstaatlichen Aufbau so organisiert, wie er es für richtig hält.
Wir wollen, dass die innerstaatliche Kompetenzverteilung akzeptiert wird, also das, was wir zwischen Bund, Ländern und Kommunen in der Bundesrepublik festgelegt haben, von mir aus auch in einer neuen Debatte ändern wollen. Aber das ist unsere eigene Aufgabe. Wir wollen gar nicht, dass Europa da hineinregiert und hineinredet; sondern wir wollen, dass Europa akzeptiert, dass wir das Recht haben, uns so organisieren zu dürfen, wie wir das wollen.
Damit ist natürlich auch klargestellt und von mir auch expressis verbis im EU-Konvent so zu Protokoll gegeben, dass die kommunale Selbstverwaltung und die rechtliche Stellung der Kirchen dabei eingeschlossen sind.
Natürlich müssen auch die Zuständigkeiten der Europäischen Union präzisiert werden. Das ist völlig klar. Die Instrumente müssen vereinfacht werden. Die Vielfältigkeit, der - ich sage auch offen - Missbrauch von Instrumenten führt ja zu dem Unbehagen, das viele Bürgerinnen und Bürger gegenüber der Europäischen Union haben. Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit sind die Prinzipien, nach denen die deutschen Länder dieses gestalten wollen.
Ein dritter Punkt wurde von Ihnen schon angesprochen, ich will ihn aber unterstreichen. Herr Wenzel hatte nach meiner Erinnerung gesagt: Es nützt nicht nur, Recht zu haben, man muss es auch kriegen. Völliges Einverständnis mit dieser Formulierung! Unsere zentrale Forderung heißt Klagerecht für die Regionen und - ich habe dies im Konvent erweitert - für die Kommunen – natürlich nicht für jede einzelne Kommune; man muss darüber reden, wie man das dann gestaltet.
Der vierte Punkt betrifft den Ausschuss der Regionen. Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen. Er soll Klagerecht und Fragerecht gegenüber der Kommission haben. Das wurde hier noch nicht erwähnt. Wir müssen ihn in seiner Rolle als Interessenvertreter von Kommunen und Regionen stärken.
Das sind die vier Kernanliegen, mit denen die deutschen Länder einmütig mit der Bundesregie
rung in den Konvent gegangen sind, die sie dort einmütig vertreten. Es ist völlig egal, ob einer der Vertreter Teufel (CDU) oder Senff (SPD) oder Glotz oder Meier oder Altmeier oder wie auch immer heißt. Wir ziehen im Konvent - das darf ich Ihnen versichern - an einem Strick in eine Richtung. Es gibt keinen Zweifel, dass die deutsche Delegation dort versucht, die Punkte, die ich eben genannt habe, durchzusetzen.
Wir werden in wichtigen Punkten Erfolg haben. Das darf man wohl auch schon vorhersagen. Darüber, wie das im Einzelnen gestaltet wird, mag man ja noch streiten. Aber es wird ein Klagerecht geben - ein ganz, ganz wichtiger Punkt. Wir werden auch zu einer Kompetenzabgrenzung kommen. Ob die jeden unserer Wünsche erfüllt, weiß ich heute noch nicht. Aber ich meine, die Debatte im Konvent zeigt, dass die Probleme, die wir mit der Europäischen Union haben, auch andere Nationen mit der Europäischen Union haben. Deshalb sind Mehrheiten durchaus denkbar.
Ich will hinzufügen, weil das in diese Debatte hineingehört: Das ist keine Kernforderung für länderspezifische Interessen. Aber selbstverständlich sind das auch Kernforderungen, die wir Länder haben; denn wir gucken ja über unseren Tellerrand hinaus.
Unser Anliegen ist selbstverständlich auch, dass die europäische Integration gefestigt und ihre Dynamik weiterentwickelt werden muss. Wir wollen keinen Stillstand. Wir wollen, dass Europa weiter nach vorne schreitet, insbesondere angesichts der Erweiterung, die vor uns steht. Dieses Europa ist mit 25 oder 27 Mitglieder in den heutigen Verfahrensstrukturen fast nicht mehr zu organisieren. Deshalb: Wer Europa will, muss eine Reorganisation der rechtlichen und der Organisationsstrukturen anstreben und durchsetzen.
Das sind wir auch unseren Bürgerinnen und Bürgern schuldig. Die können doch diesen Wust von Verfahren, rechtlichen Schritten, Institutionen, von denen man nicht weiß, was sie tun und sagen dürfen, nicht mehr durchschauen. Man darf sich dann auch nicht wundern, wenn die Frau und der Mann auf der Straße dieses Europa wegen Undurchschaubarkeit nicht mehr mit der heißen Liebe versehen, wie das vielleicht vor 20 Jahren noch üblich war.
