Protokoll der Sitzung vom 24.10.2002

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Busund Bahnverkehr nachhaltig verbessern, Verkehrsverbünde unterstützen, Kommunen stärken - dieses Ziel findet die volle Unterstützung der CDUFraktion. Wir waren uns nach den Ausschussberatungen als Fraktion einig, dass im Zuge der anstehenden Novellierung des NNVG, des Niedersächsischen Nahverkehrsgesetzes, geprüft werden muss und sollte, ob und wie den kommunalen Aufgabenträgern bestimmte Pauschalbeträge direkt übertragen werden können. Hierzu stehen wir als CDUFraktion nach wie vor. Deshalb ist die gewählte Formulierung, die ja gemeinsam von allen Fraktionen getragen war, nach meiner Auffassung auch nicht als Beerdigung einer durchaus berechtigten Forderung der kommunalen Aufgabenträger anzusehen, sondern schon ein klarer Prüfauftrag. Herr Wenzel, es wird nach meiner Einschätzung auch nach dem Februar nächsten Jahres keine politische Konstellation in Niedersachsen geben, die das verhindern wird.

Wie ist die Ausgangssituation? - Derzeit ist eine erweiterte pauschale Mittelzuweisung nicht zulässig. Es bedarf der angesprochenen Änderung des Niedersächsischen Nahverkehrsgesetzes. Zweifellos ist ja nichts so gut, als dass es nicht verbessert werden könnte. Dies gilt speziell auch für das NNVG. Die Umfrage der Landesverkehrsgesellschaft im November 2000 wie auch die Stellungnahmen im Rahmen der Anhörung im Ausschuss haben nach meiner Auffassung eine Reihe von Vorschlägen und Wünschen deutlich aufgezeigt, die auch nicht mit der Aufstellung des Nahver

kehrsprogramms des Landes „Niedersachsen ist am Zug“ abgedeckt sind. Deshalb bleibt unsere Forderung bestehen, bei der Gesetzesnovellierung die Erweiterung des Förderkatalogs wirklich konkret anzugehen.

Es bleibt sicherlich auch richtig, dass bestimmte Entwicklungen im ÖPNV-Bereich nicht quasi par ordre du mufti von oben nach unten umgesetzt und verordnet werden sollten, sondern mit berücksichtigt werden muss, dass die Entwicklung, die Ideen und der Wille zur Kooperation auch von der kommunalen Ebene selbst kommen müssen. Gleichzeitig darf aber auch - das muss betont werden - das Land keine Blockaden errichten, die eine sinnvolle Umsetzung von hervorragenden - beispielhaft sei hier die Konzeption des VEJ, der Verkehrsregion Ems-Jade, erwähnt - ÖPNV-Projekten unmöglich machen oder erschweren. Deshalb halte ich es für geboten, mit der Novellierung des Gesetzes einen Rahmen zu schaffen, der mittel- und langfristig eine überzeugende Basis ist, um ein zukunftsfähiges Mobilitätskonzept für Niedersachsen - insbesondere gilt das natürlich auch für die Fläche - zu entwickeln. Dies wird zwangsläufig zur Folge haben müssen, dass die eigenverantwortlichen Gestaltungsmöglichkeiten der ÖPNV-Aufgabenträger vor Ort neu gestaltet und auch erweitert werden müssen, übrigens unabhängig davon, ob nun ein Verkehrsverbund besteht oder nicht.

Es kann und darf bei einer Neuregelung keine einseitige Bevormundung und Bevorzugung bestimmter Räume und Regionen im Lande geben. Sicherlich ist denkbar, z. B. Pauschalbeträge für einen Teil des investiven Bereiches, der klar abgegrenzt und definiert werden müsste, direkt zu übertragen. Aber wie immer die Neuregelung auch vorgenommen wird, der eigentliche Prüfstein ist doch, ob es gelingt, den zweifellos existierenden Entwicklungsbedarf im ÖPNV-Bereich anzugehen. Dabei geht es zweifellos um mehr als um investive Fragen. Ich hoffe, dass im Zuge der gesetzlichen Novellierung – und auch schon vorher – ein Vergleich der Konzepte der Bundesländer in Sachen Finanzierung des ÖPNV stattfindet. Es gibt höchst unterschiedliche Lösungen. Auch vom politischen Ansatz her muss Maßstab der Erfolg sein, der mit dem jeweiligen Konzept erreicht werden kann.

