Es ist dann eben auch eine Prognose möglich, ob es sich um einen potenziellen Schwerstkriminellen handelt. In solchen Fällen muss der Richter die Möglichkeit haben, die Entnahme von Spurenmaterial anzuordnen.
Es ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb RotGrün und diese Landesregierung dieses höchst effiziente Mittel zur Strafverfolgung ablehnen. Im Falle der siebenjährigen Anna in Bayern hätte man damit dieses Sexualverbrechen verhindern können.
Für uns steht fest, dass die Abwägung eine andere werden muss. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen, aufgrund welcher Einflüsse diese Probleme auch immer vorhanden sind, muss verbessert werden, und der Schutz der Schwerkriminellen muss verringert werden. Wir erwarten auch, dass man sich dafür einsetzt, dass die Mindesthaftzeit bei lebenslanger Freiheitsstrafe auf über 15 Jahre heraufgesetzt wird. Und wir wollen, um diesen Punkt zu nennen, weil er mir besonders wichtig ist, bei Heranwachsenden zwischen 18 und 21 Jahren im Regelfall das Erwachsenenstrafrecht.
Ich möchte Ihnen auch noch einmal sagen, dass wir mit Ihrer Einlassung, Herr Pfeiffer, aus der letzten Plenarsitzung nicht einverstanden sind. Sie haben gesagt, Sie sähen hier keinen Handlungsbedarf, weil es allein in der Kompetenz der Jugendgerichte sei, in dieser Frage zu entscheiden. Wenn in Bayern und Baden-Württemberg in mehr als zwei Drittel der Fälle Erwachsenenstrafrecht angewandt wird und in Niedersachsen in höchstens einem Drittel der Fälle, dann zeigt sich hier ein Nord-Süd-Gefälle, das zumindest zu geringeren Spielräumen im Strafmaß führt.
Ich nenne den Fall desjenigen, der vor wenigen Wochen in Baden-Württemberg ein Mädchen in sein Auto gezerrt und mit dem Messer bedroht hat, worauf das Mädchen nur noch unter großen Anstrengungen fliehen konnte. Dieser Täter hat mit
20 Jahren ein Mädchen ermordet, dessen hinzukommende Schwester ermordet und deren Mutter ermordet. Dieser Jugendliche war zum Zeitpunkt der Tat 20 Jahre alt. Weil das Gericht in BadenWürttemberg Jugendstrafrecht zugrunde gelegt hat, war der Höchststrafrahmen zehn Jahre. Dieser Heranwachsende, dieser 20-jährige Täter, der mit 21 Jahren verurteilt wurde, hat die Höchststrafe von zehn Jahren - sie wurde voll ausgeschöpft - für dreifachen Mord erhalten und ist nach zehn Jahren haftentlassen worden und hat sogleich wieder ein Mädchen bedroht, sexuell belästigt, gefährdet und entführen wollen. Wenn dies die Öffentlichkeit wahrnimmt, darf es nach meiner Überzeugung überhaupt keine Diskussionen mehr darüber geben, dass das Strafmaß von zehn Jahren für einen 20-Jährigen bei dreifachem Mord ein zu geringes ist und hier Erwachsenenstrafrecht angewendet werden muss.
Das gebietet einfach der Schutz von Mädchen in unserer Gesellschaft vor Gewalt, vor Vergewaltigern und vor Sexualstraftätern, die diese Neigung, diesen Hang zu diesen Straftaten haben. Diesen Missstand bekommen wir nur dadurch in den Griff, dass wir in Deutschland einen Konsens dazu herbeiführen, dass in diesen Fällen 18-Jährige, die wahlberechtigt sind und für ihre Handlungen einzustehen haben, auch für ihre Straftaten einzustehen haben und insoweit das Erwachsenenstrafrecht angewandt wird und ein größerer Strafrahmen ausgeschöpft werden kann. Es ist für mich keine Frage, dass im Einzelfall Schuldminderungsgründe, Strafzumessungsgründe, Entwicklungsdefizite und Reifeverzögerung herangezogen werden können. Es soll ein gerechtes Urteil geben. Dieses Urteil fällen die Gerichte und nicht wir Politiker. Aber der Strafrahmen ist in einem solchen Falle zu gering. Wir brauchen einen größeren Konsens, dass es in diese Richtung geht.