Noch ein Punkt, der über unsere Anliegen hinausgeht. Selbstverständlich müssen die Entscheidungsverfahren in Europa eine demokratischere Legitimation bekommen. Zum Teil haben sie die gar nicht. Aber auf jeden Fall ist sie zu verbessern. Das heißt für mich nichts anderes - ich rede jetzt mal als Parlamentarier -, dass wir das Europäische Parlament stärken müssen. Dieses Parlament hat noch nicht die Rechte, die einem Parlament gehören. Sie wissen, worüber wir reden: Budgetrecht und alles, was dazugehört. Bei einem Blick auf die demokratischen Strukturen in Europa kommen wir zu dem Ergebnis, dass sie verändert, verbessert, nach vorne entwickelt werden müssen. Dazu gehört das Parlament.
Wir müssen auch die Exekutive stärken; auch gar keine Frage. Aber sie kann ihre Stärkung nur dadurch erhalten, dass das Parlament sie legitimiert, und nicht Regierungschefs, Nationalstaaten oder wer sonst immer das tut.
Lassen Sie mich noch ein paar Punkte für die weiteren Beratungen ansprechen. Herr Präsident, ich bin dann auch am Ende. Das sind im Einzelnen folgende.
Hier wird ein Kompetenzsenat vorgeschlagen. Ich möchte nur darauf hinweisen: Wir sollten uns an dem Punkt nicht großartig streiten. Er ist nicht so wichtig. Wichtig ist, dass wir das Klagerecht beim EuGH haben. Dazu, wie der EuGH das dann organisiert, würde ich fast sagen: Überlasst das denen, die wissen das vielleicht sogar besser als wir. Das ist aber keine zentrale Frage.
Weiterer Punkt. Wir müssen uns darüber klar werden: Wenn wir - was ich nicht will - die kommunale Selbstverwaltung in die Verträge hineinschreiben, dann birgt das eine Gefahr. Sobald etwas im Europäischen Vertrag steht, benutzt - bislang jedenfalls - die Kommission allein das Vorhandensein im Vertrag, um daraus Rechte abzuleiten. Mir wäre es viel lieber, wenn wir so vorgehen, wie ich das vorhin beschrieben habe. Es sollte das erklärte Recht der Nationalstaaten sein, ihre Organisation selbst zu bestimmen. Dann haben wir das im eigenen Lande und im eigenen Laden zu klären. Ich bin deshalb gar nicht dafür, das in die Verträge zu schreiben. Aber darüber kann man sicherlich reden.
Ich will in diesem Zusammenhang einen dritten Punkt ansprechen. Es wurde schon erwähnt. Die Bundesregierung und die Landesregierung sind
nicht unser Ansprechpartner. Ich als Vertreter im Konvent bin nicht als Mitglied der Landesregierung Ihr Ansprechpartner, sondern als Wolfgang Senff, der vom Bundesrat - weisungsungebunden in den Konvent geschickt wurde. Das heißt, es gibt da keine Weisungsbefugnisse. Wir befinden uns hier nicht auf dem Juso-Bundeskongress, wo wir imperative Mandate haben. Herr Teufel sieht das im Übrigen, wenn ich Ihnen das sagen darf, so wie ich.
Der vierte und letzte Punkt: Dem politischen Kompetenzausschuss hängen Sie zu Recht ein paar Fragezeichen an, Herr Biestmann. Das tue ich auch. Für mich ist das eine unwichtige Einrichtung. Aber ich bin trotzdem aus einem taktischen Grund dafür. Deshalb überlegen Sie sich das bitte noch einmal. Wir müssen im Konvent Mehrheiten bekommen. Es gibt dort eine Menge Parlamentarier vom Europäischen Parlament, aus nationalstaatlichen Parlamenten. Denen ist das ein Herzensanliegen. Bislang haben wir es geschafft, unser Klagerecht in dem zuständigen Ausschuss nur deshalb durchzusetzen, weil wir diese Parlamentarier auf unsere Seite gezogen und gesagt haben, sie bekämen den Kompetenzausschuss. Das ist also mehr eine taktische Frage. Ob das etwas hergibt oder nicht, lasse ich mal dahingestellt. Ich muss Sie nur in einem Punkt korrigieren. Dieser Ausschuss tagt nicht hinterher, sondern vorher. Ein bisschen mehr, als Sie angenommen haben, kann er dann leisten.