Ich hoffe für Niedersachsen, dass eine Neuregelung mittel- und langfristig dem ÖPNV einen Schub bringt, Spielraum für die Umsetzung innovativer Konzepte eröffnet und auch ein stärkeres Maß an Flexibilität erreicht wird. Das ist zweifel

los ein hoher Anspruch. Das gebe ich zu. Wenn wir die Anregungen aus der Umfrage vom November 2000 ernst nehmen, wenn wir auch als Parlament die Empfehlungen, die im Rahmen der Anhörung zum Antrag im Ausschuss vorgetragen worden sind, angemessen würdigen, dann kann im Ergebnis auch dem Kernanliegen des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, nämlich den ÖPNV und auch die kommunalen Aufgabenträger zu stärken, Rechnung getragen werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Danke sehr. – Frau Ministerin Knorre, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin beruhigt, dass hier seitens der Fraktionen niemand in Frage gestellt hat, dass in Niedersachsen verkehrspolitisch sinnvolle baureife Projekte im ÖPNV und im SPNV gefördert werden und wir dies auch mit aller Konsequenz tun. „Niedersachsen ist am Zug“ ist das Motto für den SPNV. Auch im straßengebundenen ÖPNV, im Busbereich, fördern wir sinnvolle Projekte. Das ist unstreitig. Ich bin dankbar, dass das konstruktiv kommentiert wurde. Gerade im Busbereich gibt es einige Projekte. Ich denke z. B. an die Schnellbuslinien im Nordwesten, die wir als Piloten für solche Projekte angehen.

Lassen Sie mich nun noch anhand von vier Punkten aus der Sicht der Landesregierung sagen, wie wir in die zukünftigen Gespräche gehen werden.

Erstens. Aus der Sicht der Landesregierung ist eine Koordinierungsfunktion des Landes für den Bereich des ÖPNV unverzichtbar. Das ist offensichtlich, das liegt auf der Hand. Wir sollten nach einem konstruktiven Weg suchen, wie wir die notwendige Koordinierungsfunktion mit dem Interesse von Kommunen an eigenständigen Handlungsmöglichkeiten unter einen Hut bekommen.

Zweitens. Wir wollen keine bedingungslosen Pauschalzuweisungen an Kommunen.

Drittens. Wir wollen keine zwangsweise Errichtung von Verkehrsverbünden. Herr Wenzel – Sie

haben das gerade noch einmal hervorgehoben -, die kommunalen Spitzenverbände haben diesen Punkt abgelehnt, weil das niemand will.

Wir wollen bei der Novellierung des Landesnahverkehrsgesetzes im nächsten Jahr aber in der Tat diese Fragestellungen aufgreifen. Ich habe sehr viel Einigkeit unter den Fraktionen vernommen, auch was die Überlegungen der Landesregierung anbelangt, dies mit bestimmten Förderkatalogen zu verbinden, um eine Qualitätssicherung für Niedersachsen im Bereich des ÖPNV zu betreiben und eine gewisse Koordinierungsfunktion ausüben zu können. Ich bin sicher, wir werden eine gute Lösung finden.

Herr Wenzel, selbstverständlich beantworten wir auch Ihre Frage zum Thema der Mittelverwendung. Für solche voluminösen Anfragen, die sich auf einen Zeitraum von mehreren Jahren erstrecken,

(Wenzel [GRÜNE]: Zwei Jahre!)

müssen Sie uns aber auch die Zeit geben, das beantworten zu können. Was die Haushaltsreste betrifft, so sind Sie Haushaltsexperte genug, um zu wissen, woran das liegt. Wir haben einen klaren verkehrspolitischen Schwerpunkt bei den investiven Maßnahmen im Fahrzeugbereich. Im Augenblick ist es leider so, dass man aufgrund von Lieferproblemen in der Bahnindustrie gerade bei großen Investitionsprojekten die Abrechnungen noch nicht vorliegen, wie wir uns dies wünschen würden. Nichtsdestotrotz ist der investive Schwerpunkt auch im Fahrzeugbereich für Niedersachsen richtig. Wir werden das im Rahmen unseres großen SPNV-Programms „Niedersachsen ist am Zug“ weiterhin so umsetzen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Schwarzenholz, Sie haben eine Redezeit von bis zu zwei Minuten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Biel, angesichts des Themas war Ihr Redebeitrag wirklich unangemessen. Man kann Opposition – auch nicht in diesem Fall – einfach mit der Behauptung diffamieren, sie fordere immer nur das, was die Regierung nicht finanzieren kann. Das passt zu dem konkreten Punkt, über den wir uns

auseinandersetzen, in keiner Weise - abgesehen davon, dass man die Rolle von Regierung und Opposition nicht auf eine derart simple Weise vereinfachen sollte.

