Meine Damen und Herren, es gibt aber himmelweite Unterschiede bezüglich der Frage, wie viele Pensionierungen es in der niedersächsischen Landespolizei in den nächsten 13 Jahren geben wird. Das Innenministerium spricht auf Nachfrage stets von ca. 6 000. Landespolizeidirektor Wiedemann hat dem Innenausschuss mit Schreiben vom 28. November 2001 mitgeteilt, dass die Landesregierung beabsichtige, bis 2015 5 189 Anwärter einzustellen. Das würde bedeuten, dass die Landesregierung einen Abbau von weiteren 800 Stellen plant. Dieses halten wir für unverantwortlich.
Nach Angaben in der Denkschrift der Polizeidirektoren, über die wir im letzten Plenarsitzungsabschnitt gesprochen haben, sind es allerdings sage
und schreibe - ich bitte Sie, genau zuzuhören 9 442 Pensionierungen, die in den nächsten 13 Jahren auf die Landespolizei zukommen. Das hieße: Allein um jede freiwerdende Stelle wieder zu besetzen, Herr Innenminister, müssten Sie sofort damit beginnen, in jedem Jahr 800 Polizeianwärter einzustellen. Ich hoffe, Sie tun das auch, wenn Sie denn dem glauben, was die Experten Ihres Hauses herausgefunden haben.
Wenn das so ist, wie die Polizeidirektoren sagen, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, dann müssten Sie eigentlich unserem Antrag zustimmen. Tun Sie das nicht, dann geben Sie damit zu, dass Sie den unverantwortlichen Personalabbau bei der Polizei weiter fortsetzen werden. Sie tragen die Verantwortung dafür, dass die Polizei schon heute überfordert ist, dass der dienstliche Alltag nicht mehr in hinreichender und geregelter Weise gewährleistet ist. Dieses sagen wir Ihnen schon seit vielen Monaten und Jahren, und Sie sind immer darüber hinweggegangen.
In Wahrheit herrscht schon jetzt ein großer Mangel an Personal und Ausstattung. Unter Ihrer Verantwortung, meine Damen und Herren von der SPDFraktion, ist die niedersächsische Landespolizei zu einer reinen Mangelverwaltung verkommen.
Hatten wir 1990 bei Ihrer Regierungsübernahme noch eine Polizeidichte von 1 : 393, so sind wir heute bei einer Polizeidichte von 1 : 451 angekommen.
In dieser Hinsicht ist Niedersachsen das Schlusslicht unter allen deutschen Bundesländern. Das bestreitet nicht einmal Herr Bartling.
Wollten wir hinsichtlich der Polizeidichte nur im Mittelfeld unter allen Bundesländern landen, dann müssten Sie, Herr Minister, nach Ihren eigenen Berechnungen heute zusätzlich 2 000 Stellen einrichten und diese besetzen. Ihre Personalpolitik ist
Meine Damen und Herren, noch schlimmer ist jedoch, dass Sie die Öffentlichkeit über die wahren Zustände täuschen. Kommt die Wahrheit ans Licht, wie eben in der Denkschrift der Polizeidirektoren, die Sie selbst in Auftrag gegeben haben, dann wird das Papier einfach aus dem Verkehr gezogen, und es verschwindet als nicht existent im Papierkorb. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir können froh sein, dass wir in einem demokratischen Staatswesen leben, in dem nichts totgeschwiegen wird und in dem irgendwann wenigstens die Opposition Kenntnis von dem bekommt, was in Ihrem Ministerium, Herr Minister, erarbeitet wird.
(Heiterkeit bei der CDU - Plaue [SPD]: Das erleben Sie jeden Morgen, wenn Sie in den Spiegel schauen! - Weitere Zurufe von der SPD)
Aber im Interesse des Sicherheitsbedürfnisses unserer Bürgerinnen und Bürger und der Beamtinnen und Beamten werden wir Sie weiterhin mit Ihrer völlig verfehlten Politik und mit dieser grausamen Wirklichkeit konfrontieren. Davon können Sie ausgehen.
Meine Damen und Herren, auch wenn es Ihnen unrecht ist: Es hilft in dieser Situation kein Durchmogeln mehr, sondern hier helfen nur Taten. Selbst wenn Sie ab sofort jeden frei werdenden Dienstposten wieder besetzen würden, gäbe es unter dem Strich nicht einen einzigen Beamten mehr. Die Polizeidichte bliebe dann so katastrophal, wie Sie sich unter Ihrer Verantwortung in den letzten zwölf Jahren entwickelt hat.
Schon heute ist die Polizei in der Fläche nicht hinreichend präsent. Es gibt Polizeiinspektionen im Regierungsbezirk Weser-Ems und in der Region Elbe-Weser, wo die Polizeidichte - hören Sie genau zu - inzwischen auf sage und schreibe einen Beamten pro 800 Bürger gekommen ist, z. B. in Aurich, wo der Kollege Ontijd zu Hause ist.