Ich will abschließend anbieten, so gut es geht und so weit Sie wollen, mit dazu beizutragen, dass in Ihrem Ausschuss das Klima, was die Beurteilung des Konvents und die gemeinsame weitere Arbeit angeht, innerhalb der dort vertretenen Fraktionen so gut ist, wie das bislang auf Bundes- und europäischer Ebene auch der Fall ist. Dort kennen wir in diesem Punkt keine parteipolitischen Unterschiede. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs vom 4. Juni dieses Jahres haben sich Pressenberichten zufolge - Herr Abgeordneter Wendhausen hat eben davon gesprochen - deutsche Politiker sehr unterschiedlich zum VW-Gesetz geäußert. Die Landesregierung ist deshalb sehr dankbar dafür, dass wir heute Gelegenheit haben, unsere Position unmissverständlich, ziemlich schnell und klar deutlich machen zu können.
Der Europäische Gerichtshof hat zu zwei verschiedenen aktiengesellschaftsrechtlichen Sonderregelungen geurteilt. Im Zuge der Privatisierung ehemaliger Staatsbetriebe in Belgien und Frankreich haben sich auf der einen Seite beide Staaten durch so genannte „golden shares“ einen beherrschenden Einfluss auf einige ihrer Unternehmen gesichert.
In Portugal - das ist die zweite Rubrik - ist der Verkauf von Anteilen an bestimmten Unternehmen insbesondere an Ausländer ab einer bestimmten Höhe durch den Staat genehmigungspflichtig.
Zu diesen beiden Regelungen hat der EuGH gesagt, dass dies Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs in Europa seien und diese Beschränkungen gegen die Freiheit des Binnenmarktes verstießen. Das VW-Gesetz hingegen, das heute hier im Mittelpunkt der Debatte steht, behindert an keiner Stelle - ich betone: an keiner Stelle - den freien Kapitalverkehr. Jeder kann so viele Anteile kaufen, wie er will, ohne jegliche Kaufbeschränkung wenn er sie bezahlen kann; das ist allerdings eine Voraussetzung, die man erfüllen muss.
Hier in Niedersachsen stellt sich also mit dem VWGesetz eine völlig andere Fallgestaltung, eine völlig andere Fragestellung als die Urteilslage des EuGH. Nach Auffassung der Landesregierung stellt die Stimmrechtsbeschränkung bei VW auf 20 % des stimmberechtigten Grundkapitals kein vergleichbares Problem dar.
In diesem Sinne wird die Landesregierung auch weiterhin ihren Einfluss gegenüber der Bundesregierung - mit der wir uns in Übereinstimmung befinden - und der Europäischen Kommission - mit der wir uns offenkundig nicht in Übereinstimmung befinden, obwohl wir mit dem zuständigen Kommissar Bolkestein intensiv gesprochen und verhandelt haben - geltend machen. Wir wollen das VWGesetz erhalten.
- Ich freue mich über den unbeschränkten Beifall der SPD-Fraktion und den Beifall von Teilen der CDU-Fraktion.
Denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, mit großer Sorge erfüllt uns die Diskussion, die Zeitungsberichten zufolge offenkundig in der CDU zur Zukunft des VW-Gesetzes herrscht. Noch in der Aussprache am 13. Juni letzten Jahres - das ist also ein Jahr her - haben wir in diesem Haus, insbesondere durch den Beitrag des Fraktionsvorsitzenden der CDU, Herrn Wulff -, große Übereinstimmung feststellen können. Er selbst hat darauf hingewiesen, dass das VW-Gesetz 1960 von einer
CDU-Bundesregierung in Kraft gesetzt wurde. Er hat seinerzeit deutlich gemacht, dass diese Übereinstimmung gelten solle und gilt.
Angesichts der heutigen Presselandschaft, angesichts der Meldungen zu dem Verhalten einzelner hochrangiger CDU-Abgeordneter und des Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU im Deutschen Bundestag stellt sich uns die Frage, wie weit das Wort von Herrn Wulff in diesem Landtag bundesweit Gültigkeit hat.
Tatsächlich haben der CDU-Abgeordnete Lehne - er wurde bereits erwähnt - und Herr Merz - Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion die Kommission quasi dazu aufgerufen, gegen das VW-Gesetz vorzugehen, indem sie das EuGHUrteil begrüßt haben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies zeigt, dass die genannten Personen bereit sind, nicht nur die Interessen Niedersachsens, sondern auch die Interessen der Bundesrepublik Deutschlands für was auch immer zu opfern. Mir ist die Strategie dieser beiden Herren - ich weiß nicht, wie viele hinter ihnen stehen nicht klar.