Die Unterstützung der CDU-Fraktion für konsequenteres Vorgehen haben Sie, Herr Pfeiffer, seit vielen Jahren. Aber bitte bringen Sie in Ihre Fraktion, die Sie trägt, ein anderes Bewusstsein als diese ständige rot-grüne Abwehrhaltung gegen den verbesserten Schutz der Opfer, der Bevölkerung, der Menschen draußen im Lande gegenüber den Tätern, die bei Gefährdungspotenzial gegebenenfalls ein Leben lang weggeschlossen werden müssten, weil dem Schutz der Allgemeinheit ein größeres Gewicht zukommt als den Ansprüchen
Deswegen stellen wir diesen Antrag in dieser Sachlichkeit, weil wir glauben, dass der Landtag die Pflicht hat, in diesem Punkt Handlungen vorzunehmen und konkrete Entscheidungen zu treffen, und nicht jeden unserer Vorschläge ablehnen kann.
Ich glaube, dass Sie einen großen Fehler begangen haben, indem Sie das Potenzial der CDULandtagsfraktion in der Innen- und Rechtspolitik stets abgelehnt haben. Ob es damals die Rasterfahndung war, die Sie nach dem 11. September einführen mussten, ob es die Einsätze von verdeckten Ermittlern im Polizeirecht war - hier musste jeweils später zurückgerudert und eingestanden werden, dass man falsch positioniert war. Wir als CDU-Fraktion sind fest davon überzeugt, dass Sie sich in der Innen- und Rechtspolitik abermals falsch positionieren. Deswegen bitte ich Sie: Geben Sie Ihre Position auf, folgen Sie unseren Vorschlägen. Es liegt im Interesse vor allem des Schutzes junger Frauen vor Sexualstraftätern.
Frau Kollegin Bockmann, die Gespräche scheinen Sie heute Morgen doch etwas verwirrt zu haben. Wollen Sie wirklich zu Tagesordnungspunkt 38 sprechen? Dann hätten Sie vor einer Stunde kommen müssen.
Danke schön, Herr Präsident. Wir haben übrigens, falls es Sie interessiert, über die Tagesordnung des Rechtsausschusses gesprochen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sexualverbrechen und insbesondere solche an Kindern zählen zu den schrecklichsten Straftaten überhaupt. Es ist schwer, angesichts solcher Verbrechen die Fassung zu bewahren. Ich habe viel Verständnis für diejenigen, denen unter dem Eindruck dieser Taten die Emotionen durchgehen.
Diese Emotionen aber durch neue, undurchdachte Gesetze anzuheizen ist ein Politikstil wider die guten Sitten, und einen solchen Vorschlag hat die CDU-Fraktion hier ohne Frage auf den Tisch gelegt.
Es gehört offenbar zu Ihrer Strategie, Herr Kollege Wulff, hier mit einem Antrag Änderungen des Bundesrechts zu fordern, die der Bund bereits abgelehnt hat - aus verfassungsmäßigen Gründen bzw. die zum Teil schon längst verwirklicht worden sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bereits die Begründung des CDU/CSU-Gesetzentwurfs vom 19. Juli 2001, den unsere fleißige CDUFraktion hier aufwärmen will, basiert auf einer falschen Ausgangswahrnehmung. Dort heißt es: „In jüngster Zeit wurde eine Reihe von schweren Sexualstraftaten bekannt.“ - Es stimmt, jedes dieser Verbrechen ist furchtbar, und wir müssen alle rechtsstaatlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um solche Verbrechen künftig zu verhindern.