Hier geht es doch um einen relativ gemäßigten Antrag der Grünen, der nichts Weltbewegendes darstellt, sondern einfach die Frage aufwirft, ob es angesichts der Erfahrungen, die z. B. auch wir beiden im Großraum Braunschweig gemacht haben, nicht sinnvoller ist, die Aufgaben so zu sortieren, dass auch die Mittelverfügbarkeit bei den Verkehrsverbünden liegt.

Wenn man sich einmal die Erfahrungen mit der Harz-Strecke, die jetzt wieder von Braunschweig nach Lauterberg durchgängig befahrbar ist, vor Augen führt, dann stellt man fest, dass sich der regionale Einfluss durchaus bewährt hat. Also ist das doch nichts Absurdes.

Bei der Entscheidung, die Sie jetzt treffen wollen, handelt es sich doch um einen reinen Vertagungsbeschluss.

(Widerspruch von Schurreit [SPD])

Die beiden großen Fraktionen beschließen, das Thema zu vertagen und auf die lange Bank zu schieben. Sie bringen nicht den Mut auf, Steuerungsmöglichkeiten aus der Hand zu geben und regionale Einflüsse zu stärken. Darum geht es doch letztendlich.

(Erneut Widerspruch von Schurreit [SPD])

Warum haben Sie nicht die Kraft dazu? Das verstehe ich nicht. Letztendlich geht es darum, nach unten zu verlagern. Sie wollen das Ganze zentral in der Hand behalten.

(Schurreit [SPD]: Es geht um die Rahmenbedingungen!)

Die Ministerin hat doch klipp und klar gesagt: Wir wollen, dass das in unserer Hand bleibt. Das ist mutlos und entspricht nicht den positiven Erfahrungen, die wir dort, wo es Verkehrsverbünde gibt, oder beim Großraum Braunschweig gesammelt haben. Dort, wo die Möglichkeit bestand zu entscheiden, ist von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gemacht worden, was dem Nahverkehr genutzt hat. Das ist eine Erfahrung, die man nicht wegdiskutieren kann. Zentral ist nicht besser. Dezentral ist gut. Auch bei dezentralen Lösungen

bestehen für das Land Möglichkeiten, Einflussnahme zu organisieren.

(Zurufe von der SPD)

Der Kollege Biel hat hier nur ein Zitat des früheren Oberbürgermeisters Rommel zum Besten gegeben. Weiter nichts.

(Schwarzenholz [fraktionslos]: Das macht es auch nicht besser!)

Das ist aber auch nicht strafbar.

Meine Damen und Herren, Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Wir kommen damit zur Abstimmung.

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr in der Drucksache 3758 entfernt sich am Weitesten vom Ursprungsantrag. Über sie ist daher zunächst abzustimmen.

(Wenzel [GRÜNE]: Über unseren Än- derungsantrag!)

- Gleich wird es klar. Nur bei einer Ablehnung der Beschlussempfehlung wäre dann über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 3806 abzustimmen.

(Möhrmann [SPD]: So macht man das ganz elegant!)

Meine Damen und Herren, wer in diesem Sinne der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr in der Drucksache 3758 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Der Ausschussempfehlung ist gefolgt worden.

Meine Damen und Herren, damit ist gleichzeitig der Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, für Ihre terminlichen Planungen darf ich bekannt geben, dass sich die Fraktionen darauf verständigt haben, vor der Mittagspause noch den nächsten Tagesordnungspunkt zu behandeln. Die Mittagspause wird, wie geplant, bis 14.30 Uhr dauern. Bitte teilen Sie das den Kolleginnen und Kollegen mit, die jetzt nicht im Plenarsaal sind.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 24: Zweite Beratung: InterRegioexpress für den Nord-Westen Niedersachsens ausschreiben - Neue Bahnverbindung in die Niederlande; hier: Pilotprojekt für eine bessere Bahn Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – Drs. 14/2439 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr - Drs. 14/3759

Dieser Antrag wurde im Mai an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr überwiesen. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wer hat sich zu Wort gemeldet? Auf der Wortmeldung ist der Name „Pothmer“ durchgestrichen. Ein Name steht nicht darauf.

(Wenzel [GRÜNE] meldet sich)

- Herr Wenzel, bitte schön!