Unsere nachdrückliche Forderung an Sie, Herr Wulff, heißt: Bringen Sie Klarheit in Ihren Laden! Wir lassen Ihnen nicht durchgehen, hier ja und dort nein zu sagen.
Herr Merz ist ja Ihr Spielkamerad in Stoibers Sandkasten.
Meine Bitte an Sie ist: Nehmen Sie ihm die Förmchen weg!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies in sachlicher Form vorausgeschickt, lassen Sie mich die Fragen, die die SPD-Landtagsfraktion gestellt hat, wie folgt beantworten:
Erstens. Die Landesregierung ist der Auffassung, dass es keinen Anlass gibt, rechtlich gegen das VW-Gesetz vorzugehen. Wie bereits erwähnt, werden durch die Bestimmungen des Gesetzes keine Binnenmarktfreiheiten berührt.
Zweitens. Die Landesregierung unternimmt alles in ihrer Kraft Stehende, um die VW-Standorte in Niedersachsen zu sichern und auszubauen.
Die große Zahl von Arbeitsplätzen unmittelbar bei VW und in den vielen hunderten und tausenden von Zulieferbetrieben sind für das Land, für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie für die Wirtschaft in unserem Land Niedersachsen unverzichtbar. Umso bedauerlicher ist es, wenn diese bisher von anderen getragenen Initiativen nun auch von führenden CDU-Abgeordneten in Frage gestellt werden.
Dies schadet der Sicherheit der Arbeitsplätze, dies schadet dem Konzern, dies schadet dem Land Niedersachsen.
Drittens. Die Niedersächsische Landesregierung erwartet von der Bundesregierung ebenso wie von allen Repräsentanten Deutschlands im Europäischen Parlament, dass sie unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit die Interessen dieses Landes und damit die Interessen der Menschen in diesem Lande vertreten. Dazu gehört, dass das erfreulicherweise bis in jüngste Zeit von allen Parteien getragene VW-Gesetz bestehen bleibt. VW ist der größte Arbeitgeber in Niedersachsen - einer der Großen in Deutschland, einer der Großen in Europa und einer der Großen auf dem Weltmarkt.
Es ist deswegen gut, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn das Land Niedersachsen als bedeutender Aktionär weiterhin ein stabilisierender Faktor in der Eigentümerstruktur bleibt und diesen Faktor weiter darstellt.
Es ist nicht in unserem Interesse und, ich glaube, auch nicht im Interesse des Konzerns und auch der vielen Kleinanleger, dass dieser stabilisierende Faktor geopfert wird. Das wäre die Folge, wenn die Kommission auf Politiker wie Herrn Merz und Herrn Lehne hörte und die Lunte an das VWGesetz legte. Diesen beiden Herren - ich hoffe, es konzentriert sich auf sie - müssen wir das Handwerk legen. Denn sie vertreten nicht die Interessen des Landes Niedersachsen. Sie vertreten möglicherweise andere Interessen. Nach außen hin ma
chen sie jedenfalls das Geschäft der internationalen Finanzinvestoren aus der Londoner City.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir halten unseren Anteil am VW-Konzern, um Arbeit und Einkommen in diesem Land für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Konzern zu sichern. Die Situation für uns ist durch die Einlassungen dieser beiden Herren nicht leichter geworden, weil wir uns nun auf europäischer Ebene immer wieder vorhalten lassen müssen, dass es auch in der Bundesrepublik Politiker gibt, die das Vorgehen der Kommission unterstützen.
Ich bitte Sie ganz herzlich und ganz eindringlich: Lassen Sie uns die vor einem Jahr vorhandene Gemeinsamkeit - von der ich glaubte und glaube und hoffe, dass sie weiter gilt - hier wieder herstellen, und sorgen Sie - jeder auf seine Weise dafür, dass diejenigen, die - aus welchem Grund auch immer - anderer Meinung sind, zu unserer Position, zu unserer Meinung überzeugt werden, damit wir dem Lande Niedersachsen gemeinsam dienen und helfen können! - Schönen Dank.
Erstens. Ich betone noch einmal: Niedersachsen hat keine golden shares, Niedersachsen hat keine Vorzugsaktien, in Niedersachsen gibt es eine Stimmrechtsbegrenzung auf 20 %. Die Bundesjustizministerin hat diese Höchstbeschränkung auf 20 %, die nicht auf Einzelaktien begrenzt ist, nach meiner Kenntnis – ich will es gerne noch einmal überprüfen, Herr Wulff – mit ihrem Beitrag nicht gemeint.
- Das ist eine Behauptung, von der ich gesagt habe, dass ich sie überprüfen werde.