Es ist jedoch nicht richtig, dass die Zahl dieser schrecklichen Straftaten in den letzten Jahren angestiegen ist. Auf der Internetseite des Bundeskriminalamtes sind diese Zahlen veröffentlicht. Sie können Sie also gerne nachlesen. 1987 und 1988 wurden im ganzen Bundesgebiet acht bzw. neun Kinder pro Jahr zum Opfer eines Sexualmordes,
und im Jahr 2000 bzw. 2001 waren es in der Bundesrepublik einschließlich der neuen Bundesländer vier bzw. sechs Kinder pro Jahr.
(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Das sagen Sie mal den Eltern! - Stratmann [CDU]: Und das sind nicht genug zum Handeln?)
Natürlich ist jeder Fall einer zu viel, und gerade, Herr Kollege Wulff, für die betroffenen Eltern ist es das Schlimmste, was ihnen in ihrem Leben passieren konnte, ihr Kind auf eine so grausame und sinnlose Art zu verlieren.
Aber Sie können sich doch nicht ernsthaft hier hinstellen und behaupten, die SPD-Landesregierung, die SPD-Fraktion würden nichts tun, um etwas gegen solche Straftäter zu unternehmen! Das Gegenteil ist richtig. Während die CDU-geführte Bundesregierung bis 1998 die Hände in den Schoß gelegt hat, war es die rot-grüne Bundesregierung, die schon in ihrer ersten Amtszeit ein Gesetz zur Einführung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung auf den Weg gebracht hat. Mit diesem Gesetz, das am 28. August 2002 in Kraft getreten ist, können Erkenntnisse zur Gefährlichkeit der Täter, die während der Haftzeit entstanden sind, auch noch nachträglich zur Anordnung der Sicherungsverwahrung führen.
Angesichts dieser deutlich verbesserten Sicherheitslage können wir daher heute im Bereich der Sicherungsverwahrung allenfalls noch über Detailverbesserungen reden. Eine solche Detailverbesserung ist z. B., wenn Sie fordern, die vorbereitende Sicherungsverwahrung auch auf Heranwachsende oder auf Ersttäter anzuwenden. Darüber können wir doch auch ganz sachlich diskutieren, dafür brauchen wir aber Ihren Antrag nicht.
Bitte gestatten Sie mir, in der gebotenen Kürze auf die anderen Punkte Ihres Antrages einzugehen. Das ist z. B. Ihr Ruf nach einer längeren Mindestverbüßungsdauer bei Lebenslänglichen. Eine so genannte Entlassungsautomatik nach 15 Jahren gibt es gar nicht. Wir haben schließlich keine Spielzeugstrafen in der Bundesrepublik. Das Gericht kann nach dem Gesetz die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe nur dann zur Bewährung aussetzen, wenn erstens mindestens 15 Jahre verbüßt sind, zweitens nicht die besondere Schwere der Schuld entgegensteht und eine gute Sozialprognose besteht. „Lebenslang“ kann, das betont auch das Bundesverfassungsgericht, durchaus eine lebenslange Vollstreckung bedeuten.
Und nun zur konsequenten Nutzung der DNAAnalyse: Exhibitionisten in der DNA-AnalyseDatei zu erfassen, lässt sich nach dem Ergebnis der empirischen Forschung bejahen. Sowohl in- als auch ausländische Studien kommen zu dem Ergebnis, dass 2 bis 7 % aller rückfälligen Exhibitionisten massivere Sexualdelikte wie Vergewaltigung, sexueller Missbrauch von Kindern oder sexuelle Nötigung begehen. Der Schutz der Bevölkerung
vor Sexualstraftätern erfordert es daher, die Möglichkeit der DNA-Analyse auszuschöpfen und diese im Interesse einer zügigen Aufklärung und Verhinderung weiterer Straftaten in der Analysedatei zu erfassen. Deshalb unterstützt Niedersachsen auch die entsprechende Gesetzesinitiative des Bundesrates.