Entgegen Ihren vollmundigen Ankündigungen, es kämen durch die Umsetzung der Polizeireform mehr Beamte auf die Straße, können wir heute feststellen: In allen Bereichen der niedersächsischen Landespolizei gibt es nicht mehr besetzte Stellen, sondern überall sind es deutlich weniger Stellen geworden. Hinzu kommt, dass die vorhandenen Stellen schon heute in erschreckendem Maße nicht besetzt sind. Die tatsächlichen Dienststärken sind noch nie so gering gewesen wie heute.
Sie erhöhen aber gleichzeitig ständig den Aufgabenkatalog. Sie haben angekündigt - ich erinnere daran, was der ehemalige Minister Glogowski hier immer gesagt hat -, dass Sie dafür sorgen wollten, dass es weniger Häuptlinge und mehr Indianer bei der Polizei gibt. Das hat er immer gesagt.
Die Wahrheit ist, dass es in der niedersächsischen Polizei noch nie so viele Häuptlinge und so wenige Indianer gegeben hat wie heute.
Sie wissen ebenfalls ganz genau, dass es immer schwieriger wird, qualifizierten Nachwuchs zu finden, weil Sie nur Abiturienten einstellen wollen. Aber gleichzeitig sind die Berufsperspektiven für Abiturienten angesichts eines großen Personalmangels und gleichzeitig durch das Leiden an einem großen Mangel an Bewerbern nicht besonders gut.
Ich sage Ihnen ganz deutlich: Das muss sich ändern. Insofern gibt es einen Punkt, an dem wir uns offensichtlich langsam aufeinander zu bewegen, weil Sie jetzt plötzlich das bestätigen, was wir immer gefordert haben. Wir halten es für richtig, dass wir ungeachtet der zweigeteilten Laufbahn auch Realschülerinnen und -schülern den Zugang zum Polizeiberuf ermöglichen.
Ich komme zum Schluss. Was sich in Niedersachsen personalpolitisch unter Ihrer Verantwortung ereignet hat, ist eine falsche und in jeder Hinsicht verhängnisvolle Politik.
Deshalb fordern wir völlig zu Recht von Ihnen: Stoppen Sie endlich den Personalabbau bei der Polizei!
Besetzen Sie wenigstens alle frei werdenden Stellen unverzüglich, und schaffen Sie die dringend notwendigen Kapazitäten, damit die Polizeianwärter bedarfsgerecht und qualitativ gut ausgebildet werden können. Es ist völlig unverständlich, warum in Ihrem Änderungsantrag nichts als Jubel über nicht vollzogene Taten steht. Aus diesem Grunde stimmen wir natürlich unserem Antrag zu und lehnen Ihren ab.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CDU-Fraktion hat durch den Kollegen Biallas zu ihrem Antrag vorgetragen, dass sie ihn eingebracht habe, weil sie in tiefer Sorge über die Frage sei, ob es in Niedersachsen genügend Polizeibeamte gebe und wie sich die personelle Situation der Polizei in Zukunft darstellen werde. Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, mit der vorliegenden Beschlussempfehlung des Innenausschusses sollte Ihre Sorge eigentlich ausgeräumt sein.
Es ist völlig unstrittig, dass mit der Einführung der zweigeteilten Laufbahn ein großer Schritt zur Attraktivitätssteigerung des Polizeiberufes getan worden ist. Bis zum Jahr 2005 werden alle - ich betone: alle - Beamtinnen und Beamten des mittleren Dienstes in den gehobenen Dienst überführt worden sein. Dies haben wir versprochen und werden es auch einhalten.
Das Durchschnittsalter bei der Polizei steigt. Dies wird dazu führen, dass nach 2015 ca. 35 % der Beamtinnen und Beamten zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr sein werden. Zwischen 2006 und 2025 - also ein Zeitraum von 20 Jahren - werden 12 000 Polizeibeamte pensioniert. Das ist richtig und auch nachvollziehbar. Dies bedeutet, dass nach
Ende des Programms zweigeteilte Laufbahn, ab 2006, Personal verstärkt eingesetzt werden muss, um eine Überalterung ab 2015 zu vermeiden.
Da ab 2005 keine Aufstiegsausbildung mehr angeboten wird und wir erhebliche Ausbildungskapazitäten frei bekommen, reichen die drei Fachhochschulstandorte - das ist ja auch ein Punkt des Antrages - aus, um auf die voraussehbare Zahl an frei werdenden Stellen zu reagieren. Immerhin stehen bis zu 800 Ausbildungsplätze in diesen Fachhochschulstandorten zur Verfügung.
Ein vierter Fachhochschulstandort benötigt erst einmal die gesamte Infrastruktur und ist mit erheblichen Folgekosten verbunden. Deshalb ist es nur sinnvoll, die vorhandenen Einrichtungen zu nutzen und gegebenenfalls auszubauen.