Zweitens. Es gibt einen Beleg - ich versuche, ihn heraussuchen zu lassen - aus dem Tagesspiegel über Herrn Merz, der seine Position deutlich macht.
Drittens. Herr Lehne hat - das darf ich zitieren Folgendes gesagt:
„Die logische Folgerung ist nunmehr, dass auch Stimmrechtsbegrenzung und Höchststimmrechte abgeschafft werden. Die Satzung des Wallenbergoder auch des Volkswagenkonzerns sind jetzt nicht mehr haltbar.“
Das ist falsch.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Vorbemerkung. Wir unterstützen die Kommission, die für einheitliche Spielregeln am Binnenmarkt kämpft. Damit es klar ist: Wir sind für einheitliche Spielregeln am Binnenmarkt; nicht nur Niedersachsen, auch die Bundesrepublik Deutschland. Das ist ein Kernstück des freien Wettbewerbs und damit auch ein Kernstück unseres Wohlstands. Ich betone das, damit es daran keinen Zweifel gibt.
Wir dürfen allerdings, wenn wir die Frage des Herrn Abgeordneten Rabe beantworten wollen, nicht nur Europa sehen. Wir müssen über unseren europäischen und auch über unseren niedersächsischen Tellerrand hinausschauen. Wir befinden uns nicht nur in Konkurrenz mit europäischen Unternehmen, wir befinden uns im Wesentlichen auch international in Konkurrenz mit amerikanischen und asiatischen Unternehmen. Dort gibt es Bestrebungen, in die Europäische Union massiv auf dem Kapitalmarkt einzusteigen und einzubrechen. Die Regierungen Europas sind nach meiner festen Überzeugung aufgerufen, darauf zu achten, dass sie nicht in eine Zuschauerrolle kommen, sondern
weiterhin industriepolitisch handlungsfähig bleiben.
Insofern, Herr Abgeordneter Rabe, gibt es einen Zusammenhang zwischen dem VW-Gesetz, zwischen dem EuGH-Urteil und Ihrer Frage. Wir befinden uns dabei im Übrigen in Übereinstimmung mit der Bundesregierung, die ihre industriepolitische Handlungsfähigkeit, die industriepolitische Handlungsfähigkeit Europas insgesamt, erhalten sehen will.
Diejenigen, die meinen, hier lachen zu dürfen, verkennen,
- aber es ist in Ordnung, ich nehme Herrn Adam mit dazu - dass es hier in der Tat einen wichtigen Zusammenhang gibt. Wir reden auf der einen Seite über Wettbewerbsfähigkeit und soziale Verantwortung und auf der anderen Seite darüber, ob Anleger Anteile des VW-Unternehmens, das sowohl Wettbewerb als auch soziale Verantwortung sichert, wegen dieser Sicherung, wegen dieser besonderen Unternehmenspolitik kaufen wollen. In diesem Zusammenhang sind die 1 500 Arbeitsplätze - 5 000 mal 5 000 - ein Zeichen von sozialer Verantwortung und ein Zeichen dafür, dass man soziale Verantwortung und Wettbewerbsfähigkeit durchaus in Übereinstimmung bringen kann, und ein Zeichen dafür - das belegt der aktuelle VWKurs -, dass auch die Interessen der Anleger berücksichtigt werden können und werden. Von daher gibt es durchaus einen Dreiklang - VW steht dafür -, die Interessen der Anleger zu sichern, die ein Interesse an einem guten Kurs haben, soziale Verantwortung zu sichern und Wettbewerbsfähigkeit auf internationalen Märkten zu sichern.
Herr Präsident! Erstens. Herr Abgeordneter Golibrzuch, Sie haben auf mich immer den Eindruck eines Abgeordneten gemacht,
- das hat etwas mit der Antwort zu tun, beruhigen Sie sich -, der alles sehr intensiv und sehr gründlich macht, also immer gut vorbereitet hierher kommt. Diesmal ist ihm leider ein Fehler unterlaufen. Herr Liesen hat seine Äußerung zurückgezogen, weil er falsch zitiert wurde. Es tut mir Leid.