Sie sehen, die Landesregierung tut also bereits heute das, was mit dem Entschließungsantrag gefordert wird. Auch insoweit ist Ihr Antrag überflüssig.
- Das habe ich doch getan, Herr Kollege Stratmann. Nur, wenn das Gesetz schon auf den Weg gebracht ist, brauchen Sie nicht mit einem Antrag hinterher zu hinken.
Auch mit einer Ihrer weiteren Forderungen beweisen Sie, dass die CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag die rechtspolitische Entwicklung schlicht und einfach verschlafen hat. Sie fordern die Möglichkeit der Überwachung der Telekommunikation bei allen einschlägigen Sexualdelikten. Was Sie beim Abschreiben dieses alten Antrags offenbar übersehen haben, ist, dass seit dem 5. Oktober 2002 durch das Gesetz zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes, das auf eine niedersächsische Initiative zurückgeht, die Telekommunikationsüberwachung bei Sexualdelikten längst zulässig ist. Die von Ihnen behauptete Lücke ist damit geschlossen worden. Das ist ein trauriges Beispiel für die Unsachlichkeit Ihres Antrags.
(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Können Sie noch einmal sagen, welches Gesetz geändert worden ist? Das Strafvollzugsgesetz? - Möllring [CDU]: In welchem Gesetz ist das geändert worden?)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie fordern in Ihrem Antrag die weitere Heraufstufung der Mindeststrafe beim sexuellen Missbrauch von Kindern. Sie verschweigen dabei, dass der strafrechtliche Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch bereits durch eine Gesetzesänderung deutlich verbessert worden ist. Vor einer weiteren Verschärfung haben selbst Ihre Parteifreunde in Berlin aus gutem Grund abgesehen.
Tut mir Leid, ich habe zu wenig Zeit. - Der Bundestag hat noch unter der CDU-Regierungsverantwortung eine Anhörung zu diesem Thema durchgeführt. Alle Sachverständigen, sogar die von der CDU/CSU benannten Sachverständigen, haben von einer weiteren Hochstufung abgeraten. Was soll dann also Ihr Antrag?
Sehr geehrter Herr Kollege Wulff, mit welcher Rechtfertigung begründen Sie eigentlich Ihre unter Nr. 2 f des Antrags aufgestellte Forderung, Heranwachsende in der Regel nach allgemeinem Strafrecht zu ahnden? Wir haben gestern detailliert gehört, was z. B. der Deutsche Juristentag dazu sagt, nämlich das gerade umzudrehen, dass Heranwachsende auf Dauer nach Jugendstrafrecht zu bestrafen seien, auch weil die Anwendung härter ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU-Fraktion, erlauben Sie mir noch eine letzte Anmerkung. Wenn Sie Ihre eigenen rechtspolitischen Aktivitäten schon nahezu vollständig einstellen und sich darauf beschränken, Initiativen aus CDU-regierten Bundesländern oder von der CDUOpposition im Bund abzuschreiben, dann sollten Sie sich in Zukunft wenigstens hin und wieder die Mühe machen, einmal zu überprüfen, ob diese Forderungen nicht schon längst erledigt worden sind. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jede dieser schrecklichen Taten ist genau eine Tat zu viel. In diesem Punkt sind wir uns alle einig. Aber, Herr Wulff, wir sind es den Opfern und ihren Angehörigen schuldig, dieses Thema redlich zu diskutieren und nicht etwa von Opferschutz zu reden und an Wählerstimmen zu denken. Und genau diese Redlichkeit, Herr Wulff, habe ich in Ihrem Beitrag vermisst. Ich kann das auch an einigen Punkten deutlich machen.
Herr Wulff, Sie haben in Ihrem Beitrag verschwiegen, dass die Zahl der Sexualmorde an Kindern und Jugendlichen seit Jahren stark rückläufig ist.