Zweitens. Sie haben den Zusammenhang mit dem hohen Börsenwert und der Meinung von Herrn Pischetsrieder hergestellt: Hohe Börsenwerte sind Spekulationsgeschichten. Das wissen Sie so gut wie ich. Der Börsenwert selbst sagt nur bedingt etwas über den Wert eines Unternehmens aus. Von daher gibt es auch nur einen bedingten Zusammenhang, der hier hergestellt wurde. Wenn Sie einen dauerhaft hohen Börsenwert haben, der nicht spekulationsbedingt ist, dann stellt natürlich ein hoher - möglicherweise ein sehr hoher - Preis einen gewissen Schutz gegen die Übernahme dar. Es ist richtig, der Kurs von VW liegt heute bei 55 Euro. Das ist ein ordentlicher Kurs. Das ist ein Marktwert des Unternehmens von 40 Milliarden DM oder 20 Milliarden Euro. Das Unternehmen hat erreicht, dass es diese Strategie zumindest schrittweise zum Erfolg gebracht hat.
Golden shares und vergleichbare Einrichtungen und Rechtsregelungen gibt es europaweit in unterschiedlicher Form. Einmal sind es die golden shares. Es gibt Regelungen mit Mehrfachstimmrech
ten, es gibt Schachtelkonstruktionen, Sondervollmachten, eine Fülle von Konstruktionen, die alle das eine Ziel haben, einen letztendlich beherrschenden Einfluss des Staates auf bestimmte Unternehmen zu sichern. Bei VW gibt es so etwas nicht. Ich sage das noch einmal in aller Deutlichkeit. Es gibt so etwas weder rechtlich über golden shares oder ähnliche Konstruktionen noch inhaltlich.
Ich weiß nicht, ob der Ausdruck „politisch relevante Kräfte“ zutrifft. Aber die Frage, welche Kräfte in Europa - das können auch starke Kräfte sein - das betreiben, kann ich Ihnen gerne beantworten. Das ist zuvörderst die Europäische Kommission. Allerdings - jetzt kommt die Verbindung zu den anderen Fragen, die wir schon behandelt haben - gibt es eine ganze Reihe von wichtigen Staaten in Europa, die aus unterschiedlichen Interessen eine andere Meinung vertreten als die Kommission; z B. die drei beklagten Staaten, aber auch andere. Ich habe nicht den Eindruck, dass die Kommission ihren Richtlinienentwurf mehrheitlich durch den Rat wird bringen können. Wir - Niedersachsen und die Bundesrepublik Deutschland bzw. die Bundesregierung - wollen jedenfalls das Unsrige dafür leisten, dass wir im Rat, der letztendlich bestimmt, eine Mehrheit gegen den Kommissionsentwurf erhalten. Sollte uns das nicht gelingen - auch daran muss man denken -, geht es zunächst
in ein Vertragsverletzungsverfahren und anschließend in ein Klageverfahren.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung legt Ihnen heute den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Landes-Raumordnungsprogramm vor. Damit erfüllt sie den Gesetzesauftrag dieses Hauses, das Landes-Raumordnungsprogramm bei Bedarf zu ändern bzw. zu ergänzen. Ein solcher dringlicher Bedarf zeigte sich nun an drei Punkten: erstens bei der Rohstoffversorgung der Wirtschaft aus heimischen Vorkommen, zweitens bei der Sicherung der Versorgung der Bevölkerung im Hinblick auf die Entwicklungen im großflächigen Einzelhandel und den damit verbundenen Auswirkungen insbesondere auf die Entwicklung der Innenstädte als zentrale Marktplätze und drittens bei der räumlichen Entwicklung der Tier haltenden Landwirtschaft. Hierzu hatte der Landtag bereits in seiner Entschließung vom 11. November 1999 die Landesregierung aufgefordert, Möglichkeiten der planerischen Steuerung zu schaffen, um die Kommunen bei der Lösung von Nutzungskonflikten zwischen Landwirtschaft, Wohnen und Tourismus zu unterstützen.
Das Landes-Raumordnungsprogramm ist in seiner Gesamtkonzeption Basis einer tragfähigen Landesentwicklung. Es setzt den Rahmen für eine ausgeglichene und innovationsfördernde Entwicklung in allen Teilen unseres Landes. Von daher muss es aktuell gehalten werden, es muss problemgerecht weiterentwickelt werden und auf die Zukunftsgestaltung unseres Landes ausgerichtet sein.
Anlass für die Änderung und Ergänzung waren daher nicht nur akute Nutzungskonflikte. Anstoß für eine Überprüfung und Weiterentwicklung der Zielvorstellungen zur niedersächsischen Landesentwicklung gab auch die Dynamik der europäischen Entwicklung. Aus dieser Dynamik resultieren Anforderungen an eine stärkere Koordinierung und Bündelung der Kräfte für eine wettbewerbsfähige Landes- und Regionalentwicklung. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Herausforderungen, die sich durch die EU-Erweiterung ergeben werden. Wir haben in diesem Haus über diese Herausforderungen mehrfach geredet.
Der Gesetzentwurf enthält Vorschläge für neue mitwirkungsoffene und konsensorientierte Kooperationen und Abstimmungsformen, für eine effiziente Verknüpfung von Raumordnung, Bauleitplanung und Städtebau mit der regionalen Strukturpolitik und regionalen Entwicklungskonzepten.
Lassen Sie mich zwei Beispiele nennen:
Erstens. Salzgitter und Wolfsburg werden als Oberzentren festgelegt,
und ein oberzentraler Verbund zwischen Braunschweig, Salzgitter und Wolfsburg kann entwickelt werden. Die drei Zentren und die gesamte Region können sich damit bei überörtlichen Entwicklungsvorhaben und gemeinsamen Entwicklungszielen - die müssen geschaffen werden - selbständig eigene Entwicklungsvorteile verschaffen.
Zweitens. Festlegungen zum großflächigen Einzelhandel. Hier werden zur Schaffung von Planungsund Investitionssicherheit die Beurteilungsmerkmale von Einzelhandelsgroßprojekten präzisiert. Für Factory-Outlet-Center, also FOC-Vorhaben, und vergleichbare Projekte gilt, dass sie wegen der weit reichenden Auswirkungen nur in Oberzentren an städtebaulich integrierten Standorten möglich sein werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, effektives, nachvollziehbares und adressatengerechtes Planen ist Teil einer konsequenten Landesentwicklung. Es muss von daher nicht wundern, dass die Planungsabsichten und der Überprüfungs- und Fortschreibungsbedarf seitens der Landesregierung ursprünglich weiter gesteckt waren, als der jetzt eingebrachte Gesetzentwurf und der Verordnungsentwurf gehen. Beide vorliegenden Entwürfe
- Gesetz und Verordnung - beinhalten derzeit nur Teile, über die im Beratungsprozess weitgehend Konsens erzielt werden konnte. Das war angesichts der Vielzahl und der Widersprüchlichkeit der Interessen und Entwicklungsvorstellungen wahrlich kein leichter, aber letztendlich notwendiger Weg.
Ein weiteres Ziel der Landesregierung ist es, zu einer gemeinsamen, von Bürgerinnen und Bürgern sowie Kommunen getragenen Landesentwicklung zu kommen. Im Rahmen des Beteiligungsverfahrens und der Konsensfindung wurde eine Vielzahl von Gesprächen mit Betroffenen der Politik, mit Verbänden und Experten geführt. In vielen Einzelfällen, vor allem zum Rohstoffabbau, konnten tragfähige Lösungen erarbeitet werden.
- Ich habe gerade ein Beispiel genannt: Rohstoffabbau. Sie müssen zuhören, sehr verehrter Herr Abgeordneter Sehrt, lieber Wolfgang.
Hieran wird deutlich, dass das Landes-Raumordnungsprogramm kein von oben aufgesetztes Regelwerk ist. Vielmehr ist es ein aus einem breit angelegten und fairen Interessenstreit entstandener Konsens in wesentlichen Fragen der Entwicklung und der Verteilung. Dieses Ergebnis soll durch die heutige Beratung und Beschlussfassung im Landtag für alle Beteiligten Verbindlichkeit und Verlässlichkeit bekommen.
Der Prozess, den wir hinter uns haben, hat mehr als deutlich gemacht, wie dringlich die Auseinandersetzung mit Entwicklungsfragen und Zukunftsgestaltung in unserem Lande ist und dass dieser Diskussionsprozess weitergehen muss. Es reicht nicht aus, nur Negativentwicklungen zu beklagen, nachdem sie eingetreten sind. Das ist nachsorgende Politik. Zielgerichtetes, auf die zukünftigen Bedürfnisse und Notwendigkeiten ausgerichtetes Handeln ist notwendig. Erfolge von heute sind das Ergebnis einer gestaltenden Planung und Schwerpunktsetzung in der Vergangenheit. Entsprechend vorausschauend muss die Zukunftsgestaltung durch Raumordnung und Landesentwicklung begriffen werden.
Ich bitte Sie alle in diesem Haus herzlich, die Landesregierung auf diesem Weg zu unterstützen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung bedankt sich ganz herzlich bei der CDU-Fraktion dafür, dass sie diese Anfrage eingebracht hat, gibt sie uns doch Gelegenheit, über unsere europapolitischen Initiativen sachkundig und unpolemisch zu informieren. Das haben wir mit der schriftlichen Beantwortung der Großen Anfrage getan. Ich darf darauf hinweisen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir uns dabei der Mühe unterzogen haben, die Antworten selbstständig zu erarbeiten,
im Gegensatz zu Ihnen, die Sie diese Große Anfrage wortwörtlich aus einer Bundestagsdrucksache abgeschrieben haben.
Da hat die CDU-Bundestagsfraktion diese Anfrage gestellt. In anderen Ländern Deutschlands ist dieselbe Anfrage textgleich von den entsprechenden Landtagsfraktionen der CDU ebenfalls gestellt worden.
Wenn das der Beleg für Ihr europapolitisches Engagement ist, dann habe ich die herzliche Bitte, dass Sie sich in Zukunft zusätzlich zu dem, was andere für Sie erarbeiten, auch auf niedersächsische Themen der Europapolitik konzentrieren.
Denn die interessieren hier, und die interessieren die Bevölkerung.
Herr Biestmann, Sie haben in Ihrer Rede genau das nicht getan. Sie haben sich nicht mit Niedersachsen und nicht mit Niedersachsen und Europapolitik auseinander gesetzt. Das ist der Beleg dafür, dass dieses Abschreiben lediglich ein Abschreiben und nicht ein Durchdenken in der Sache war.
Das wollte ich gerne vorweg sagen.
Damit Sie hinterher nicht behaupten können, dass Sie keine Antwort auf das bekommen haben, was Sie hier noch verbal vorgetragen haben - auf den schriftlichen Teil beziehe ich mich -, werde ich zu ein paar Punkten Stellung nehmen, zu denen Sie hier, wie ich fand, ein bisschen zwischen den Zeilen und leicht auch fälschlicherweise den Eindruck zu vermitteln versuchten, wir hätten uns mit der Thematik schriftlich nicht ausreichend und nachdrücklich auseinander gesetzt.
Lassen Sie mich zunächst die Frage des Konventes angehen. Ich stimme Ihnen zu, dass das im Moment eine der beiden zentralen Fragen der europäischen Politik ist, nämlich: Wie wird sich der Konvent entwickeln, und wie gehen wir mit der Erweiterung der Europäischen Union um? - Sie haben den Konvent angesprochen. Ich stimme Ihnen dabei zu, dass dieser Konvent in seinem Ergebnis eine Konzentration Europas auf die Kernkompetenzen, also auf die wichtigsten Aufgaben, die Europa zu erledigen hat, erreichen muss. Das sind auch Ziel und Aufgabe des Konventes, den er mit dem Rat von Nizza und Laeken bekommen hat. Nach dem, was man nach der ersten inhaltlichen Sitzung - wie gesagt, das ist bislang erst eine erste inhaltliche Sitzung gewesen - sagen kann, sieht es so aus, als ob der Konvent auch tatsächlich diese Aufgabe a) angenommen hat und b) auch erfüllen will. Ich wage mal die Prognose: zu großen Teilen auch erfüllen wird.
Welches sind dabei die Hauptunterpunkte? Was ist unter „Konzentration auf Kernkompetenzen“ zu verstehen? - Es sind gemeinsame Regeln für den gemeinsamen Markt. Der gemeinsame Binnenmarkt ist eine große europäische Erfolgsgeschichte.
Das ist ein Teil der Basis unseres Wohlstandes in der Bundesrepublik Deutschland und in den anderen europäischen Ländern. Wir werden dort die gemeinsamen Regeln erhalten und dort, wo dies notwendig ist, ausbauen müssen, weil sie für Wohlstand, Sicherheit und soziale Solidarität notwendig sind.
Der zweite Punkt, den der Konvent regeln muss, wird eine Garantie für die gemeinsame europäische Währung werden. Dazu gehören dann Fragen, die
offen debattiert werden, also: Inwieweit wird es eine europäische Wirtschaftsregierung oder andere Instrumente geben? - Da ist der Konvent erst in der Anfangsphase. Es ist nicht absehbar, wohin sich unsere europäischen Partner entwickeln werden.
Ich darf an diesem Punkt auch einmal deutlich machen, dass Niedersachsen zwar in der Mitte von Europa liegt. Aber um uns herum gibt es selbstverständlich eine Reihe anderer deutscher Länder, aber auch europäischer Nationalstaaten, die ebenfalls mit debattieren, die auch mit entscheiden wollen. Deshalb ist es zwar wichtig, dass Niedersachsen seine eigene Position hat - wir haben sie Ihnen mitgeteilt -, aber es ist genauso wichtig, diese niedersächsische Position im Konzert der deutschen Länder durchzusetzen und die gemeinsame deutsche Position dann auch mit unseren Partnerländern in der Europäischen Union mehrheitsfähig zu machen. Das ist nicht immer ganz einfach.